Die Fundamente des starken Staats – Erster Teil: Imperialismus

Eingesetzt, um die bürgerliche Klasse beziehungsweise deren parlamentarische Repräsentanz in ihrer untragbaren Doppelrolle aus politischer Hüterin und ökonomischer Brecherin der zivilen Verfassung, ihrer Personalunion aus Wahrerin des Gemeinwesens und Vertreterin eines Klasseninteresses, zu entlasten und für die Aufrechterhaltung der unter den ökonomisch-technischen Produktionsbedingungen und demographisch-sozialen Machtverhältnissen der bürgerlichen Gesellschaft unmöglich aufrechtzuerhaltenden gesellschaftlichen Ordnung zu sorgen, kann die konstitutionelle Monarchie gar nicht verfehlen, sich als politischer Handlanger des Kapitals und als Spießgeselle der das Kapital verwaltenden Bourgeoisie zu dekuvrieren.

In seiner klassischen, wenn auch entschieden zwieschlächtigen Ausprägung bewährt sich das von der parlamentarischen Repräsentanz der bürgerlichen Klasse mehr oder minder effektiv an der kurzen Leine ihrer Etathoheit gehaltene politische System, das die bürgerliche Klasse in der Form einer konstitutionellen Monarchie und mit der Funktion eines Nachtwächterstaats in notgedrungener Reaktion auf die ihr aus ihrem eigenen ökonomischen Tun und Treiben erwachsenden sozialen Spannungen und politischen Konflikte beziehungsweise in hellsichtiger Antizipation dieser Spannungen und Konflikte etabliert. In ihrer traditionsgeboren britischen nicht weniger als in ihrer revolutionsentsprungen französischen Ausprägung hält die konstitutionelle Monarchie, was sie der Bourgeoisie in specie und der aus dieser und ihrem mittelständischen Anhang bestehenden bürgerlichen Klasse in genere verspricht.

Sie erlaubt es ihr, die Sanktionierung, Verteidigung und Regulierung der von der neuen Souveränin, der bürgerlichen Gesellschaft, in Kraft gesetzten beziehungsweise in ihrer Geltung reaffirmierten zivilen Verfassung an den aus einem absolutistischen Souverän in den Garanten parlamentarischer Souveränität transformierten Monarchen zu delegieren und unter dem Schutz beziehungsweise Deckmantel dieses konstitutionellen Monarchen, dieses als quasi eingeborener Sohn der Verfassung uno actu mit ihr gesetzten und sie der Kontrolle und Verfügung der neuen Souveränin, der bürgerlichen Gesellschaft, entziehenden Verfassungshüters, ebenso effektiv wie rücksichtslos ihrem maßgebenden Geschäft nachzugehen, ihre auf die industrielle Akkumulation von Kapital, will heißen, auf die Ausbeutung gesellschaftlicher Arbeitskraft zielende ökonomische Praxis zu betreiben, ohne befürchten beziehungsweise gewärtig sein zu müssen, dass der in dieser ökonomischen Praxis implizierte politische Skandal, der mit ihr untrennbar verknüpfte permanente Bruch der Verfassung, die allem verfassungsgemäßen Recht auf privates Eigentum und persönliche Vertragsfreiheit ins Gesicht schlagende fortwährende ausbeuterische Enteignung und lohnarbeitsbedingte Nötigung, der sie die in ihr Engagierten unterwirft, ihnen, den Erregern des Skandals, zur Last gelegt, dass sie, die bürgerliche Klasse, für ihn verantwortlich gemacht wird.

Für den ständigen Verfassungsbruch, den allgegenwärtigen Skandal haftbar oder rechenschaftspflichtig gemacht wird statt ihrer der konstitutionelle Monarch, den sie so umsichtig beziehungsweise vorausschauend ist, als generalbevollmächtigten Verfassungshüter, als gleichermaßen mit der Wahrung der fundamentalen zivilen Vergesellschaftungsprinzipien und mit der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, die diese sanktionieren, betrauten Nachtwächter zu etablieren. Tatsächlich aber ist, wie gezeigt, das eigentliche Ziel und die wahre Absicht dieser Übertragung der Sorge für die zivile Verfassung und für ihre Aufrechterhaltung an den umfunktionierten, sprich, konstitutionalisierten absolutistischen Monarchen beziehungsweise an dessen ständischen Anhang, es gar nicht erst soweit kommen zu lassen, dass jener per Ökonomie praktizierte permanente Verfassungsbruch Thema und mithin die Frage nach der Verantwortung für ihn laut oder am Ende gar die Forderung nach Konsequenzen aus ihm, sprich, nach einer revidierten, ihn ausschließenden beziehungsweise den ökonomischen Mechanismen, die ihn bewirken, Rechnung tragenden Verfassung erhoben wird.

Eigentliches Ziel der von der bürgerlichen Klasse beziehungsweise ihrer parlamentarischen Repräsentanz vollzogenen Delegation der Sorge für die Aufrechterhaltung der zivilen Verfassung an den Monarchen ist es mit anderen Worten, die untragbare Doppelrolle aus politischer Hüterin und ökonomischer Brecherin der Verfassung, mit der sich die parlamentarische Repräsentanz durch die bürgerliche Klasse, die sie repräsentiert, unter republikanischen Bedingungen nolens volens belastet findet, die Personalunion aus Vertreterin eines Klasseninteresses und Wahrerin des Gemeinwesens, in der sie auftritt, loszuwerden und letztere Rolle einer Instanz zu übertragen, die aufgrund gleichermaßen ihrer historischen Herkunft und ihrer systematischen Stellung die gute Figur einer über den Klassen der bürgerlichen Gesellschaft und ihrem Interessenstreit stehenden und insofern neutralen Institution zu machen vermag und eben deshalb imstande ist, ex auctoritate der von ihr beanspruchten Überparteilichkeit und Neutralität die zivile Verfassung gutzusagen, sie gewissermaßen zu zertifizieren, sprich, ihre Einhaltung durch die ökonomische Praxis der bürgerlichen Klasse, den Kapitalisierungsprozess, zu bestätigen, also jener Praxis zu bescheinigen, dass sie sich im Rahmen der Verfassung bewegt und ungeachtet der gelegentlichen Exzesse und Auswüchse, zu denen sie neigt, mit ersterer prinzipiell im Einklang steht.

Darin besteht die eigentliche oder primäre Aufgabe der als konstitutionelle Monarchie retablierten alten Herrschaft, und besäße die ökonomische Praxis der bürgerlichen Klasse so etwas wie eine eigene Statik, ein sie in einer Art von stabilem Zustand verhaltendes Maß ihrer Ausübung, angesichts der die Menschheitsgeschichte durchwaltenden Tradition sowohl der strukturellen Ungleichbehandlung bei der Verteilung von Rechten an die Mitglieder der Gesellschaft als auch des funktionellen Ungleichgewichts bei der Wahrnehmung gleicher Rechte durch die Mitglieder der Gesellschaft und angesichts der Duldsamkeit beziehungsweise Leidensfähigkeit, die solch lange Tradition den durch die Vorenthaltung beziehungsweise Beschneidung von Rechten Benachteiligten eingeimpft hat, hätte die konstitutionelle Monarchie durchaus die Chance, die ihr gestellte Aufgabe einer trotz aller rechtlichen Ungleichheit, die sie sanktioniert, wirksamen Zertifizierung der Verfassung zu erfüllen.

Indes, jene als Kapitalisierungsprozess perennierende ökonomische Praxis der bürgerlichen Klasse kennt keine ihr eigene Statik, sondern beweist im Gegenteil eine Dynamik, kraft deren sie alle sie zu sanktionieren gedachte zivile Verfassung unterminiert und in der Tat ad absurdum führt. Indem die Bourgeoisie ihr formales Recht auf Eigentum als das materiale Recht wahrnimmt, ihr Eigentum produktiv zu verwenden, es als Kapital einzusetzen, sprich, gesellschaftliche Arbeitskraft mit ihm zu kaufen, und indem sie ihren juridischen Anspruch auf persönliche Vertragsfreiheit als faktische Befugnis nutzt, den Kaufvertrag als Lohnarbeitsvertrag abzuschließen, will heißen, als einen Vertrag, der nicht auf die von der Arbeitskraft erbrachten Leistungen beziehungsweise erzeugten Produkte, sondern bloß auf die für die Subsistenz der Arbeitskraft selbst erforderlichen Ressourcen gemünzt ist, steuert sie unter den durch ihr eigenes Tun und Treiben gegebenen beziehungsweise hervorgetriebenen Produktionsbedingungen zwangsläufig auf gesellschaftliche Verhältnisse zu, unter denen die Geltendmachung dieses ihres verfassungsmäßigen zivilen Rechts sich als gleichbedeutend erweist nicht sowohl mit der Vorenthaltung oder Beschneidung als vielmehr mit der Widerlegung und dem Entzug des entsprechenden Rechts derer, die als ihr Eigentum bloß ihre Arbeitskraft zu Markte tragen und mit denen sie per Lohnarbeitsvertrag kontrahiert.

Unter den durch die ökonomische Praxis der Bourgeoisie evozierten Bedingungen einerseits eines wachsenden Missverhältnisses zwischen dem Wert der sächlichen und der persönlichen Produktionsfaktoren, der Produktionsmittel und der Arbeitskraft, und andererseits eines überfüllten Arbeitsmarkts, eines Überangebots an Arbeitskräften, erweist sich für die Lohnarbeitenden ihr Recht auf privates Eigentum als hinfällig und der Anspruch auf persönliche Vertragsfreiheit demgemäß als bedeutungslos. Als hinfällig erweist sich das Recht auf ihr in der Arbeitskraft bestehendes privates Eigentum, weil letzteres selbst wegen der großen Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt entweder gar nicht gebraucht wird, sein Eigentümer sich also zur Arbeitslosigkeit verurteilt findet, oder, wenn denn das produktive Eigentum der Bourgeoisie, das Kapital, Verwendung für es hat, der Wert, der ihm beigemessen wird, das für seine eigene Reproduktion erforderliche Minimum zu unterschreiten und es, das Eigentum, auf diese Weise zum Verschwinden zu bringen, kurz, wertlos zu machen tendiert. Und als bedeutungslos entpuppt sich in Korrespondenz dazu der Anspruch der Lohnarbeitenden auf persönliche Vertragsfreiheit, weil entweder, im Falle der Unverwendbarkeit der Arbeitskraft, sprich, der Arbeitslosigkeit, der Vertragsgegenstand überhaupt entfällt, oder aber, im Falle der minimalen oder gar unter das Wertminimum sinkenden Vergütung, von einem Vertrag, einer freien Übereinkunft, keine Rede mehr sein kann und der angebliche Lohnvertrag sich als in Wahrheit Lohndiktat, als durch den Zwang der ökonomischen Verhältnisse, durch eine erpresserische Machtposition derer, die über das produktive Eigentum verfügen, ermöglichte Gewaltübung herausstellt.

Die durch das kapitale Eigentum betriebene Entwertung ihres Eigentums Arbeitskraft und damit bewirkte Eliminierung ihrer Vertragsfreiheit in Sachen Lohnarbeit sind natürlich für die auf Lohnarbeit, auf den Verkauf ihrer Arbeitskraft Angewiesenen kein bloß konstitutionelles, ihre verfassungsmäßigen Rechte tangierendes, sondern mehr noch ein existenzielles, ihr Leben unter lebbaren beziehungsweise menschenwürdigen Bedingungen betreffendes Problem. So gewiss sie auf ihr privates Eigentum Arbeitskraft ihren und ihrer Angehörigen Lebensunterhalt gründen müssen und so gewiss sie die persönliche Vertragsfreiheit brauchen, um die hierfür geeignetsten Vertragspartner auswählen und die günstigsten Arbeitsbedingungen aushandeln zu können, so gewiss sind die kraft Kapitalisierungsprozess betriebene Entwertung ihrer privaten Arbeitskraft und Eliminierung ihrer persönlichen Vertragsfreiheit gleichbedeutend damit, dass sie sich in lebensbedrohliche ökonomische Not und in persönlichkeitszerstörendes soziales Elend gestürzt finden.

Der produktive Gebrauch, den die Bourgeoisie von ihrem privaten Eigentum macht, sein Einsatz als Kapital, und der Lohnarbeitsvertrag, den sie in Wahrnehmung ihrer persönlichen Vertragsfreiheit denen, deren privates Eigentum sich in ihrer Arbeitskraft erschöpft, aufzwingt, führen unter den eben dadurch hervorgetriebenen ökonomisch-technischen Produktionsbedingungen und demographisch-sozialen Abhängigkeitsverhältnissen mit der Zwangsläufigkeit kapitalprozessualer Dynamik zur Pauperisierung und Deklassierung der Lohnarbeitenden, drängen letztere mit anderen Worten an den Rand ihrer Existenz oder drücken sie gar unter das Existenzminimum, weshalb diese denn auch gar nicht anders können, als sich zur Wehr zu setzen und eben jenem sie um ihre Subsistenzgrundlage, ihre Arbeitskraft, bringenden produktiven Eigentum den Kampf anzusagen beziehungsweise gegen eben jenes, sie ihrer bürgerlichen Identität, ihrer Vertragsfreiheit, beraubende Lohnarbeitsverhältnis aufzubegehren.

Je nach ökonomischem Entwicklungsstand, abhängig also vom zeitlichen Verlauf des Kapitalisierungsprozesses, kommt es früher oder später, zuerst in Großbritannien, dann in Frankreich und schließlich auch in den östlichen Flächenstaaten, zu Maschinenstürmerei und wilden Streiks. Vorzugsweise in der aufgrund der Vorreiterrolle, die sie im Industrialisierungsprozess spielt, auch ganz besonders von dessen anfänglicher anarchischer Wildwüchsigkeit und sozialer Rücksichtslosigkeit geprägten Tuchindustrie sehen sich die Lohnarbeitenden durch die akute Not und das eklatante Elend, worein sie sich durch ausbeuterische Arbeitsverhältnisse beziehungsweise den Ausschluss aus ihnen gestürzt finden, früher oder später dazu getrieben, das produktive Eigentum, das so oder so, durch Exploitation oder Exklusion, ihre Arbeitskraft entwertet, anzugreifen und zu zerstören beziehungsweise den Lohnarbeitsvertrag, der so oder so, per Abschluss oder Kündigung, ihre Vertragsfreiheit eliminiert und sie dem kapitalen Lohndiktat ausliefert, zu verweigern und zu brechen.

Indem so aber die Lohnarbeitenden unter dem Druck der ökonomischen Not und des sozialen Elends, die ihnen das produktive Eigentum der Bourgeoisie, das Kapital, kraft der von ihm als universales Produktionsverhältnis durchgesetzten Lohnarbeit beschert, gegen dies produktive Eigentum aufbegehren und Sturm laufen, sprich, Fabriken besetzen und Maschinen zertrümmern, und sich dem durch dies produktive Eigentum durchgesetzten Lohnarbeitsverhältnis widersetzen und verweigern, sprich, entgegen ihren per Lohnarbeitsverhältnis eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen die Arbeit niederlegen und streiken, begehen sie ein als Verstoß gegen die zivile Verfassung manifestes Unrecht, verletzen offenkundig das den Eigentümern des produktiven Eigentums als Mitgliedern der Gesellschaft verfassungsgemäß zugesicherte Recht auf Unversehrtheit ihres privaten Eigentums und auf Einhaltung der von ihnen geschlossenen persönlichen Verträge und rufen damit nolens volens denjenigen auf den Plan, den die bürgerliche Gesellschaft per medium der politischen Repräsentanz der sie dominierenden bürgerlichen Klasse zum Hüter der zivilen Verfassung bestellt hat, den konstitutionellen Monarchen.

Er, der die Aufgabe hat, über die Einhaltung der Verfassung zu wachen, sie als für die bürgerlichen Geschäfte und Verkehrsformen so, wie sie sich eingebürgert haben, für den üblichen gesellschaftlichen Handel und Wandel also, verbindlichen Bezugs- und Entfaltungsrahmen gutzusagen und dafür zu sorgen, dass die Geschäfte und Verkehrsformen sich in diesem Rahmen bewegen, der Handel und Wandel ihn nicht überschreitet oder gar sprengt – er muss natürlich aktiv werden, wenn dieser Rahmen so offensichtlich verletzt, das verfassungsmäßige Recht auf Eigentum durch die Zerstörung von Anlagen und Maschinen so manifest gebrochen, der verfassungskonforme Anspruch auf Vertragstreue, das Revers der Vertragsfreiheit, durch Arbeitsverweigerung und Streik so eklatant mit Füßen getreten wird. So wahr er Hüter der Verfassung und Garant ihrer den privaten Verkehr nicht weniger als die öffentliche Ordnung betreffenden Geltung ist, so wahr muss er mit der gesammelten polizeilichen oder auch militärischen Macht, die ihm die bürgerliche Gesellschaft zwecks Erfüllung seiner Aufgabe übertragen hat, gegen jene manifesten Eigentumsdelikte und eklatanten Vertragsbrüche, deren sich die lohnarbeitenden Mitglieder der Gesellschaft schuldig machen, vorgehen. Damit tut er nach Ansicht der Bourgeoisie und ihres mittelständischen Anhangs, kurz, der bürgerlichen Klasse sowie der von ihr beherrschten öffentlichen Meinung nichts weiter als seine amtliche Pflicht, die in der Wahrung der qua Verfassung kodifizierten gemeinsamen Rechte aller Bürger und in der Aufrechterhaltung des darauf fußenden Landfriedens besteht.

Für die gegen das produktive Eigentum der Bourgeoisie, das Kapital, Sturm laufenden und der ausbeuterischen Vertragsfreiheit, der es sie aussetzt, durch Arbeitsverweigerung in die Parade fahrenden Lohnarbeitenden freilich stellt sich die Sache anders dar. Wenn sie Maschinen zerstören und Verträge brechen und damit die verfassungsmäßigen Rechte derer verletzen, die diese Maschinen besitzen und sie per Lohnvertrag zur Arbeit an ihnen verpflichten, dann ja in Reaktion darauf, dass unter den gegebenen ökonomisch-technischen Produktionsbedingungen und demographisch-sozialen Machtverhältnissen die per Lohnvertrag geübte Arbeit an diesen Maschinen in einer schier unaufhaltsamen Entwertung ihrer Arbeitskraft und Eliminierung ihrer Lohnfreiheit resultiert und die Wahrnehmung des Rechts auf privates Eigentum und die Ausübung des Anspruchs auf persönliche Vertragsfreiheit durch die Bourgeoisie sich also für sie, die Lohnarbeitenden, als gleichbedeutend mit dem Entzug eben dieses Rechts und dem Gegenstandsloswerden eben dieses Anspruchs herausstellt.

Ihre manifeste und eklatante, als persönlich-subjektive Gewalttat begangene Verletzung der Verfassung ist also für sie nichts weiter als Reaktion auf die latente und routinierte, als gesellschaftlich-objektiver Zwang geübte Missachtung der Verfassung, deren die andere Seite, die Seite der ihr Eigentum produktiv, als Kapital, einsetzenden Bourgeoisie, sich schuldig macht, ist ein Verfassungsbruch, für den sich zudem der ihn wenn auch vielleicht nicht rechtfertigende, so jedenfalls doch mildernde Umstand geltend machen lässt, dass er der existenziellen Not und dem sozialen Elend geschuldet ist, in die sie sich durch den Verfassungsbruch der anderen Seite gestürzt finden, wohingegen dieser letztere ohne Not und aus kaltem Kalkül begangen wird und nämlich einzig und allein in dem von ihnen als Bereicherungsstreben, als privative Gewinnsucht wahrgenommenen Akkumulationstrieb, dem objektiven Verwertungszwang des Kapitals seinen Grund hat.

Wenn der konstitutionelle Monarch in Ausübung der ihm übertragenen Funktion als staatlicher Verfassungshüter angesichts dieser von den Lohnarbeitenden begangenen Verletzungen grundlegender ziviler Verfassungsprinzipien nun in seiner aus der ersten folgenden zweiten Funktion als polizeilicher Verfassungsschützer aktiv wird und ihren Verfassungsbruch durch Verfolgung und Bestrafung ahndet, so misst er in ihren Augen mit zweierlei Maß, nimmt hier aufs Korn, wovor er dort ein Auge zudrückt, verfolgt hier, was er dort passieren, bestraft hier, was er dort recht sein lässt, und macht sich, kurz, der Parteilichkeit schuldig, dekuvriert sich als politischer Handlanger der Bourgeoisie, als von ihr angestellter und ausgehaltener Verteidiger ihrer mittels Industrialisierungs- alias Kapitalisierungsprozess verfolgten ökonomischen Interessen gegen die arbeiterschaftlichen Widerstände und gesellschaftlichen Unruhen, die eben jene bourgeoise Interessenverfolgung zwangsläufig provoziert.

Der Anschein von den Klassenwidersprüchen der bürgerlichen Gesellschaft enthobener Überparteilichkeit und einzig und allein verfassungstreuer Neutralität, um dessentwillen die bürgerliche Klasse den absolutistischen Herrscher als konstitutionalistisch vermittelten Monarchen retabliert, verfliegt, kaum dass die Dynamik der als kapitalistischer Ausbeutungsprozess funktionierenden ökonomischen Entwicklung den essenziellen Widerspruch zum existenziellen Konflikt eskaliert, die systematische Ausbeutung zum empirischen Entzug der Lebensgrundlage verschärft und damit die Betroffenen zwingt, gegen den ihnen ihre materielle Subsistenz, ihr privates Eigentum, raubenden und ihre soziale Existenz, ihre persönliche Vertragsfähigkeit, verschlagenden ökonomischen Betrieb der Bourgeoisie aufzubegehren und sich im sei's realen, sei's sozialen Sinne, im Sinne sei's materialer Zerstörung, sei's funktionaler Verweigerung, zur Wehr zu setzen. Indem er Monarch als Wächter über die Einhaltung der Verfassung seines Amtes waltet und diese ihre Zerstörung fremden Eigentums beziehungsweise Verletzung der Vertragsrechte anderer polizeilich verfolgt und militärisch bekämpft, ohne das verfassungsbrüchige Unrecht in Betracht zu ziehen, geschweige denn zu ahnden, das jene anderen durch die Verwendung ihres Eigentums und ihre Vertragspraxis begehen, gibt er in den Augen der von ihm Verfolgten unmissverständlich zu erkennen, dass er die Rechtsverletzung der anderen, ihren Verfassungsbruch deckt beziehungsweise in missbräuchlicher Ausübung seines Amtes sanktioniert und dass er also als deren Spießgeselle, als politischer Komplize ihrer ökonomischen Machenschaften fungiert.

Dass die konstitutionelle Monarchie bei den Lohnarbeitenden allen Kredit verspielt und sich als politischer Komplize der bürgerlichen Klasse diskreditiert, nimmt ihr in den Augen der letzteren nichts von ihrer Opportunität und Nützlichkeit, da sie ja damit die als Teil ihres Anstellungsvertrags wohlverstandene Aufgabe erfüllt, der bürgerlichen Klasse als Strohmann zu dienen und notfalls den Sündenbock für sie abzugeben. Zweifel am Sinn und Nutzen der konstitutionellen Monarchie weckt allerdings bei der bürgerlichen Klasse dies, dass jene in ihre Diskreditierung das, wofür sie einsteht, die zivile Verfassung selbst, verstrickt, weil die Lohnarbeiterschaft in die Reflexion getrieben, sprich, zu der Erkenntnis gedrängt wird, dass nicht Pflichtsäumigkeit des Monarchen, sondern die konstitutionelle Hinterhältigkeit der zivilen Verfassungsprinzipien als solcher für ihre Misere verantwortlich ist.

Nicht, dass diese Dekuvrierung und Demontage, die dank der Dynamik des ökonomischen Prozesses die politische persona des Staats, der Monarch, in den Augen der von jenem Prozess Heimgesuchten oder vielmehr Zugrundegerichteten, der zur proletarischen Klasse sortierten und homogenisierten Lohnarbeitenden, in kürzester Frist erfährt und die letzteren ihnen als einen Erfüllungsgehilfen der Bourgeoisie und Büttel der bürgerlichen Klasse erkennbar werden lässt – nicht, dass diese Entlarvung des Monarchen als solche oder für sich genommen schon für die Bourgeoisie ein Unglück wäre und ihr und ihrem mittelständischen Anhang Anlass gäbe, am Sinn und Nutzen der von ihnen als neue Staatsform ins Werk gesetzten konstitutionellen Monarchie zu zweifeln.

Schließlich lässt sich der bürgerlichen Klasse alles Mögliche, aber gewiss keine Naivität und Weltfremdheit vorwerfen, und wenn sie die monarchische Regierungsform etabliert, so, wie gezeigt, zwar in der vagen Hoffnung, dass es dem Monarchen aufgrund seiner vorgeblichen Überparteilichkeit und Neutralität gelingt, die zivilen Verfassungsprinzipien gutzusagen und als ungeachtet aller gegenteiligen kapitalprozessualen Evidenz in Kraft zu behaupten und so die durch die ebenso materialiter verfassungswidrige wie formaliter –konforme ökonomische Praxis der Bourgeoisie in Not und Elend Gestürzten von reaktiven Übergriffen und rechtswidrigen Widerstandshandlungen abzuhalten und zur Achtung des Privateigentums, das sie ausbeutet, beziehungsweise zur Einhaltung des Lohnvertrags, der sie knebelt, zu bringen, aber zugleich doch auch in der weisen Voraussicht, dass wegen der Dynamik eben jener ökonomischen Praxis wie Not und Elend, so auch gewalttätiger Kampf gegen die Not und rechtswidrige Reaktionen auf das Elend unausweichlich sind, und aus der klugen Überlegung heraus, dass es dann besser ist, wenn der als zivile Verfassung firmierende gesellschaftssynthetische Rahmen, in dem dies geschieht, nicht von ihr selbst, die so gleichermaßen eklatant und permanent gegen ihn verstößt, sondern von einem Dritten, eben dem als Verfassungshüter bestallten Monarchen, verteidigt wird, den der klassenenthobene Stand und die überparteiliche Stellung, auf die er Anspruch erhebt, der Verwicklung in jene ökonomische Praxis der Bourgeoisie und also auch der Teilhabe an dem ebenso chronischen wie systematischen Verfassungsbruch, den sie impliziert, unverdächtig erscheinen lassen.

Kann der Monarch den konstitutionellen Rahmen der bürgerlichen Gesellschaft wegen der Dynamik der ökonomischen Praxis, die diesen Rahmen sprengt, schon nicht durch sein bloßes persönliches Zeugnis beziehungsweise autoritatives Zureden gutsagen beziehungsweise gesundbeten, so kann er ihn wenigstens mittels polizeilichen Einsatzes beziehungsweise repressiven Durchgreifens gegen die durch jene ökonomische Praxis provozierten Gewalttaten und rechtswidrigen Aktionen verteidigen und aufrecht erhalten, ohne sich gleich dem Verdacht auszusetzen, in seinem Handeln von schierem Eigennutz und krasser Selbstsucht bestimmt zu sein und als der zum Richter über sein eigenes Tun sich aufwerfende Verbrecher oder, wie es der Volksmund will, als der zum Gärtner gemachte Bock zu agieren.

Freilich, indem der Monarch nun die Gewalttaten und Widerstandshandlungen der in die Enge ökonomischer Not und sozialen Elends getriebenen Lohnabhängigen verfolgt und ahndet, während er über die solche Not und solches Elend schaffende ökonomische Gewalt und juridische Erpressung nicht nur hinwegsieht, sondern mehr noch das dafür verantwortliche produktive Eigentum und repressive Vertragswerk sanktioniert und schützt, indem er also, wie oben konstatiert, mit zweierlei Maß misst, eine gedoppelte Sichtweise praktiziert, kann er gar nicht verfehlen, sich in den Augen der von seiner Verfahrensweise Betroffenen ebenso rasch wie gründlich zu kompromittieren, sich ihnen, wenn schon nicht als Recht sprechender Verbrecher, als zum Gärtner gemachter Bock, so jedenfalls doch als dem Verbrecher zur Hand gehender Spießgeselle, als mit dem Bock im Einverständnis stehender Komplize zu dekuvrieren. In der anarchisch-politischen Erscheinungsform des von der proletarischen Klasse verübten Unrechts verurteilend und unterdrückend, was er in der systematisch-ökonomischen Verlaufsform des von der bürgerlichen Klasse begangenen Unrechts toleriert und deckt, entlarvt sich der Monarch in den Augen der ersteren als wenn nicht von der letzteren bestochener und gekaufter, so zumindest doch mit ihr unter einer Decke steckender und gemeinsame Sache machender Falschmünzer, bringt seinen Anspruch auf Überparteilichkeit und Neutralität um jede Glaubwürdigkeit und erweist sich als ein treuloser Sachwalter des Gemeinwesens, als Verräter an eben der Grundkonstitution der bürgerlichen Gesellschaft, eben der zivilen Verfassung, die er doch vielmehr zur Geltung bringen und über deren Einhaltung er wachen soll.

