V. Naturbasis oder historische Schranke: Die Bedürfnisse

Diese schranken- und hemmungslose Vergrößerung und Erweiterung des um den Austausch von Lohn gegen Arbeitskraft als um den kruzifikatorischen Moment der Expropriation und Springpunkt der Ausbeutung zentrierten Produktionszirkels schafft nun allerdings, wie sehr sie den Interessen der Warenbesitzer auch entspricht und wie sehr sie von den letzteren als Mittel zur Steigerung des Mehrwerts, den diese sich aneignen, gewünscht und betrieben wird, ein zunehmend gravierendes und am Ende für die Warenbesitzer selbst und deren Interessen bedrohliches Problem. Was dieser fortlaufend sich erweiternde Produktionszirkel, diese quantitativ und qualitativ unablässig wachsende Arbeitskraft unmittelbar hervorbringt und sua sponte in die Welt setzt, ist ja, wie sattsam bekannt, vergegenständlichte Arbeit nicht etwa schon in der den Warenbesitzern genehmen Form von als Lohn funktionalisierbarem Wertkörper, reiner Wertrealität, sondern vergegenständlichte Arbeit nur erst in der unmittelbaren Gestalt von in Wertrealität ummünzbaren Wertträgern, naturalleiblichen Werterscheinungen. Was mithin die Arbeitskraft unmittelbar hervorbringt, ist vergegenständlichte Arbeit, die noch ihrer Realisierung auf dem Markt, das heißt, der Konvertierung in ihre Sichselbstgleichheit als reiner Wertkörper, Geld, bedarf. Für diese Konvertierung der vergegenständlichten Arbeit, des Werts, aus einer in den Werterscheinungen nur erst latenten Substanz in ein als Wertkörper manifestes Subjekt brauchen nun aber die Warenbesitzer wesentlich wieder die Produzenten, sie allerdings jetzt nicht in ihrer Eigenschaft als Produzenten, als Eigentümer von Arbeitskraft, sondern in ihrer oben bereits behandelten Eigenschaft als Konsumenten, als Eigentümer von Geld, von in der Funktion von Lohn ihnen ausgehändigtem Wertkörper. In der Tat müssen ja die Warenbesitzer als Gegenleistung dafür, dass die Produzenten in ihrem Auftrag, unter ihrer Regie und zu ihrem Vorteil vergegenständlichte Arbeit in der Gestalt von Werterscheinungen hervorbringen, den letzteren Wertrealität überlassen, will heißen: vergegenständlichte Arbeit in der Form von Wertkörper und der Funktion von Lohn zueignen. Wollen nun die Warenbesitzer die von den Produzenten für sie produzierten Werterscheinungen auf dem Markt realisieren, das heißt, in als Lohn aufs neue funktionalisierbaren Wertkörper umsetzen, konvertieren, so finden sie sich zu diesem Zweck wesentlich an eben diesen den Produzenten als Äquivalent für ihre Arbeitskraft überlassenen Wertkörper, dies den Produzenten als scheinäquivalenter Lohn für ihre Arbeit überlassene Geld, verwiesen. Das heißt aber, sie finden sich im Rahmen des anfänglich thematisierten und als erster Austauschvorgang apostrophierten Marktgeschehens an die Produzenten der Werterscheinungen als an zugleich auch deren Konsumenten, an die Produzenten nicht in ihrer Funktion als Produzenten, sondern in ihrer zuvor behandelten anderen Eigenschaft als Verbraucher verwiesen.

