Schlussbemerkung

Durch ästhetische Eindrücke auf einer Buchmesse für Literatur der politischen Linken angeregt, über die Reibungen und Widersprüche zwischen sozialem Projekt und kommerziellem Geschäft nachzudenken, haben wir uns am Beispiel der Kalvinschen Heilslehre, der Kantischen Geschichtsphilosophie und der von Marx entworfenen sozialistischen Perspektive in Erinnerung gerufen, wie sehr in der Geschichte der Neuzeit beides, soziales Projekt und kommerzielles Geschäft, aufeinander bezogen und miteinander verknüpft wurden und wie sehr tatsächlich kommerzielle Errungenschaften und Fortschritte als für die Hoffnung auf sozialen Wandel und politische Erneuerung grundlegend erschienen. Zu zeigen, wie weit sich diese Vorstellung vom Zusammenhang zwischen sozialem Projekt und kommerziellem Geschäft beziehungsweise die Hoffnung auf eine letzterem für ersteres zukommende grundlegende Bedeutung und maßgebende Rolle bewahrheitet und wie weit sie sich als Illusion herausgestellt haben, war Gegenstand der Überlegungen dieses Buches.

Bewahrheitet hat sich die dem kommerziellen Geschäft unterstellte gesellschaftsverändernde Kraft und gleichermaßen das ökonomische System und die politische Ordnung von Grund auf erneuernde Potenz, wobei als Springpunkt, um nicht zu sagen, Sprengsatz dieser Kraft und Potenz erscheint, dass das kommerzielle Geschäft unter den besonderen, qua Ursprüngliche Akkumulation von ihm selber geschaffenen politisch-ökonomischen Bedingungen zu Beginn der Neuzeit seine traditionelle Beschränkung und Fassung durchbricht und sich kapitalistisch totalisiert, sprich, sich die ihm bislang als relativ eigenständige Einrichtung vorausgesetzte beziehungsweise zugrunde liegende handwerkliche Produktionssphäre einverleibt und als industrielles Produktionssystem in einen integrierenden Bestandteil seiner Verfahrensweise und Praxis umfunktioniert.

Seine Totalisierung zum kapitalistischen Wertschöpfungssystem und die gesellschaftsverändernde Kraft und politisch-ökonomische Geschichtsmächtigkeit, die es dadurch gewinnt, lassen das kommerzielle Geschäft zum Projektor beziehungsweise zum Hoffnungsträger sozialer Programmatik avancieren. Die ihm damit zugewiesene Eigenschaft und Disposition eines sei's heuristisch-willfährigen, sei's dialektisch-unfreiwilligen dienstbaren Geistes und Steigbügelhalters für sozialen Wandel und politische Erneuerung straft das zum kapitalistischen Wertschöpfungssystem totalisierte kommerzielle Geschäft indes gründlich Lügen.

Zu groß ist die das kommerzielle Geschäft determinierende innere Logik, zu stark der es beherrschende Eigensinn, als dass aus dem mit ihm verknüpft gedachten sozialen Projekt am Ende mehr hervorgehen könnte als bestenfalls ein vom Geschäft bis zur Unkenntlichkeit entstelltes Zerrbild seiner selbst, ein Sinnbild enttäuschter Hoffnung, und schlimmstenfalls eine sich in der Funktion, das Geschäft zu beleben und ihm Vorschub zu leisten, erschöpfende täuschende Ideologie, eine nützliche Idiotie.

In dem Maße, wie die ökonomische Logik des kapitalistisch totalisierten kommerziellen Geschäfts über die politische Programmatik des ihm egal ob zu heuristisch treuen Händen übergebenen oder als dialektisches Kuckucksei ins Nest gelegten sozialen Projekts triumphiert, erweist sich das kapitalistisch totalisierte kommerzielle Geschäft statt als Steigbügelhalter und Ausrichter einer weltbürgerlich reformierten beziehungsweise sozialistisch revolutionierten Völkergemeinschaft vielmehr als Zurichter und Strippenzieher eines globalisierten Verbrauchermarkts, der sich seinen konsumgesellschaftlichen Wohlstand und seine sozialdemokratische Liberalität durch keine noch so finsteren ökonomischen Aussichten und durch kein noch so flammendes ökologisches Schibboleth vermiesen und ernsthaft in Zweifel ziehen lässt.