Nicht, wie gesagt, dass die Bourgeoisie mit ihrem mittelständischen Anhang, kurz, die bürgerliche Klasse diese Wendung schon als ein Unglück ansähe und zum Anlass nähme, am Sinn und Nutzen der von ihr etablierten konstitutionellen Monarchie zu zweifeln. Eben dafür retabliert sie ja den Monarchen beziehungsweise belässt ihn in der bürgerlichen Gesellschaft angepasster Form im Amt, dass er kraft seiner ihm von der idealen Souveränin verliehenen staatlichen Autorität die die kapitalprozessuale Praxis deckende zivile Verfassung, wie im angesichts der Dynamik jener Praxis höchst unwahrscheinlichen besten Fall hochhält und als von den systematischen Verletzungen, die jene Praxis ihr zufügt, unberührt beziehungsweise unbetroffen gutsagt und in Geltung erhält, so im mit so gut wie sicher zu erwartenden schlimmsten Fall gegen die anarchisch-politischen Verletzungen, die ihr in Reaktion auf jene systematisch-ökonomischen Verletzungen beigebracht werden, mit aller ihm von der realen Souveränin übertragenen polizeilichen Gewalt verteidigt und in der von ihm ursprünglich gutgesagten, sprich, für intakt und von den Verletzungen der kapitalprozessualen Praxis unbetroffen erklärten Form allgemein geltenden Rechts wiederherstellt und reaffirmiert.

Dass der Monarch sich damit in den Augen der nicht nur von der kapitalprozessualen Ausbeutung durch die Bourgeoisie in Not und Elend Gestürzten, sondern nun zu allem Überfluss auch noch durch die polizeiliche Verfolgung und strafrechtliche Ahndung, mit der er ihre Gegenwehr beziehungsweise ihren Protest beantwortet, an den Pranger Gestellten beziehungsweise zu Paaren Getriebenen hoffnungslos diskreditiert, dass er sich ihnen als mit zweierlei Maß messender, kurz, Klassenjustiz übender Kollaborateur der bürgerlichen Klasse dekuvriert, muss die letztere nicht bekümmern und wird von ihr ohne Bedenken als mit dem politischen Auftrag, den er übernommen hat, dem staatlichen Amt, das er bekleidet, selbstverständlich verknüpftes Berufsrisiko hingenommen. Wenn er es auf sich nimmt, die zivile Verfassung, mit der die eine gesellschaftliche Klasse ökonomisch Schindluder treibt, politisch gutzusagen und gegen die andere Klasse, die unter dem Schindluder leidet und gegen es aufbegehrt, staatlich zu vertreten und polizeilich zu verteidigen, dann muss er eben auch in Kauf nehmen und sich gefallen lassen, dass diese andere, benachteiligte und misshandelte gesellschaftliche Klasse seine einäugige Verfassungstreue und parteiliche Amtswaltung als unbillig und in der Tat als Verrat an dem Gemeingut erfährt, das er zu hüten bestellt ist, und ihm am Ende die Eignung für sein Amt bestreitet, wo nicht gar die Legitimation, es auszuüben, abspricht.

Als ein von der bürgerlichen Klasse eingesetzter und an ihrer Stelle waltender Jupiter beziehungsweise Liktor, ein die politische Ordnung der bürgerlichen Gesellschaft wahrender Blitzeschleuderer beziehungsweise der anarchischen Unordnung, von der sie bedroht ist, wehrender Stabträger, dessen ideologische Aufgabe sich im Kern darin erschöpft, an der politischen Ordnung gegen alle ökonomische Dynamik, von der sie unterminiert und widerlegt wird, unbeirrt festzuhalten und eben das zu ignorieren, was sie widerlegt, und dessen praktischer Auftrag in der Hauptsache darauf hinausläuft, der durch jene ökonomische Dynamik provozierten symptomatischen Unordnung dadurch zu wehren, dass er sie symptomkritisch verdrängt, sprich, gewaltsam unterdrückt – als dieser bestenfalls hartnäckige Gesundbeter der politischen Ordnung und schlimmstenfalls gewalttätige Unterdrücker der symptomatischen Unordnung muss der Monarch gewärtig sein und akzeptieren, dass diejenigen, die er durch seine Gesundbeterei ihrer Not überlässt beziehungsweise durch seine Unterdrückungsmaßnahmen noch tiefer ins Elend stürzt, ihn zuvörderst für ihre jener ökonomischen Dynamik geschuldete Misere verantwortlich machen, ex negativo der gesundbeterischen Indolenz und reflexhaften Repression, die er beweist, ihn zum persönlichen Verursacher, zum hassenswerten Demiurgen der Welt erklären, deren ökonomische Dynamik sie in solch große Not und solch tiefes Elend stürzt, und dass also er, der Blitzeschleuderer, der jene ökonomische Dynamik entfaltenden bürgerlichen Klasse, an deren Statt er die politische Ordnung wahrt, ebenso wohl als Blitzableiter dient, dass er, der Stabträger, für sie, um derentwillen er der anarchischen Unordnung wehrt, auch und zwangsläufig den Prügelknaben spielt.

Diese ihm nach Maßgabe der wachsenden ökonomischen Verwerfungen und sozialen Spannungen, die die kapitalprozessuale Dynamik erzeugt und die er unter staatlich-bürokratischer beziehungsweise polizeilich-militärischer Kontrolle halten muss, zufallende Rolle des Blitzableiters und Prügelknaben, der die wie auch immer ohnmächtige Wut und blinde Empörung auf sich lenkt, die der Kapitalprozess in seinen proletarischen Opfern erregt und die ja eigentlich dessen bourgeoisen Betreibern gilt – diese Rolle also meint die bürgerliche Klasse dem Monarchen ohne Weiteres zumuten beziehungsweise abverlangen zu können. Schließlich bezahlt sie ihn ja dafür, dotiert ihn reichlich teils mit etatmäßigen Zuwendungen, teils mit territorialen Pfründen und fiskalischen Privilegien, die sie ihm belässt beziehungsweise einräumt, und da kann sie mit Fug und Recht von ihm erwarten, dass er alle seine mit dem monarchischen Arbeitsvertrag, den er mit ihr geschlossen hat, eingegangenen Verpflichtungen erfüllt. Sie erwartet von ihm, dass er notfalls auch bereit ist, in Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtungen sich als Verfassungshüter, als Wahrer der bürgerlichen Grundordnung selber zu diskreditieren und nämlich in dem Maße, wie er um der Aufrechterhaltung und der Kontinuität der kapitalprozessualen Praxis willen über den mit ihr betriebenen permanenten Verfassungsbruch nicht nur stillschweigend hinwegsieht, sondern ihn mehr noch ex negativo einer strafrechtlichen Verfolgung der in Reaktion auf ihn von der Gegenseite begangenen Rechtsverletzungen gutsagt und sanktioniert, als ihr der Überparteilichkeit und Neutralität, die er simuliert, gänzlich entbehrender Interessenvertreter und Komplize zu entlarven.

Weit entfernt davon, dass die Diskreditierung, die der Monarch in den Augen der proletarischen Klasse durch seinen aktiven Einsatz für die Wahrung beziehungsweise Durchsetzung der Interessen der Bourgeoisie erfährt, die bürgerliche Klasse an der konstitutionellen Monarchie irre werden und zweifeln lassen müsste, kann sie sie in ihrer Überzeugung vom Sinn und Nutzen der monarchischen Einrichtung eigentlich nur bestärken, weil letztere damit ja eben das leistet und vollbringt, was nicht zwar für den besten Fall einer aller Störung der gesellschaftlichen Eintracht durch die ökonomische Praxis zum Trotz gewahrten politischen Ordnung, wohl aber für den schlimmsten Fall einer Störung der politischen Ordnung durch die von der ökonomischen Praxis erregte Zwietracht die bürgerliche Klasse von ihr verlangt: dass sie nämlich in einem großen Quidproquo das systematische Problem der Verfassungskonformität der ökonomischen Praxis eskamotiert und durch die empirische Frage der Verfassungstreue ihres eigenen politischen Handelns substituiert, dass sie mit anderen Worten den Hass und Zorn der durch den Kapitalprozess Pauperisierten und Deklassierten, um ihr privates Eigentum und ihre persönliche Vertragsfreiheit Gebrachten, auf sich, die als Verräterin an der guten Sache, der zivilen Verfassung, erscheinende konstitutionelle Monarchie, lenkt und konzentriert und dadurch von ihrer Auftraggeberin, der als Vertreterin des bösen Geschäfts, der ökonomischen Praxis, firmierenden bürgerlichen Klasse, ablenkt und fernhält.

Ungeachtet dessen, dass der Monarch durch sein gewaltsames Vorgehen gegen die proletarischen Störer der zivilen Ordnung in deren Augen den Schein von Überparteilichkeit und Neutralität einbüßt und sich als verlängerter Arm und politischer Erfüllungsgehilfe der bürgerlichen Klasse dekuvriert, beweist also die Monarchie aus Sicht der letzteren eine Opportunität und Nützlichkeit, die über die bloße Aufrechterhaltung der für das Funktionieren des Kapitalprozesses erforderlichen gesellschaftlichen Bedingungen hinausgeht und ihr, der bürgerlichen Klasse, die Delegation von politischer Verfügung und polizeilich-militärischer Macht an sie, die zwar der der bürgerlichen Gesellschaft konstitutionell angepasste, aber ihr doch ebenso sozial fremdbürtige wie finanziell beschwerliche alte Herrschaft, unverändert gerechtfertigt oder jedenfalls lohnend erscheinen lässt. Oder vielmehr wäre das der Fall, hätte es mit der Dekuvrierung der Monarchie und Diskreditierung der von ihr behaupteten Überparteilichkeit und Neutralität sein Bewenden und risse nicht der Monarch das, was er hochzuhalten und gutzusagen dient, die die bürgerliche Gesellschaft als ideale Souveränin begründende zivile Verfassung, in seine eigene Entlarvung beziehungsweise die Diskreditierung der monarchischen Institution mit hinab.

Eben das aber tut er, und zwar in dem Maße, wie er uno actu seines Einsatzes für die Interessen der Bourgeoisie und seiner Parteinahme für die bürgerliche Klasse hartnäckig an seiner Rolle als überparteilicher Hüter und neutraler Verteidiger der zivilen Verfassung festhält, wie er unbeirrt darauf insistiert, dass er mit seinem stillschweigenden Hinwegsehen über den systematischen Verfassungsbruch, den mit ihrer ökonomischen Praxis die Bourgeoisie verübt, und mit seiner unnachsichtigen Verfolgung der anarchischen Verstöße gegen die Verfassung, die mit ihren auf jene ökonomische Praxis reagierenden Maschinenstürmereien und Streiks die proletarische Klasse begeht, bloß seine ihm von der idealen Souveränin, der empirischen bürgerlichen Gesellschaft in ihrer projektorischen Selbstdarstellung, aufgetragene Pflicht erfüllt. Weit entfernt davon, sich durch sein Tun und Lassen als Komplize der Bourgeoisie in specie und Parteigänger der bürgerlichen Klasse in genere wahrzunehmen oder auch nur im Mindesten in Betracht zu ziehen, weiß sich der Monarch, wenn er die ökonomische Praxis der Kapitalbetreiber gewähren und sich entfalten lässt und den anarchischen Widerstand, den sie bei den Lohnarbeitenden provoziert, niederschlägt und unterdrückt, als integrer Wahrer der allgemeinen politischen Ordnung der bürgerlichen Gesellschaft und getreuer Verteidiger der zivilrechtlichen Grundfesten, auf denen sie aufbaut und ruht.

Nicht, dass solch augenscheinlich gutes Gewissen des Monarchen, solche von der Monarchie kultivierte Überzeugung, dass sie mit ihrem Laissez-faire gegenüber der ökonomischen Praxis der Bourgeoisie und ihrem repressiven Vorgehen gegen alles, was, durch diese Praxis provoziert, wider sie zeugt beziehungsweise aufbegehrt, die Leidtragenden dieser Praxis, die zur proletarischen Klasse sortierte und homogenisierte Lohnarbeiterschaft, in ihrem Urteil über die monarchische Einrichtung, dem Vorwurf der Parteilichkeit und Komplizenschaft, den sie gegen sie erhebt, irre zu machen vermöchte. Zu überwältigend ist die Empirie, die ihr das Urteil eingibt, zu lebensbedrohlich und persönlichkeitsfeindlich sind die subsistenzielle Not und das soziale Elend, über die der Monarch hinwegsieht und die er unter Berufung auf die Rechtmäßigkeit und Unantastbarkeit ausgerechnet der Eigentums- und Vertragsverhältnisse, die für die Not und das Elend verantwortlich sind, die Betroffenen opferbereit zu erdulden heißt beziehungsweise mit vorgehaltener Waffe widerstandslos zu ertragen zwingt, als dass letztere von ihrem Vorwurf abrücken oder gar anderen Sinnes werden könnten.

Wohl aber muss das gute Gewissen, mit dem der Monarch seine parteiische Strategie verfolgt, die ungetrübte Selbstgerechtigkeit, mit der sich die Monarchie zum Komplizen der bourgeoisen Interessen macht, die Betroffenen in die Reflexion treiben und schließlich zu einer Revision ihres Urteils führen, was gleichermaßen die Motivation und die Signifikanz des monarchisch verfassten staatlichen Tuns und Lassens angeht. Vom hartnäckig festgehaltenen Anspruch der konstitutionellen Monarchie auf die Verfassungskonformität und Rechtmäßigkeit ihres Tuns und Lassens, kurz, auf strikte Observanz des ihr übertragenen Wächteramtes, buchstabengetreue Pflichterfüllung auf die richtige Spur gebracht, erkennen die zur proletarischen Klasse sortierten und homogenisierten Leidtragenden des Kapitalprozesses beziehungsweise erkennen an ihrer Statt ihre wenigen, gesellschaftstheoretisch versierten Bundesgenossen aus den Reihen der bürgerlichen Intelligenz, dass die klassenbezogene Parteilichkeit und Komplizenschaft des monarchisch verfassten bürgerlichen Staats keine Frage des persönlichen Verrats und Amtsmissbrauchs des zum Hüter der Verfassung der bürgerlichen Gesellschaft bestellten Monarchen, sondern, unbeschadet aller dem Amtsinhaber etwa eigenen Korruptheit und verräterischen Disposition, im Wesentlichen nur eine Folge der vom Monarchen gehüteten zivilen Verfassung selbst ist.

Die vom Kapitalprozess ebenso unerbittlich ausgebeutete wie unentrinnbar rekrutierte Lohnarbeiterschaft erkennt, dass es jene zivilen Verfassungsprinzipien des Rechts auf privates Eigentum und des Anspruchs auf persönliche Vertragsfreiheit sind, die von Anbeginn an, nämlich seit ihrer absolutistischen Ausprägung und Kodifizierung, kraft ihrer alle standesgesellschaftlich-kollektiven Konkretisierungen des Umgangs mit Eigentum unter den Teppich kehrenden Generalität und ihrer alle gewohnheitsrechtlich-korporativen Limitierungen des interpersonalen Verkehrs aus der Welt schaffenden Abstraktheit dem wesentlichen Zweck dienen, die ökonomische Praxis der Bourgeoisie, den Kapitalisierungsprozess, zu decken und zu legitimieren, und die, so gesehen, den sie durchsetzenden und etablierenden absolutistischen Herrscher als einen nützlichen Idioten der bürgerlichen Gesellschaft ausweisen, der der letzteren nicht weniger durch diese seine gesellschaftssynthetisch-juridische Hilfestellung als durch die gesellschaftspraktisch-politischen Dienste, die er ihr mit seiner zwecks Selbsterhöhung betriebenen Entfeudalisierung des Sozialcorpus leistet, zu Willen ist und die für ihren Aufstieg zur normativen Vergesellschaftungsform erforderlichen Avancen macht.

Die Lohnarbeiterschaft erkennt, dass es jene beiden zivilen Verfassungsprinzipien sind, die, nach dem Sturz der ebenso entbehrlich wie lästig gewordenen absolutistischen Herrschaft von der bürgerlichen Klasse stante pede in die Verfassung der sich als ideale Souveränin setzenden bürgerlichen Gesellschaft aufgenommen und ihr einverleibt, den Fortbestand und das Gedeihen des Kapitalisierungsprozesses garantieren und kraft des die reale Souveränin, die empirische bürgerliche Gesellschaft, determinierenden letzteren dafür sorgen, dass die für die Konstitution der idealen Souveränin, die empirische Gesellschaft als systematische Gemeinschaft, maßgebenden revolutionären Prinzipien individueller Freiheit, sozialer Gleichheit und familiärer Solidarität ihren revolutionären Charakter konstitutiver Vergesellschaftungsprinzipien einbüßen und sich mit der die Evolution des Kapitalprozesses flankierenden Rolle regulativer Sozialisierungsnormen bescheiden.

Und die Lohnarbeiterschaft erkennt, dass die Transformation der absolutistischen Herrschaft in eine konstitutionelle Monarchie und ihre Rehabilitation beziehungsweise Restauration als Verfassungshüterin durch die bürgerliche Klasse beileibe nicht dem Zweck dienen, eine der idealen Souveränin gemäße Verfassung den Übergriffen und Manipulationen der ökonomischen Praxis der realen Souveränin zu entrücken und als Prüfstein beziehungsweise korrektives Kriterium für die Abweichung der Realität von der Idealität zu erhalten, und nicht einmal primär die Absicht verfolgt, für den ebenso beständigen wie unvermeidlichen, kurz, systematischen Verfassungsbruch, den jene ökonomische Praxis darstellt, einen Komplizen oder Kollaborateur bei der Hand zu haben, der, indem er den Verfassungsbruch sei's autoritativ bestreitet, sei's repressiv verteidigt, sich dessen Leidtragenden als Sündenbock anbietet, sprich, für die eigentlich Verantwortlichen den Blitzableiter und Prügelknaben spielt, sondern dass es in der Hauptsache und wesentlich darum geht, durch die Einschaltung der sich als überparteilich und neutral behauptenden Monarchie als der verantwortlichen Instanz für die zivile Verfassung zu kaschieren und der öffentlichen Wahrnehmung zu entziehen, dass diese der idealen Souveränin unterstellte Konstitution in der ihr von der bürgerlichen Klasse vindizierten Form einer Kombination aus revolutionärem Selbstverwirklichungsanspruch und zivilem Eigentumsrecht als solche und per se ein bürgerliches Herrschaftsinstrument ist.

Der Monarch hat den Auftrag, die als Instrument der Klassenherrschaft fungierende zivile Verfassung, die die ökonomische Praxis der Bourgeoisie, den Kapitalisierungsprozess, politisch ermöglicht und deckt, als dies die ökonomische Praxis der Bourgeoisie ermöglichende und deckende Klassenherrschaftsinstrument in Kraft und Geltung zu erhalten. Weil indes die ökonomische Praxis der Bourgeoisie gleichbedeutend ist mit einem ebenso permanenten wie latenten, einem ebenso systematischen wie objektiven Verfassungsbruch und weil die durch letzteren nicht bloß in ihren Rechten Verletzten, sondern mehr noch in ihrer Existenz Bedrohten darauf mit ebenso spontanen wie manifesten, ebenso persönlichen wie planlosen widerrechtlichen Handlungen und Gesetzesverstößen reagieren, sieht sich der Monarch auftragsgemäß genötigt, gegen dies manifest-persönliche, anarchische Unrecht, mit dem die Leidtragenden der ökonomischen Praxis deren sächlich-latentes, systematisches Unrecht beantworten, autoritativ Stellung zu beziehen und repressiv tätig zu werden, und entlarvt sich damit in den Augen der Betroffenen als mit zweierlei Maß messender Komplize der Betreiber des Kapitalprozesses, als einäugiger Vertreter und Verfechter der Interessen der bürgerlichen Klasse.

Weil der Monarch indes dieses seines autoritativen Amtes und repressiven Geschäfts nach bestem Wissen und Gewissen waltet, weil er, weit entfernt davon, sich als Spießgeselle der bürgerlichen Klasse und Verräter am Gemeinwesen zu verstehen, vielmehr in der Überzeugung handelt, seinem öffentlichen Auftrag nachzukommen beziehungsweise seiner institutionellen Pflicht zu genügen, und weil er darauf insistiert, dass er mit seiner Verfolgung widerrechtlicher Aktionen und Unterdrückung anarchischen Unrechts keiner anderen Macht als der idealen Souveränin und keiner anderen Sache als der von dieser verkörperten Konstitution dient, dass er also nichts weiter tut, als mit aller gebotenen Überparteilichkeit und Neutralität mit dem einen, wie auch immer gewichteten Maß der Verfassung das gesellschaftliche Geschehen zu messen und mit dem einen, wie auch immer schielenden Auge des Gesetzes über es zu richten – weil dies so ist, resultiert die Entlarvung als Komplize und Kollaborateur der bürgerlichen Klasse, die der monarchische Verfassungshüter durch sein politisches Verhalten und polizeiliches Vorgehen in den Augen der Leidtragenden des Kapitalisierungsprozesses erfährt, zwangsläufig in einer entsprechenden Entlarvung der von ihm gehüteten Verfassung selbst, in deren regelrechtem Offenbarungseid, ihrer Aufdeckung als durch die von allen wirtschaftlichen Lebensbedingungen absehende Abstraktheit und die alle gesellschaftlichen Machtverhältnisse ausblendende Generalität der zivilen Prinzipien, die es zur Geltung bringt, wirksames Herrschaftsinstrument der bürgerlichen Klasse.

So gewiss die konstitutionelle Monarchie die Perspektive des Kapitalisierungsprozesses, sprich, die Interessen der Bourgeoisie und ihres mittelständischen Anhangs vertritt und verteidigt und so gewiss sie dies aber unter hartnäckiger Berufung auf die Verfassung und das Verfassungskonforme ihres politischen Verhaltens und polizeilichen Vorgehens tut, so gewiss öffnet sie den zur proletarischen Klasse sortierten und homogenisierten Lohnarbeitenden die Augen, involviert aus deren Sicht in ihre eigene Dekuvrierung die der von ihr vertretenen und verteidigten Verfassung und macht ihnen klar, dass die von der bürgerlichen Gesellschaft als Kernbestimmungen ihrer Souveränität hochgehaltenen zivilen Prinzipien des Rechts auf Privateigentum und des Anspruchs auf Vertragsfreiheit nicht weniger als die diese Prinzipien zu hüten bestellte monarchische Einrichtung selbst ein juridisches Konstrukt beziehungsweise politisches Werkzeug sind, mit dessen Hilfe beziehungsweise unter dessen Schutz und Schirm die bürgerliche Klasse ihre wirtschaftliche Macht ausübt und die Überführung der breiten Masse des Volks in eine am Rande des Existenzminimums subsistierende Kapitalbeschaffungsgesellschaft, ihre Transformation in eine für nichts als für das Minimum an Energie, das ihr Betrieb erfordert, arbeitende Wertakkumulationsmaschine ins Werk setzt.

In dem Maße, wie die Lohnarbeiterschaft in der zivilen Verfassung das von der konstitutionellen Monarchie gehütete und verteidigte Hauptinstrument für die Ausübung der bürgerlichen Klassenherrschaft erkennt, formiert sie sich parteilich und organisiert sie sich gewerkschaftlich als sozialistische Bewegung, deren zentrales Anliegen die Aufhebung der bürgerlichen Gesellschaft und des sie verteidigenden monarchischen Staats ist. Dass der monarchische Staat nicht zu verhindern vermag, dass sich die Lohnarbeiterschaft zu einer als Klassenkampf offenen Konfrontation mit der bürgerlichen Gesellschaft sammelt, stimmt seine Auftraggeberin, die bürgerliche Klasse, unzufrieden mit ihm.

Die politische Konsequenz aus dieser der proletarischen Klasse durch die ideologische Rechtfertigung des monarchisch verfassten Staats für sein repressives Verhalten, durch die Verfassungstreue, die er mit seinem Verhalten zu beweisen beansprucht, nicht weniger als durch das Verhalten selbst vermittelten Klar- und Einsicht liegt auf der Hand. Die politische Konsequenz der in die Reflexion getriebenen und aus ihr als politische Partei, als Sammlungsbewegung hervorgehenden proletarischen Klasse ist ein Ausbruch aus dem politischen Rahmen, in den sie sich gebannt findet, ein Bruch mit der bürgerlichen Gesellschaft als solcher. Für die proletarische Klasse kann es fortan nicht mehr darum gehen, die eine oder andere Formation oder Institution der bürgerlichen Gesellschaft zu kritisieren und auf Reformierung oder Erneuerung des einen oder anderen parlamentarischen Repräsentationsmodus beziehungsweise auf Revision oder Umorientierung der einen oder anderen politischen Strategie und Veränderung oder Abschaffung der einen oder anderen bürokratischen Prozedur zu dringen, sondern ihr Widerstand und Kampf richtet sich gegen die bürgerliche Gesellschaft selbst in ihrer ganzen Konstitution und mit ihrer gesamten darauf fußenden politischen Ordnung.

So wahr die von der bürgerlichen Gesellschaft als ihr lebensechtes Konterfei beschworene ideale Souveränin und die staatliche Ordnung, für deren Legitimität sie einsteht, nach dem ebenso ideologisch redenden wie praktisch schlagenden Verhalten und Zeugnis des als ihr eingeborener Faktor und Majordomus figurierenden Monarchen durchdrungen und geprägt sind von einer Konstitution, deren durch ihre Abstraktheit und Generalität gewährleisteter einziger Zweck darin besteht, die der Gesellschaft von der bürgerlichen Klasse oktroyierte ökonomische Praxis, den Kapitalprozess, zu sanktionieren oder jedenfalls zu decken, so wahr ist sie, die solchermaßen konstituierte ideale Souveränin, ein Instrument der Klassenherrschaft, ein Unterpfand der Wirklichkeit nicht weniger als die Bedingung der Möglichkeit der von der Bourgeoisie kraft jener ökonomischen Praxis ausgeübten gesellschaftlichen Macht.

Die als ideale Souveränin vorgestellte bürgerliche Gesellschaft, die ihre grundlegende Konstitution im Recht auf Privateigentum und im Anspruch auf persönliche Vertragsfreiheit hat und die ihre übrigen Konstitutiva, das verfassungsmäßige Recht auf persönliche Freiheit, gesellschaftliche Gleichheit und brüderliche Solidarität, aus revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien in zivile Sozialisierungsnormen transformiert und jener Grundkonstitution als dienende Elemente integriert – diese als ideale Souveränin vorgestellte bürgerliche Gesellschaft, die ihren realen Repräsentanten oder politischen Leibgeber im monarchisch verfassten Staat findet, sie erfüllt – so die durch die ideologisch-autoritative Rechtfertigung des realen Repräsentanten für sein praktisch-repressives Verhalten nicht weniger als durch das Verhalten selbst evozierte Einsicht, die sich die proletarische Klasse unter dem Druck ihrer ökonomischen Not und ihres sozialen Elends zur gewerkschaftlichen Bewegung und parteilichen Sammlung gereichen lässt und die sie dieser ihrer Sammlungsbewegung als Kampfparole auf die Fahne schreibt! – einzig und allein den Zweck, der Ausbeutung, der in der realen bürgerlichen Gesellschaft die Bourgeoisie kraft produktiven Eigentums und Lohnvertrags die proletarische Klasse unterwirft, und der Zustimmung und Unterstützung oder zumindest Duldung und Anerkennung, die sie sich hierfür bei ihrem eigenen mittelständischen Anhang und der ständisch-territorialen Gefolgschaft ihres monarchischen Komplizen durch deren Beteiligung an den Früchten der Ausbeutung sichert, das ideologische Ansehen ebenso wie die juridische Geltung von Normalität und Regularität, sprich, von Konformität mit dem allgemeinen Gesellschaftsvertrag und Legitimation durch dessen Bestimmungsrahmen zu verschaffen und damit umgekehrt allem gegen jene Ausbeutung sich regenden Protest und Widerstand, weil der ja nolens volens auf eine Beeinträchtigung des Eigentumsrechts der Ausbeuter beziehungsweise eine Beschränkung ihrer Vertragsfreiheit hinausläuft, a priori als mit ihr, der idealen Souveränin, unvereinbar, weil ihrer Konstitution, die das produktive Eigentum und die Lohnvertragsfreiheit sanktioniert, sprich, dem Gesellschaftsvertrag, der die Ausbeutung legitimiert, widerstreitend der rechtlichen Ächtung und polizeilichen Verfolgung auszuliefern.