Nur in dem Maß, wie ihnen gelingt, den von ihnen zuvor an die Produzenten gegen deren Arbeitskraft ausgetauschten Wertkörper von diesen gegen die inzwischen kraft Arbeit produzierten Werterscheinungen wieder einzutauschen, sind die Warenbesitzer zur Verwirklichung ihres ebenso geschäftsmäßig verfolgten wie marktförmig betriebenen Hauptinteresses, zur Wertrealisierung, imstande. Den Wertkörper von den Produzenten gegen die produzierten Werterscheinungen wieder einzutauschen, den Arbeitslohn von den Arbeitern im Austausch gegen das Arbeitsprodukt wieder zurückzugewinnen, ist ihnen aber nur unter der Bedingung möglich, dass die Werterscheinungen, die sie als Tauschmittel den Produzenten anbieten, die Arbeitsprodukte, die sie als Gegenwert den Arbeitern verkaufen wollen, für die letzteren den Sinn dessen erfüllen, was oben als unmittelbare Realität bezeichnet wurde, will heißen, ihnen in der Bedeutung von Sinnesobjekten, Bedürfnisbefriedigungsmitteln, Gebrauchsgegenständen erscheinen. In ihrer Eigenschaft als Konsumenten geben die Produzenten Wertkörper, Geld, nur im Austausch gegen Werterscheinungen her, die zugleich und im vollen Umfang ihrer natürlich-historischen Qualitäten Gebrauchsgegenstände oder –verhältnisse sind, kaufen sie also Werterscheinungen nicht als Werterscheinungen, sondern als eine natürlich-historische Wirklichkeit, die sie als Sinnenwesen, als lebendige Menschen, als bedürftige Subjekte anspricht und angeht. Damit kommt aber jene andere Rücksicht oder divergente Perspektive in das zwischen eigengesetzlicher Zirkulation und abhängiger Produktion, zwischen kapitalistischem Markt und Lohnarbeit sich entfaltende ökonomische Spiel, die als Bedürfnisbefriedigungsrücksicht oder Gebrauchsperspektive bereits oben in Betracht gezogen wurde und die dort aber als bloße conditio sine qua non, das heißt, als eine für das politisch-ökonomische Spiel nicht weniger äußere als unentbehrliche Naturbasis, eine für den kapitalistischen Zusammenhang nicht weniger gleichgültige als grundlegende Voraussetzung, beiseite gesetzt wurde. So realiter gleichgültig und äußerlich bei aller formalen Unentbehrlichkeit und Fundamentalbedeutung jene Perspektive für den politisch-ökonomischen Zusammenhang und also auch für den in diesen Zusammenhang gehörenden Produzenten als Produzenten, als Waren hervorbringenden Lohnarbeiter, ist, so zentral und entscheidend ist sie für den Produzenten als Konsumenten, als privatim bedürftiges Subjekt. Derart bestimmend ist tatsächlich für den Produzenten als Konsumenten diese vom Verwertungsgesichtspunkt beziehungsweise Wertrealisierungsinteresse differierende oder vielmehr divergierende Bedürfnisbefriedigungsrücksicht und Gebrauchsperspektive, dass unter ihrem Einfluss sogar das qua Lohnfunktion Gestalt gewordene und dominierend präsente Wertverhältnis selbst in einer funktionell differenten Zentrierung erscheint und in der Tat eine leibhaftig andere Bedeutung erhält. Anders als für die Warenbesitzer ist für die Warenverbraucher der Wertkörper, das Geld, vielmehr einzig und nur dazu da, eine von ihnen selber erstrebte Bedürfnisbefriedigung sicherzustellen, und das heißt, die Arbeitsprodukte in der unmittelbaren Realität ihrer Sinnesqualitäten, ihrer Gebrauchsgegenständlichkeit, sich anzueignen. Anders als für die Warenbesitzer ist für die Warenverbraucher der ökonomische Zweck, den sie mit dem Geld, das ihnen in der Funktion von Lohn zuteil wird, verbinden, nicht die marktimmanente Überführung von Werterscheinungen in Wertrealität, sondern die markttranszendente Übersetzung von Werterscheinungen in Gebrauchsgegenstände. Diese diskrepant andere Orientierung des Warenverbrauchers, dies, dass er mit dem Geld, über das er verfügt, diskrepant anderes als die Warenbesitzer im Schild führt, tut der von den letzteren verfolgten Wertrealisierung normalerweise objektiv gar keinen Abbruch. Normalerweise genügt vielmehr der Warenverbraucher damit, dass er der Intention und persönlichen Zielsetzung nach sein Geld an die Erwerbung von Gebrauchsgegenständen, die Befriedigung privater Bedürfnisse, statt an die Realisierung erscheinenden Werts, die Erfüllung zirkulativer Desiderate, wendet, objektiv nichtsdestoweniger dem marktspezifischen Erfordernis der Wertrealisierung, einer Umwandlung von Werterscheinungen in Wertkörper. Unter Marktbedingungen ist es ja ein und derselbe zwischen Konsument und Warenbesitzer vollzogene Austauschakt, durch den der erstere Wertrealität, Geld, für Werterscheinungen drangibt, die ihn markttranszendent und zirkulationsfeindlich ausschließlich als Gebrauchsgegenstände interessieren, der letztere hingegen für realisierten Wert, Geld, Gebrauchsgegenstände, die er marktimmanent und zirkulationskonform allein als Werterscheinungen wahrnimmt. Deshalb bleibt normalerweise der Umstand, dass der Konsument im marktspezifischen Spiel der Wertrealisierung eigentlich gar nicht mitspielt, seine Rolle und Funktion beim Austauschakt marktwidrig interpretiert und die für das Spiel entscheidende Münze, über die er verfügt, regelwidrig verwendet und falsch einsetzt, ein bloß innerer Mangel und subjektiver Defekt. Objektiv wird er seiner ökonomischen Funktion gerecht, wenn er sie auch nicht im rechten Geiste erfüllt.

