b. Industrielle Arbeit und internationales Proletariat: Zukunft als Ausbeutungsobjekt

Emphatisch-konstruktiv also und – über alle bloß existentiell-fatale Unentrinnbarkeit hinaus – essentiell-integral ist die Beziehung, die nach dem Kantischen Modell einer "philosophischen Geschichte" die Vergangenheit zur Zukunft kraft der Interessen und Intentionen der Gegenwart unterhält! Umso erstaunlicher und fragwürdiger dann aber, dass wenige Jahrzehnte später bereits die mittlerweile unter die Kuratel einer zur Wissenschaft professionalisierten historiokritischen Reflexion gestellte Vergangenheit nicht allein von dieser mit Emphase unterhaltenen futuristischen Beziehung, sondern von überhaupt jeder, wie immer gearteten Bezogenheit auf die Zukunft partout nichts mehr wissen will und vielmehr mit ebenso ontologisch katastrophaler wie historiologisch skandalöser Unbekümmertheit jenem Trugbild eines als Anundfürsichsein originalen Existierens verfällt, dessen Erscheinen, wie die Auslösung der Vergangenheit aus der der Gegenwart eigenen futuristischen Dimension in specie, so schließlich in genere auch die Befreiung der Vergangenheit aus ihrer funktionellen Abhängigkeit von der futuristisch dimensionierten Gegenwart selbst impliziert und demnach eine radikale Abstraktion von all der für Vergangenheit konstitutiven Grundverhältnismäßigkeit beinhaltet, die – nicht allerdings in der ihr von Kant gegebenen emphatisch-futuristischen Fassung, sondern mit einer eher kategorisch-fatalistischen Wendung – erst ein gutes Jahrhundert später die Dantosche Analyse der professionellen Geschichtswissenschaft im Besonderen zu Bewusstsein zu bringen beziehungsweise der geschichtsphilosophischen Reflexion im Allgemeinen wieder ins Gedächtnis zu rufen unternimmt. Je größer der Sprung von der affirmativ-integralen Zukunftsbestimmung der Vergangenheit bei Kant zur fatal-definitiven Zukunftslosigkeit, in der die Vergangenheit der professionellen Geschichtswissenschaft sich vorstellt, und je eklatanter also die Kluft zwischen der Art, in der die Kantische Reflexion die Zukunft als integrierendes Moment der qua "philosophische Geschichte" von ihr propagierten Vergangenheit in Rechnung stellt, und der Weise, wie die professionelle Geschichtswissenschaft jeden futuristischen Faktor aus dem Kalkül der als originales Anundfürsichsein von ihr zitierten Vergangenheit a poriori ausklammert respektive mit historiologisch hanebüchener Unbekümmertheit eskamotiert, umso unabweislicher drängt sich die Frage nach den spezifischen Bedingungen und dem historischen Grund der so mit der dissoziativen Sprunghaftigkeit einer Generalamnesie eingetretenen Zukunftsvergessenheit auf. Von was sonst aber sollte eine Antwort auf die Frage nach den Beweggründen dieser in Ansehung der Kantischen Zukunftsbestimmung der Vergangenheit die professionelle Geschichtswissenschaft – mit der Implikation einer pauschalen Lossprechung zugleich der Vergangenheit von der Gegenwart – ereilenden finstersten Umnachtung und befallenden vollständigsten Amnesie eher zu erwarten sein als von einer Betrachtung der faktischen Entwicklung und des historischen Schicksals eben jener, von der generellsten Amnesie heimgesuchten, speziellen Zukunftsbestimmung der Kantischen Geschichtsphilosophie? Oder was sollte diese historiologisch unverantwortliche, totale Zukunftsvergessenheit der professionellen Geschichtswissenschaft unmittelbarer zu motivieren und zu erklären geeignet sein als das, was aus der durch die Kantische Reflexion projektierten und, wie zur conditio sine qua non der der frühbürgerlichen Gegenwart eigenen Interessen und Intentionen proklamierten, so auch natürlich als konstitutiver Bestandteil aller auf jene Interessen und Intentionen bezüglichen Vergangenheit anerkannten, spezifischen Zukunft inzwischen realiter geworden ist und als was sich die letztere mittlerweile aktualiter präsentiert?