Und das Einzige, was nach Maßgabe ihrer sie gewerkschaftlich solidarisierenden und parteilich mobilisierenden Einsicht die proletarische Klasse mit dieser als ideale Souveränin vorgestellten bürgerlichen Gesellschaft hiernach noch verbindet, ist die aufgrund ihrer Not und ihres Elends als existenzielles Erfordernis erfahrene Notwendigkeit, jene von der bürgerlichen Klasse als Legitimationsinstrument beziehungsweise Sanktionsmittel ihrer Herrschaft eingesetzte zivile Verfassung mitsamt dem als deren leibgeberischer Repräsentant, als ihr Hüter und Verteidiger, etablierten monarchisch verfassten Staat aufzuheben und zu beseitigen, um die bürgerliche Klassenherrschaft als solche sichtbar und unmittelbar angreifbar werden zu lassen. Weil die in der idealen Souveränin verkörperte und durch den eingeborenen Faktor der Souveränin, den konstitutionellen Monarchen, verteidigte zivile Verfassung nichts weiter ist als der politische Deckmantel beziehungsweise die ideologische Sanktion, worunter die bürgerliche Klasse ihre ökonomisch fundierte Macht ausübt, gilt es, den Deckmantel wegzureißen, die Sanktion zu widerrufen, damit eben jene ökonomischen Fundamente der bürgerlichen Macht aufgedeckt werden und die proletarische Klasse sie in direkter, als Klassenkampf firmierender Konfrontation mit der bürgerlichen Klasse durch ihrer Vermögenslage spezifisch angepasste und ihren Arbeitsverhältnissen konkret Rechnung tragende Grundlagen der Verfügung über produktives Eigentum und der Regelung der die Lohnarbeit betreffenden Vertragsbedingungen ersetzen kann.

So gewiss die zivile Verfassung in ihrem harten, die bürgerlichen Eigentums- und Vertragsverhältnisse betreffenden Kern nichts anderes ist als pauschalisierende Legitimierung beziehungsweise kaschierende Sanktionierung der in ökonomischer Macht gründenden Herrschaft der bürgerlichen Klasse und so gewiss die konstitutionelle Monarchie keine andere Aufgabe hat, als diese die Klassenherrschaft legitimierende beziehungsweise sanktionierende zivile Verfassung staatlich-politisch aufrecht zu erhalten und polizeilich-militärisch gegen alle der Not und dem Elend, zu dem die ökonomische Praxis der bürgerlichen Klasse führt, entspringenden anarchischen Verletzungen der Verfassung und Verstöße gegen sie zu verteidigen, so gewiss ist die Beseitigung beider, sind der Sturz der konstitutionellen Monarchie und die Außerkraftsetzung der von dieser gehüteten und geschützten zivilen Verfassung, unabdingbare Voraussetzung für die Beendigung jener Klassenherrschaft durch den auf die Aufhebung der sie tragenden ökonomischen Macht kraft Entprivatisierung, sprich, Sozialisierung des produktiven Eigentums, und Kollektivierung, sprich gesetzliche Regulierung der gesellschaftlichen Arbeit, zielenden Klassenkampf.

Tatsächlich aber ist ja der die Sanktion der Klassenherrschaft, die zivile Konstitution der idealen Souveränin, kraft seines Anspruchs auf Überparteilichkeit und Neutralität hütende und hochhaltende monarchisch verfasste Staat nicht bloß ihr politisch-ideologischer Fahnenträger, sondern mehr noch ihr polizeilich-militärischer Schutzschild und hat mit anderen Worten die als ideale Souveränin vorgestellte bürgerliche Gesellschaft in ihrem monarchischen Repräsentanten und Leibgeber ebensowohl ihren praktischen Wacht- und Zuchtmeister, der alle ihr aus dem Treiben der realen Souveränin, aus der ökonomischen Praxis der empirischen bürgerlichen Gesellschaft, erwachsenden Anfechtungen und Widerstände abwehrt und überwindet. Und deshalb gilt folgerichtig auch die Beseitigung dieses ineins als Fahnenträger und als Büttel der bürgerlichen Klassenherrschaft firmierenden monarchisch verfassten Staats der proletarischen Klasse keineswegs nur als Voraussetzung, sondern vielmehr als ebenso wesentlicher wie integrierender Bestandteil ihres Klassenkampfs und in der Tat als über ihren Sieg und den Erfolg ihrer auf die Abschaffung der ökonomischen Praxis der Bourgeoisie und deren Ersetzung durch eine den Subsistenzbedürfnissen und Existenzansprüchen der Masse des Volkes gemäßere gesellschaftliche Reproduktion entscheidende Aktion.

Ist die polizeiliche Macht und militärische Gewalt des monarchisch verfassten Staats erst gebrochen und überwunden und das in ihm bestehende Reformhindernis aus dem Weg geräumt, so ist nach der Überzeugung der unter dem Panier einer sozialistischen Neukonstituierung der Gesellschaft sich gewerkschaftlich solidarisierenden und parteilich sammelnden proletarischen Bewegung die ihres Hüters und Verteidigers beraubte zivile Verfassung nichts weiter als ein vom Tisch zu wischendes Stück Papier und hat sowohl aufgrund ihrer Massenhaftigkeit, ihres zahlenmäßigen Übergewichts, als auch kraft ihrer technischen Kompetenz, der Qualifikation im Umgang mit den Produktionsmitteln und in der Organisation der Produktionsprozesse, die sie im Rahmen beziehungsweise im Zuge ihrer Lohnarbeit erworben hat, die proletarische Klasse schwerlich Mühe, jener bis dahin durch die zivile Verfassung gedeckten und sanktionierten ökonomischen Praxis der Bourgeoisie, der kapitalen Akkumulation auf Basis privaten Eigentums und persönlicher Vertragsfreiheit, ein Ende zu machen und mittels Sozialisierung des privaten Eigentums und Kollektivierung der Arbeitsverträge die gesellschaftliche Reproduktion beziehungsweise die für sie grundlegende oder jedenfalls maßgebende industrielle Produktion unter die Verfügung der Arbeitenden selbst zu bringen und in den Dienst ihrer Subsistenzbedürfnisse und Ansprüche auf ein dem Sozialwesen Mensch angemessenes Leben zu stellen.

Dies die Überzeugung der, wie von der Erfahrung der subsistenziellen Not und des sozialen Elends, denen die ökonomische Praxis der bürgerlichen Klasse die Masse des Volkes ausliefert, materiell getriebenen, so von der Einsicht in die maßgebliche Bedeutung, die der die bürgerliche Gesellschaft als ideale Souveränin artikulierenden zivilen Verfassung für die Aufrechterhaltung beziehungsweise Beförderung jener ökonomischen Praxis zukommt, intellektuell bestimmten proletarischen Bewegung – und deshalb ist fortan ihr primäres und in der Tat zentrales Hassobjekt und Angriffsziel die diese zivile Verfassung autoritativ zu hüten und repressiv zu verteidigen bestellte konstitutionelle Monarchie und der durch sie repräsentierte Staatsapparat. So gewiss die proletarische Bewegung die in der Figur der bürgerlichen Gesellschaft als idealer Souveränin kodifizierte zivile Verfassung als das Hauptinstrument der von der bürgerlichen Klasse auf Basis ihrer ökonomischen Macht ausgeübten politischen Herrschaft über die reale bürgerliche Gesellschaft erkennt, so gewiss nimmt sie den diese Herrschaft notfalls mit polizeilicher Verfolgung und militärischer Repression in Geltung zu erhalten und zu sichern beauftragten monarchisch verfassten Staat als das Haupthindernis wahr, der bürgerlichen Klasse ihr Herrschaftsinstrument zu entreißen und der durch es gedeckten und sanktionierten ökonomischen Praxis ein Ende beziehungsweise mit einer neuen ökonomischen Praxis, die das Kapital vergesellschaftet und die Arbeit kollektiviert und so die Basis für die Befriedigung der subsistenziellen Bedürfnisse und Einlösung der sozialen Ansprüche der durch die bestehende Praxis in Not und Elend Gestürzten schafft, den Anfang zu machen.

Diese sich ebenso sehr parteilich formierende wie gewerkschaftlich organisierende und also ebenso sehr im politischen Raum gespensternde wie die ökonomische Sphäre heimsuchende proletarische Sammlungsbewegung und die Stoßrichtung, die sie ausbildet und hervorkehrt, wollen nun aber der bürgerlichen Klasse ganz und gar nicht behagen. Dass die proletarische Sammlungsbewegung zunehmend den monarchisch verfassten Staat aufs Korn nimmt beziehungsweise sich auf ihn einschießt, und das nicht etwa deshalb, weil sie die Monarchie als pflichtvergessene Komplizin der Bourgeoisie und Verräterin an der Konstitution der als ideale Souveränin vorgestellten systematischen bürgerlichen Gesellschaft gewahrt, sondern deshalb, weil sie in der Monarchie die treusorgende Parteigängerin und Beschützerin der vielmehr kraft der Konstitution der als ideale Souveränin vorgestellten systematischen bürgerlichen Gesellschaft ihre ökonomische Macht und ihre politische Herrschaft über die empirische bürgerliche Gesellschaft ausübenden und behauptenden Bourgeoisie erkennt – das lässt die bürgerliche Klasse, wenn auch nicht grundsätzlich am Sinn und Nutzen des monarchischen Instituts irre werden und zweifeln, so doch aber ernstlich Anstoß an der Art und Weise der monarchischen Amtsführung nehmen, lässt sie mit anderen Worten daran sich heftig reiben, wie und um welchen Preis die Monarchie die ihr übertragene Aufgabe einer Aufrechterhaltung der bürgerlichen Klassenherrschaft durch die Wahrung und Verteidigung der für letztere wesentlichen, weil sie als mit dem systematischen Gemeinwesen, zu dem sich die empirische bürgerliche Gesellschaft erklärt, kompatible Konsequenz legitimierenden oder gar als der idealen Souveränin, als die sich die reale bürgerliche Gesellschaft vorstellt, angemessene Implikation sanktionierenden zivilen Verfassung erfüllt.

Dass der monarchisch verfasste Staat das politische Herrschaftsinstrument der bürgerlichen Klasse, die Konstitution der bürgerlichen Gesellschaft, durch sein Messen mit zweierlei Maß, seine einäugige Sicht- und Verhaltensweise nicht etwa, wie sein hartnäckiges Insistieren auf der Verfassungsmäßigkeit seines politischen Handelns der proletarischen Klasse deutlich macht, missbraucht, sondern nur anwendet, dass er mit anderen Worten die bürgerliche Verfassung bloß in dem die bürgerliche Klasse selbst kompromittierenden Sinne verrät, dass er sie als das Klassenherrschaftsinstrument, das sie ist, entlarvt und sichtbar werden lässt und dass er damit einen wesentlichen Beitrag dazu leistet, die Fronten in der bürgerlichen Gesellschaft zu klären und durch die Aufdeckung des von der bürgerlichen Klasse lancierten und als ideale Souveränin figurierenden Selbstbildes der bürgerlichen Gesellschaft als einer Täuschung in der doppelten Bedeutung von Illusion und Betrug die proletarische Klasse allen Glauben an die bürgerliche Gesellschaft und alle Hoffnung auf sie verlieren und im Klassenkampf, in der Perspektive einer Zerschlagung des aller monarchischen Suggestion von Überparteilichkeit und Neutralität zum Trotz nichts weiter als die ökonomische Praxis der bürgerlichen Klasse deckenden und schützenden Staats und einer anschließenden Abschaffung und Ersetzung jener ökonomischen Praxis, ihr Heil suchen zu lassen – das ist es, was die bürgerliche Klasse gegenüber der konstitutionellen Monarchie mit wachsendem Unmut erfüllt und in Harnisch bringt.

Schließlich retablieren die Bourgeoisie und ihr mittelständischer Anhang die absolutistische Herrschaft als konstitutionelle Monarchie, als der bürgerlichen Gesellschaft integrierte Institution, zuerst und vor allem mit dem Auftrag, kraft des Anscheins von Überparteilichkeit und Neutralität und des sich daraus speisenden Nimbus von Autorität, den ihre als Anciennität erscheinende Fremdbürtigkeit ihr verleiht, das politische Herrschaftsinstrument der bürgerlichen Klasse, die die ökonomische Praxis der Bourgeoisie deckende und legitimierende und damit die gesellschaftliche Macht, die ihre ökonomische Praxis ihr verschafft, sichernde zivile Verfassung den ökonomischen Widersprüchen und sozialen Konflikten, in die jene Praxis die bürgerliche Gesellschaft stürzt, zu entziehen und als ebenso unantastbare wie sakrosankte Konstitution der als ideale Souveränin vorgestellten bürgerlichen Gesellschaft, als quasi die Bundeslade der sich als unzertrennliche Gemeinschaft, als einig Volk, setzenden Klassengesellschaft hochzuhalten und gutzusagen.

Wenn nun die reaktiven Eingriffe und repressiven Maßnahmen, die im Namen der Verfassung und in Erfüllung ihres zweiten mit ihrem Wächteramt verknüpften Auftrags, des Auftrags, die Verfassung mit Macht und gegebenenfalls mit Gewalt zu verteidigen, die konstitutionelle Monarchie ergreift, letztlich dazu führen, dass sie in den Augen der Leidtragenden ihrer bürokratischen Eingriffe und polizeilichen Maßnahmen, wie sich selbst als Büttel oder Zwangsvollstrecker der bürgerlichen Klasse entlarvt, so zugleich und mehr noch die von ihr gehütete zivile Verfassung von Grund auf kompromittiert und nämlich als das politische Herrschaftsinstrument der bürgerlichen Klasse, das sie ist, dekuvriert, dass sie mit anderen Worten durch die Wahrheit ihres Handelns enthüllt und offenbar werden lässt, was sie doch gerade durch falsches Zeugnis unterschlagen und geheim halten soll, hat die konstitutionelle Monarchie dann mehr bewirkt und erreicht, als die bürgerliche Klasse bewirkt und erreicht haben würde, hätte sie mittels republikanischer Ordnung die Wahrung und Verteidigung der zivilen Verfassung selbst in die Hand genommen, sprich, sie einer von ihrer parlamentarischen Repräsentanz und aus deren Reihen gewählten Exekutive und gestellten Staatsmacht übertragen?

Um den systematischen Zusammenhang beziehungsweise die konditionale Verknüpfung zwischen der die bürgerliche Gesellschaft als gemeinschaftliches Anliegen, als Gemeinwesen simulierenden zivilen Verfassung und der die bürgerliche Gesellschaft als Ausbeutungsmaschine, als Klassengesellschaft realisierenden ökonomischen Praxis der bürgerlichen Klasse, die durch jene Simulation gedeckt und legitimiert wird, zu verschleiern, die institutionelle Spur, die zu diesem Zusammenhang führen könnte, zu verwischen, verzichtet die bürgerliche Klasse darauf, die Wahrung und Verteidigung jener politischen Camouflage ihres ökonomischen Tuns selbst zu übernehmen, sprich, der dank ihres gesellschaftlichen Übergewichts von ihr dominierten parlamentarischen Repräsentanz zu überlassen, und überträgt diese Aufgabe stattdessen der als konstitutionelle retablierten Monarchie, die sich dank ihrer relativen, die maßgebliche Frontstellung der bürgerlichen Gesellschaft betreffenden historischen Fremdbürtigkeit und systematischen Abseitigkeit den Anschein der Überparteilichkeit und Neutralität zu geben vermag.

Nun aber zeigt sich, dass, indem sie das ihr übertragene Amt wahrnimmt und in dem Maße, wie die durch die Not und das Elend, das die ökonomische Praxis nach sich zieht, provozierten sozialen Widerstände und politischen Konflikte sie veranlassen, den Schwerpunkt ihrer Amtsführung vom einen Aspekt, der autoritativen Wahrung der verfassungsmäßigen Ordnung, auf den anderen Aspekt, ihre repressive Verteidigung, zu verlagern, die Camouflage auffliegt und die Monarchie nicht weniger nachdrücklich, als die bürgerliche Klasse selbst beziehungsweise ihre parlamentarische Repräsentanz, gesetzt, sie trügen die unmittelbare politische Verantwortung, das tun könnten, den systematischen Zusammenhang beziehungsweise die konditionale Verknüpfung zwischen ziviler Verfassung und ökonomischer Praxis, konstitutioneller Ordnung und kapitaler Ausbeutung aufdeckt und manifest werden lässt. Es zeigt sich, dass die konstitutionelle Monarchie eben das, was sie zuerst und vor allem dienen soll, geheim und unter Verschluss zu halten, dies nämlich, dass die als Beweis der Gemeinschaftlichkeit der bürgerlichen Gesellschaft, ihres Gemeinwesencharakters, mithin als Ausdruck der Souveränität aller beschworene zivile Verfassung in Wahrheit Garantin der bürgerlichen Gesellschaft als, ökonomisch gesehen, Ausbeutungsveranstaltung und, sozial betrachtet, Klassengesellschaft, mithin Herrschaftsinstrument der bürgerlichen Klasse ist – dass also die konstitutionelle Monarchie dies von ihr zu hütende Geheimnis letztlich ebenso unfehlbar lüftet und preisgibt, wie das auch ohne ihre Hut, ohne den Schutz und Schirm, den die monarchische Institution dem Geheimnis bietet, geschähe.

Und was die praktischen Implikationen jener Aufdeckung des Geheimnisses der Konstitution der bürgerlichen Gesellschaft betrifft, so erweist sich demnach, dass die konstitutionelle Monarchie den der ökonomischen Praxis geschuldeten sozialen Zerfalls- und politischen Spaltungsprozess der bürgerlichen Gesellschaft mitnichten verhindern, sondern höchstens und nur verzögern und ein Weilchen hinausschieben kann – und dies gar um den Preis, dass die durch das Gaukelspiel der Monarchie und dessen Selbstentlarvung in die Reflexion getriebene und zur Klarsicht gebrachte proletarische Klasse als das aus dem Zerfall hervorgehende entscheidende Spaltprodukt dank solcher Verzögerung des Konkursverfahrens der bürgerlichen Gesellschaft, solchen Aufschubs der qua Klassenkampf offenen gesellschaftlichen Konfrontation, die Zeit findet und die Gelegenheit erhält, sich zu einem eigenen gewerkschaftlichen Corpus zusammenzuschließen beziehungsweise zu einem selbständigen parteilichen Organismus zu vergesellschaften und so ihrem Gegenspieler, der bürgerlichen Klasse, gesammelt und gerüstet entgegenzutreten und den Anspruch auf beziehungsweise die Verfügung über das von der letzteren auf Kosten jeglicher Gemeinschaftlichkeit oder auch nur Verträglichkeit dominierte gemeinsame Haus, eben die als bürgerliche okkupierte Gesellschaft, streitig zu machen. Kein Wunder, dass die bürgerliche Klasse mit dieser durch ihr monarchistisches Rezept der Krisenbewältigung beziehungsweise Konfliktvermeidung nicht nur nicht verhinderten, sondern letztlich sogar beförderten Entwicklung unzufrieden ist, in ihrer Frustration Anstoß an jener von ihr selber angewandten Rezeptur nimmt und die monarchische Institution zunehmend als Ärgernis und Belastung gewahrt!

Natürlich weiß die bürgerliche Klasse, weil sie, wie gesagt, weder naiv noch weltfremd, sprich, weit entfernt davon ist, sich durch Ressentiments zu mangelndem Realismus verleiten zu lassen, dass die Nichterfüllung der einen der konstitutionellen Monarchie anvertrauten Funktion, der Aufgabe, die der ökonomischen Praxis der Bourgeoisie als Deckadresse oder Sanktionsmittel dienende zivile Verfassung autoritativ hochzuhalten und zu hüten, mitnichten von der Erfüllung der anderen der Monarchie übertragenen Funktion, nämlich der Aufgabe, die zivile Verfassung gegen alle personalen Widerstände und sozialen Angriffe repressiv zu verteidigen und in Kraft zu erhalten, entbindet oder sie gar überflüssig werden lässt. Die bürgerliche Klasse ist sich durchaus im Klaren darüber, dass im genauen Gegenteil das Scheitern der Bemühungen, der einen Funktion gerecht zu werden, und die zivile Verfassung als über allen Zweifel erhabenes und jeder Anfeindung überhobenes Sakrosanktum der bürgerlichen Gesellschaft zu erhalten, die andere Funktion einer Verteidigung der zivilen Verfassung gegen ihre gesellschaftskritische Denunziation als Herrschaftsinstrument der bürgerlichen Klasse und alle sich daraus herleitenden klassenkämpferischen Ansprüche oder gar Versuche, sie außer Kraft zu setzen und durch eine von Grund auf neue Gesellschaftsordnung zu substituieren, umso wichtiger und unentbehrlicher werden lässt.

Vermag die konstitutionelle Monarchie schon nicht ihrer primären Aufgabe einer autoritativen Sanktionierung der als Rahmenbedingung für die ökonomische Praxis der Bourgeoisie, den Kapitalprozess, unabdingbaren zivilen Verfassung gerecht zu werden und zu verhindern, dass durch den Gebrauch, den sie von letzterer zwecks Bekämpfung und Unterdrückung der durch jene ökonomische Praxis provozierten gewalttätigen Widerstände und rechtswidrigen Aktionen macht, sie nicht nur sich selbst als Komplizin und Erfüllungsgehilfin der bürgerlichen Klasse dekuvriert, sondern mehr noch und vor allem die von ihr geschützte Verfassung kompromittiert und als politisches Instrument der Klassenherrschaft entlarvt, so ist sie, weil ja jene Dekuvrierung den Reflexions- beziehungsweise Kristallisationspunkt einer sich gewerkschaftlich organisierenden und parteilich sammelnden Bewegung zum Sturz des monarchisch verbrämten bourgeoisen Staatssystems zwecks Beseitigung der kapitalistisch fundierten bürgerlichen Gesellschaftsordnung bildet, nur umso entschiedener gefordert, ihrer sekundären Aufgabe zu genügen und um des Bestands und der Kontinuität dieser bürgerlichen Gesellschaftsordnung und der sie fundierenden Ökonomie willen sich und das in ihrem bürokratischen Apparat, dem monarchisch verfassten Staat, bestehende Herrschaftsorgan der bürgerlichen Klasse mit aller ihr zur Verfügung stehenden polizeilichen Macht und militärischen Gewalt aufrechtzuerhalten und notfalls ohne viel Verbrämung und Dekor, sprich, in zynischer Demonstration der Konstitution des Gemeinwesens als reinen Instruments der Klassenherrschaft, mit Zähnen und Klauen zu verteidigen.

Der Anstoß, den die bürgerliche Klasse am unbefriedigenden Wirken beziehungsweise an dem im primären Punkte offenkundigen Versagen der konstitutionellen Monarchie nimmt, findet deshalb seinen Gegenstand oder, um im Bild zu bleiben, seinen Stein nicht etwa in der Faktizität der von letzterer praktizierten staatlichen Gewaltübung, sprich, in der rein repressiven Funktion, die nach dem Offenbarungseid und Wegfall seiner autoritativen Sanktionsmacht der monarchisch verfasste Staat nurmehr erfüllt, sondern gilt vielmehr den unveränderten kontraktiven Modalitäten, den perennierenden vertraglichen Konditionen, unter denen die konstitutionelle Monarchie dieser ihrer um das autoritative Sanktionsmoment gekürzten und auf den repressiven Gewaltfaktor reduzierten Funktion genügt, und betrifft mit anderen Worten die privilegischen, fiskalischen und protektionistischen Konzessionen, mit denen die bürgerliche Gesellschaft ihr nach wie vor ihre Amtswaltung zu honorieren, ihr Wirken zu vergelten gehalten ist.

Was die bürgerliche Klasse ärgert und empört, ist mit anderen Worten nicht, dass die konstitutionelle Monarchie die der bürgerlichen Gesellschaft als idealer Souveränin unterstellte und der ökonomischen Praxis der Bourgeoisie als Deckadresse oder Persilschein dienende zivile Verfassung und die auf sie gegründete politische Ordnung gegen alle Absichten der sich sammelnden und organisierenden proletarischen Klasse, letztere als offenkundiges bürgerliches Herrschaftsinstrument zu bekämpfen und zu beseitigen, mit aller Macht behauptet und gegebenenfalls mit Gewalt verteidigt (so teilte sie ja die Einstellung der proletarischen Klasse und wäre emotional zumindest d'accord mit einer Bewegung, die doch gerade darauf zielt, durch den Sturz und die Zerschlagung des monarchisch verfassten Staats sie, die bürgerliche Klasse, ihres politischen Schutzes und Schirmes zu berauben, um ihr ihre ökonomische Macht entreißen zu können ) – was sie vielmehr ärgert und empört, ist einzig und allein der Preis, um den die konstitutionelle Monarchie ihres kompromittierten Amtes waltet und ihre entsprechend reduzierte Leistung erbringt.

Wenn der monarchisch verfasste Staat nichts anderes mehr ist als das um seine autoritative politische Sanktionsmacht gekürzte bürokratische Repressionsinstrument, als das ihn der sich gegen die ökonomische Praxis, die er schützt und verteidigt, organisierende proletarische Widerstand dekuvriert und exponiert, dann sieht die bürgerliche Klasse auch nicht mehr ein, warum sie der diesen Staat repräsentierenden und mit ihrem sei's royalistisch-aristokratischen, sei's toryistisch-gentrizischen Anhang in der Tat performativ verkörpernden Monarchie, die im entscheidenden, ihre Privilegierung und Dotierung primär rechtfertigenden Punkt, dem Punkte seines den Kult der bürgerlichen Gesellschaft als idealer Souveränin betreffenden quasipriesterlichen Amtes, versagt und scheitert – warum sie der solchermaßen entzauberten und in den Augen der proletarischen Sammelbewegung aus einem Siegelbewahrer der idealen Souveränin in einen klassenherrschaftlichen Unterdrücker und Totschläger überführten Monarchie soviel Avancen machen soll, warum die von dieser nur mehr erbrachte rudimentäre Leistung sie, die bürgerliche Klasse, so relativ teuer zu stehen kommen und nicht billiger zu haben sein soll. Wenn der monarchisch verfasste Staat nichts weiter mehr leistet, als ein von der bürgerlichen Klasse selbst beziehungsweise von ihrer parlamentarischen Repräsentanz gestellter und gesteuerter Staatsapparat leisten müsste und leisten würde, dann sieht die bürgerliche Klasse auch partout nicht mehr ein, warum der Monarchie für diese ihre aufs Notprogramm schierer bourgeoiser Machterhaltung und Herrschaftsübung reduzierte politische Leistung die gleichen ökonomischen Vorteile und sozialen Privilegien zustehen sollen, wie sie ihr ursprünglich ja für die Erfüllung des eigentlichen Programms einer das repressive Vorgehen erübrigenden autoritativen Politik, sprich, einer im Namen der idealen Souveränin, der bürgerlichen Gesellschaft als verträglicher Gemeinschaft, vollbrachten Krisenprophylaxe und Konfliktprävention eingeräumt wurden.

Wie das Beispiel der avanciertesten bürgerlichen Gesellschaft, nämlich der des britischen Inselreichs, zeigt, sind primärer Stein des Anstoßes, den die bürgerliche Klasse am konstitutionell-monarchischen, in diesem Falle toryistischen, Regime nimmt, weder die finanziellen Kosten, die es macht, noch die sozialen Privilegien, die es beansprucht, sondern die protektionistischen Vorteile, die es genießt. Angesichts einer wachsenden Industrieproduktion, die nach neuen Märkten verlangt, gerät der industrielle Liberalismus der städtischen Bourgeoisie, ihr Streben nach freiem Handel, in Konflikt mit dem agrikulturellen Protektionismus der ländlichen Gentry, ihrem Insistieren auf Schutzzöllen. Hinter der von der städtischen Bourgeoisie angestrebten Wahlrechtsreform steht eine Art von städtischer Volksfront, weil die Lohnarbeiterschaft sich vom Sieg des industriellen Liberalismus eine Aufwertung ihres Lebensraums und eine Verbilligung ihrer Lebensmittel verspricht. Gleichzeitig aber verschärft der Sieg des industriellen Liberalismus die Ausbeutung der Lohnarbeiterschaft, worauf diese mit der chartistischen Bewegung reagiert.