Nicht, dass der Geist, in dem er sie erfüllt, unnatürlich, an und für sich unrecht wäre. Weil der Konsument in seiner Eigenschaft als Produzent an sich ja dafür arbeitet, Gebrauchsgegenstände hervorzubringen, um mit ihnen seine eigene Bedürfnisbefriedigung und die seiner Artgenossen sicherzustellen, ist es nun auch das gute Recht des Produzenten in seiner Eigenschaft als Konsument, dass er die ihm zur Verfügung gestellte Wertrealität, das ihm gegebene Geld, für diesen Zweck der Bedürfnisbefriedigung und für nichts sonst verwendet. Dass er für diesen Zweck Geld überhaupt braucht, dass er unter Bedingungen eines marktentsprungenen Kapitalismus um der Bedürfnisbefriedigung willen überhaupt den Umweg über einen in der Funktion von Arbeitslohn ihm zur Verfügung gestellten speziellen Wertkörper machen muss, bleibt dem Konsumenten dabei normalerweise ein ebenso zufälliger wie zwingender Umstand, ein nicht weniger aufgesetztes als determinierendes Faktum; der als Arbeitslohn und als Kaufmittel manifeste Umweg über die Wertrealität bleibt ihm in der Tat ebenso kontingent und aufgesetzt, ebenso heteronom und äußerlich wie das ihn dazu zwingende politisch-ökonomische System selbst. Kraft dieses in der produktiven Lohnarbeit und in der zirkulativen Wertrealisierung seine Dreh- und Angelpunkte aufweisenden politisch-ökonomischen Systems ist alle gesellschaftliche Reproduktion unentrinnbar dazu verurteilt, zugleich als Produktion von privatem Reichtum zu fungieren, zeigt sich nolens volens alle auf die eigene Bedürfnisbefriedigung zielende Arbeit, wie man will, umfunktioniert oder überdeterminiert zu einer auf die Bereicherung anderer abgestellten Wertschöpfung. Dabei hat in diesem politisch-ökonomischen System die der eigenen Bedürfnisbefriedigung dienende Arbeit die Funktion eines fremden Wertschöpfungsinstruments wesentlich nur zu dem Zweck, mit Hilfe des geschaffenen Werts das Wertschöpfungsinstrument selbst, die zur Reichtumsproduktion überdeterminierte Arbeit, immer aufs neue in Gang zu setzen und in immer erweitertem Maßstab wieder in Betrieb zu nehmen. Das heißt, die gesellschaftliche Arbeit bringt in diesem System privaten Reichtum wesentlich nur hervor, damit der letztere in der Funktion von Lohn und der Bedeutung von sich verwertendem Wert einer immer erneuerten und immer erweiterten Reichtumsproduktion immer bloß wieder als Mittel dienen kann. Dass dieses die gesellschaftliche Arbeit nicht allein zweckentfremdende, sondern mehr noch zu dem ausschließlichen Zweck einer stets erweiterten Reproduktion von nichts sonst als eben dieser ihrer Zweckentfremdung zweckentfremdende System die betroffenen Subjekte nicht gleichgültig lassen kann, dass es sie vielmehr je nach der ökonomischen Stellung und politischen Funktion, die sie in ihm innehaben, verschieden, aber so oder so zur Gänze und das heißt, bis in den Kern ihrer nach Stellung und Funktion klassenmäßig sortierten Existenz tangieren und engagieren, dass es ihr gesellschaftliches Sein und Bewusstsein hinlänglich gefangen nehmen und determinieren muss, um jeden Versuch, von ihm zu abstrahieren, zur blanken Ideologie werden zu lassen – all das liegt auf der Hand. Aber kaum weniger auf der Hand liegt, dass bei all seiner in Bann schlagenden Zwangsläufigkeit und determinierenden Unentrinnbarkeit dies politisch-ökonomische System im Verhältnis zu und im Vergleich mit dem durch konkrete gesellschaftliche Arbeit vermittelten Bedürfnisbefriedigungszusammenhang, dem es als eine ebenso umfunktionierende wie überdeterminierende Veranstaltung sich oktroyiert, ein unaufhebbares Moment von Zufälligkeit und Äußerlichkeit behält. Sowenig der Bedürfnisbefriedigungszusammenhang diesem System sich zu entziehen vermag, so sehr bleibt doch das letztere ersterem in gewisser Hinsicht immer bloß aufgesetzt; sowenig von diesem System sich, so wie die Dinge stehen, abstrahieren lässt, so sehr bleibt es in gewisser Weise doch immer bloß ein Abstraktum. Als eine dem Bedürfnisbefriedigungszusammenhang