Tatsächlich verläuft die Aktualisierung und Realisierung dieser, von der Kantischen Geschichtsphilosophie "als der Schoß, worin alle ursprünglichen Anlagen der Menschengattung entwickelt werden"56, mit konstruktiver Emphase ins Auge gefassten spezifischen Zukunft der frühbürgerlichen Gegenwart nicht nur in jeder Hinsicht rascher, sondern auch in aller Form anders als nach der Kantischen Projektion zu erwarten. Unvergleichlich schneller, als von Kant, dem das Zustandekommen eines als "vollkommene bürgerliche Vereinigung"57 "allgemeinen weltbürgerlichen Zustands"58 noch in der denkbar "weiten Ferne"59 des "dereinst einmal"60 zu liegen scheint, vorausgesehen, verdichten sich "die schwachen Spuren der Annäherung"61 "dieses für unsere Nachkommen so erfreulichen Zeitpunkts"62 zu handfesten Indizien seines vielmehr aktuellen Eintritts und seiner unwiderruflich realen Präsenz. Weitaus ungestümer nämlich und durchschlagender, als Kant ahnt, funktioniert jener ökonomische Mechanismus eines "vornehmlich dem Handel"63 geschuldeten "durchgängigen Betriebes"64, dessen Zusammenhang stiftendes und Einheit garantierendes Wirken "unser durch seine Gewerbe so sehr verketteter Weltteil"65 der Kantischen Reflexion bereits unübersehbar deutlich werden lässt und in dem die letztere deshalb das konstitutionspolitisch hauptsächliche Instrumentarium und gesellschaftspraktisch entscheidende Vehikel zur Verwirklichung ihrer auf einen "allgemeinen weltbürgerlichen Zustand" als auf das prospektive fundamentum in re einer produktiven Entwicklung der Anlagen und freien Entfaltung der Kräfte gerichteten "vernünftigen Absicht" zu erkennen geneigt ist. Bei weitem früher und durchaus entschiedener, als von Kant antizipiert, treibt jener ökonomisch-kommerzielle Mechanismus per modum der durch ihn gleichermaßen naturwüchsig erzeugten und fabrikmäßig organisierten industriellen Arbeit eben die als grenzüberschreitend-universale Gemeinschaft konzipierte "bürgerliche Vereinigung" hervor, deren Entstehen die Kantische Reflexion sich von ihm erhofft und die, wie sie einerseits das Resultat einer jenem ökonomisch-kommerziellen Mechanismus entsprechenden politisch-körperschaftlichen Umwälzung sämtlicher, für die frühbürgerliche Gegenwart charakteristischer, gesellschaftlicher Verhältnisse darstellt, so andererseits in der Tat auch dazu angetan ist, die unter den Bedingungen der frühbürgerlichen Gegenwart geübte Talententwicklung und praktizierte Kraftentfaltung auf eine ganz und gar neue Grundlage zu stellen, wo nicht in eine regelrecht andere Potenz zu heben. Auf den Plan gerufen und gewissermaßen aus dem Boden gestampft durch den unwiderstehlich "durchgängigen Betrieb" jenes die Gewerbe ebenso sehr von ihren eigenen, traditionellen Schranken befreienden, wie über alle äußeren, territorialen Grenzen hinweg verschränkenden Marktmechanismus, aktualisieren und verwirklichen die rasch anwachsenden Arbeitermassen einer dieser marktmäßigen Emanzipation der Gewerbe entspringenden und im Zyklus von Aufschwung und Krise international expandierenden Industrialisierung wenige Jahrzehnte nach der Kantischen Reflexion bereits genau den "allgemeinen weltbürgerlichen Zustand", den Kant, wie er ihn "für itzt nur noch sehr im rohen Entwurfe dastehen"66, so denn auch allererst in der "weiten Ferne" der langfristigsten Zukunftsperspektive zur eventuellen Ausführung kommen sieht.