Die bürgerliche Klasse dringt also, wenn nicht überhaupt auf eine Ersetzung der kostspieligen monarchischen Staatsmacht durch ein preiswerteres republikanisches Regime, so jedenfalls doch auf eine Revision und Neuverhandlung der aus finanziellen Kosten, sozialen Privilegien und wirtschaftlichen Konzessionen zusammengesetzten Konditionen, unter denen die Monarchie ihres Amtes waltet und die Staatsgeschäfte führt. Dabei geht es ihr, was das fortgeschrittenste und in der Tat als Vorreiter oder Wegbereiter der kapitalistischen Entwicklung fungierende Staatswesen, nämlich das britische Inselreich, betrifft, gar nicht primär und nicht einmal in der Hauptsache um die beiden erstgenannten Konditionen, die finanziellen Kosten und die sozialen Privilegien, die Schatullen, Apanagen, Pfründen, Unterstützungen und steuerlichen Vergünstigungen, die der Monarchie und ihrem ständischen Anhang etatmäßig zugebilligt werden, und das mit bürgerlicher Gleichheit schwerlich vereinbare Ansehen, das letztere in der Gesellschaft genießen, beziehungsweise den Vortritt und die Exklusivität, die sie im öffentlichen Leben und bei gesellschaftlichen Anlässen beanspruchen.

Solche verlorenen Kosten und vergebenen Ehren ist sie seit Beginn der Neuzeit, also von Anfang ihres ökonomischen Aufstiegs und ihres darauf fußenden politischen Avancements an gewohnt, mit in den Kauf der Instrumentalisierung des königlich-aristokratischen Elements und seiner Integration in die bürgerlich-bürokratische Gesellschaft zu nehmen, und solange das königlich-aristokratische Element ihr und ihrem ökonomischen Bestreben, dem Kapitalisierungsprozess, nicht im Weg steht, sondern bloß zur Last fällt, solange es ihr nur als Klotz am Bein anhängt und sich nicht als Hemmschuh für sie erweist, findet sie sich mit jenen Kosten, die es ihr macht, und mit den Huldigungen, die es ihr abverlangt, als mit sich letztlich bezahlt machenden Werbungskosten und Streicheleinheiten ohne Mühe ab und gewinnt ihnen am Ende sogar den Sinn und Nutzen einer Prämie ab, auf die sie selber aspirieren kann und mit der sich ein im Dienste des Kapitals verbrachtes Leben trefflich krönen lässt.

Genau diese einschränkende Bedingung für die Duldsamkeit beziehungsweise Großzügigkeit, die die bürgerliche Klasse gegenüber der vom monarchisch-ständischen Element auf ihre Kosten an den Tag gelegten materiellen Opulenz und sozialen Arroganz beweist, ist aber mittlerweile in dem mit Riesenschritten auf dem Kapitalisierungsweg voranschreitenden Inselreich nicht mehr gegeben, und genau das lässt nun die bürgerliche Klasse gegenüber dem monarchisch-ständischen Element in Harnisch geraten und, zumindest dem äußeren Anschein nach, kaum weniger Anstoß an dessen Regime nehmen, als die proletarische Klasse das tut. Was mittlerweile nämlich das mit dem Anspruch, das Gemeinwesen zu repräsentieren, die Staatsgeschäfte besorgende monarchisch-ständische Element in der Tat aus einem Klotz am Bein zu einem Hemmschuh beziehungsweise aus einer bloßen Last zu einem regelrechten Stolperstein für die bourgeoise Wirtschaft, das industriekapitalistische System, hat werden lassen, sind nicht die alimentarischen, fiskalischen und privilegischen Zuwendungen und Vergütungen, die der mit der bürgerlichen Klasse geschlossene Leistungsvertrag für das monarchisch-ständische Element vorsieht, sondern ist die zu dessen Gunsten abgefasste protektionistische Klausel, die er enthält.

Wie gezeigt, ist im Falle des britischen Vorreiters und Bahnbrechers der industriekapitalistischen Entwicklung die Bedingung dafür, dass das monarchisch-ständische Element in der spezifischen, toryistisch-gentrizischen Form, die es im Inselreich ausgebildet hat, die Rolle eines Sachwalters der als ideale Souveränin vorgestellten bürgerlichen Gesellschaft, sprich, eines überparteilichen autoritativen Hüters beziehungsweise repressiven Verteidigers der zivilen Verfassung überzeugend oder jedenfalls hinlänglich imponierend übernehmen kann, der relative ökonomische Interessenkonflikt zwischen ihr, der politisch als Tory-Partei figurierenden und auf den Schutz ihrer agrarischen Produktion gegen Importe der ausländischen Konkurrenz dringenden ruralen Gentry, und der die Whig-Partei stellenden und um ihrer industriellen Exporte willen einen aller Schutzvorkehrungen baren Freihandel propagierenden urbanen Bourgeoisie. Und dementsprechend ist denn auch eine wesentliche Klausel des zwischen Gentry und Bourgeoisie geschlossenen Vertrages über die Verteilung der politischen Macht beziehungsweise die Wahrnehmung der staatlichen Repräsentanz durch die Partei der Gentry die Limitierung der Handelsfreiheit zugunsten der Sicherung des Absatzes der von letzterer auf den Markt gebrachten Erzeugnisse, mit anderen Worten die Einschränkung des auf die Entfesselung des Handels mit dem Ausland kraft Zollfreiheit zielenden industriellen Liberalismus durch einen auf die Behinderung der Einfuhr landwirtschaftlicher Produkte aus dem Ausland mittels Schutzzöllen pochenden agrikulturellen Protektionismus.

Solange der britische Außenhandel seine Aktivitäten noch hauptsächlich auf exotische Länder und die eigenen kolonialen Gründungen konzentriert und die von dort im Austausch gegen Industrieprodukte eingeführten Agrar- beziehungsweise Naturerzeugnisse wegen ihrer Exotik beziehungsweise Neu- oder Andersartigkeit der Agrarproduktion im Inselreich wenig Konkurrenz machen, lässt sich jene Vertragsklausel ohne große Mühe achten und erfüllen. Mittlerweile aber hat unter dem Schutz und Schirm des toryistischen Regimes die kapitalistische Entwicklung solche Fortschritte gemacht und die industrielle Produktion ein solches Volumen erreicht, dass die Erweiterung des Austauschs mit den Kolonien, auch und nicht zuletzt mit den inzwischen selbständig gewordenen und dank kontinuierlicher Immigration und Besiedlung über eine mit der europäischen ebenso konkurrenzfähige wie ihr vergleichbare Landwirtschaft verfügenden, sowie vor allem die Ausdehnung der Handelsbeziehungen auf das kontinentale Europa, das sich, zumal in seinen zentralen und östlichen Teilen, wegen seiner relativen industriekapitalistischen Rückständigkeit als Abnehmer britischer Industriewaren und industrietechnischer Dienstleistungen geradezu anbietet – dass also die Erweiterung der alten und die Erschließung neuer Märkte für die britische Industrie beziehungsweise die sie betreibende urbane Bourgeoisie und die von ihr abhängigen mittelständischen Schichten zu einem dringenden, weil über ihren Wohlstand und ihr Gedeihen entscheidenden Erfordernis wird.

Wie aber soll ein wachsender beziehungsweise neu zu erschließender und den Absatzerfordernissen der britischen Industrie gemäßer Austausch mit jenen Regionen möglich sein und funktionieren, wenn deren wichtigste Handelsartikel, ihre Agrarerzeugnisse, in ihm unterrepräsentiert oder gar von ihm ausgeschlossen bleiben, weil ihr ungehinderter Import den Schutz- und Abschottungsbedürfnissen der britischen Landwirtschaft zuwiderläuft? Der Dynamik der von ihr betriebenen industriekapitalistischen Entwicklung gehorchend, gerät so die Bourgeoisie mit ihrem urbanen mittelständischen Anhang in eine Konfrontation mit ihrem gesellschaftlichen Alterego, der Gentry nebst ihrer provinzialnotablen Gefolgschaft, deren zentralen Streitpunkt die in Schutzzöllen bestehende staatliche Protektion bildet, die der heimischen Agrarerzeugung im Allgemeinen und der Getreideproduktion im Besonderen gegenüber der ausländischen Konkurrenz zuteil wird – eine Protektion, auf deren Aufhebung und Abschaffung zugunsten eines konsequenten Freihandels die Bourgeoisie ebenso anhaltend dringt, wie die Gentry auf ihrer Beibehaltung und nötigenfalls verstärkten Anwendung insistiert.

Staatlich verfügt und sanktioniert ist die Protektionspraxis, eben weil der Staat gentrizisch-toryistisch verfasst ist, weil er unter der Herrschaft des als Alterego der Bourgeoisie dem Kapitalprozess entsprungenen und aber kraft seiner neu errungenen ökonomischen Funktion und sozialen Bedeutung, seiner territorialen Existenz und ständischen Fasson, ihm Paroli bietenden und Zügel anlegenden Landadels und Gutsbesitzertums steht. Wollen die Bourgeoisie und ihr mittelständisch-urbaner Anhang jene Protektionspraxis ändern beziehungsweise abschaffen, so müssen sie in Gestalt ihrer politischen Repräsentanz, der Whig-Partei, wieder an die parlamentarische Macht gelangen, um jene staatliche Richtlinienkompetenz und Entscheidungsgewalt zurückzugewinnen, die sie Jahrzehnte zuvor der Gentry und ihrem provinzialnotablen Gefolge überlassen und nämlich um der politischen Absicherung des Kapitalisierungsprozesses, sprich, um der autoritativen Neutralisierung beziehungsweise repressiven Bewältigung der durch ihn heraufbeschworenen ökonomischen Krisen und sozialen Konflikte willen an die Partei der Gentry, die Tories, abgetreten haben.

Die im Interesse einer Veränderung beziehungsweise Abschaffung der staatlichen Protektionspraxis gebotene Restitution der von der ruralen Gentry ausgeübten politischen Macht an die urbane Bourgeoisie erweist sich freilich wegen des bestehenden Wahlsystems, das nach altem Brauch und Herkommen ständisch strukturiert ist, sprich, die Berechtigung, zu wählen und sich wählen zu lassen, an das Vorhandensein von Land- und Grundbesitz bindet und damit im Parlament die ländlichen Regionen gegenüber den städtischen bevorteilt und den Abgeordneten der Provinz ein Übergewicht über die Vertreter der industriellen Ballungsgebiete sichert, als eine schwierige und, wie sich zeigt, nur durch einen langwierigen politischen Kampf um eine Reform des Wahlrechts zu bewältigende Aufgabe.

Solange, wie anfangs der Fall, der Agrarsektor noch als weitgehend konkurrenzloser Zulieferer und Versorger der sich formierenden manufakturellen und industriellen Sphäre firmiert und die Whig-Partei demgemäß ein soziales Konglomerat aus Großgrundbesitz und Großbourgeoisie repräsentiert, stellt dieses Übergewicht der Vertreter der provinziellen Regionen über die der metropolitanen Zentren kein Problem dar und tut der manufakturellen und industriellen Entwicklung keinerlei Abbruch. Und als gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts die Bourgeoisie sich angesichts der durch den Kapitalisierungsprozess heraufbeschworenen und in Richtung Klassenkampf weisenden sozialen Verwerfungen, wie man will, getrieben findet oder genötigt sieht, den zwischen ihr und der Gentry sich anbahnenden ökonomischen Dissens, den Streit um Freihandel oder Schutzzölle, industriellen Liberalismus oder agrikulturellen Protektionismus, für eine Übertragung der politischen Richtlinienkompetenz und staatlichen Leitung an die bis dahin ein politisches Schattendasein führende und sich unter dem Eindruck ihrer neuen Aufgabe plötzlich als staatstragendes Element profilierende hausbackene Partei der Gentry, die Tories, zu nutzen, erweist sich jenes parlamentarische Übergewicht der provinziellen Regionen über die städtischen Zentren sogar als hilfreich, weil es die Basis für eine ganz unrevolutionäre, ja, geradezu unspektakuläre und nämlich auf der parlamentarischen Bühne abgewickelte Machtübergabe bietet.

Nun freilich, da sich der der Gentrypartei im Rahmen ihres staatlichen Führungsauftrags zugestandene agrarische Protektionismus zu einem ernsthaften Hemmnis für den unter ihrem politischen Schutz und Schirm fortgeschrittenen industriekapitalistischen Prozess entwickelt hat und es aus Sicht der Bourgeoisie und ihres mittelständisch-urbanen Anhangs einer auf die Überwindung dieses Hemmnisses zielenden Korrektur der protektionistischen Politik, sprich, einer liberalistischen Entfesselung der Außenhandelsbeziehungen bedarf, konzentriert sich der politische Kampf der letzteren zwangsläufig auf eine Wahlrechtsreform mit dem Ziel, jenes traditionelle parlamentarische Übergewicht der ländlichen Regionen über die städtischen Zentren zu beseitigen oder jedenfalls so weit zu reduzieren, dass es gelingt, den auf Handelsfreiheit gerichteten industriekapitalistischen Interessen gegenüber dem agrikulturellen Schutzbedürfnis im Parlament Geltung zu verschaffen und zum gesetzgeberischen Durchbruch zu verhelfen.

Das rationale Argument für die qua Wahlrechtsreform geforderte Beseitigung des parlamentarischen Übergewichts der ländlichen Regionen über die städtischen Zentren liefert dabei der Umstand des dem Übergewicht zugrunde liegenden demographischen Missverhältnisses, mit anderen Worten dies, dass die Zusammensetzung des Parlaments ein alles andere als repräsentatives Bild von der tatsächlichen Verteilung der Bevölkerung bietet und sich, bezogen sowohl auf die Distribution zwischen ländlicher Bevölkerung und städtischer Population als auch auf die Proportion zwischen der Menge der aktiv beziehungsweise passiv Wahlberechtigten und der Masse der von der Stimmabgabe beziehungsweise Wählbarkeit Ausgeschlossenen, als ein krasser Zerrspiegel darstellt. Das demographisch-rationale Argument, für sich genommen, reicht freilich nicht aus, um die biographisch-realen Interessen, die es angreift, und die diese Interessen parlamentarisch wahrende Gentry-Herrschaft zu erschüttern und zur Kapitulation oder jedenfalls zum Einlenken zu bewegen. Was dem auf eine Revision der parlamentarischen Repräsentanz zielenden Argument indes Gewicht und Durchschlagskraft verleiht, ist die Tatsache, dass es von einer Art städtischer Volksfront vorgetragen wird und dass nämlich nicht nur die Bourgeoisie und ihr mittelständisch-urbaner Anhang es auf ihre Fahnen geschrieben haben, sondern dass hinter ihm auch und sogar das in den neuen industriellen Ballungszentren amassierte Proletariat steht.

Aller Ausbeutung durch die Bourgeoisie und ihre industriekapitalistischen Unternehmungen und aller daraus resultierenden sozialen Spannungen ungeachtet, setzt nämlich auch die Masse der industriell Lohnarbeitenden auf eine Stärkung der politischen Stellung und des parlamentarischen Einflusses der städtischen Ballungszentren, weil sie sich davon sowohl entwicklungsstrategisch-strukturelle als auch lebenspraktisch-aktuelle Vorteile erhofft. Schließlich sind die städtischen Industriezentren ihr Lebensraum, das Milieu, in dem sie, wie bescheiden oder schlecht auch immer, existiert, und deshalb liegt es für sie nahe, sich, entwicklungsstrategisch gesehen, eine Besserung ihrer Lage, ganz zu schweigen von einer ihre Bedürfnisse befriedigenden und ihre Hoffnungen erfüllenden Existenz, von einer Vergrößerung des politischen Einflusses ihres Lebensraums nach Maßgabe seines demographisches Gewichts und von einer entsprechenden Stärkung und Aufwertung des Entfaltungsinteresses beziehungsweise der Ansprüche auf Wachstum und Gedeihen zu erwarten, die die parlamentarische Vertretung ihres Lebensraums gegenüber der von der Gentry beherrschten ländlichen Sphäre und den Widerständen und Hemmnissen, die diese dem städtischen Entwicklungsdrang entgegensetzt, geltend macht und durchzusetzen bestrebt ist.

Konkretisiert und reaffirmiert wird diese allgemeine, entwicklungsstrategisch-strukturelle Perspektive aber noch durch einen besonderen, lebenspraktisch-aktuellen Aspekt, den sie einschließt und der die mit dem politischen Kampf der bürgerlichen Klasse um eine Wahlrechtsreform aufs engste verknüpfte ökonomische Forderung nach Handelsfreiheit betrifft. Was dem im Interesse industriekapitalistischer Entfaltung geforderten Freihandel maßgeblich zuwiderläuft, sind ja die von der Gentry-Herrschaft hochgehaltenen agrarischen Schutzzölle, die sich wiederum, weil sie die Preise für Grundnahrungsmittel auf relativ hohem Niveau arretieren, für die Masse der Lohnarbeitenden im Sinne einer unnötigen, weil mittels freier Marktmechanismen korrigierbaren Verteuerung der Lebenshaltungskosten auswirken und ihr der industriekapitalistischen Ausbeutung geschuldetes schweres Los noch zusätzlich beschweren, weshalb sich diese in den industriellen Ballungszentren konzentrierte lohnarbeitende Masse von der als ökonomischer Kernpunkt des Kampfes um die Neuverteilung der parlamentarischen Macht firmierenden Forderung nach Abschaffung der die Handelsfreiheit beschränkenden agrarischen Schutzzölle neben den strukturellen Vorteilen und Entwicklungschancen, die sie sich für ihren Lebensraum erhofft, auch eine Erleichterung ihres aktuellen Loses, sprich, eine Verbesserung ihrer subsistenziellen Lage verspricht und sich nicht zuletzt deshalb hinter der Bourgeoisie und ihrem urbanen mittelständischen Anhang versammelt und deren Kampf um eine Wahlrechtsreform unterstützt.

Konfrontiert mit der solchermaßen geschlossenen Front der in den städtischen Ballungszentren massierten Bevölkerung, kann die Gentry-Herrschaft letztlich gar nicht anders, als sich der Forderung nach einer Reform des Wahlrechts zu fügen und bei Gelegenheit eines nach fast einem halben Jahrhundert Tory-Regiment vorfallenden kurzen Wechsels der parlamentarischen Macht an die Whig-Partei einem wenigstens ansatzweise den demographischen Verhältnissen angepassten, novellierten Elektionsmodus fürs Parlament stattzugeben. Dabei besteht die Novellierung im Wesentlichen aus zwei einander ergänzenden und in ihrer Wirkung verstärkenden Elementen: Zum einen wird das System der Wahlbezirke revidiert, werden mit anderen Worten in den urbanen, volkreichen Zentren neue Wahlbezirke eingerichtet, während in den ruralen Gebieten alte, zu einer bloßen Domäne des einen oder anderen Grundherren verkommene Wahlbezirke abgeschafft oder zusammengelegt werden, und zum anderen kommt es zu einer Änderung des Kriteriums für die Teilnahme an den Wahlen, durch die mit dem Effekt einer erheblichen Erweiterung des Kreises der Wahlberechtigten, sprich, einer Auffüllung der gentrizischen Reihen mit Repräsentanten der Bourgeoisie, an die Stelle des ständischen, ausschließlich auf Grundbesitz, auf den Nachweis der Zugehörigkeit zum Landadel, fixierten Wahlrechts ein Zensuswahlrecht, sprich, eine nurmehr vom fiskalischen Ausweis finanziellen Vermögens abhängig gemachte Teilnahmeberechtigung tritt.

Auf diese Weise parlamentarisch gestärkt und politisch gerüstet, können nun also die Bourgeoisie und ihr urbaner mittelständischer Anhang den Kampf um eine der industriekapitalistischen Entwicklung gemäße beziehungsweise förderliche generelle und nämlich auch und gerade die Produkte des Agrarsektors einschließende Handelsfreiheit mit neuem Nachdruck und entschieden verbesserten Aussichten auf einen schließlichen Erfolg ihrer Kampagne führen – einen Kampf, hinter dem die Masse der Lohnarbeitenden, auch wenn die zensuswahlrechtliche Aufwertung der industriellen Ballungszentren gegenüber den agrikulturellen Landregionen ihr selbst, was ihren Einfluss und die Geltendmachung ihrer Interessen betrifft, gar nichts gebracht hat, wegen der Hoffnung auf eine dem Freihandel entspringende Verwohlfeilerung der Lebensmittelpreise und entsprechende Verbesserung der Subsistenzbedingungen nach wie vor relativ geschlossen steht.

Freilich nutzt, unterstützt von ihrem mittelständischen Anhang, die Bourgeoisie, dem kategorischen Imperativ ihres kapitalen Herrn und Meisters, dem unbedingten Streben nach Wertakkumulation gehorchend, das größere legislative Gewicht und den stärkeren direktiven Einfluss, die sie dank Wahlrechtsreform errungen hat, keineswegs nur für eine Fortführung und Intensivierung ihres Kampfes um Handelsfreiheit, sondern auch und ebenso sehr für eine Bekräftigung und Befestigung ihrer gleichermaßen durch gesetzliche Regelungen und durch deren Fehlen sanktionierten Überlegenheit im Ringen um die Lohnarbeitsbedingungen, sprich, für eine Verschärfung der Ausbeutungsverhältnisse in ihren Betrieben und Fabriken. Während sie einerseits ihren neugewonnenen politischen Einfluss geltend macht, um im Verein mit der breiten Masse der städtischen Bevölkerung der herrschenden Gentry ökonomisch am Zeug zu flicken und nämlich ihren agrarwirtschaftlichen Privilegien den Prozess zu machen, setzt sie ihn, dem einen, identischen Beweggrund industriekapitalistischer Akkumulation folgend, andererseits ein, um eben dieser breiten, in Lohnabhängigkeit verhaltenen Masse sei's auf gesetzlichem Wege, sei's im gesetzesfreien Raum Lohnkontrakte und Beschäftigungskonditionen aufzuzwingen, die die bereits bedrängte Lage und bedrohte Existenz der Betroffenen nur noch prekärer und aussichtsloser werden lassen und sie immer tiefer in die ökonomische Not und das soziale Elend stürzen, worauf als auf ihr Los und Schicksal eine als kommerzielle Wertschöpfung konzipierte industrielle Reichtumsproduktion, sprich, eine gesellschaftliche Gütererzeugung, die nichts als das für ihre weitere Vergesellschaftung dienliche Mittel, Kapital, bezweckt, sie von Beginn an vereidigt.

Ihre politische Unterstützung der Bourgeoisie in deren Kampf gegen die der industriellen Entwicklung hinderlichen Privilegien der herrschenden Gentry bringt der städtischen Arbeiterschaft demnach nicht nur nichts ein, sondern gereicht ihr im Gegenteil, da die Bourgeoisie ihre verstärkte parlamentarische Repräsentanz für die staatlich sanktionierte beziehungsweise tolerierte Fortführung und Ausweitung ihrer Strategie industrieller Ausbeutung nutzt, zu einer weiteren Verschärfung ihrer Armut und ihres Elends. Angesichts dessen ist es wenig verwunderlich, dass in quasi konsequenzzieherischer Reaktion auf die initiale Wahlrechtsreform von 1832 eine soziale Sammlungsbewegung in Erscheinung tritt, der sich größere Teile der städtischen Arbeiterschaft anschließen und die gegen Ende des Jahrzehnts eine als Charta formulierte und ihr selbst den Namen des Chartismus eintragende Reihe von politischen und ökonomischen Forderungen, wie etwa die Forderung nach allgemeinem Stimmrecht, nach eigentumsunabhängiger Chancengleichheit und nach einer gegen ökonomische Ausbeutung und politische Entrechtung gerichteten Gesetzgebung, erhebt.

Auch wenn de jure oder theoretisch diese von der chartistischen Bewegung vorgetragenen Forderungen sich noch keineswegs gegen die bürgerliche Gesellschaft als solche und gegen deren staatlich, als Status quo, fixierte politisch-ökonomische Konstitution richten und mitnichten das Ziel einer jene von Grund auf zu substituieren bestimmten kommunistischen, auf Gemeineigentum gegründeten, oder zumindest sozialistischen, auf Kollektivierung der Arbeit setzenden Gesellschaft verfolgen, auch wenn sie mit anderen Worten sich noch nicht als prinzipielle Kampfansage an die bürgerliche Klasse und ihre staatliche Herrschaft erklären, sondern sich als Appell an eben diese staatliche Herrschaft verstehen, dem ihr pro forma der Konstitution der bürgerlichen Gesellschaft erteilten politischen Auftrag nachzukommen und für soziale Gerechtigkeit auf der Basis ökonomischer Chancengleichheit zu sorgen – auch also, wenn die Forderungen noch wesentlich reformistischen Charakters und bar aller revolutionären Entschiedenheit sind, sind sie de facto oder in praxi doch jedenfalls dazu angetan, im Falle ihrer gesetzlichen Implementierung kraft ihrer von den ökonomischen Machtverhältnissen, der sozialen Realität, abstrahierenden politischen Radikalität eben diese als kapitalistische Produktionsverhältnisse perennierende Realität in ihrer Geltung in Frage zu stellen und in ihrem Bestand zu untergraben.

Und dies umso mehr, als es wegen der nach Maßgabe des parlamentarischen Avancements der Bourgeoisie verschärften Ausbeutung in den Industriezentren parallel zu der Formulierung und programmatischen Promulgation der chartistischen Forderungen zu proletarischen Unruhen und Aufständen kommt, die durch ihren Organisationsgrad und ihre gewerkschaftliche Orientierung den Fortschritt deutlich werden lassen, den der Widerstand der Lohnarbeitenden seit der Maschinenstürmerei der Jahrhundertwende gemacht hat, und die insofern der bürgerlichen Klasse als Menetekel einer durch die Klasse der Lohnarbeitenden letztlich angestrebten Sezession von der bürgerlichen Gesellschaft und Emanzipation zu einem den Vergesellschaftungsmechanismus der letzteren, das Kapitalverhältnis, außer Kraft setzenden und durch ein sozialistisches Solidaritätsprinzip, wo nicht gar kommunistisches Kollektivbewusstsein substituierenden klassenlos eigenen Gemeinwesen erscheinen.

Durch die doppelgleisige Forderung der städtischen Bourgeoisie, einerseits zu eigenen ökonomischen Lasten der industriekapitalistischen Entwicklung Raum zu geben und andererseits aus eigener politischer Kraft der gegen die industriekapitalistische Entwicklung sich formierenden chartistischen Sozialbewegung Einhalt zu gebieten, in Teufels Küche gebracht, vollzieht der toryistische Staat die als Befreiungsschlag wohlverstandene imperialistische Wendung, den seine Klientel schädigenden industriekapitalistischen Freihandel nicht nur passiv zuzulassen, als bourgeoises Anliegen zu tolerieren, sondern ihn mehr noch zu seiner gentrizischen Sache zu machen, ihm aktiv Vorschub zu leisten. Diese letztlich immer noch dem maritim-merkantilen Sonderweg, den das Inselreich zu Beginn der Neuzeit einschlägt, geschuldete Strategie bringt allen maßgebenden gesellschaftlichen Gruppen Gewinn beziehungsweise Vorteil und sorgt für einen die Konvergenz der Klassen kraft Koinzidenz ihrer Interessen befördernden anhaltenden Burgfrieden.

Angesichts solcher Bedrohung der herrschenden ökonomischen Praxis durch den politischen Chartismus beziehungsweise des kapitalprozessualen Prozesses durch die unter der Charta sich sammelnde radikaldemokratische Bewegung rekurrieren die Bourgeoisie und ihr Anhang auf eben den toryistisch dominierten Staat, dessen tragendem gentrizischem Fundament sie doch gleichzeitig mit ihrer Forderung nach Handelsfreiheit den Prozess machen, und verlangen von ihm, dass er seines Amtes walte und sei's mit autoritativer Macht, sei's mit repressiver Gewalt jene durch ihre Charta an der Konstitution der bürgerlichen Gesellschaft im Allgemeinen und an ihren zivilen Grundprinzipien, dem unbeschränkten Recht auf privates Eigentum und auf persönliche Vertragsfreiheit im Besonderen, rüttelnde soziale Bewegung in die Schranken weise oder notfalls niederschlage. Tatsächlich ist dies proletarische Bedrohungsszenarium, das die bürgerliche Klasse durch den ökonomischen Gebrauch heraufbeschwört, den sie von ihrem dank Wahlrechtsreform errungenen politischen Einfluss umgehend macht, der Grund für die Zurückhaltung, die sie in Sachen Regierungsgewalt übt, der Grund mit anderen Worten dafür, dass sie, abgesehen von dem für die parlamentarische Durchsetzung der Wahlrechtsreform nötigen kurzen Machtwechsel, dem Intermezzo Anfang der dreißiger Jahre, die Staatsführung in den Händen der Gentry-Partei belässt und sich im politischen Hintergrund hält, sprich, sich mit der gesetzgeberischen Einflussnahme, dem parlamentarischen Strippenziehen bescheidet.