ebenso sehr historisch-strukturell immer bloß aufgepfropfte wie empirisch-funktionell je schon eingefleischte Formbestimmung ist dies politisch-ökonomische System die Kondition, der die produzierenden Konsumenten respektive konsumierenden Produzenten sich im Interesse ihrer Bedürfnisbefriedigung zu unterwerfen, der Preis, den sie für ihre Bedürfnisbefriedigung zu zahlen haben. Erfüllen sie aber die Kondition, die im System besteht, zahlen sie den Preis, den das System darstellt, so dürfen sie auch mit dem Fug und Recht ihres solcherart konditionsgerechten Verhaltens und dergestalt preiswürdigen Betragens erwarten, dass ihnen im Gegenzug Bedürfnisbefriedigung zuteil wird. Wird ihnen diese Bedürfnisbefriedigung nicht zuteil, so büßt auch die Kondition allen Sinn für sie ein. So, wie das um die Bildung von Wert und dessen Selbstverwertung zentrierte politisch-ökonomische System, das die unmittelbar der Bedürfnisbefriedigung dienende gesellschaftliche Arbeit zugunsten seiner eigenen Zweckmäßigkeit überdeterminiert und umfunktioniert, für die produzierenden Konsumenten respektive konsumierenden Produzenten selbst auf jenen unmittelbaren Zweck der Bedürfnisbefriedigung als auf seinen substantiell-natürlichen Zweck bezogen bleibt, so bleiben für sie auch die von ihnen geforderte Zustimmung zum und Mitwirkung am System daran geknüpft, dass es im Zuge der Durchsetzung seiner eigenen Zweckmäßigkeit zugleich doch jenen unmittelbaren Zweck zu erfüllen, kurz, der Bedürfnisbefriedigungserwartung zu entsprechen vermag.

Keineswegs also kann sub specie der die gesellschaftliche Arbeit von Haus aus bestimmenden Bedürfnisbefriedigungsrücksicht das gebrochene und vielmehr reservierte Verhältnis, das die produzierenden Konsumenten beziehungsweise konsumierenden Produzenten zu dem der gesellschaftlichen Arbeit aufgehuckten Wertbildungssystem und den aus diesem System sich ergebenden Anforderungen haben, als unnatürlich gelten. Aber ebenso wenig lässt sieh bestreiten, dass aus der Perspektive eben dieses Wertbildungssystems jene Bedürfnisbefriedigungsrücksicht überaus unbequem und im höchsten Maß unnötig erscheinen muss. Dass die produzierenden Konsumenten beziehungsweise konsumierenden Produzenten nur sub conditione der Wahrung und Gewährleistung ihres Bedürfnisbefriedigungsinteresses an jenem Wertbildungssystem sich zu beteiligen und in ihm die ihnen zugewiesene Rolle zu spielen bereit sind, dass sie insbesondere die Funktion, die ihnen bei der Wertrealisierung zufällt, weit entfernt davon, sie mit systemspezifischem Verantwortungsbewusstsein und systemimmanentem Pflichteifer affirmativ und vorbehaltlos wahrzunehmen, vielmehr stets noch an das als förmliche salvatorische Klausel figurierende Desiderat der Bedürfnisbefriedigung knüpfen und von der Erfüllung dieses Desiderats unbedingt abhängig machen – das bringt in jenes als kapitalistisches definierte politisch-ökonomische System selbst ein unausrottbares Moment von Fremdbestimmtheit und belastet es mit einem ebenso gefahrdrohenden wie unkalkulierbaren Unsicherheitsfaktor. Zwar, normalerweise bleibt die Unsicherheit bloß formell, die Gefahr nur latent. Normalerweise, und das heißt, unter Bedingungen einer relativen Korrespondenz und annähernden Ausgewogenheit zwischen den von den Konsumenten geltend gemachten Bedürfnisbefriedigungsansprüchen einerseits und den im Rahmen oder vielmehr Zuge des Systems bereitgestellten Bedürfnisbefriedigungsmitteln andererseits, bleibt jene Heteronomisierung des Systems durch die Bedürfnisbefriedigungsrücksicht eher ein subjektiv-moralisches Problem, eine Gesinnungsfrage, die Sache einer bloßen reservatio mentalis. In dem Maß indes, wie diese Ausgewogenheit verloren geht, das Gleichgewicht zwischen Bedürfnisbefriedigungsansprüchen und Bedürfnisbefriedigungsmitteln ernsthaft gestört wird und aus den Fugen gerät, verwandelt sich die Mentalreservation nur zu rasch in eine reale Reserve und wird für das System zu einem lebensbedrohlichen Problem.