De jure oder an sich also verwirklichen die aus der marktinstigiert ökonomischen Entfesselung der Gewerbe zur Industrie resultierenden und mit dem Totalitätsanspruch einer progressiv universalen Assoziation sich im internationalen Maßstab präsentierenden politisch-korporativen Massen von betriebsförmig organisierten Werktätigen – schneller als von Kant vorhergesehen – exakt die als "weltbürgerlich" deklarierte "bürgerliche Vereinigung", die die Kantische Reflexion der frühbürgerlichen Gegenwart als die ihr eigene Zukunft vorzeichnet. Keine Frage allerdings auch, dass de facto oder für sich diese in den industriell organisierten Arbeitermassen des 19. Jahrhunderts Gestalt annehmende "bürgerliche Vereinigung" von dem spezifischen "weltbürgerlichen Zustand", den die Kantische Zukunftserwartung mit ihr konnotiert, himmelweit entfernt ist und mit der Durchgängigkeit einer quasi ontologischen Differenz abweicht. Als kruzifikatorischer Punkt und dynamisches Zentrum der de facto fundamentalen Abweichung des Produkts vom Projekt ist dabei unschwer das nicht minder fundamental veränderte Verhältnis erkennbar, das die bürgerliche Gegenwart zu dieser ihr vorgezeichneten Zukunft im Prozess ihrer Realisierung hervorkehrt. In gerade dem Maß nämlich, wie die der frühbürgerlichen Gegenwart von der Kantischen Reflexion als nur erst in "weiter Ferne" vorstellbares Ereignis angezeigte "vollkommene bürgerliche Vereinigung" sich als die vielmehr stante pede bevorstehende Wirklichkeit präsentiert und in corpore einer durch die industrielle Entwicklung gleichermaßen freigesetzten und etablierten internationalen Arbeiterschaft zur manifesten, unaufhaltsam grassierenden Gegenwart wird, verwandelt sich nicht bloß in specie das als Marktmechanismus ökonomische Instrument, das der frühbürgerlichen Gegenwart zur Realisierung der ihr prognostizierten politischen Zukunft zur Verfügung steht, aus einem vermeintlichen Vehikel zur Beförderung und Organ zur Ausführung dessen, was aus der Gegenwart wird, in einen tatsächlichen Apparat zur Bewirtschaftung und Organisator zur Ausbeutung dessen, was in der Gegenwart ist. Es verkehrt sich auch und in genere die frühbürgerliche Gegenwart selbst aus einem dem Anschein nach ebenso subjektiv altruistischen wie objektiv solidarischen Wegbereiter und Steigbügelhalter eines in Zukunft anderen historischen Subjekts in den in Wirklichkeit ebenso objektiv eigennützigen wie subjektiv selbstsüchtigen Fronherrn und Manager eben dieses, der historischen Identität der Gegenwart überführten Subjekts der Zukunft. In der Tat zeigt sich die bürgerliche Gegenwart denkbar weit entfernt davon, der ihr von Kant als veritabler Selbstverwirklichungsprozess vorgezeichneten historischen Entwicklung stattzugeben und also in dem durch ihr eigenes ökonomisch-politisches Tun geschaffenen Politikum jenes in der Form industrieller Werktätigkeit "allgemeinen weltbürgerlichen Zustands", wie einerseits den entscheidenden terminus a quo und Umschlagsplatz einer zur "Erweckung aller Kräfte des Menschen" und "Entwickelung seiner Naturanlagen" führenden grundlegend neuen politischen Ökonomie zu erkennen, so denn auch andererseits den reflexiven terminus ad quem und Aufhebungspunkt ihres qua frühbürgerlich ganzen bisherigen Daseins und persönlichen historischen Subjektstatus zu akzeptieren. In haargenau dem Umfang vielmehr, in dem die der frühbürgerlichen Gegenwart prognostizierte Zukunft jener "vollkommenen bürgerlichen Vereinigung" in corpore der betriebsförmig organisierten Produzentenmassen einer im internationalen Maßstab sich entwickelnden Industrie wirklich eintritt und unübersehbar grassierendes Präsens wird, unterzieht die bürgerliche Gegenwart ihr Verhältnis zu dieser, ihr als ihr eigener Wechsel sich präsentierenden Zukunft einer grundlegenden Revision und Klarstellung, die auf nichts Geringeres abzielt als auf die Überführung ihrer in spe und zu Gunsten des noch zukünftigen Seins angenommenen theoretischen Selbstverleugnungsattitüde in einen auf Kosten und in re der inzwischen seienden Zukunft hervorgekehrten praktischen Selbsterhaltungsgestus und in deren Gefolge die ihr de jure ihre definitive Ablösung und spezifische Aufhebung verheißenden, rechtmäßigen Nachfolger und gegründeten Prätendenten als die de facto ihr nichts als ihre permanente Identität und erweiterte Reproduktion garantierenden, entrechteten Nachkommen und entwurzelten Proletarier sich entpuppen. An die Stelle der in der Kantischen Figur eines "weltbürgerlichen Zustands" antizipierten Selbstaufhebung der Gegenwart pro futuro einer als fundamental neues historisches Subjekt entstehenden "vollkommenen bürgerlichen Vereinigung" tritt so die in der Gestalt des internationalen Proletariats vollbrachte Umfunktionierung der Zukunft pro praesenti der als das unerschütterlich alte historische Subjekt fortbestehenden bürgerlichen Gegenwart selbst.