So sehr sie ökonomisch, durch eine ihrer neuen parlamentarischen Macht, ihrer Kompetenz in Sachen Gesetzgebung beziehungsweise Verhinderung gesetzlicher Regelungen, entspringende forcierte industrielle Ausbeutungsstrategie, soziale Konflikte provoziert und den Klassenkampf schürt, so sehr ist sie doch geneigt, politisch in Deckung zu bleiben und die autoritative beziehungsweise repressive Herrschaft dem nach wie vor gentrizisch verfassten Staat zu überlassen, dessen tragende Formation, die Gentry, sie zwar selber durch ihren Kampf um Handelsfreiheit in die Schusslinie gebracht hat und auch für die städtischen Massen als einen das Lohnarbeitsleben zusätzlich erschwerenden Preistreiber und Schmarotzer zum Angriffsziel hat werden lassen, der aber, was die industriekapitalistische Ausbeutung als solche betrifft, doch immer noch halbwegs als dem Klassenkampf entzogene, neutrale Instanz gelten gelassen wird und sich in den Augen der radikaldemokratischen Arbeiterbewegung noch nicht hinlänglich als toryistisch kostümierter Büttel der bürgerlichen Klasse entlarvt und diskreditiert hat, um als aktueller Adressat und potenzieller Erfüller chartistischer Forderungen gar nicht mehr in Betracht zu kommen.

Den gentrizisch verfassten Staat freilich bringt die bürgerliche Klasse mit ihrem an ihn gerichteten doppelgleisigen Ansinnen, dem Verlangen einerseits nach freiem Handelsverkehr mit den anderen Volkswirtschaften und der Forderung andererseits nach Unterdrückung der Emanzipationsansprüche des von der eigenen Wirtschaft ausgebeuteten Volkes, in arge Bedrängnis, um nicht zu sagen, in Teufels Küche. Tatsächlich setzt sie ihn einem regelrechten Doublebind aus, stürzt ihn in ein geradezu auswegloses Dilemma: Während sie einerseits von ihm verlangt, dass er all seine politische Autorität und Schlagkraft aufbietet, um die industriekapitalistischen Interessen der Bourgeoisie zu wahren und gegen alle ihnen in die Quere kommenden beziehungsweise widerstreitenden Ansprüche der sich zu einer Sozialbewegung sammelnden Lohnarbeitenden auf Ermäßigung ihrer Ausbeutung beziehungsweise Stärkung ihrer bürgerlichen Rechts- und gewerklichen Verhandlungsposition mit bürokratischer Macht und notfalls militärischer Gewalt zu verteidigen, setzt sie andererseits alles daran, ihm die Preisgabe ihrer qua Schutzzölle wirksamen agrikulturellen Privilegien abzutrotzen und damit aber der ihn tragenden Schicht im Wortsinne den Boden zu entziehen und nämlich uno actu ihr ökonomisches Fundament und ihren darauf gegründeten sozialen Status zu untergraben.

Wie soll der toryistisch-monarchische Staat den Interessen der bürgerlichen Klasse dienen und sie mit aller Macht und Gewalt gegen die Angriffe der proletarischen Sozialbewegung verteidigen, wenn eben diese bürgerliche Klasse die den Staat seit einem guten halben Jahrhundert stellende und tragende Gentry um ihre Existenzgrundlage bringt und gleichermaßen ökonomisch in den Ruin treibt und ständisch demontiert? Natürlich verfolgt mit ihrer Freihandelsstrategie die bürgerliche Klasse mitnichten die Absicht, den Staat als solchen zu Fall zu bringen und auf die Dienste, die er als autoritativer Wahrer, korrektiver Regulator und repressiver Verteidiger der zivilen Verfassung leistet, überhaupt zu verzichten. Aber in der spezifischen, konstitutionell-monarchischen Form, die er im Inselreich angenommen hat, in seiner Gestalt nämlich als gentrizisch-toryistisch verfasster Staat, stellt sie ihn durch ihre handelspolitische Strategie offenbar grundlegend in Frage und überfordert ihn definitiv, indem sie ihm die seinem Amt gemäßen politischen und bürokratischen Leistungen abfordert und gleichzeitig doch bestrebt ist, denen, die den Staatsapparat besetzen und betreiben, die dafür nötige ökonomische Kraft und ständische Statur zu rauben beziehungsweise zu verschlagen.

Angesichts dieses Doublebind-Stresses, dem die Bourgeoisie und ihr mittelständischer Anhang die Gentry und ihre provinzielle Gefolgschaft aussetzt, scheint es nur eine Frage der Zeit, dass die letzteren ihrer staatspolitischen Aufgabe nicht mehr gewachsen sind, ihren das Gemeinwesen betreffenden Führungsauftrag nicht mehr zu erfüllen vermögen, und die ersteren sich deshalb gezwungen sehen, aus ihrer politischen Deckung herauszutreten und die Macht im Staat, die Regierungsgewalt, in eigener Repräsentanz und Regie zu übernehmen – mit allen verheerenden Folgen, die die darin implizierte direkte Konfrontation der beiden die bürgerliche Gesellschaft konstituierenden Formationen der Kapital- und der Lohnabhängigen, sprich, der dadurch provozierte offene Klassenkampf, der ökonomisch motivierte Bürgerkrieg zwischen hinter dem Staat sich verschanzender Unternehmerschaft und gegen den Staat auf die Barrikaden gehender Arbeiterschaft, zu zeitigen verspricht.

Auf diese doppelte Bedrohung einerseits eines die Gentry ereilenden ökonomischen Ruins und andererseits einer der bürgerlichen Gesellschaft ins Haus stehenden klassenkämpferisch motivierten Bürgerkriegs reagiert der toryistisch beherrschte Staat nun aber mit einer Überlebens- beziehungsweise Bewältigungsstrategie, die sich als landespolitisch ebenso ingeniös und segensreich, wie weltpolitisch perniziös und folgenreich erweist und die dem Kapitalisierungsprozess die neue, totalisierte Gestalt eines imperialistischen Integrationsverfahrens verleiht. Ausgangs- oder Springpunkt der neuen Strategie ist die Kapitulation oder Selbstaufgabe des gentrizisch verfassten Staats vor der industriekapitalistischen Front, der Front aus bürgerlicher Klasse und Lohnarbeiterschaft, ist mit anderen Worten die staatlich sanktionierte Abschaffung der agrarischen Schutzzölle und eine von Staats wegen betriebene Entwicklung, die binnen eines Jahrzehnts das Inselreich zu einem Hort und Vorkämpfer uneingeschränkter Handelsfreiheit werden lässt, es in eine Zone beziehungsweise Sphäre beispielhaft verwirklichten Freihandels verwandelt.

Der Schein einer bloßen Kapitulation oder reinen Selbstaufgabe indes, den das erwecken könnte, trügt! Von einer Kapitulation und Selbstaufgabe unterscheidet diese strategische Wendung des toryistischen Staats, dass es sich bei ihr keineswegs um ein bloß retraktives beziehungsweise konzessives Verhalten, sondern um ein ebenso akquisitives wie offensives Vorgehen handelt, dass also die Kapitulation, die Preisgabe alter Positionen, gleichbedeutend mit der Initiation einer ganz neuen Frontstellung ist, dass die Aufgabe des tradierten Selbst ihr Revers in der Schaffung einer novellierten Identität findet. Der dem sozialen Druck der urbanen Ballungszentren und ihrer Forderung nach uneingeschränkt freiem Handel weichende toryistische Staat beschränkt sich nämlich nicht darauf, dieser Forderung nur nachzugeben, ihr passiv zu genügen, sprich, alle Hemmnisse, die er selber dem kommerziellen Verkehr in den Weg legt, abzubauen und zu beseitigen, er tut vielmehr ein Übriges und macht sich die Forderung aktiv zu eigen, stellt sich die zum Programm erhobene Aufgabe, ihr weltweit Geltung zu verschaffen und ihr überall dort, wo sie auf Widerstand stößt oder auf Hindernisse trifft, selbst in entferntesten Weltregionen und in exotischsten Gesellschaften, tatkräftig beizustehen und politischen oder auch nötigen- beziehungsweise gegebenenfalls militärischen Nachdruck zu verleihen.

Der toryistische Staat beschränkt sich mit anderen Worten nicht darauf, auf Schutzzölle und staatliche Regulierungen des kommerziellen Austauschs zu verzichten und damit den Zugang zu anderen oder fremden Märkten nicht länger zu erschweren, zu behindern oder gar zu versperren, sondern er macht es sich regelrecht zur Aufgabe, durch politisch-militärische Aktionen und bürokratisch-okkupatorische Maßnahmen dem britischen Kommerz andere und fremde Märkte zu erschließen und uneingeschränkt zugänglich werden zu lassen.

Sei's dass er vom britischen Handel bereits geöffnete halbkoloniale Gebiete etwa in Südasien und in Afrika der Tutel kolonialistischer Gesellschaften oder Kompagnien, die in diesen Gebieten auf Patentbasis ihr halb kontraktives, halb extraktives Handelsgeschäft betreiben, entzieht, um sie in staatliche Regie zu übernehmen, sprich, sie als Kolonien sans phrase, als überseeische Besitzungen oder ausländische Territorien dem Inselreich anzugliedern und dessen – durch das Konzept der indirect rule, der Rekrutierung vorhandener indigener Herrschaftsstrukturen für Kollaborationszwecke, nur effektiver gemachter – direkter Herrschaft und Verwaltung zu unterstellen beziehungsweise zu unterwerfen, sei's dass er andere Staatswesen etwa in Ostasien, im Nahen Osten oder in Osteuropa politisch-militärisch unter Druck setzt und zwingt, sich dem kommerziellen Austausch im Allgemeinen und dem Export britischer Waren im Besonderen zu öffnen, und die Weigerung der betreffenden Gesellschaften, sich dem vom britischen Handel dominierten weltweiten Austauschsystem einzugliedern, als casus belli betrachtet, sprich, zum Anlass für militärische Interventionen und die Einrichtung eines weltumspannenden Systems maritimer Stützpunkte und Kontrollstationen nimmt – so oder so verwandelt er sich, was die Außenhandelsinteressen des industriekapitalistischen Systems betrifft, aus einem Wegelagerer in einen Wegbereiter, aus einem Apparat, der jenen Interessen in die Quere kommt, in ein Vehikel, das ihnen im Gegenteil Bahn bricht, aus einer Instanz mit anderen Worten, die, weit entfernt davon, sich bloß darauf zu beschränken, den kommerziellen Aktivitäten der heimischen Wirtschaft keine Zügel anzulegen und freien Lauf zu lassen, sich vielmehr dieser Aktivitäten aktiv annimmt und nämlich der heimischen Wirtschaft bei der Eroberung neuer Märkte und der Erschließung weiterer Absatzmöglichkeiten durch die Schaffung der hierfür nötigen infrastrukturellen Voraussetzungen und bestgeeigneten politisch-militärischen Rahmenbedingungen sekundiert und zur Hand geht.

Auf den oberflächlich ersten Blick könnte mit dieser per Freihandel vollzogenen strategischen Kehrtwendung das Inselreich in die Fußstapfen des drei Jahrzehnte zuvor mit Müh und Not niedergeschlagenen napoleonischen Imperialismus zu treten scheinen – nur dass Objekt und Betätigungsfeld dieses erneuerten Imperialismus jetzt nicht mehr bloß der europäische Kontinent, sondern der ganze Erdball ist. Indes, den ebenso wesentlichen wie gravierenden Unterschied macht, dass es sich beim napoleonischen Imperialismus um einen militärisch forcierten Notbehelf handelt, bei dem der um des Sozialfriedens im eigenen Land willen aufgeblähte Militärapparat ausschließlich dazu dient, durch die requisitorische beziehungsweise konfiskatorische Schröpfung der zu diesem Zweck okkupierten oder jedenfalls tributpflichtig gemachten Anrainerstaaten und Nachbargesellschaften seine eigene Versorgung und Ausstattung sicherzustellen und, abgesehen von dieser Entlastung des Staatshaushalts, möglichst auch noch Mittel für den zivilen Etat abzuwerfen, wohingegen der toryistische Imperialismus ein ökonomisch fundiertes Unterstützungsunternehmen ist, dem zwar requisitorische und konfiskatorische Expropriationspraktiken ebenfalls keineswegs fremd sind, das aber doch in der Hauptsache dem Zweck dient, durch eine mit militärischer Gewalt und bürokratischem Zwang durchgesetzte Öffnung der Märkte anderer Gesellschaften einen weltweit ungehinderten Handelsverkehr zu gewährleisten und damit dem Kapitalprozess im eigenen Land, sprich, der Entwicklung der aufgrund ihrer Fortschrittlichkeit international konkurrenzmächtigen heimischen Industrie, Hilfestellung und Vorschub zu leisten.

Während also der napoleonische Imperialismus noch weitgehend in einer langen, beispielhaft durch das Römische Reich repräsentierten historischen Tradition steht und nämlich dem politisch orientierten Zweck dient, kraft reeller Konfiskationen, auf Kosten des materialen Reichtums anderer Gesellschaften also, die eigenen staatlichen Institutionen zu alimentieren und möglichst auch noch zur Sicherung des Unterhalts der gesamten zivilen Bevölkerung beizutragen, gehorcht der toryistische Imperialismus einer höchst modernen, historisch beispiellosen Intention und verfolgt nämlich die ganz und gar ökonomisch motivierte Strategie, mittels kommerzieller Transaktionen, per medium des kapitalen Vermögens anderer Gesellschaften also, den klassenmäßig sortierten Reichtum in der heimischen Gesellschaft zu mehren, will heißen, dafür zu sorgen, dass die durch die kapitalistische Organisation der Arbeit ins Werk gesetzte Ausbeutung der gesellschaftlichen Arbeitskraft im eigenen Land nicht an ihrem Erfolg erstickt und dadurch, dass der durch sie geschaffene materiale Reichtum keinen Absatz findet und sich nicht in die für weitere Ausbeutungsprozesse nötige kapitale Form überführen, nicht als Wert realisieren lässt, scheitert und zum Erliegen kommt.

Die ganz und gar ökonomisch motivierte imperialistische Wendung, die der gentrizisch verfasste Staat uno actu seiner Kapitulation vor den Freihandelsforderungen der Bourgeoisie und der in diesem Punkte geschlossen hinter ihr stehenden Front aus Mittelstand und Lohnarbeiterschaft nimmt, erweist sich, wenn schon nicht als Stein der Weisen (dazu geht die neue Strategie mit entschieden zuviel Gewalt und Zwang einher), so doch als Panazee, als veritables Allheilmittel, das allen beteiligten gesellschaftlichen Gruppen Gewinn beziehungsweise Vorteil bringt. Zuvörderst gereicht die imperialistische Politik der Bourgeoisie und ihrem mittelständischen Anhang, den Betreibern und primären Nutznießern des kapitalistischen Industrialisierungsprozesses, zum Segen, weil sie, wie gesagt, sich nicht in dem negativen Effekt erschöpft, die Hemmnisse und Beschränkungen zu entfernen und aufzuheben, die die eigene Gesellschaft dem kommerziellen Vertrieb der Industrieproduktion, ihrem Export und weltweiten Austausch, entgegensetzt und auferlegt, sondern mehr noch die positive Leistung erbringt, sich um die Beseitigung der Hindernisse und Widerstände zu kümmern, mit denen die als Handelspartner ins Visier genommenen anderen Gesellschaften das Verlangen der britischen Industrie nach Öffnung ihrer Märkte und freiem Austausch konfrontieren beziehungsweise konterkarieren.

Und diese positive Leistung, die der gentrizisch verfasste Staat kraft seiner imperialistischen Strategie erbringt, stellt für die bürgerliche Klasse, die Betreiberin und Nutznießerin des industriekapitalistischen Prozesses, keineswegs bloß einen Bonus, eine Zusatzprämie dar, auf die sich gegebenenfalls auch verzichten ließe, sondern hat tatsächlich für sie die Bedeutung eines dringenden Erfordernisses, um nicht zu sagen, einer lebens- beziehungsweise überlebenswichtigen Kondition. Unter dem Schutz und Schirm der toryistischen Herrschaft, als die sich die konstitutionelle Monarchie im Inselreich etabliert, beweist nämlich die Industrie des Landes dank der ihr gegebenen Lizenz zur Ausbeutung der gesellschaftlichen Arbeitskraft und Kapazität zur Senkung des durchschnittlichen Arbeitslohnniveaus eine solche Dynamik und entfaltet eine solche sie zur ,,Werkstatt der Welt" promovierende Produktivität, dass ihre Betreiber und Nutznießer, unbeschadet des politischen Nachdrucks, den eben diese Entwicklung der von ihnen erhobenen Forderung nach Handelsfreiheit verleiht, schon gar nicht mehr hoffen können, durch die bloße Befreiung des Außenhandels von landeseigenen Zollschranken und Einfuhrkontingentierungen im erforderlichen Maße neuen beziehungsweise erweiterten Zugang zu ausländischen Märkten zu gewinnen und aus eigener kontraktiver Kraft, sprich, mit den ihr verfügbaren Mitteln zwanglos kommerziellen Austauschs ihre Absatzprobleme zu bewältigen.

Keine Frage, dass die Abschaffung der Importbeschränkungen für Agrar- und Naturprodukte der britischen Industrie auf den ausländischen Märkten, die zu Lasten der dem Inselreich eigenen gentrizischen Agrikultur und der von dieser abhängigen ländlichen Regionen davon profitieren, verbesserte Exportchancen eröffnet! Was die britische Industrie aber darüber hinaus braucht, um ihrer produktivitätsbedingt ebenso aktuellen wie prospektiven Absatzprobleme Herr zu werden, ist teils die Erschließung neuer Märkte, teils die Beseitigung der auf ihnen und den bereits erschlossenen Märkten dem britischen Güterexport entgegenstehenden ökonomischen Prärogative, politischen Vorbehalte und bürokratischen Hemmnisse, und beides lässt sich mit rein kommerziellen Mitteln, sprich, ohne von militärischer Schlagkraft und bürokratischer Kontrolle untermauerten politischen Druck, nicht erreichen. Für beides ist vielmehr die staatliche Unterstützung des eigenen gentrizisch verfassten Staatswesens unabdingbar, und die sichert dem industriekapitalistischen System die imperialistische Wendung und globalistische Neuorientierung, die in Reaktion auf die von der bürgerlichen Gesellschaft als quasi einem Gemeinwesen vorgetragene Freihandelsbewegung im Lande, um nicht zu sagen, in Kapitulation vor ihr, der toryistisch regierte Staat nimmt und vollzieht.

Und eben diese imperialistische Wendung ist es nun aber, die tatsächlich die staatliche Reaktion auf die bürgerliche Freihandelsbewegung davor bewahrt, zur bloßen Kapitulation zu geraten, indem sie nämlich auch und nicht zuletzt der den toryistischen Staat tragenden Gentry Vorteile bringt, die als hinlängliche, wo nicht gar überreichliche Kompensation für die Einbußen an ökonomischem Fundus und ständischem Status gelten können, die sie durch den Freihandel erleidet.

So sehr nämlich das Zugeständnis des Freihandels die agrarische Prosperität der Gentry mindert und damit die territoriale Grundlage ihres realen Einflusses und ihres sozialen Ansehens schwächt, so sehr schafft sie sich doch durch den imperialistischen Dreh, den sie ihrem Zugeständnis gibt, dadurch mit anderen Worten, dass sie den von der bürgerlichen Klasse ihr abgeforderten Freihandel dieser nicht einfach nur passiv oder retraktiv konzediert, sondern jene Forderung ebenso wohl als von der bürgerlichen Klasse an sie gerichtete Aufforderung begreift, sich aktiv und offensiv für den Freihandel zu engagieren und ihm mit allen ihr verfügbaren politisch-diplomatischen und militärisch-bürokratischen Mitteln weltweit den Boden zu bereiten und Bahn zu brechen – so sehr schafft sie sich also durch diesen imperialistischen Dreh draußen, in der weiten Welt, kolonialen Ersatz für die drinnen, im eigenen Land, verlorene oder geschmälerte territoriale Basis, die ihren ökonomischen Fundus und ihren sozialen Status begründet, und erschließt sich mit anderen Worten im Rahmen der ihr zufallenden militärischen Okkupations- und bürokratischen Organisationsaufgaben, im Rahmen ihres in der Überwachung und Lenkung indigener Herrschaftssysteme beziehungsweise in der Unterhaltung und Kontrolle lokaler Verwaltungsstrukturen bestehenden Kolonialdienstes und imperialen Wirkens Einnahmequellen und Bereicherungsmöglichkeiten, die ihre ökonomischen Einbußen im Inselreich mehr als wettmachen und ihr erlauben, nach der Rückkehr in die Heimat ihr ständisches Leben unverändert und sogar verschönt durch einen Hauch von Exotik und erstrahlend in einem Glanz von Luxus fortzusetzen beziehungsweise wiederaufzunehmen.

Auch wenn, wie gesagt, der Hauptzweck ihres zu imperialistischer Wirksamkeit entfalteten staatlich organisierten Kolonialdienstes die Durchsetzung und Förderung eines dem industriekapitalistischen System der bürgerlichen Klasse seinen Profit und sein Wachstum garantierenden ungehinderten kommerziellen Austauschs ist und der toryistische Staat mit der imperialistischen Wendung, die er vollzieht, sich insofern grundlegend von historischen Vorbildern wie dem der späten Römischen Republik und der anschließenden Cäsarenherrschaft unterscheidet, folgt doch die imperiale Eroberung und koloniale Verwaltung als solche, die Schaffung und Gewährleistung der jenem Hauptzweck dienlichen territorialen Grundlagen und gouvernementalen Strukturen, ihrer eigenen dem vergleichsweise archaischen Charakter der militärischen und bürokratischen Vorgehensweisen, die hierbei zur Anwendung kommen, entsprechenden Logik und Gesetzmäßigkeit.

Die aber verleihen dem vom toryistischen Staat aus seiner gentrizischen Klientel für den Kolonialdienst rekrutierten Personal dann doch wieder eine gewisse Ähnlichkeit mit dem vom Römischen Reich in seine Provinzen entsandten Beamtentum und erlauben ihm nicht bloß, sondern verführen es regelrecht, sich zusätzlich zu dem ansehnlichen Gehalt, mit dem der Staat es für seine Dienste fern der Heimat entlohnt und mit dem er es an dem steuerlichen Gewinn beteiligt, den die kraft Imperialismus auf kommerzielle Touren gebrachte Industrieproduktion abwirft, durch Tribute und Bestechungen, durch Zuwendungen, die es den indigenen Herrschaftssystemen abpresst, und durch mehr oder minder stille Beteiligungen an den ökonomischen Unternehmungen, für die es die politischen Rahmenbedingungen schafft und aufrechterhält, schadlos zu halten und mithin die Territorien, die es okkupiert und verwaltet beziehungsweise als Protektorat behandelt und kontrolliert, nicht weniger effektiv oder sogar noch effektiver zur Bereicherung zu nutzen als die in ihrer agrarwirtschaftlichen Profitabilität durch den Freihandel geschädigten Güter und Liegenschaften in der Heimat.

Aber nicht nur die beiden gesellschaftlichen Führungsschichten, Bourgeoisie und Gentry, mit ihrem jeweiligen mittelständischen beziehungsweise provinzialnotablen Anhang ziehen aus der imperialistischen Wendung des britischen Staatswesens Nutzen oder Gewinn, sondern auch und sogar – und hierin liegt das eigentlich Patente dieses Imperialismus – den breiteren Volksschichten, der Lohnarbeiterschaft in den städtischen Ballungszentren und selbst auf dem Lande schlägt die vom toryistischen Staat als Ausweg aus seiner dilemmatischen Situation initiierte Entwicklung zum Vorteil aus.

Als vorteilhaft für die gesamte Lohnarbeiterschaft erweist sie sich insofern, als die Abschaffung der Schutzzölle und Kontingentierungen für die Einfuhr von Agrarprodukten tatsächlich zu einem Sinken der Grundnahrungsmittelpreise führt und also denen, die ihr Leben auf Basis eines kargen Arbeits- oder Tagelohns fristen müssen, den Unterhalt beziehungsweise das Auskommen erleichtert. Und zum Vorteil zumal der industriekapitalistischen Lohnarbeiterschaft schlägt die Entwicklung dadurch aus, dass sie einen zwar immer wieder von Wachstumskrisen geschüttelten, aber im Prinzip doch ebenso kontinuierlichen wie rasanten industriellen Entfaltungsprozess ermöglicht, der durch die permanente Nachfrage nach Arbeitskräften, die er erzeugt, für Entlastung auf dem Arbeitsmarkt sorgt und die Lohnarbeiterschaft selbst beziehungsweise ihre Vertreter und Organisationen gegenüber der Unternehmerschaft und dem, wie man will, hinter oder vor dieser stehenden Staat in eine Verhandlungsposition bringt, die stark genug ist, um letzteren, ohne dass noch große Arbeitskämpfe oder soziale Unruhen nötig wären, arbeitsrechtliche und sozialpolitische Konzessionen wie die Beschränkung des Arbeitstages, die Abschaffung der Kinderarbeit oder die Reform der kommunalen Fürsorge abzuringen, die ein Jahrzehnt zuvor noch völlig undenkbar gewesen wären.

Akzeptabel oder jedenfalls leichter erträglich werden dabei für das Industriekapital und seine bourgeoisen Betreiber die dem kapitalen Streben nach Profitmaximierung durchaus gegen den Strich gehenden lohnarbeitsrechtlichen und das Sozialwesen betreffenden Reformen im eigenen Land dadurch, dass der mit imperialistischer Kraft und Konsequenz vorgetragene und durchgesetzte Freihandel in den Territorien und Kolonien, in denen er sich breit macht, gesellschaftliche Verhältnisse sei's aufgrund indigener Herrschaftsstrukturen bereits vorfindet, sei's mit tatkräftiger militärisch-bürokratrischer Hilfe des ihm Bahn brechenden und den Boden bereitenden imperialen Apparats selber schafft, die mehr oder minder fronwirtschaftliche Produktionsbedingungen implizieren und ihm zutiefst unausgewogene, aller Äquivalenz ermangelnde Austauschbeziehungen gestatten, Austauschbeziehungen, die ihn, den vorgeblichen Freihandel, in sein Gegenteil, ein Zwangsgeschäft, verkehren und nämlich die kolonialen Lieferanten agrarischer Erzeugnisse und naturaler Rohstoffe gegenüber dem kolonialherrschaftlichen Vertreiber industrieller Produkte und Fertigwaren in dem Maße benachteiligen, wie der Wert oder vielmehr die Wertlosigkeit dieser agrarischen Erzeugnisse und naturalen Rohstoffe aus Sklavenarbeit und Raubbau resultiert, sprich, Ergebnis einer weder durch einen Markt regulierten noch durch ein politisches System kontrollierten Ausbeutung gesellschaftlicher Arbeitskraft beziehungsweise Ausplünderung natürlicher Ressourcen ist.

Was der industrielle Kapitalismus des Inselreichs im eigenen Land an den Profit schmälernden Arbeits- und Sozialkosten in Kauf nehmen muss, dafür schafft er sich auf den Märkten der anderen Gesellschaften und der eigenen Kolonien dank der dort herrschenden beziehungsweise ins Werk gesetzten fronwirtschaftlich-ausbeuterischen Produktionsbedingungen und Ressourcenbeschaffung Kompensation und hält sich schadlos.

Die imperialistische Wendung, die der toryistische Staat vollzieht, um der dilemmatischen Situation zu entrinnen, in der er aufgerufen ist, einen industriellen Kapitalisierungsprozess zu unterstützen und zu verteidigen, der ihm beziehungsweise der ihn tragenden Gesellschaftsschicht gleichzeitig den ökonomischen Boden zu entziehen und den sozialen Status zu rauben bestrebt ist – diese imperialistische Wendung erweist sich so im Verein mit den durch sie ermöglichten und von ihr begleiteten politischen Reformen und ökonomischen Regulierungen tatsächlich als ein Patentrezept zur Beseitigung der eklatantesten wirtschaftlichen Missstände und Lösung der dringendsten gesellschaftlichen Probleme im Land und zur Gewährleistung eines Jahrzehnte anhaltenden kapitalprozessualen Kontinuums und die Konvergenz der Klassen kraft Koinzidenz ihrer Interessen befördernden Burgfriedens.