Verloren aber geht die Ausgewogenheit, und aus den Fugen gerät das Gleichgewicht zwischen den Ansprüchen und den Befriedigungsmitteln des Bedürfnisses durch die zuvor beschriebene systemimmanente Tendenz zur Vergrößerung und Steigerung des von den Warenbesitzern systematisch angestrebten kapitalen Mehrwerts. Die auf Vergrößerung des Mehrwerts abgestellte und in geradezu geometrischen Sprüngen fortschreitende Entwicklung führt zu einer immer erweiterten Reproduktion des Kreislaufs sich vergegenständlichender Arbeit, und das heißt, zur Produktion einer immer größeren, immer umfänglicheren Warenmenge. Das aber bedeutet, dass sie unmittelbar in der Hervorbringung von immer mehr und immer weiterer Gebrauchsgegenständlichkeit, von quantitativ immer zahlreicheren und qualitativ immer neuen Bedürfnisbefriedigungsmitteln resultiert. Weil das politisch-ökonomische System der kapitalistischen Wertbildung und Selbstverwertung des Werts sich auf dem Boden und im Rahmen des gewohnt-natürlichen gesellschaftlichen Reproduktionszusammenhangs entfaltet, weil es als sei's ein Umfunktionierungsmechanismus, sei's eine Überdeterminierungsveranstaltung der der Bedürfnisbefriedigung dienenden gesellschaftlichen Arbeit aufgepfropft ist, bringt es auch unmittelbar das, worauf es aus ist: vergegenständlichte Arbeit, auf dem Boden und im Rahmen jenes Zusammenhangs als Bedürfnisbefriedigungsmittel, bringt es unmittelbar den Wert, um den es ihm geht, in der natürlichen Gestalt von reproduktionsdienlichen Gütern, von Gebrauchsgegenständen, hervor. Deshalb ist das System ja, wie behandelt, anschließend an die Produktion gezwungen, die Hervorbringungen der Arbeit als Waren auf den Markt zu bringen, um sie dort jenem systemspezifischen Wertrealisierungsprozess zu unterziehen, dessen Aufgabe es ist, den in den natürlichen Produkten nur erst latenten, nur erst virtuellen Wert als Geld, als Wertrealität manifest, aktuell werden und damit allererst die systematisch bestimmte Form oder Sichselbstgleichheit gewinnen zu lassen, die er braucht, um der vom System ihm zugewiesenen entscheidenden Funktion als Kapital, als Arbeit kommandierender Lohn, als in der permanenten Erweiterung des Kreislaufs seiner selbst begriffener, sich verwertender Wert genügen zu können. Und deshalb aber ist nun auch jede Erweiterung des Kreislaufs der Wertbildung, die in der Konsequenz der auf dem Markt durchgesetzten Wertrealisierung das System in Form von neuen Arbeitsprozessen effektuiert, immer aufs neue dazu verurteilt, ihren unmittelbaren Ausdruck und ihren direkten Niederschlag in einer quantitativ und qualitativ wachsenden Menge an Gebrauchsgegenständen und Vielfalt von Bedürfnisbefriedigungsmitteln zu finden. So äußerlich und aufgesetzt das politisch-ökonomische System des Kapitalismus dem durch die konkrete gesellschaftliche Arbeit vermittelten gewohnt-natürlichen Bedürfniszusammenhang an sich zwar ist, so einschneidend und nachhaltig wirkt es dennoch auf den letzteren zurück. Indem in Verfolgung seines spezifischen Wertbildungs- und Verwertungszwecks das kapitalistische System sich jenes gewohnt-natürlichen Zusammenhangs der Bedürfnisbefriedigungsmittel als eines ebenso grundlegenden wie verschwindenden Reaktionsfaktors oder katalytischen Ferments, eines ebenso unabdingbaren wie äußerlichen Durchgangsmoments oder Beförderungsmittels bedienen muss, hat unvermeidlich der dem Verwertungszweck inhärente ziellose Wachstumsimpuls, schrankenlose Steigerungszwang und unendliche Beschleunigungsautomatismus eine entsprechend wildwüchsige, zügellose und ausufernde Hypertrophie eben jenes gewohnt-natürlichen Zusammenhangs zur Folge.