Materiell unabdingbare Voraussetzung und strukturell zureichende Basis dieser diametralen Umfunktionierung, der die bürgerliche Gegenwart ihre ins Haus ihr stehende Zukunft unterwirft und durch die sie den theoretischen actus purus der initiativen Einsetzung eines historischen Nachfolgers in die praktische actio realis der investitiven Erzeugung eines gleichzeitigen Proletariats verwandelt, ist die ökonomische Abhängigkeit, in der sie die sich ihr präsentierende Zukunft verhält. Und zwar dadurch verhält, dass sie hier das Politikum der erscheinenden "bürgerlichen Vereinigung" als solches von dort dem Polytechnikum der sachlichen Faktoren und sächlichen Mittel dieses seines Erscheinens abstrahiert und, wie das letztere als ihr – der bürgerlichen Gegenwart – höchstpersönliches Eigentum mit Beschlag belegt und nämlich als integrierenden Bestandteil jenes ökonomisch-kommerziellen Mechanismus, der der spezifisch ihre ist, festhält, so denn das erstere nolens volens vor den beständigen Fall seines dementsprechend gravierenden Mangels an gleichermaßen sachlicher Bestimmtheit und sächlicher Gesetztheit kommen und also auch mit der permanenten Notwendigkeit einer ebenso entfremdet äußerlichen wie arrangiert nachträglichen Behebung des Mangels konfrontiert sein lässt. Formell verbindlicher Ausdruck dieser ökonomischen Abhängigkeit, in der die bürgerliche Gegenwart ihre in praesenti casu erscheinende Zukunft arretiert, ebenso sehr wie funktionell entscheidende Bedingung des auf dieser ökonomischen Abhängigkeit basierenden Umfunktionierungsprozesses, dem die bürgerliche Gegenwart die Zukunft mit der Konsequenz einer in praesenti casu ihres Erscheinens unaufhaltsamen Proletarisierung unterwirft, ist die Lohnarbeit. Zwar ist es das Lohnverhältnis, das durch seine Intervention und Vermittlung materialiter verspricht, jener als Abstraktion des Politikums vom Polytechnikum bestimmbaren, perspektivlos fatalen Trennung hier der "bürgerlichen Vereinigung" der Produzenten von dort dem sächlichen Ensemble der Produktionsmittel ein Ende zu bereiten und kraft Wiedervereinigung der beiden getrennten Momente dem existenzbedrohenden Mangel des ersteren an sachlicher Determination durch das letztere abzuhelfen. Aber das gleiche Verhältnis ist es nun auch, das mit eben dieser seiner materialen Vermittlungs- und Wiederherstellungsleistung realiter dazu dient, eine die abstraktive Entsachlichung in konkretistische Verdinglichung umstandslos konvertierende, gänzlich neue und andere Einheit der beiden Momente ins Werk zu setzen und so denn zu der von der bürgerlichen Gegenwart angestrebten völligen Umfunktionierung des restituierten Ganzen den Grund zu legen. Ihr ausschlaggebendes Charakteristikum oder kategoriales Spezifikum hat nämlich die qua Lohnarbeit durchgesetzte Reunion der beiden abstrakten Momente hier der "bürgerlichen Vereinigung" der Produzenten und dort des sächlichen Ensembles der Produktionsmittel darin, dass sie das als Subjekt der Arbeit subsistierende eine Moment ausschließlich unter der Bedingung seiner vorweg entscheidenden Einkleidung in die Form der Ware Arbeitskraft neuerlich ins Verhältnis zu setzen und demnach nur um den Preis seiner durch Kaufvertrag besiegelten apriorischen Anpassung an den Status des als Mittel der Arbeit vorhandenen anderen Moments zu redintegrieren gestattet. Damit aber ist diese Wiedervereinigung in der Tat weit entfernt davon, ihrer realen Kategorialität nach das nun auch zu bedeuten, was sie ihrer idealen Materialität nach zweifellos ist: einfache Wiederherstellung jenes zwischen der "bürgerlichen Vereinigung" als bestimmtem Subjekt und dem sächlichen Ensemble als