Nicht nur, dass diese imperialistische Umorientierung der Bourgeoisie und ihrem mittelständischen Anhang die erwünschte kommerzielle Entfesselung und darin gründende industrielle Entfaltung bringt und zugleich der durch diese Entfesselung und Entfaltung in ihren ökonomischen Interessen geschädigten und in ihrem sozialen Prestige bedrohten Gentry nebst provinzialnotablem Gefolge in der territorialen Weite des Kolonialreichs beziehungsweise imperialen Systems ein neues Betätigungsfeld und kompensatorische Bereicherungschancen eröffnet, sie nimmt auch und vor allem der von der Not und dem Elend der Lohnabhängigen inspirierten und unter dem Banner des Chartismus organisierten radikaldemokratischen Sozialbewegung den Wind aus den Segeln und bringt durch die Regulierung der Arbeitsbedingungen und die Reform der Sozialhilfe, zu denen sie die Möglichkeit und die Mittel verschafft, binnen eines knappen Jahrzehnts den proletarischen Klassenkampf, noch ehe er sich ernstlich hat formieren können, zum Erliegen beziehungsweise das sozialistische Gesellschaftsprogramm, noch ehe es sich eigentlich zu artikulieren vermocht hat, zum Verschwinden.

In einer industriekapitalistisch avancierten Gesellschaft, der es gelingt, mit den militärisch-bürokratischen Mitteln imperialer Expansion und Kontrolle die ganze Welt in eine dem kommerziellen Zugriff offen stehende Domäne, sprich, in einen Markt für den konkurrenzlosen Vertrieb der eigenen industriellen Produktion und für die wohlfeile Beschaffung der agrikulturellen und naturalen Ressourcen anderer Gesellschaften zu verwandeln, ist Klassenkampf keine ernstlich aufrecht zu erhaltende Option und Sozialismus keine eigentlich zukunftsweisende Perspektive.

So relativ vorteilhaft erweist sich für alle maßgebenden Gruppen der gentrizisch geführten bürgerlichen Gesellschaft der mittels Imperialismus gleichermaßen gebahnte und befestigte Weg in einen zugunsten des industriekapitalistischen Systems, das das Inselreich paradigmatisch entfaltet, gewichteten Welthandel, dass auf dieser Basis zwischen den beteiligten Gruppen, ohne dass sich deren ökonomische Funktion, soziale Position und politische Denomination im Sinne einer Annäherung oder gar Vermischung dadurch veränderte, ein als Kollaborationskontrakt unausgesprochener Gesellschaftsvertrag Geltung gewinnt, den auch die zwischenzeitlichen ökonomischen Krisen und politischen Machtwechsel nicht erschüttern können und der mehr noch die mittels weiterer Wahlrechtsreformschritte erwirkte Einbeziehung immer weiterer Volksschichten in den parlamentarischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess erlaubt, weil diese fortschreitende Demokratisierung der bürgerlichen Gesellschaft unter den Bedingungen der wie auch immer abgestuften Prosperität, die das industriekapitalistisch fundierte Welthandelssystem mit sich bringt, die den strukturellen Rahmen für das System bildende imperialistische Unterdrückung anderer Völker und kolonialistische Ausbeutung fremder Gesellschaften nicht etwa in Frage zu stellen und in Gefahr zu bringen taugt, sondern im Gegenteil nur geeignet ist, breitere Zustimmung finden und einer generelleren Sanktion teilhaftig werden zu lassen.

Die Parallelaktion von fortschreitender Demokratisierung und Liberalisierung im Innern und einer draußen verfolgten anhaltenden Okkupations- und Interventionsstrategie wird durch das fast an ein abgekartetes Spiel gemahnende Bäumchen-wechsel-dich der in den Jahrzehnten nach der Einführung des Freihandels führenden beiden Staatsmänner in Großbritannien, Gladestones und Disraelis, versinnbildlicht, wobei der letztere durch sein dem politischen Handeln komplementäres literarisches Schaffen mehr noch deutlich macht, dass dieses systematisch-imperialistische Zugleich von liberaler Demokratie und imperialer Herrschaft nicht auf das Feld der öffentlichen Meinung und des parteilichen Programms beschränkt bleibt, sondern sich sogar auf die Ebene der Reflexion des Einzelnen und seiner persönlichen Überzeugung erstreckt, dass es sich dabei also nicht bloß um einen politisch-ökonomisch induzierten Fall von kollektiver Doppelmoral, von ,,Zwei Triebkräften in einem Sozialkörper" handelt, sondern dass diese kollektive Doppelmoral auch zwingend genug ist, um dem Individuum das Bewusstsein zu spalten, ihm zwei Seelen in die Brust zu pflanzen.

Dass die gentrizisch geprägte konstitutionelle Monarchie des Inselreichs beziehungsweise der toryistische Staat, der sie in die Tat umsetzt, die beschriebene imperialistische Wendung nimmt, sich aus einer über die Stetigkeit des industriellen Kapitalisierungsprozesses mit friedensrichterlich-magisterialer Autorität wachenden ständischen Institution in ein dem industriekapitalistischen Fortschritt mit militärisch-bürokratischen Mitteln Beine machendes politisches Instrument verwandelt und damit denn aber den Kopf aus der Schlinge seiner widersprüchlich doppelten Beanspruchung, dem Ansinnen einerseits, zu eigenen ökonomischen Lasten der industriekapitalistischen Entwicklung Raum zu geben, und der Forderung andererseits, aus eigener politischer Kraft der gegen die industriekapitalistische Entwicklung sich formierenden Sozialbewegung Einhalt zu gebieten, zieht – dass er dies alles tut und ohne große Mühe tun kann, ist letztlich noch immer dem maritim-merkantilen Sonderweg geschuldet, den das Inselreich in der frühen Neuzeit einschlägt und der ihm den Ausweg aus seiner dilemmatischen Situation weist.

Nur weil Großbritannien bereits über eine mächtige und in der Tat, wie die Napoleonischen Kriege bewiesen haben, weltbeherrschende Marine und Handelsflotte verfügt und mit deren Hilfe in den vorangegangenen Jahrhunderten ein weltweites kommerzielles System mit überseeischen Kolonien und territorialen Stützpunkten aufgebaut hat, das ebenso sehr dies Schifffahrtswesen zu unterhalten dient, wie es durch letzteres zusammengehalten, eben als System aufrechterhalten wird – nur deshalb kann der britische Staat so leicht darauf verfallen oder findet er sich vielmehr unwiderstehlich dazu gedrängt, die Absatzprobleme beziehungsweise strukturellen Entfaltungsprobleme, die der im Schoße beziehungsweise auf dem Nährboden jenes kommerziellen Systems wachsenden und gedeihenden kapitalistischen Industrie aus ihrem Wachstum erwachsen, durch den in eigene, staatliche Regie übernommenen Ausbau des kommerziellen Systems, sprich, seine Überführung aus einem durch das kommerzielle Tun real gesetzten und implementierten empirischen Beziehungsgeflecht in einen der kommerziellen Aktivität transzendental vorgesetzten und von ihr auszufüllenden systematischen Bezugsrahmen, zu lösen und damit nebenbei auch noch sowohl Abhilfe für die seiner eigenen sozialen Basis, der staatstragenden Gentry, aus dem industriellen Wachstum entstehenden territorialen Deprivationen und ökonomischen Einbußen zu schaffen, als auch das Los der Lohnarbeiterschaft, aus deren Ausbeutung sich das industrielle Wachstum speist, hinlänglich zu erleichtern, die ökonomische Not und das soziale Elend, das ihr das von ihr getragene industrielle Wachstums beschert, ausreichend zu lindern, um ihr jeden sozialrevolutionären Impetus zu verschlagen, sie von aller grundsätzlichen Kritik an der bürgerlichen Gesellschaft und ihren Reproduktionsmechanismen Abstand nehmen und sich auf arbeits- und sozialreformerische Forderungen nach Teilhabe an dem Füllhorn eben jenes im imperialen Bezugsrahmen der heimischen Industrie einerseits einen lukrativen Absatz sichernden und andererseits preiswerte Ressourcen zugänglich machenden kommerziellen Systems beschränken zu lassen.

Mangels einer imperialistischen Lösungsstrategie, wie sie sich dem insularen Nachbarn dank seines maritim-merkantilen Sonderwegs aufdrängt, muss in Frankreich der konstitutionell-monarchische Staat dem Schicksal seinen Lauf lassen und hilflos zusehen, wie der Klassenkonflikt eskaliert. Vermieden wird der Ausbruch des Konflikts durch einen Rückgriff auf das bereits zweifach erprobte Rezept eines von der bürgerlichen Gesellschaft als klassenübergreifendes Ereignis vorgenommenen Regimewechsels, der in einer weiteren und quasi der historischen Logik folgenden Regression, dem Rückgriff auf die napoleonische Diktatur, resultiert. Eine gewisse Haltbarkeit verleiht dem ebenso maskenhaften wie programmlosen Kaiserreich, dass es sich dem insularen Nachbarn an die Fersen heftet und dessen Wirtschaftsimperialismus zum Vorbild nimmt. Dass es dies wegen der ihm fehlenden maritim-merkantilen Vorgeschichte mit weit weniger ökonomischem Erfolg und tatsächlich unter Überforderung seiner finanziellen Kräfte tut, kostet es zusammen mit seinem regressiv fehlgeleiteten Bestreben, auch noch die alte hegemoniale Machtstellung auf dem europäischen Kontinent wiederzugewinnen, die Existenz.

Von dieser durch den maritim-merkantilen Sonderweg des britischen Inselreichs vorgezeichneten und durch ihren Mehrfacheffekt bestechenden imperialistischen Lösungsstrategie für die durch den industriekapitalistischen Entfaltungsprozess heraufbeschworenen ökonomischen, politischen und sozialen Probleme kann der kontinentale Nachbar und Konkurrent Großbritanniens, Frankreich, erst einmal nur träumen. Hier findet sich der monarchisch verfasste Staat der bürgerlichen Gesellschaft dem Unwillen und Widerstand ausgesetzt, den der unter der Ägide seiner Politik des Laissez-faire fortschreitende Kapitalisierungsprozess in der zutiefst widersprüchlichen Gestalt einerseits des eine gesellschaftspolitische Neuordnung der Eigentumsverhältnisse und Regulierung des Arbeitslebens fordernden proletarischen Sozialismus und andererseits des auf eine marktwirtschaftliche Beseitigung der der Verwertung privaten Eigentums und der Ausbeutung von Lohnarbeit hinderlichen Produktionshemmnisse und Handelsbeschränkungen dringenden bürgerlichen Liberalismus erzeugt, ohne dass er über die dem toryistischen Staat dank der maritim-merkantilen Ausrichtung des Landes offen stehende Option verfügte, durch eine imperialistische, sprich, staatlich organisierte beziehungsweise unterstützte Entfaltung alter und Erschließung neuer Märkte in einer zum kolonialen Territorium beziehungsweise zur hegemonialen Sphäre erklärten Welt einem Handelssystem Vorschub zu leisten, das den vom industriellen Verwertungsinteresse diktierten Ansprüchen des bürgerlichen Liberalismus genügt und dadurch, dass es den von jenem Verwertungsinteresse ausgehenden Ausbeutungsdruck verringert beziehungsweise auf die ausländischen und überseeischen Märkte verlagert, dem proletarischen Sozialismus das Wasser abgräbt beziehungsweise seinen ökonomischen und sozialen Forderungen die Spitze abbricht – eine Option, deren Wahrnehmung gleichzeitig auch noch ihm, dem monarchisch verfassten Staat, beziehungsweise der ihn tragenden ständischen Klientel ein neues Betätigungsfeld erschlösse und letzterer im imperialen Rahmen Kompensation für die ihr im eigenen Land aus der Entfesselung des Handels und Förderung der Industrie erwachsenden ökonomischen Einbußen und sozialen Beeinträchtigungen böte.

Von einer solch umfassenden Problemlösungsstrategie ist die konstitutionelle Monarchie und der durch sie repräsentierte Staat Frankreichs weit entfernt. Einerseits angefeindet und bekämpft von einer sozialistischen Bewegung, die unter dem Ausbeutungsdruck der durch seine Laissez-faire-Politik losgelassenen Bourgeoisie ihm und der von ihm gehüteten und verteidigten bürgerlichen Gesellschaft immer unversöhnlicher gegenübersteht und immer kompromissloser die Daseinsberechtigung abspricht, und andererseits geschmäht und befehdet von einer bürgerlichen Front, die immer mehr Anstoß an seinem unwirksamen Krisen- und Konfliktmanagement in Sachen Wahrung der zivilen Verfassung und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung nimmt und immer weniger einsieht, warum sie ihm und seiner ständischen Klientel für seine mangelhafte Amtsführung so hohe, den Staatshaushalt, den sie finanziert, belastende Zuwendungen machen und so beträchtliche, ihrer eigenen industriellen und kommerziellen Entfaltung ganz und gar nicht förderliche, sondern höchstens und nur hinderliche Privilegien einräumen und Schutzmaßnahmen angedeihen lassen soll, findet sich der monarchisch verfasste Staat zunehmend in die Defensive gedrängt beziehungsweise zur Rolle eines Prügelknaben oder Punchingballs im sich zuspitzenden Klassenkonflikt verurteilt, ohne die Möglichkeit zu einem Befreiungsschlag à l'anglaise zu haben, ohne mit anderen Worten das Schicksal in die eigenen Hände nehmen und durch eine imperialistisch-offensive und gleichermaßen dem Kapitalprozess auf die Sprünge helfende und der Lohnarbeit Linderung schaffende Lösung oder jedenfalls Entschärfung des Klassenkonflikts nicht bloß den Kopf aus der Schlinge ziehen, sondern mehr noch sich als führende gesellschaftliche Einrichtung reaffirmieren und als maßgebende geschichtliche Macht neu etablieren zu können.

Ohnmächtig in seiner dilemmatischen Stellung verharrend, muss der monarchisch verfasste Staat das Schicksal seinen Lauf nehmen und die Lösung der durch den Klassenkonflikt verfahrenen Situation der bürgerlichen Gesellschaft selbst beziehungsweise ihren konfligierenden Klassen überlassen. Wie aber sollen diese eine der offensiven Strategie im benachbarten Inselreich vergleichbare Lösung parat haben, da ja der Klassenkonflikt im Prinzip auf eine Auflösung, nicht auf eine Lösung der Situation, sprich, auf eine Entscheidung zwischen proletarischer oder bürgerlicher Machtübernahme, sozialer Revolution oder kapitaler Diktatur zielt, die proletarische Bewegung indes politisch zu wenig gesammelt und militärisch zu schwach und das bürgerliche Lager politisch zu fraktioniert und von zu vielen ideologischen Phantasmen und historischen Blendwerken à la Legitimismus, Bonapartismus, Konstitutionalismus, Republikanismus heimgesucht sind, um eine solche Entscheidung herbeiführen zu können?

Wie so oft in der Geschichte lässt auch hier der Mangel an offensiven Strategien beziehungsweise gangbaren Lösungen die Beteiligten auf einen als regressive Notlösung halbwegs passablen Ausweg verfallen und animiert sie nämlich zum Rückgriff auf das bereits zweifach erprobte Rezept eines von der bürgerlichen Gesellschaft als klassenübergreifend revolutionärer Akt vorgenommenen Regimewechsels. Und wie so häufig unter solchen Umständen liefern den Anstoß zum Rückgriff eher marginale Analogien, äußere situative Ähnlichkeiten mit den Verhältnissen, auf die regrediert wird und die das Verfahrensparadigma bereitstellen – in diesem Fall einerseits die schlechten Ernten und die ökonomische Krise in der zweiten Hälfte der vierziger Jahre, die an den Hunger und die wirtschaftliche Not vor 1789 gemahnen, und andererseits die Unterdrückung der Bewegung für eine Erweiterung des Wahlrechts, die an den Antiparlamentarismus des restaurierten Regimes vor 1830 erinnert. Die beiden reminiszenzträchtigen Auslöser jedenfalls genügen, um das Volk, verstärkt durch die obligaten Mitstreiter aus den Reihen der radikaldemokratischen bürgerlichen Intelligenz, mit stillschweigender Billigung oder ostentativer Epoché der bürgerlichen Klasse auf die Barrikaden gehen zu lassen und den konstitutionellen Monarchen zu stürzen, der, seiner als dilemmatische Situation erkennbaren unhaltbaren Stellung inne, das Feld räumt und zum auf seine unnachahmlich innovative Weise die konstitutionelle Monarchie hochhaltenden britischen Nachbarn flieht.

Wenn die bürgerliche Klasse Frankreichs, ihrem Unmut und Ärger über die politischen Leistungen beziehungsweise Fehlleistungen der konstitutionellen Monarchie, ihrer politischen Sachwalterin, Raum gebend, deren Sturz sei's untätig geschehen lässt, sei's mehr oder minder heimlich gutheißt, sei's gar in Gestalt ihrer radikalen Intelligenz aktiv mitbetreibt, dann deshalb, weil sie ebenfalls dem der Verfahrenheit der Situation geschuldeten Zauber regressiver Analogiebildung erliegt und wähnt, dass so wie bei den vorangegangenen revolutionären Regimewechseln es ihr ein Leichtes sein werde, das politische Heft in die Hand zu bekommen und es, inkommodiert schlimmstenfalls wie beim ersten Mal durch die ideologische Verstiegenheit ihrer prinzipienreiterischen Intelligenz, auch zu behalten. Indes, sie hat die Rechnung ohne den Wirt, die den neuerlichen Regimewechsel als Hauptakteurin mitbetreibende und mittragende sozialistische Bewegung gemacht, hat mit anderen Worten nicht in Rechnung gestellt, dass aufgrund des unter dem Schutz und Schirm der konstitutionellen Monarchie fortgeschrittenen Kapitalisierungsprozesses und des unter dessen Eindruck und vielmehr Druck sich formierenden proletarischen Lagers und artikulierenden sozialistischen Programms die politische Domestikation und Integration des ökonomischen Faktors Lohnarbeit kein Geschäft mehr ist, das sich mittels der bloßen Verkündung beziehungsweise Beschwörung ideologischer Sollbestimmungen nach Art der 1789 hochgehaltenen revolutionären Vergesellschaftungsprinzipien besorgen und erledigen lässt.

Was das proletarische Lager fordert und im Überschwang des wesentlich seinem Engagement geschuldeten Sturzes des monarchischen Staatswesens auch durchsetzt, sind keine ideologisch beschworenen Sollbestimmungen, sondern praktisch veränderte Seinsbedingungen, sind Schritte in Richtung der von ihm zum Programm erklärten Sozialisierung produktiven Eigentums und Kollektivierung gesellschaftlicher Arbeit. Dass es mit der Schaffung von das Recht auf Arbeit zu verwirklichen gedachten Nationalwerkstätten dem sozialistischen Lager gelingt, einen ersten Schritt in diese Richtung zu tun, zeigt der Bourgeoisie samt ihrem mittelständischen Anhang, den Betreibern und Nutznießern des Kapitals, dass ihr mit der politisch organisierten und programmatisch artikulierten sozialistischen Bewegung, die der Kapitalisierungsprozess hervorgetrieben hat, ein Gegenspieler ins Haus steht, der das wirtschaftliche Fundament und die gesellschaftliche Kondition ihrer Existenz, die Ausbeutung von Arbeitskraft durchs Arbeitsmittel, von personalem durch reales Eigentum, die im privaten Lohnarbeitsvertrag kodifizierte Enteignung der wertschaffenden Substanz durch den von ihr geschaffenen Wert, ernsthaft bedroht und grundsätzlich in Frage stellt.

Die ersten Wahlen zum Parlament, die den Republikanern liberalistischer Couleur die Mehrheit bringen, scheinen der Zuversicht der bürgerlichen Klasse, das politische Heft in eigener sozialer Person in der Hand behalten zu können, zwar Recht zu geben, aber der Aufstand, mit dem die Arbeiterschaft auf die Abschaffung der Nationalwerkstätten durch das neue Parlament reagiert, macht ihr klar, welche unabsehbaren Risiken sie eingeht und welchen durch die Dynamik ihrer ökonomischen Substanz, des Kapitals, heraufbeschworenen absehbaren blutigen Konflikten sie entgegensteuert, wenn sie darauf besteht, den monarchisch verfassten Staat durch ein im Sinne der Kapitalinteressen gewichtetes republikanisches, sprich, offen bürgerlich-liberalistisches Regime zu ersetzen. Nach der blutigen Niederknüppelung des Aufstands, die den Klassenwiderspruch nur verschärft, die Spaltung der bürgerlichen Gesellschaft nur vertieft und jede von den Beteiligten aus eigener Kraft und Initiative zu erzielende Beendigung der Konfrontation und Bewältigung des Konflikts in unerreichbare Ferne rückt, ist sie wie auch ein Großteil des niedergeschlagenen Proletariats, von den in beiden Klassen reichlich vertretenen Bonapartisten, den nostalgischen Verklärern des großen Kaiserreichs, ganz zu schweigen, deshalb bereit zu einer weiteren und quasi der historischen Logik folgenden Regression, dem Rückgriff auf die diktatorische Lösung, die die erste Republik für ihre durch die Direktoriumsherrschaft zugespitzten ökonomischen und sozialen Probleme fand.

Offeriert und geradezu penetrant aufgedrängt wird ihr diese Lösung durch einen Neffen Napoleons, der, den Marschallstab seines großen Verwandten im Tornister tragend und sich berufen fühlend, in dessen Fußstapfen zu treten, schon geraume Zeit in den Kulissen geistert und mehrfache erfolglose Versuche hinter sich hat, die Macht im Staat zu übernehmen. Ihn kürt nun die angesichts ihrer unüberbrückbaren Gegensätze und unversöhnlichen Frontstellungen regressiv gestimmte neue Republik per Plebiszit zum Staatspräsidenten und erhofft sich von ihm eben die in der Beendigung des Klassenkampfs, der Überwindung des Lagerdenkens, der Sicherung eines relativen Wohlstands für alle und der Befriedigung des Nationalstolzes bestehenden Leistungen, die sie mit dem Namen des großen kleinen Mannes verbindet und auf den mit seinem Erbanspruch hausieren gehenden Epigonen projiziert. Dabei liegt es in der Konsequenz dieser Projektion, dass sich die Republik mit dem Resultat ihrer Selbstauflösung dem Ermächtigungsstreben ihres neuen Oberhaupts fügt und relativ widerstandslos hinnimmt, dass er sie schon bald nach seinem Amtsantritt per Staatsstreich liquidiert und auf der Basis einer der seines großen Vorbilds nachgebildeten antikisierend-senatorischen Verfassung sich unter dem Herrschernamen Napoleon III. zum Kaiser auf Lebenszeit ausrufen und durch Plebiszit bestätigen lässt.

Ein Programm im eigentlichen Sinne bringt diese persona ihres Onkels, dieser Napoleon aus der Maske, nicht mit – nur eben den entsprechend personal gefärbten Anspruch, dem französischen Volk die gleiche Geschlossenheit, Zielstrebigkeit, Versorgungssicherheit und Macht zu vindizieren, wie das – zumal im verklärenden Rückblick – sein Vorgänger tat. Dass er dies indes nicht mehr auf die gleiche Weise wie jener ins Werk zu setzen vermag, nämlich kraft einer Streitmacht, die Produkt des vorangegangenen, mittels Militarisierung auf die Quadratur des Kreises, den Ausgleich kapitaler Profitinteressen und sozialer Subsistenzansprüche, zielenden republikanischen Systems ist und die er, der Feldherr, der sich in der Handhabung dieses um des lieben inneren Friedens willen geschaffenen hypertrophen Instruments versteht, nun verwendet, um eine an den Imperialismus des Römischen Reichs gemahnende und zu Lasten der kontinentalen Nachbarn gehende Strategie der territorialen Okkupationen, martialen Konfiskationen und fiskalen Reparationen zu betreiben – dass der neue Napoleon also seine dem französischen Volk gegebenen maskenhaft-leeren Versprechungen nicht mehr auf die gleiche Weise wie der alte, sprich, kraft eines militärisch vorgetragenen hegemonistischen Staatsimperialismus, mit Inhalt erfüllen und einlösen kann, liegt angesichts der veränderten Machtverhältnisse in Europa und der vergleichsweise reduzierten Stellung, die der vormalige Hegemon Frankreich in der neuen Konstellation einnimmt, auf der Hand.

Dass seine programmlos personalen Beschwörungen dennoch nicht zu schlechthin hohlen Versprechungen geraten, ist dem mittlerweile in der unmittelbaren Nachbarschaft Raum greifenden Phänomen jener anderen und moderneren Art von ausgreifender Hegemonialherrschaft, sprich, dem beschriebenen militärisch getragenen expansionistischen Wirtschaftsimperialismus des britischen Inselreichs geschuldet, an dem sich zu orientieren und den sich in der Tat zum Vorbild zu nehmen, dieser um ein spezifisches Programm beziehungsweise einen objektiven Auftrag verlegene Mime klug genug ist. Sowohl dadurch, dass er es Großbritannien nachtut und sich – vornehmlich in Afrika und Asien – auf die Eroberung überseeischer Besitzungen verlegt, als auch dadurch, dass er sich mit Großbritannien zusammentut, um seinem Land, wie im Falle des Krimkriegs und der Kolonialisierung Chinas, mit militärischer Gewalt wirtschaftliche beziehungsweise marktwirtschaftliche Einflusssphären und Entfaltungsräume zu erschließen, heftet er sich an die Fersen des insularen Nachbarn und sucht durch den ökonomischen Gewinn, den eine imperialistische Expansion verheißt, den Kopf aus der dilemmatischen Schlinge des sich per Kapitalisierungsprozess zuspitzenden Klassenkonflikts zu ziehen und nämlich in einem Aufwasch den Kapitalbetreibern neue beziehungsweise erweiterte industrielle Verwertungsmöglichkeiten in genere und kommerzielle Absatzchancen in specie zu bieten und den für das Kapital Arbeitenden Entlastung vom Los ihrer Ausbeutung und ein Minimum an gesetzlicher Protektion und sozialer Sicherheit zu verschaffen.

Freilich beweist bei dieser Strategie einer wirtschaftsimperialistischen Expansion, eines auf die Erschließung ausländischer Absatzmärkte und den Zugang zu kolonialen Produktionsressourcen gerichteten staatlich initiierten und organisierten Hilfsprogramms für die heimische Wirtschaft, das kontinentale Kaiserreich weniger Effektivität und erzielt mit ihr einen entsprechend geringeren Erfolg als das insulare Imperium. Schließlich geht letzteres einen bereits gründlich gebahnten Weg, sprich, kann auf der maritim-merkantilen Entwicklung aufbauen, die es bereits gut zwei Jahrhunderte lang verfolgt und die gleichermaßen seinem Handel zu einer die Weltmeere beherrschenden Stellung verholfen und seiner Industrie jene verfahrens- und maschinentechnische Avanciertheit, jene Dynamik und Produktivität vindiziert hat, die dem Land die imperialistische Wendung geradezu diktieren, es nicht weniger zwingen als ermächtigen, nicht weniger antreiben als instand setzen, sich die weltweite Eroberung beziehungsweise Erschließung der für die ständige Erhaltung und weitere Entfaltung dieser seiner Industrie nötigen Absatzmärkte und Produktionsressourcen zur vordringlichen staatlichen Aufgabe zu machen.