Und es ist genau diese, den Zusammenhang der Bedürfnisbefriedigungsmittel im Sinne gleichermaßen der quantitativen Zunahme und der qualitativen Vervielfältigung ereilende, systembedingte Hypertrophie, die nun die relative Ausgewogenheit der Bedürfnisbefriedigung verloren gehen, das ungefähre Gleichgewicht zwischen dem Bedürfnis und den Mitteln zu seiner Befriedigung aus den Fugen geraten lässt. Quantitativ und qualitativ hypertrophiert, wie sie sind, überfordern, entkräften, erschlagen die vom kapitalen Wertbildungszweck systematisch produzierten Bedürfnisbefriedigungsmittel die Bedürfnisse, die sie befriedigen sollen. Nicht, dass das menschliche Bedürfnis so leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen, so leicht zu überfordern wäre! Nicht, dass eine quantitative Zunahme und qualitative Vervielfältigung der Befriedigungsmittel als solche bereits das System der menschlichen Bedürfnisse überbeanspruchte und in seinem Funktionieren bedrohte. Menschliche Bedürfnisse sind keine fixen Naturgrößen, ihr Zusammenhang ist keine kristallinische Struktur. Das menschliche Bedürfnis ist zutiefst geschichtlich, seine quantitative Ausbreitung und Entfaltung ist ebenso wie seine qualitative Ausbildung und Spezifizierung wesentlich eine Sache der historisch-gesellschaftlichen Entwicklung. Aber mag das System der menschlichen Bedürfnisse auch noch so plastisch und entwicklungsfähig sein – den quantitativen Anforderungen und qualitativen Zumutungen, mit denen es sich durch die kapitalistische Verwertungsstrategie konfrontiert findet, ist es am Ende doch nicht gewachsen. Früher oder später bringt die schlechte Unendlichkeit, mit der in beständig akzelerierter und dauernd eskalierter Verfolgung seines Verwertungsinteresses das kapitalistische System dem menschlichen Bedürfnis immer mehr und immer neue Befriedigungsmittel in den Schlund stopft, letzteres vor den Fall seiner definitiven Übersättigung und ernstlichen Erschöpfung. Und selbst wenn das Bedürfnis, seiner abgründigen Mangelnatur gemäß, unersättlich und unerschöpflich genug sein sollte, um immer noch einmal zum Leben zu erwachen, immer noch einmal einen etwas höheren Sättigungsgrad, eine etwas tiefere Erschöpfung zuzulassen, so ist doch die Art und Weise, wie in monomanischer Gleichgültigkeit oder zynischer Rücksichtslosigkeit gegenüber aller dem Bedürfnis eigenen quantitativen Reifungszeit und qualitativen Entfaltungsform das kapitalistische System letzteres immer wieder im Nu an den Rand seiner quantitativen Fassungskraft treibt und an die Grenze seines qualitativen Aufnahmevermögens kommen lässt, geeignet, es von einer Krise in die folgende stürzen, von einer Lähmung in die andere verfallen, von einer Ohnmacht in die nächste sinken, mithin aber seine formale Fortdauer zu einer förmlichen Krankheit zum Tode, sein Überleben zu einer unaufhörlichen Abfolge von Scheintoden werden zu lassen.