prädikativer Bestimmtheit perennierenden Stoffwechsels, der, wie er im Allgemeinen seiner natürlich-anthropologischen Funktion auf einen – nichts anderes als die Aufrechterhaltung und die Bedarfsdeckung des Subjekts als solchen besorgenden – unaufhörlich wiederholten Reproduktionsprozess hinausläuft, so denn zugleich auch im Besonderen der ihm von Kant übertragenen historisch-gesellschaftlichen Aufgabe einen – nichts geringeres als die Entfaltung aller Kräfte und die Entwicklung sämtlicher Anlagen des Subjekts betreibenden – unendlich progressiven Produktionsprozess darstellt. Vielmehr ist durch die der industriellen Arbeit insgesamt und von vorneherein oktroyierte Form der Lohnabhängigkeit das als "bürgerliche Vereinigung" abstrakt bestehende Subjekt der Arbeit dazu verurteilt, um seiner materialen Wiedereinsetzung in die als sächliches Ensemble bestehenden sachlichen Bedingungen seines Daseins willen eben diesen Daseinsbedingungen bis zur realen Unkenntlichkeit sich anzuverwandeln und das heißt, den kategorialen Salto mortale der Einschränkung auf die Funktion eines mit diesen Bedingungen ebenso äquivalent wie selbstlos kooperierenden, bloßen weiteren Produktionsfaktors auszuführen. Eben deshalb aber erweist sich die dem Subjekt zuteil werdende integrative Konkretisierung ebenso wohl als eine das Subjekt im Gegenteil heimsuchende requisitive Subjektion und ist die in solchem Rahmen materialiter vollzogene Restitution des Subjekts in integrum des eigenen Seins im Gegenteil eine realiter durchgesetzte Expropriation des Subjekts ad usum eines anderen Wesens. Subjektion nämlich des Subjekts unter jenen ökonomisch-kommerziellen Mechanismus, der alle als sächliches Ensemble gegebenen sachlichen Bedingungen des industriellen Arbeitsprozesses, wie einerseits zwar in der konkreten Gestalt materialer Realisierungsmomente der entstehenden "weltbürgerlichen Vereinigung"67 als solcher hervortreibt, so andererseits aber auch in der abstrakten Figur eines wider die "weltbürgerliche Vereinigung" als solche geltend gemachten kapitalen Rechtstitels arretiert und sich vorbehält und der diesem seinem kapitalen Anspruch im dialektischen Regress nun auch und gerade die in der Form der Ware Arbeitskraft als sachliche Bedingung kategorialiter dingfest gemachte "weltbürgerliche Vereinigung" als solche, mithin das Subjekt selbst, unterwirft. Und Expropriation des Subjekts also durch eben die prolongiert bürgerliche Gegenwart, die über jenen ökonomisch-kommerziellen Mechanismus verfügt und die seiner in ihrer Prolongation sich bedient, um der in integrum ihrer sächlichen Gesetztheit und sachlichen Bestimmtheit restituierten "weltbürgerlichen Vereinigung" unter der Hand der ihr hierbei nachgewiesenen kategorialen Natur eines arbeitskräftigen Tauschobjekts beziehungsweise dingfesten Produktionsfaktors den unmittelbaren Subjektstatus und das freie Selbstverhältnis ebenso entschieden streitig zu machen, wie sich – die prolongierte Gegenwart – selber als das wahre Subjekt in petto oder als wortwörtliches Über-Ich aufzudrängen und um auf der Grundlage dieses, die Anspannung eines frei reflexiven Identitätsverhältnisses in den Krampf eines unwillkürlich referentiellen Identifizierungsverhaltens pervertierenden kategorialen Außersichseins und entfremdet heteronomen Bestehens der "weltbürgerlichen Vereinigung" alle, durch die letztere im konkreten Prozess der Arbeit materialiter effektuierte Entwicklung der Anlagen und Entfaltung der Kräfte sich realiter gutzuschreiben und als ein ex capite jener kategorialen Exzentrik des ganzen Prozesses ihr, der Gegenwart, höchstpersönlich geschuldetes Resultat mit Beschlag zu belegen.