Die auf das kontinentale Europa fixierte Territorialmacht Frankreich hingegen, deren Hauptaugenmerk seit Jahrhunderten ihrer politischen Vormachtstellung auf dem Kontinent und den Gebietsansprüchen beziehungsweise Geländegewinnen gilt, die sie im Rahmen dieser ihrer Vormachtstellung erhebt beziehungsweise erstrebt, unternimmt zwar in der neuzeitlichen Vergangenheit ebenfalls wiederholt Vorstöße in die vom insularen Nachbarn eingeschlagene Richtung, indem sie von Staats wegen den Aufbau einer Flotte und den Erwerb überseeischer Territorien und kolonialer Besitzungen betreibt, lässt es aber hierbei an Konsequenz, an strategischer Entschiedenheit beziehungsweise intentionaler Beharrlichkeit fehlen, teils weil ihre kontinentalen Interessen und Engagements sie immer wieder von ihrem maritimen Vorhaben ablenken, teils und vor allem weil es sich dabei nur um vom Staat, von der absolutistischen Herrschaft introduzierte und nicht vom Markt, vom kapitalistischen System initiierte, nur merkantilistisch motivierte und nicht merkantil fundierte Unternehmungen handelt, die bis auf Weiteres ausschließlich zu Lasten des Landesetats gehen und deren schließliche Rentabilität auch und nicht zuletzt für die sie finanzierende Staatskasse so ungewiss ist und in so ferner Zukunft liegt, dass sie sich für jede staatshaushälterische Kosten-Nutzen-Rechnung, für jeden verantwortlich handelnden Fiskus eigentlich verbieten und es, um sie bis an jenes ebenso ungewisse wie ferne Ende ihrer Rentabilität zu verfolgen beziehungsweise voranzutreiben, in der Tat einer den Mangel an objektiv-ökonomischer Antriebskraft kompensierenden und über das subjektive Motiv einer individuellen herrschaftlichen Marotte weit hinausgehenden, generationenübergreifend strategischen fixen Idee oder politischen Obsession bedürfte.

Das also ist das Handikap des in den imperialistischen Fußstapfen des britischen Vorbilds wandelnden napoleonischen Regimes, dass es nicht an einen Vorlauf nach Art des maritim-merkantilen Sonderwegs, den lange zuvor der insulare Nachbar eingeschlagen hat, bruchlos anknüpfen, nicht auf einer solchen erfolgreichen handelsgesellschaftlich-kolonialistischen Vorgeschichte aufbauen kann, sondern, um die imperialistische Wendung vollziehen und der Nation als ebenso kapitalen Imperativ wie populären Optativ insinuieren zu können, ein viel größeres staatliches Engagement beweisen und viel umfänglichere finanzielle Vorleistungen erbringen, viel massiveren bürokratischen und militärischen Aufwand betreiben, viel systematischere ideologische Überzeugungsarbeit leisten und journalistische Propagandatätigkeit entfalten muss. Statt sich wie der toryistische Staat Großbritanniens von den industriekapitalistischen Interessen und den sozialreformerischen Forderungen der Klassengesellschaft quasi zum imperialistischen Ausweg nötigen und treiben lassen zu können, muss der imperatorische Staat Frankreichs den gesellschaftlichen Klassen diesen Ausweg als ihren Interessen Vorschub leistende beziehungsweise Rechnung tragende Patentlösung aufwendig nahe bringen und umständlich vorführen; statt der bürgerlichen Gesellschaft einfach nur bei der von ihr gewünschten und anberaumten Jagd als Wildhüter und Treiber zu Willen und zu Diensten sein zu können, muss er sie vielmehr zum Jagen tragen, sie mit militaristischer Gewalt und propagandistischer List ins Jagdrevier entführen.

Nicht dass die staatlich nicht bloß projektierte, sondern mehr noch dekretierte und so die alte Differenz zwischen dem empiristisch-merkantilen Weg des Nachbarn und der absolutistisch-merkantilistischen Methode des eigenen Landes noch einmal reproduzierende imperialistische Wendung des neuen Kaiserreichs sich als ebenso verlorene Liebesmüh, als ebenso ephemer und wirkungslos erwiese wie die vom Ancien Régime unternommenen Schritte in Richtung einer maritimen Präsenz und überseeischen Expansion! Schließlich ist, anders als zur damaligen Zeit, aufgrund der mittlerweile stattgehabten industriekapitalistischen Entwicklung der, sowohl was die Verwertungsansprüche des Kapitals als auch was die Entlastungsbedürfnisse der vom Kapital ausgebeuteten Lohnarbeit angeht, einen Ausweg fordernde gesellschaftliche Druck durchaus vorhanden, und auch wenn hier anders als beim Nachbarn das Kapital nicht selbst bereits Vorarbeit geleistet und das Szenarium für den Ausweg ins Werk gesetzt hat und es vielmehr dem Staat überlassen bleibt, durch die eigenmächtige Schaffung beziehungsweise Etablierung des Szenariums dem Kapital den Ausweg nahe zu bringen und die für seine Nutzung nötige Disposition zu vindizieren, nimmt letzteres eben wegen jenes von ihm erzeugten gesellschaftlichen Drucks, unter dem es steht, das Angebot doch mehr oder minder dankend an und sorgt dafür, dass das vom Staat gestellte Szenarium keine bloße Kulisse, kein Potemkinsches Dorf bleibt und sich halbwegs mit kapitalem Leben und kommerzieller Aktivität füllt, dass mit anderen Worten von der imperialistischen Strategie des Regimes wirtschaftsfördernde beziehungsweise gesellschaftsbelebende Impulse ausgehen, dass, während das Kapital die ihm draußen eröffneten neuen Märkte und Investitionschancen nutzt, das lohnarbeitende Volk aus der Entschärfung der industriellen Kostenkalkulation und aus der Möglichkeit, sich in den überseeischen Territorien anzusiedeln, Entlastung zieht und schließlich auch die ständischen Gruppen im kolonialen Militär- und Verwaltungsdienst eine neue Okkupation und Erwerbsquelle finden.

Dennoch fällt das Verhältnis zwischen den staatlichen Aufwendungen für die Implementierung der imperialistischen Strategie und dem gesellschaftlichen Gewinn, den letztere bringt, beziehungsweise der aus diesem Gewinn dem Staat erwachsenden fiskalischen Kompensation erheblich ungünstiger und unberechenbarer aus als beim insularen Nachbarn, so dass sich aus Sicht eines streng ökonomischen Kosten-Nutzen-Kalküls die imperialistische Wendung des zweiten Kaiserreichs als eine arge Belastung des Etats, eine die Staatsfinanzen gefährlich strapazierende Hypothek erweist.

Erschwerend hinzu kommt aber noch – und das bringt durch die relative Künstlichkeit oder, wenn man so will, die Kopflastigkeit dieser imperialistischen Wendung ohnehin strapazierte Kosten-Nutzen-Kalkül vollends aus dem Lot –, dass der regressive Charakter des neunapoleonischen Regimes, seine historische Maskerade, ihm neben oder vielmehr zusätzlich zu der in die Kolonialwelt ausgreifenden wirtschaftsimperialistischen Orientierung, die er in Anlehnung an das Vorbild des britischen Nachbarn adoptiert, auch noch den Zwang vindiziert, die auf den europäischen Kontinent konzentrierte Machtpolitik von dazumal, den Staatsimperialismus des ersten Kaiserreichs zu imitieren, wobei, da es dem neuen Kaiserreich gleichermaßen an der dem umstürzlerischen Elan der Revolution entspringenden militärischen Durchschlagskraft und der dem sozialpolitischen Militarismus der Republik geschuldeten Hochrüstung mangelt, auf die das alte sich stützt, die Imitation sich ihrerseits noch einmal in die Regression getrieben findet und eher ein Zerrbild der hegemonialen Einmischungspolitik des Ancien Régime als ein Konterfei der Aufmischungsstrategie der nachrevolutionären Militärmaschinerie des ersten Napoleon liefert.

Zwar wirken auch diese den außereuropäischen wirtschaftsimperialistischen Unternehmungen parallelen innereuropäischen staatsimperialistischen beziehungsweise hegemonialpolitischen Anstrengungen des zweiten Kaiserreichs anfangs – man denke an die französische Parteinahme im italienischen Einigungskrieg und die daraus resultierenden territorialen Gewinne – durchaus erfolg- und ertragreich, tatsächlich aber überfordern sie finanziell und militärisch die Kräfte des Staatswesens und treiben es in – die machtpolitischen Konkurrenzverhältnisse auf dem Kontinent kaschierende oder vielmehr platzhalterisch repräsentierende – dynastische Konfrontationen und Verstrickungen, deren Folge militärische Abenteuer wie die der Konkurrenz zur neuen Großmacht Preußen und dem Versuch, dem Einfluss der letzteren durch Annäherung an die Habsburger Monarchie entgegenzuwirken, geschuldete mexikanische Expedition sind, Abenteuer, die das Regime nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch und vor allem, was ihre Autorität und Geltung betrifft, teuer zu stehen kommen und es, die auf militärische Erfolge und nationalistische Triumphe an allen Fronten abonnierte Marionette ihrer eigenen Doppelmaske, ebenso viel innenpolitischen Kredit wie außenpolitisches Ansehen kosten.

Ein solches hegemonialpolitisch motiviertes Abenteuer, das das Regime in die als spanischer Thronfolgestreit dynastisch verbrämte direkte Konfrontation mit dem Konkurrenten im Osten, der neuen Großmacht Preußen, treibt, ist es am Ende auch, mit dem das zweite Kaiserreich sich überhebt und das ihm als solchem den Garaus macht. Aus dem verlorenen Krieg geht das französische Staatswesen als 3. Republik ebenso geläutert wie geschwächt hervor. Geläutert, weil es sich ein für alle Mal aller regressiv-hegemonialpolitischen Aspirationen begibt und sich – in diesem Punkte durchaus politische Kontinuität wahrend und den Hauptstrang der strategischen Ausrichtung des Kaiserreichs fortsetzend – fortan ganz und gar auf das wirtschaftsimperialistische Geschäft konzentriert. Geschwächt, weil die kostspielige Macht- und Prestigepolitik des gewesenen Kaiserreichs und die beträchtlichen Reparationsgelder und Gebietsabtretungen, mit denen das Land den verlorenen Krieg bezahlen muss, den Staatshaushalt schwer belasten – mit dem Resultat, dass die Republik wenig tut, um durch industriepolitische, arbeitsrechtliche und sozialreformerische Maßnahmen den vom Kaiserreich und seinem nur mit Maßen erfolgreichen Wirtschaftsimperialismus ohnehin eher ideologisch-suggestiv überspielten, als praktisch-effektiv gelösten Klassenkonflikt zu entschärfen oder gar zu bewältigen, einen Konflikt, den ihr zwar in der akuten Gestalt der Pariser Kommune, die er in Reaktion auf die militärische Niederlage annimmt, mit Gewalt zu unterdrücken gelingt, der aber fortschwelt und für den sie, die eher mit dem Interessenausgleich und der Machtverteilung innerhalb des sie tragenden Konsortiums aus Gruppen republikanischer Konfession, bourgeoiser Dependenz, ständischer Provenienz und bonapartistischer Insistenz befasst als zu einer klaren Konzentration auf die wirtschaftsimperialistische Linie in der Lage ist (zumal diese Linie sie in zunehmende Konkurrenz und in der Tat Kollision mit dem britischen Nachbarn bringt), vorerst keine Abhilfe weiß und kein Rezept parat hat.

Im ebenso ökonomisch rückständigen wie politisch zersplitterten mitteleuropäischen Raum haben die durch den Konkurrenzdruck der westlichen Industriestaaten diktierten und im Deutschen Zollverein Ausdruck findenden Bemühungen um die Schaffung eines einheitlichen Wirtschaftsraums und funktionierenden Marktsystems eine bürgerliche Gesellschaft hervorgetrieben, deren Rückständigkeit daraus ersichtlich wird, dass sie just zu der Zeit, da die westlichen Nachbarn die konstitutionelle Monarchie ad acta legen und eine imperialistische Wendung vollziehen, ein konstitutionell monarchisches System als politische Bedingung für bürgerliche Liberalität und Partizipation fordert. Da aber in der Kleinstaaterei Mitteleuropas der Adressat für diese Forderung fehlt, artikuliert sich der verspätet auf die konstitutionelle Monarchie setzende Liberalismus des deutschen Bürgertums wesentlich als Nationalliberalismus, das heißt, als ein Projekt, das das Verlangen nach gesellschaftlicher Freiheit mittels zentralstaatlicher Macht als Forderung nach einem machtvollen Zentralstaat zwecks gesellschaftlicher Freiheit interpretiert. Dieses Projekt, das sich im Windschatten der Umwälzungen bei den Nachbarn als Deutsche Nationalversammlung institutionalisiert, ist angesichts der Tatsache, dass es ausgerechnet vom Deutschen Bund, dem politischen Gremium, dessen einziger Sinn und Zweck die Verhinderung eines solchen konstitutionellen Zentralstaats ist, akzeptiert beziehungsweise sanktioniert werden müsste, von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Dass der preußische Staat mit der von ihm angeführten Koalition des Deutschen Bundes so relativ rasch und mühelos über den Nachbarn triumphiert, verdankt er der militärischen Stärkung und politischen Ermächtigung, die den dem Krieg vorangehenden zwei Jahrzehnten geschuldet und Konsequenz einer, wenn man so will, ebenfalls imperialistischen Wendung sind – freilich einer imperialistischen Wendung wesentlich anderer Art als der zuerst vom britischen Inselreich vorgenommenen und ein Jahrzehnt später vom französischen Kaiserreich nachvollzogenen.

Wie bereits thematisiert, kann sich die preußische Monarchie ebenso wie die der beiden anderen großen Flächenstaaten im Osten, des Habsburger Reichs und Russlands, dank der ökonomischen Unentwickeltheit und der dementsprechend rückständigen Sozialstruktur ihrer Territorien dem durch die Julirevolution auf die europäische Tagesordnung gesetzten Konstitutionalismus weitgehend entziehen und ihre absolutistische Herrschaft erst einmal ohne große Abstriche fortsetzen beziehungsweise im Verein mit dem Habsburgerreich mittels des als restauratives Repressionsinstrument gegründeten Deutschen Bundes dafür sorgen, dass die konstitutionellen Regierungsformen im westlichen Mitteleuropa, wo sie sich aus Zeiten der französischen Okkupation beziehungsweise Vorherrschaft erhalten oder nach deren Ende sogar aus eigener Dynamik neu etabliert haben, weder auf preußische Hoheitsgebiete übergreifen noch sich frei zu der Julimonarchie vergleichbaren politischen Repräsentationssystemen entfalten können.

Und wie gleichfalls bereits erörtert, schließen aber politische Repression und Kontinuität absolutistischer Herrschaft ökonomische Liberalisierung und Förderung kapitalistischen Unternehmertums keineswegs aus. Unter dem Eindruck und Druck der prosperierenden Mächte im Westen, deren technische und militärische Überlegenheit sich augenscheinlich der Produktivkraft und kommerziellen Initiative einer auf industriekapitalistischer Grundlage prozedierenden bürgerlichen Gesellschaft verdankt, findet sich der preußische Staat genötigt, durch Strukturformen auf den Gebieten der Agrarwirtschaft, des kommunalen Lebens, der Militärorganisation und des Bildungswesens der Entstehung beziehungsweise Entfaltung einer hier nur erst rudimentär beziehungsweise in retardierter Form vorhandenen bürgerlichen Gesellschaft auf industriekapitalistischer Grundlage den Boden zu bereiten und Vorschub zu leisten. Nur so kann er hoffen, im Konzert der avancierten Großmächte mitzuspielen, und vermeiden, früher oder später als Spielball oder Streitmasse der hegemonialherrschaftlichen Umtriebe jener Großmächte oder in halbkolonialer Abhängigkeit von der einen oder anderen von ihnen zu enden.

Dabei zeigt sich freilich rasch, dass es unter den besonderen Bedingungen der als Erbe des Dreißigjährigen Krieges fortdauernden mitteleuropäischen Kleinstaaterei mit einer auf das preußische Staatsgebiet beschränkten Unterstützung der bürgerlichen Gesellschaft und Förderung ihres kommerziellen und industriellen Treibens auf keinen Fall getan ist. Zu buntscheckig ist das Territorialgeflecht in Mitteleuropa, zu zahlreich sind die politischen Grenzen und staatlichen Demarkationslinien, zu verstreut und in das Geflecht verstrickt sind auch die preußischen Territorien und Besitzungen selbst, als dass unter diesen chaotischen Umständen die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche industriekapitalistische Entwicklung beziehungsweise für ein deren A und O bildendes funktionierendes Marktsystem, nämlich ein verwaltungstechnisch, finanzpolitisch und zivilrechtlich einheitlicher oder jedenfalls ohne große Brüche und Hemmschwellen zusammenhängender Wirtschaftsraum, gegeben sein kann und nicht vielmehr durch die Mannigfaltigkeit der gewerbe- und arbeitsrechtlichen Konditionen, die Vielgestaltigkeit der fiskal-, steuer- und zollpolitischen Bestimmungen, die Diversität der bürokratischen Kontroll- und Genehmigungsprozeduren, die Vielfalt der ständischen und zünftigen Privilegien und Monopole vereitelt und ad absurdum geführt wird.

Will der absolutistische Staat Preußens seinem Großmachtanspruch gerecht werden und der für dessen Einlösung erforderlichen industriekapitalistisch verfassten bürgerlichen Gesellschaft auf die Beine helfen, so muss er von sich aus initiativ werden und mit aller ihm verfügbaren Macht darauf dringen, dass erst einmal zumindest jener das A und O aller industriekapitalistischen Entwicklung bildende frei funktionierende Markt wirtschaftsräumlich generelle Geltung erlangt und eine die mitteleuropäischen Territorien übergreifende Wirksamkeit entfalten kann. Ergebnis dieser Bemühungen um einen den einheitlichen Wirtschaftsraum inhaltlich definierenden, wenn auch beileibe noch nicht in aller bürokratischen Form artikulierenden hoheitsgebietsübergreifend integrierten Markt ist der aus Vorformen in Gestalt von bi- und multilateralen Handelsabkommen hervorgehende Deutsche Zollverein, ein politischer Rahmen für eine Art von Freihandelszone, die bereits große Teile des späteren, der so genannten kleindeutschen Lösung entsprechenden Reichsgebiets umfasst. Im Nachhinein der Julirevolution in Frankreich gegründet, lässt sich der wesentlich preußischer Initiative geschuldete Deutsche Zollverein als eine Ersatzhandlung verstehen, mit der die absolutistische Herrschaft der bürgerlichen Gesellschaft zwar nicht die politische Konzession einer konstitutionellen Monarchie (die setzte ja die bürgerliche Klasse als kapitalen Machtfaktor voraus und wäre demzufolge auch gar nicht als Konzession, sondern nur als Kapitulation der Herrschaft denkbar), wohl aber die ökonomische Avance einer konstitutiven Institution macht, die der bürgerlichen Klasse dabei helfen soll, sich zu einem kapitalen Machtfaktor überhaupt erst zu entwickeln.

Auch wenn aus dem im vorigen Kapitel genannten Grund der aus Angst vor der eigenen wirtschaftspolitischen Courage von der absolutistischen Herrschaft verhängten gesellschaftspolitischen Restriktionen und ausgeübten kontrollsystematischen Repressionen die zur Beförderung bürgerlicher Geschäftigkeit im Allgemeinen und des Kapitalisierungsprozesses im Besonderen von Staats wegen eingeführten Reformen und Institutionen nur langsam Wirkung zeitigen und kaum geeignet sind, den Entwicklungsabstand zu den westlichen Konkurrenten zu verringern, ist doch die bürgerliche Gesellschaft in Mitteleuropa bis zur Jahrhundertmitte avanciert genug, um sich von dem Showdown, der in Frankreich das Ende der konstitutionellen Monarchie besiegelt und dort in der beschriebenen imperialistischen Wendung resultiert, anstecken und zu einer parallelen Erhebung motivieren zu lassen. Allerdings beschränkt sich die Parallele auf die Tatsache der Erhebung als solcher, während dem motivationalen Inhalt nach die beiden Ereignisse sich nach Maßgabe der Ungleichzeitigkeit in der gesellschaftlichen Entwicklung Frankreichs und Deutschlands markant unterscheiden.

In Frankreich richtet sich die Erhebung, deren aktive oder passive Trägerin die gesamte bürgerliche Gesellschaft ist, gegen die dreißig Jahre zuvor durchgesetzte konstitutionelle Monarchie, die weder dem unter ihrem Laissez-faire-Regime fortgeschrittenen Kapitalisierungsprozess, der sie nurmehr als finanzielle Belastung und ständische Beschränkung erfährt, neue Entwicklungsperspektiven zu eröffnen beziehungsweise Entfaltungsräume zu weisen versteht noch dem nach Maßgabe dieses Fortschritts des Kapitalisierungsprozesses sich zuspitzenden Klassenkonflikt und Streit der fraktionellen Interessengruppen Einhalt zu gebieten und die den Zusammenhalt der bürgerlichen Gesellschaft bedrohende Schärfe und Sprengkraft zu nehmen vermag. In den deutschen Staaten hingegen handelt es sich im Wesentlichen um eine Erhebung der dank der wirtschaftspolitischen Förderung, die ihr die mehr oder minder absolutistischen Regime nolens volens haben angedeihen lassen, erstarkten bürgerlichen Klasse, die unter dem Banner des Liberalismus eben jenen ökonomischen Freibrief und eben jene politische Machtstellung fordert, die ihr französisches Pendant bereits drei Jahrzehnte zuvor in der Julirevolution errungen hat.

Das wesentliche Problem aber, dem sich hier die bürgerliche Klasse mit ihrer entwicklungsbedingt verspäteten Forderung nach ökonomischer Liberalität und politischer Macht konfrontiert sieht, ist das historische Faktum, dass es für diese Forderung keinen gesellschaftlichen Adressaten beziehungsweise für ihre Durchsetzung keine politische Einrichtung gibt. Eine absolutistisch-zentralstaatliche Monarchie, die sich wie in Frankreich kurzerhand in eine bürgerlich-konstitutionelle umwandeln und von der bürgerlichen Gesellschaft vereinnahmen ließe, gibt es in Mitteleuropa beziehungsweise auf deutschsprachigem Boden nicht. Oder vielmehr gibt es sie, aber es gibt sie in solcher Vielzahl und Diversität, in Gestalt so zahlreicher, nach ökonomischem Entwicklungsstand, territorialer Größe, sozialem Gewicht und politischer Verfassung verschiedener Einzelstaaten, dass sie sich in dieser ihrer Pluralität und Buntscheckigkeit schlechterdings nicht nach dem Vorbild der Julirevolution von der bürgerlichen Gesellschaft vereinnahmen und nach deren Maßgabe funktionalisieren lässt.

Der markante Mangel an staatlicher Einheit, den der entsprechend heterogene und verwaltungstechnisch, finanzpolitisch und zivilrechtlich disparate Wirtschaftsraum des Mitteleuropas deutscher Sprache aufweist, ist es, was den politischen Liberalismus der dank der ökonomischen Förderung, die ihr die mehr oder minder absolutistischen Regime nolens volens zuteil werden lassen, erstarkten bürgerlichen Klasse quasi dazu verurteilt, von Anbeginn an als Nationalliberalismus zu firmieren, sprich, das Verlangen nach gesellschaftlicher Freiheit mittels zentralstaatlicher Macht als Forderung nach einem machtvollen Zentralstaat zwecks gesellschaftlicher Freiheit auszulegen und zu artikulieren. Dieser den Wirtschaftsraum umfassende machtvolle Zentralstaat ist in Großbritannien und in Frankreich bereits gegeben, weshalb sich dort die bürgerliche Klasse darauf beschränken kann, im Strukturrahmen beziehungsweise im Funktionszusammenhang dieses gegebenen Zentralstaats der geforderten gesellschaftlichen Freiheit sei's parlamentarisch-republikanische, sei's konstitutionell-monarchische Geltung zu verschaffen. In der deutschen Kleinstaaterei hingegen hängt gesellschaftliche Freiheit, die Ermächtigung der bürgerlichen Klasse, davon ab, dass überhaupt erst jener den Wirtschaftsraum umfassende Zentralstaat, in dem sich das Geforderte zur Geltung bringen lässt, vorhanden ist und in Erscheinung tritt – und eben dies Desiderat, diese Notwendigkeit erklärt den Nationalismus, in dessen als Alterego figurierender Gestalt, um nicht zu sagen, als zweite Haut angelegter Rüstung der deutsche Liberalismus von Anfang an auftritt.

Nicht, dass nicht auch im Inselreich und in der Grande Nation das die Einheit des Wirtschaftsraums zum sozialen Fetisch erhebende Nationalbewusstsein ein wichtiges und seit dem Ende des achtzehnten Jahrhunderts in der Tat unentbehrliches ideologisches Instrument wäre! Aber während es dort ein bloßes Korollar und Hilfsinstrument des bürgerlichen Liberalismus darstellt, bildet es im deutschen Staatenbund ein Konstitutiv und katalytisches Ferment eben dieses bürgerlichen Liberalismus. Während mit anderen Worten der Nationalismus, das Bewusstsein von der geschichtlich-kulturverbundenen Gesellschaft als einer vielmehr naturgegeben-ursprünglichen Gemeinschaft, in Frankreich dazu dient, für die Geschlossenheit der bürgerlichen Klassengesellschaft im liberalistischen Kampf der bürgerlichen Klasse um die parlamentarisch-republikanische Abschaffung beziehungsweise konstitutionell-monarchische Umwandlung des absolutistischen Staatswesens zu sorgen, und während in Großbritannien der Nationalismus dazu taugt, die bürgerliche Klassengesellschaft auf den als splendid isolation apostrophierten maritim-merkantilen Sonderweg zu vereidigen, auf dem der Liberalismus der bürgerlichen Klasse die früh schon in eine konstitutionelle Monarchie transformierte und als solche zu einem Fahnenträger des Kapitalprozesses, einer Galionsfigur des Commonwealth, instrumentalisierte absolutistische Herrschaft führt, währenddessen übernimmt im staatlich-politisch zersplitterten Wirtschaftsraum Mitteleuropas der Nationalismus die Funktion, gegen die staatliche Zersplitterung und politische Buntscheckigkeit jene Einheit der staatlichen Ordnung und politischen Verfassung zu beschwören, die Voraussetzung dafür ist, dass der Liberalismus der bürgerlichen Klasse überhaupt in Kraft und Wirkung treten, sprich, sich als politisches Grundsatzprogramm zur Geltung und als verbindlich-staatliche Strategie zum Tragen bringen kann.

An sich läge es für die bürgerliche Klasse, um die Beschwörung in eine Handlung, die magische Prätention in eine taktische Aktion zu überführen, nahe, das ihrem Liberalismus zum Wirksam- oder vielmehr Wirklichwerden Fehlende, eben die per Nationalismus beschworene einheitlich staatliche Ordnung und politische Verfassung, per bürgerliche Revolution herbeizuführen, will heißen, mittels der gewaltsamen Beseitigung und ersatzlosen Streichung der der Einheit im Wege stehenden zahlreichen mehr oder minder souveränen Staaten und ihrer mehr oder minder absolutistischen Regime und deren Ersetzung durch eine einzige parlamentarische Republik. Indes, an eine solche, dem Procedere der ersten französischen Revolution nachgebildete und wegen der Notwendigkeit, zuerst und vor allem dem Archaismus einer – jetzt nicht zwar mehr durch Selbstherrlichkeit und Verschwendungssucht, wohl aber durch ihre monadische Pluralität und ihre territoriale Sperrigkeit inakzeptablen – absolutistischen Herrschaft ein Ende zu machen, gebotene Lösung ist schlechterdings nicht zu denken.

Zum einen scheitert eine republikanische Realisierung der nationalistischen Prätention daran, dass es der nationalliberalen bürgerlichen Klasse an einem bewaffneten Arm popularer beziehungsweise proletarischer Provenienz mangelt, weil die dezentrale, kleinstaaterisch-regionalistische Struktur der Territorien deutscher Sprache zwar nicht hat verhindern können, dass im Zuge der wie auch immer verspäteten beziehungsweise verlangsamten kapitalprozessualen Entwicklung auch hier eine urbane lohnarbeitende und nach Maßgabe ihrer ökonomischen Not und ihres sozialen Elends unzufriedene Volksmasse entsteht, wohl aber verhindert hat, dass diese Volksmasse eine der metropolitanen Homogenität und klassenbewussten Solidarität der Volksmassen in den zentralstaatlichen Ballungszentren Englands und Frankreichs vergleichbare Beschaffenheit ausbildet – eine Beschaffenheit, die die Lohnarbeiterschaft in London oder Manchester, Paris oder Lyon von Anfang der industriekapitalistischen Entwicklung an zu einer treibenden Kraft und in der Tat zu einem entscheidenden Faktor aller von der bürgerlichen Klasse geführten revolutionären Kampagnen beziehungsweise betriebenen Reformprogramme werden lässt.