Mit dieser sei's unabsehbar absoluten, sei's unablässig annähernden Überforderung, Lähmung und Ausschaltung des menschlichen Bedürfniszusammenhangs durch die ihm vom kapitalistischen Verwertungssystem zugemutete erdrückende Fülle und nicht zu bewältigende Vielzahl von Befriedigungsmitteln wird in der Tat aber nun die latente Diskrepanz zwischen den Intentionen der am Wertrealisierungsprozess auf dem Markt beteiligten Parteien, die latente Diskrepanz zwischen der Bedürfnisbefriedigungsrücksicht der Konsumenten und der Wertbildungsabsicht der Warenbesitzer, zum manifesten Widerspruch und verwandelt sich zugleich die als unbestimmt salvatorische Klausel im Systemzusammenhang normalerweise nur mitlaufende Mentalreservation der Konsumenten in eine als unheilvoll bestimmte Verwerfung dem System vielmehr stracks zuwiderlaufende reale Reserve. In dem Maß, wie in Reaktion auf die quantitative Menge und qualitative Vielfalt, die in der Konsequenz seiner ebenso rücksichtslosen wie stringenten Entfaltung das Wertbildungs- und Verwertungssystem ihm zumutet, der Bedürfniszusammenhang sei's überhaupt aus den Fugen gerät und den Dienst versagt, sei's periodisch zusammenbricht und in Ohnmacht fällt, büßt für die Träger der Bedürfnisse, die als bedürftige Subjekte konsumierenden Produzenten, jene Menge und Vielfalt selbst ihren Charakter von Bedürfnisbefriedigungsmitteln, ihre Gebrauchsgegenständlichkeit ein. Aber damit verliert nun die mittels System hervorgebrachte, systematisch hervorgetriebene Produktenmasse genau die spezifische Eigenschaft, in der sie die als bedürftige Subjekte konsumierenden Produzenten überhaupt nur interessiert und kraft deren die letzteren sich auch nur an das über jene Produktenmasse verfügende System gefesselt finden und zur Kooperation in und mit ihm bewogen fühlen. Nur unter der Bedingung, dass ihnen in der systemspezifischen Werterscheinungs- und Warenform, in der jene Produktenmasse auf dem Markt erscheint, Gebrauchsgegenstände, das heißt, ihr Bedürfnis erregende Befriedigungsmittel, angeboten werden, sind ja die Konsumenten bereit, sich an die mit dieser systemspezifischen Warenform gegebenen Spielregeln zu halten, und das heißt, in dem als Wertrealisierung bestimmten Marktmechanismus einer Umwandlung der Werterscheinungen in Wertrealität, der Waren in Geld, die ihnen vom System zugedachte Funktion zu übernehmen. Was nun aber vom System offeriert wird, sind Werterscheinungen, die in Abwesenheit des durch sie selber dysfunktionalisierten subjektiven Bedürfnisses, in Ermangelung eines ihnen noch irgend gewachsenen bedürftigen Subjekts nur eben dies, Werterscheinungen, sind, Waren, die die um allen Inhalt gebrachte, entleerte oder vielmehr verdinglichte Form ihrer selbst, nicht zwar und beileibe nicht Muster ohne Wert, wohl aber und leibhaftig Werte ohne Brauchbarkeit sind. Die Konsequenz für die Konsumenten liegt auf der Hand: Sie, die ja immer nur mit halbem Herzen teilgenommen, mit innerer Reserve ihre Funktion erfüllt, niemals am System um seiner selbst willen und also im systematisch rechten Geist mitgewirkt haben – sie fühlen sich nun aus dem Kooperationsvertrag entlassen, kündigen ihre Mitwirkung auf und scheiden aus dem als Wertrealisierung bestimmten marktspezifischen Funktionszusammenhang des Systems aus. Um ihr Bedürfnis gebracht und also auch der Möglichkeit beraubt, die auf dem Markt angebotenen Waren noch als Befriedigungsmittel, Gegenstände ihres Interesses wahrzunehmen, hören die konsumierenden Produzenten auf, im Austauschprozess des Marktes die ihnen zugewiesene Rolle als Lieferanten von Wertkörper zu spielen, das in der Funktion von Lohn ihnen überlassene kapitale Geld für den Zweck der Wertrealisierung zur Disposition zu stellen, kurz, die auf dem Markt angebotenen Waren zu kaufen.

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