Die quasi apriorische Definition der industriellen Arbeit als Lohnarbeit also ist es, was die Transformation jenes ökonomisch-kommerziellen Mechanismus, mittels dessen die frühbürgerliche Gegenwart das in der industriellen Arbeit bestehende Kantische Politikum einer als "weltbürgerlicher Zustand" grundlegend neuen Vergesellschaftungsstufe hervortreibt, aus einem scheinbar progressiv sich verausgabenden universalen Beförderungsmittel in einen in Wirklichkeit reaktiv sich rentierenden kapitalen Bereicherungsautomaten vertraglich sicherstellt. Und diese in ihrer Apriorizität präventive Definition der Industriearbeit als Lohnarbeit ist es damit auch, was die Metarmorphose der bürgerlichen Gegenwart selbst aus einem dem Anschein nach generalistisch den Fortschritt der Zukunft projektierenden, produktiven Ingenieur und Veranstalter in einen in Wahrheit egoistisch auf die eigene Reproduktion reflektierenden, privativen Unternehmer und Ausbeuter in aller Form zur Geltung bringt. Kraft Lohnabhängigkeit bleibt, was an sich und de jure den revolutionären Springpunkt und das autonome Transitivum einer als Selbstschöpfung fundamental veränderten Produktion der materialiter Gegenwart gewordenen weltbürgerlichen Zukunft zu bilden bestimmt ist, für sich und de facto dazu verurteilt, als vielmehr das permanente Drehmoment und das heteronome Reflexivum einer durch Wertschöpfung kapital erweiterten Reproduktion partout nur der formaliter zur Vergangenheit aufgehobenen bürgerlichen Gegenwart zu figurieren. Und kraft der mit der Lohnabhängigkeit rechtlich fixierten und gesellschaftlich sanktionierten Verdinglichung der in der "weltbürgerlichen Vereinigung" existierenden lebendigen Arbeit und subjektiven Produktivität zu einer als internationales Proletariat subsistierenden Ware Arbeitskraft und sächlichen Produktionskomponente also bleibt, was an sich und de jure ein ex principio seines Entstehens sich mit sich selber vermittelnder, selbstbestimmt generativer Zweck ist, de facto und für sich ein an den Mechanismus seiner Entstehung als an den referentiell geheimen Zweck seines Daseins gekettetes, regenerativ verfügbares Mittel. Weil und insofern der über die Grenzen ihrer initiativen Aufgabe und Funktion hinaus sich prolongierenden bürgerlichen Gegenwart kraft Lohnverhältnis gelingt, ihre in actu einer "vollkommenen bürgerlichen Vereinigung" präsente eigene Zukunft unter Vertrag zu nehmen und in den Dienst dieser ihrer selbstisch-privaten Prolongation zu stellen, verkehrt sich die materialiter Gegenwart gewordene "weltbürgerliche" Zukunft aus einem Präsentations- und Darstellungsmedium ihrer selbst in ein Investitions- und Reproduktionsmittel der formaliter als vergangen gesetzten bürgerlichen Gegenwart und erweist sich jede, ihr materialiter selber gedankte Kraftentfaltung und Produktivitätsentwicklung als ein realiter je schon der letzteren geschuldetes Resultat.

Fußnoten

... werden"56
Ebd.
... Vereinigung"57
Ebd.
... Zustands"58
Ebd.
... Ferne"59
Ebd., S. 49.
... einmal"60
Ebd., S. 47.
... Annäherung"61
Ebd., S. 46.
... Zeitpunkts"62
Ebd.
... Handel"63
Ebd.
... Betriebes"64
Ebd.
... Weltteil"65
Ebd., S. 47.
... dastehen"66
Ebd.
... Vereinigung"67
Kant spricht von "bürgerlicher Vereinigung" und von "weltbürgerlichem Zustand". Die hier gebrauchte Kombination aus den beiden Formulierungen, den Ausdruck "weltbürgerliche Vereinigung", verwendet er nicht. Stattdessen rekurriert er, vielleicht unter Herderschem Einfluss, in diesem Zusammenhang auf den Bundesbegriff, die föderalistische Tradition. Wenn er indes den "Völkerbund" Rousseauisch als "vereinigte Macht", als "vereinigten Willen" (a.a.O., S. 42) deklariert und schließlich als "vollkommene bürgerliche Vereinigung in der Menschengattung" bestimmt, so macht er deutlich, dass das, was er im Auge hat, sinngemäß in der Tat eine "weltbürgerliche Vereinigung" und nämlich eher eine Antizipation des sozialistischen Internationalismus des 19. Jahrhunderts als eine Wiederaufnahme des reichsständischen Föderalismus der vorangegangenen Jahrhunderte ist.