Hinzu kommt, dass es der bürgerlichen Klasse in Deutschland in erheblichem Umfang an jenen radikaldemokratisch-republikanischen gesinnten Intellektuellen mangelt, die, angefangen vom französischen Jakobinismus bis hin zum britischen Chartismus, im Zeitgeber der bürgerlichen Klasse die Unruhe verkörpern und eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, jene zu programmatischen Forderungen und politischen Handlungen zu verführen, die über das nach Maßgabe ihrer ökonomischen Interessen Erforderliche hinausgehen, und die dadurch aber historische Entwicklungen beziehungsweise Entscheidungen herbeiführen oder befördern, die der bürgerlichen Gesellschaft eine Art von Subjektcharakter, so etwas wie die apperzeptionelle Einheit einer handelnden Person verleihen beziehungsweise erhalten und sie davor bewahren, zum reinen Spielball und willenlosen Objekt der sie beherrschenden dissoziativen Ökonomie und einer durch diese Ökonomie geforderten Politikabstinenz um jeden Preis zu werden – ganz abgesehen von dem wesentlichen Beitrag, den ein kleiner Teil der bürgerlichen Intellektuellen bei der programmatischen Formierung und politischen Orientierung der durch die Ökonomie zunehmend dissoziierten anderen Hälfte der bürgerlichen Gesellschaft, der proletarischen Klasse, zu einer eben jenen Subjektcharakter für sich in Anspruch nehmenden und die bürgerliche Klasse als für die apperzeptionelle Einheit der Gesellschaft überhaupt entbehrlich deklarierenden sozialistischen Bewegung leistet.

Nicht, dass nicht auch in Deutschland solche radikaldemokratisch-republikanisch gestimmten bürgerlichen Intellektuellen von Haus aus vorhanden wären! Aber die politischen Repressionen und Restriktionen, denen in kompensatorischer Reaktion auf ihre eigenen notgedrungenen ökonomischen Liberalisierungsbemühungen die dortigen mehr oder minder absolutistischen Regime die Öffentlichkeitsarbeit und publizistische Aktivität der Intellektuellen unterwerfen, treiben viele von ihnen in die Flucht und ins Exil und bewirken im Laufe gut dreier Jahrzehnte einen Aderlass, der in einer markanten Schwächung des in der bürgerlichen Klasse vorhandenen republikanischen Elements resultiert.

Drittens und vor allem aber steht einer republikanischen Wahrnehmung der nationalistischen Option die dem nachzüglerischen Verlauf des Kapitalprozesses in Deutschland geschuldete historische Verspätung des deutschen Liberalismus entgegen. Schließlich bringt es diese Verspätung mit sich, dass das Bürgertum in Deutschland auf die Erfahrungen der bürgerlichen Klassen bei den westlichen Nachbarn im Allgemeinen und dem französischen im Besonderen zurückblicken und von ihnen lernen kann, und da sieht sie die republikanische Staatsform mit fortschreitendem Kapitalisierungsprozess und entsprechend eskalierendem Klassenkonflikt so eklatant der Gefahr einer proletarischen Machtübernahme und eines sozialistischen Systemwechsels ausgesetzt, dass ihr von vornherein alle Lust vergeht, es mit einer Republik zu versuchen, und sie ungeachtet dessen, dass beim Nachbarn gerade die konstitutionelle Monarchie als eine dem avancierten Kapitalprozess und seinen Problemen und Perspektiven nicht mehr genügende Regierungsform zu Grabe getragen wird, für letztere als ihrem ökonomischen Entwicklungsstand und ihren politischen Aspirationen gemäße Lösung optiert.

Nicht zuletzt der Aufstand der Pariser Arbeiterschaft im Juni des Revolutionsjahres 1848 bestärkt das deutsche Bürgertum in seiner Resolution, der Sirene des Republikanismus kein Gehör zu schenken, und so zeigt es sich denn auch, als im September des gleichen Jahres republikanische Kräfte in den vergleichsweise fortgeschritteneren Regionen Deutschlands den Aufstand proben, in Gestalt der Frankfurter Nationalversammlung zu allen Schandtaten bereit, sprich, entschlossen, die Niederschlagung dieser Erhebungen durch einzelstaatliche Kontingente unter Anführung preußischer Truppen zu unterstützen und quasi zu legitimieren.

Mit der Frankfurter Nationalversammlung, deren Konstituierung ihm im märzlichen Überschwang des Revolutionsjahres durchzusetzen gelingt, schafft sich das nationalliberale Bürgertum zwar eine die kleinstaaterischen Beschränkungen überwindende parlamentarische Repräsentanz und tut, so gesehen, den ersten Schritt in Richtung auf die von ihm als politischer Rahmen seines ökonomischen Gedeihens angestrebte zentralstaatlich-einheitliche konstitutionelle Monarchie, der es sodann durch die Ausarbeitung einer gesamtdeutschen Verfassung die fehlende formale Struktur und mittels eines als Reichsverweser gewählten Amtsträgers eine provisorische personale Präsenz zu vindizieren sucht. Aber weder kann die formale Struktur einer einheitlichen deutschen Staatskonstitution den ihr gemäßen deutschen Einheitsstaat herbeizwingen, noch kann das personale Provisorium eines platzhalterischen Reichsverwesers das Fehlen der realen Institution einer für diesen deutschen Einheitsstaat einzustehen berufenen und ihn zu repräsentieren berechtigten konstitutionellen Monarchie kompensieren. Vielmehr bleiben beide, die formale Verfassung und das personale Provisorium, bezogen auf eine staatliche Realität, die ihnen als regelrechte contradictio in adjecto widerfährt, bleiben für ihre Realisierung beziehungsweise Autorisierung angewiesen auf eben die Vielzahl mehr oder minder absolutistisch herrschender Mächte, die nicht weniger durch ihre machtpolitische Rivalität als durch ihre staatsrechtliche Pluralität diese Erfüllung der formalen Struktur mit staatlichem Leben und diese Ersetzung des personalen Provisoriums durch eine monarchische Autorität kategorisch ausschließen.

Als Sinnbild und redendes Zeugnis dieses inneren Widerspruchs kann dabei der Umstand gelten, dass die bürgerliche Nationalversammlung in ein und derselben Stadt residiert und tagt wie die auch Bundestag genannte fürstliche Bundesversammlung, das ständisch-staatliche Beratungs- und Beschlussfassungsgremium des Deutschen Bundes, der unter Federführung der absolutistischen Mächte Österreich und Preußen gebildeten Allianz, die darauf abgestellt ist, den im staatlichen Pluralismus, in der territorialen Zersplitterung der Souveränität, bestehenden Status quo im Mitteleuropa deutscher Zunge aufrechtzuerhalten und zu diesem Zweck die mehr oder minder absolutistischen Regime, die diese zersplitterte Souveränität ausüben, mit Mitteln politischer Repression beziehungsweise Maßnahmen bürokratischer Restriktion gegen alle liberalistischen Bestrebungen und weiterreichenden konstitutionalistischen Ansprüche der bürgerlichen Klasse, von den sozialistischen Umtrieben proletarischer Gruppierungen ganz zu schweigen, zu verteidigen.

Die Bundesversammlung ist und bleibt der Adressat des vom nationalliberalen Bürgertum mittels seiner parlamentarischen Repräsentanz, der Nationalversammlung, erhobenen Anspruchs auf eine konstitutionelle Monarchie, die ihrem Begriff, eine kraft ziviler Verfassung etablierte, von der bürgerlichen Gesellschaft eingesetzte und getragene Einherrschaft zu sein, gerecht wird. Sie, die ständische Vertretung der Allianz mehr oder minder absolutistischer fürstlicher Souveräne, ist und bleibt das Organ, an das sich die Forderung nach einer Unifizierung und Reorganisation des politisch zersplitterten und durch seine politische Zersplitterung die ökonomische Entwicklung entscheidend behindernden mitteleuropäischen Wirtschaftsraums richtet und das aber, weil es ja dazu da ist, eben diese politische Zersplitterung zu zementieren und praktikabel zu erhalten, gar nicht anders kann, als jene ausgerechnet an es gerichtete Forderung als ein de jure auf seine Selbstentmachtung und de facto auf seine Selbstvernichtung zielendes Ansinnen ins Leere laufen zu lassen beziehungsweise ad absurdum zu führen.

Als, der Aussichtslosigkeit und inneren Widersprüchlichkeit ihres an die entschieden falsche Adresse gerichteten Vorhabens inne, die Nationalversammlung den Bock bei den Hörnern zu packen und dem preußischen König die Rolle des konstitutionellen Einherrschers anzutragen beschließt, bedeutet die Weigerung des Bocks, sich zum Gärtner machen zu lassen, sprich, die Ablehnung des angetragenen Amtes durch den Erwählten, das Ende der vom nationalen Bürgertum initiierten und getragenen Konstitutionsbewegung, die in dem seit den Zeiten der französischen Revolutions- beziehungsweise Okkupationstruppen stärker als die anderen Regionen vom Konstitutionalismus angesteckten Südwesten Deutschlands eine letzte Zuflucht findet, um dort das Zeitliche zu segnen.

Wenn das Scheitern des nationalliberalen Vereinigungsprojekts keine Endgültigkeit hat, dann deshalb, weil der durch seine erstarkende bürgerliche Klasse unter Druck gesetzte Hauptgegner des Projekts, das quasiabsolutistische Regime Preußens, einen mit dem Namen Bismarck verknüpften Strategiewechsel vollzieht und sich in Anlehnung an die nach außen gerichtete imperialistische Wendung der westlichen Nachbarn, die er zu einem nach innen gewendeten Imperialismus modifiziert, zum deutschen Einheitsstifter mausert. Den Energiestoß für den Vollzug der politischen Vereinigung Mitteleuropas liefert der Krieg mit dem französischen Kaiserreich. Die bürgerliche Freiheit wird damit zu einem Geschenk der junkerlich-absolutistischen Monarchie, die sich dadurch, dass sie ein Übriges tut und sich eigenmächtig als konstitutionelle setzt, eine Kontinuität als demiurgisch-transzendentale Bestimmungsmacht der bürgerlichen Gesellschaft sichert. Diese Bestimmungsmacht findet ihren Ausdruck nicht zuletzt in der Planungs- und Lenkungsfunktion, die das kaiserliche Regime im Interesse des ökonomischen Aufholprozesses der in ihrer industriekapitalistischen Entwicklung zurückgebliebenen Reichsterritorien übernimmt.

Dass der Ruf nach einer einheitlich-deutschen konstitutionellen Monarchie dennoch nicht gänzlich ungehört verhallt und das Ende der Ruferin, der nationalliberal-bürgerlichen Bewegung, nicht gleichbedeutend ist mit dem Ende des Projekts als solchen, dafür sorgt nun aber eben die absolutistische Herrschaft, eben die preußische Staatsmacht, die durch ihre Weigerung, die ihr in Gestalt der deutschen Kaiserkrone offerierte deutsche Einherrschaft anzutreten, jener Bewegung den Todesstoß versetzt oder, besser gesagt, den Totenschein ausstellt. Auch wenn nämlich die preußische Monarchie nicht daran denkt, sich vor den Karren der nationalliberalen bürgerlichen Bewegung spannen zu lassen, sind doch die politischen Probleme, die sie im eigenen Land mit dem nach konstitutioneller Macht strebenden Liberalismus eines um der Konkurrenzfähigkeit Preußens im Konzert der europäischen Mächte willen ökonomisch geförderten Bürgertums hat, damit keineswegs aus der Welt geschafft. Sie spitzen sich im Gegenteil in dem der Aufbruchszeit von 1848 folgenden Jahrzehnt zu einem regelrechten Verfassungskonflikt zu, entwickeln sich zu einer offenen Konfrontation zwischen dem absolutistischen Regime und seinem ständisch-territorialen Gefolge, dem so genannten Junkertum, einerseits und andererseits der Bourgeoisie und ihrem liberalistischen Anhang mit der parlamentarischen Repräsentanz, die ihnen das Regime im Rahmen einer staatlich diktierten Verfassung nolens volens konzediert und die es aber durch Einbindung in einen Landtag, der dem bürgerlichen Abgeordnetenhaus ein junkerliches Herrenhaus beigesellt und die Übermacht des letzteren sicherstellt, bis zur praktischen Lähmung und völligen Ohnmacht korsettiert.

Gegen diese Korsettierung, diesen im Gewande ihrer formellen Beteiligung an der politischen Macht reellen Ausschluss von ihr, begehrt das Bürgertum natürlich auf und treibt dadurch, weil ja angesichts des zunehmenden ökonomischen Gewichts, das der vom absolutistischen Regime selbst gewollte und geförderte Kapitalisierungsprozess dessen Betreibern und Trägern verleiht, das Ende der absolutistischen Herrschaft auf dem eingeschlagenen Weg absehbar und die politische Machtübernahme durch die bürgerliche Klasse unabwendbar ist, das Regime zu jenem mit dem Namen Bismarck verknüpften Strategiewechsel, der oben als eine den Vorgehensweisen in Großbritannien und Frankreich wenn schon nicht dem funktionellen Zweck, so doch dem intentionalen Sinn nach vergleichbare Art von Imperialismus apostrophiert wurde. Angesichts ihrer drohenden Dysfunktionalisierung beziehungsweise konstitutionalistischen Umfunktionierung durch die im unaufhaltsamen Aufstieg begriffene bürgerliche Klasse setzen die um die Erhaltung ihres absolutistischen Status bemühte preußische Monarchie und das sie tragende territoriale Junkertum auf eben die nationalliberale Karte, von der beide ein Jahrzehnt zuvor noch nichts wissen wollten, und verschaffen sich so eine sie als nationalen Einheitsstifter, als Reichsgründer, dem Bürgertum vor Augen stellende und sei's im dramatischen Lichte eines Deus ex machina, sei's im himmlischen Glanze eines gottgesandten Nothelfers erscheinen lassende neue politische Aufgabe und historische Bedeutung.

Dass die Aufgabe der politischen Einheitsstiftung, die den Liberalismus des deutschen Bürgertums dazu veranlasst, sich das idiosynkratische Alias, um nicht zu sagen dialektische Synonym, eines Nationalismus zuzulegen und als Nationalliberalismus zu firmieren – dass diese Aufgabe am Ende von eben der Art von Regime übernommen wird, gegen das sich der Liberalismus doch wesentlich richtet, müsste dem Bürgertum von Rechts wegen als ebenso skandalös wie paradox aufstoßen. Indes, das klägliche Scheitern seines mittels Nationalversammlung unternommenen Versuchs, die Aufgabe aus eigener Kraft und in eigener Regie zu lösen, hat es hinlänglich demoralisiert, um in ihm Empfänglichkeit, wo nicht gar Dankbarkeit dafür zu wecken, dass ihm die allzu schwere Last, als die sich die Aufgabe erwiesen hat, von den Schultern genommen wird und ausgerechnet der sich um die Erledigung kümmert, der ihm, dem Bürgertum, dies unmöglich macht.

Die Bereitschaft des nationalliberal-deutschen Bürgertums, sich mit der Paradoxie abzufinden, wo nicht gar anzufreunden, dass es eine der das nationale Territorium dominierenden absolutistischen Herrschaften ist, die quasi in einem Akt der Selbstaufhebung das Privileg der bürgerlichen Klasse, mit der absolutistischen Herrschaft Schluss zu machen und sie durch eine konstitutionelle Monarchie zu ersetzen, usurpiert und den Ersetzungsvorgang mit einheitsstiftendem Erfolg auf der ganzen Linie der deutschen Kleinstaaterei exekutiert – diese Bereitschaft des Bürgertums, sich dem quia absurdum eines Absolutismus, der sich aus den freien Stücken seiner nationalen Aufgabe konstitutionalisiert, gläubig zu fügen, wird zweifellos durch die Effektivität, mit der die junkerlich-preußische Monarchie dabei zu Werke geht, entscheidend verstärkt. In zwei politisch-strategisch wohlplatzierten Kriegen, dem mit Dänemark und dem anschließenden mit dem Habsburger Reich, gelingt es dem junkerlichen Regime, die preußische Monarchie zum einen als Vorkämpferin und Verteidigerin der deutschen Nation und ihres Territoriums gegen Ansprüche und Einmischungen von außerhalb und zum anderen als Inauguratorin und Wahrerin der nationalen Einheit und ihrer Geschlossenheit gegen interne Gespaltenheit und ethnische Heterogenität auszuweisen und ins rechte Licht zu rücken.

Mit der mittels siegreichen Krieges durchgesetzten Ausgrenzung des Habsburger Reichs aus dem Deutschen Bund und dem dadurch erreichten Ausschluss des der Donaumonarchie sprengkräftig attachierten und allem politischen Zentralismus spottenden Vielvölkerkonvoluts sind die Ingredienzien für die als kleindeutsche Lösung angestrebte Fusion des mitteleuropäischen Wirtschaftsraums deutscher Sprache versammelt, und es bedarf nur noch eines als zündender Funke wirksamen Energiestoßes, um die Fusion Ereignis werden zu lassen. Diesen Energiestoß liefert das, wie oben erläutert, mit der europäischen Hegemonialpolitik, die es zusätzlich zu seiner wirtschaftsimperialistischen Strategie betreibt, ebenso effektiv überforderte wie regressiv fehlfunktionierende zweite napoleonische Kaiserreich: Aus der militärischen Konfrontation resultiert, symbolisch aufgeladen, um nicht zu sagen epiphanisch evoziert durch die quasi noch auf dem Schlachtfeld, quasi spontan vollzogene Proklamation des absolutistischen preußischen Monarchen zum konstitutionellen Kaiser der Deutschen, die Gründung des Deutschen Reichs.

Dass den unmittelbaren Anstoß zur Gründung der geeinten konstitutionellen Monarchie die kriegerische Auseinandersetzung mit dem regressiv als napoleonische Diktatur wiedererstandenen Nachbarstaat liefert und der Gründungsakt deshalb als triumphales Ereignis, als Siegesfeier, als Moment der Befreiung aus äußerer Not und fremdländischer Bedrohung figuriert, gibt dem deutschen Nationalliberalismus den Rest, was seine Bereitschaft und Fähigkeit angeht, seine ursprüngliche Intention einer Ersetzung des ständischen Absolutismus durch einen bürgerlichen Konstitutionalismus, sprich, einer von der bürgerlichen Gesellschaft selbst zu vollbringenden Überführung absolutistischer Herrschaft in eine konstitutionelle Monarchie festzuhalten und dementsprechend aber auch der Paradoxie, die in der Selbstaufhebung des junkerlich-preußischen Absolutismus, seiner uno actu der Stiftung einer deutschen Einheit eigenmächtig vollbrachten Konstitutionalisierung, liegt, gewahr zu sein und Anstoß an ihr zu nehmen.

Durch seinen gründlich gescheiterten Versuch, sich eine qua konstitutionelle Monarchie freiheitlich-staatliche Ordnung, ein an die kapitalprozessualen Anforderungen und Interessen der bürgerlichen Gesellschaft angepasstes Herrschaftssystem zu schaffen, ebenso gründlich demoralisiert, lässt sich das nationalliberale Bürgertum die für jenes Vorhaben unabdingbare politische Voraussetzung, einen zentralistisch-einheitlichen Nationalstaat, von der in der Bedrängnis, in die ihn der bürgerliche Liberalismus im eigenen Haus versetzt, Morgenluft witternden junkerlich-absolutistischen preußischen Monarchie besorgen, sie sich von letzterer quasi zum Geschenk machen. Mit der Schaffung dieser nationalstaatlichen Voraussetzung für die von der bürgerlichen Klasse erstrebte liberalgesellschaftliche Ordnung setzt sich die preußische Monarchie eine Aufgabe, die, eben weil es dabei um die Voraussetzung für alles Weitere geht und die bürgerliche Klasse selbst kläglich an ihr gescheitert ist, für letztere überragende Bedeutung besitzt, um nicht zu sagen, absoluten Vorrang behauptet und so nicht nur das mit der Aufgabe eigentlich gleichsinnig, wo nicht gar maßgeblich verknüpfte liberalistische Anliegen vorderhand in den Schatten stellt beziehungsweise in den Hintergrund drängt, sondern auch und vor allem das sie, die nationale Aufgabe, in Angriff nehmende absolutistische Regime, auf eine mit dem liberalistischen Anliegen eigentlich unvereinbare und insofern paradoxe Weise wieder zurück ins Spiel bringt und nicht weniger kriteriell reaffirmiert wie funktionell rehabilitiert.

Und nun erledigt aber die preußische Monarchie die von ihr übernommene Aufgabe der politischen Einheitsstiftung, schafft sie jene nationalstaatliche Voraussetzung, zu allem Überfluss auch noch in actu einer erfolgreichen kriegerischen Auseinandersetzung mit dem französischen Nachbarn, der durch seine hegemonialen Ansprüche beziehungsweise seine imperialen Eingriffe die politische Einheit des deutschsprachigen Wirtschaftsraums schon seit gut zwei Jahrhunderten torpediert und hintertreibt, wobei, um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, sie dabei in einer zur regressiven Identifizierung geradezu einladenden Wiederholungsfigur erneut in die Rolle schlüpft, die sie ein halbes Jahrhundert zuvor als die im deutschsprachigen Raum führende Macht anlässlich der zu Freiheitskriegen verklärten Kämpfe, die im Sturz des ersten Napoleonischen Kaiserreichs resultierten, schon einmal in Anspruch nahm und auch weithin zugebilligt bekam. Sie schenkt mit anderen Worten, von dieser durch den militärischen Modus der Reichsgründung beschworenen Duplizität her gesehen, dem nationalliberalen Bürgertum nicht nur die Voraussetzung, sondern gleich auch die Folge, nicht nur die nationale Einheit, sondern gleich auch die kraft nationaler Einheit zu erwirkende nationale Freiheit. In ein und demselben nationalistisch überdeterminierten Akt, um nicht zu sagen Aufwasch, erfüllt der junkerlich-absolutistische preußische Staat das ganze Programm des bürgerlichen Nationalliberalismus: Er stiftet die von der bürgerlichen Klasse ersehnte nationale Einheit, und er erkämpft und sichert die nationale Freiheit, die sich die bürgerliche Klasse von der Einheit erhofft.

Natürlich ist diese Freiheit, die die preußische Monarchie der deutschen Nation uno actu ihrer ostentativ auf dem Schlachtfeld erkämpften Einheit schenkt, für sich genommen, nicht schon die konstitutionelle Liberalität, die verfassungsmäßige Ordnung, nach der die bürgerliche Klasse eigentlich strebt, sondern nur erst jene die conditio sine qua non aller liberalen Ordnung bildende existenzielle Voraussetzung, als die unter Bedingungen der als Erbschaft des Absolutismus perennierenden, volkswirtschaftlich fundierten machtpolitischen Konkurrenz die staatsförmige Souveränität firmiert. Die Freiheit, die die junkerlich-absolutistische preußische Monarchie der von ihr mit Pauken und Trompeten, mit militärischem Triumphgeheul in Szene gesetzten deutschen Nation schenkt, ist mit anderen Worten nicht schon Freiheit zu ..., sondern nur erst Freiheit von ..., ist nicht schon eine von der bürgerlichen Gesellschaft errungene soziale Autonomie, die Lizenz, sich ihr Leben nach eigenen Grundsätzen, als selbstverfassten politischen Seinsmodus, einzurichten, sondern nur erst die ihr gegebene nationale Unabhängigkeit, eine im Sinne der Abwehr äußerer Fremdbestimmung, des Schutzes gegen den heteronomen Einfluss anderer nationalstaatlich organisierter Gesellschaften, nötige Grundkondition für die Einrichtung eines den Anforderungen bürgerlicher Autonomie gemäßen politischen Lebens.

Diese Freiheit von ..., diese Verwahrung der nationalstaatlich geeinten bürgerlichen Gesellschaft gegen Fremdbestimmung von außen, schließt freilich Fremdbestimmung von oben, die Heteronomie, als die mittlerweile die auf Basis ihres ökonomischen Progresses politisch selbstbewusst gewordene bürgerliche Klasse die fortgesetzte mehr oder minder absolutistische Herrschaft erfährt, nicht aus und trägt insofern, für sich genommen und als abstrakter nationaler Naturzustand betrachtet, zu der vom Bürgertum erstrebten liberalen Gesellschaftsverfassung nicht das Geringste bei, ist, als nationale Souveränität bezogen auf die geforderte soziale Liberalität, ein ebensolches wesentliches Nichts, ein ebensolches zugleich unentbehrlich substanzielles und unerheblich generelles Sein, wie es, bezogen auf das zivile Leben der Gesellschaften, bezogen auf ihre ökonomischen Reproduktionsweisen, ihre politischen Einrichtungen, ihre kulturellen Überlieferungen, ihr elementarer Lebensraum, Luft, Wasser, Erde, Feuer, ist.

Indes, die sich in einer der imperialistischen Wendung Großbritanniens und Frankreichs vergleichbaren Weise reorientierende und kraft der von ihr übernommenen Reichsgründungsaufgabe ihre eigene staatliche Daseinsberechtigung, wo nicht gar Notwendigkeit, neu begründende junkerlich-preußische Monarchie zeigt sich dank ihrer Erfahrungen mit der ökonomischen Macht des Bürgertums gewitzt genug und der Zeichen der Zeit hinlänglich eingedenk, um es nun nicht etwa bei jener von ihr uno actu der nationalen Einheit der bürgerlichen Gesellschaft geschenkten nationalen Freiheit, jener abstrakten Freiheit von ..., zu belassen und letztere als hinreichende Abgeltung der bürgerlichen Forderung nach einer liberalistischen Konstitution anzusehen, mithin als Freibrief für eine Fortführung des unverändert absolutistischen Regimes zu nutzen. Vielmehr kommt sie dieser Forderung aus freien Stücken, aus eigener Machtvollkommenheit nach und gewährt als nunmehr kaiserlich-deutsches Regime der bürgerlichen Gesellschaft eben die repräsentativ-parlamentarische Verfassung, die sie ihr als königlich-preußische Herrschaft noch nach Kräften vorenthalten hat, überführt sich mit anderen Worten ebenso sehr in eigener Regie wie eigeninitiativ aus einer bürokratisch-institutionellen Herrschaft in eine parlamentarisch-konstitutionelle Monarchie.

Dass der in Wahrnehmung seiner quasiimperialistischen Aufgabe nationaler Einheitsstiftung sich aus einer traditionell-absolutistischen Herrschaft in eine konstitutionell-parlamentarische Monarchie transformierende junkerlich-preußische Staat demnach selbst es ist, der der bürgerlichen Gesellschaft beziehungsweise der diese repräsentierenden bürgerlichen Klasse in der unmittelbaren Konsequenz, um nicht zu sagen Implikation, der ihr mit militärischem Aplomb vindizierten nationalen Freiheit oder staatlichen Souveränität auch die zivile Freiheit oder liberale Konstitution schenkt, verändert nun freilich in den Augen des zutiefst demoralisierten und deshalb durch das unverhoffte Geschenk haltlos begeisterten nationalliberalen Bürgertums gleichermaßen den politischen Stellenwert und die ideologische Bedeutung beider, der nationalen Souveränität und der liberalen Konstitution. So gewiss die liberale Konstitution sich als unmittelbarer Ausfluss, als gewissermaßen Emanation der von der monarchischen Einheitsstifterin auf dem Schlachtfeld erstrittenen nationalen Souveränität darbietet, so gewiss gewinnt letztere das Gewicht und Ansehen einer transzendentalen Grundbedingung, der sich erstere als bloße empirische Ausführungsbestimmung beigesellt und einfügt, profiliert sich mit anderen Worten als kategoriale Form, die das, was sich aus ihr ergibt, als ihren realen Inhalt reklamiert und determiniert. Als ganz und gar in der Morgengabe der nationalen Freiheit, der deutschen Souveränität, implizierter Artikel ist und bleibt die liberale Konstitution, die zivile Freiheit ein Geschenk der actu ihrer Nationalisierung sich als konstitutionelle etablierenden junkerlich-absolutistischen Monarchie.

Eben dieser sein eigentümlicher Entstehungsprozess beziehungsweise Begründungsmodus aber verleiht nun dem neuen, konstitutionell-monarchisch verfassten Nationalstaat selbst, dem Deutschen Reich, eine markante Zwieschlächtigkeit, eine an Persönlichkeitsspaltung gemahnende Doppelsinnigkeit. Einerseits ist die neue konstitutionelle Monarchie, die kaiserliche Herrschaft, wie das halbwegs demokratische Wahlverfahren und die im Prinzip parlamentarische Ordnung des Deutschen Reichs beweisen, institutionell angepasst an und bestimmt durch die Forderungen und Ansprüche der bürgerlichen Gesellschaft, ist sie eine von letzterer, der Souveränin, eingesetzte und kontrollierte Instanz liberalistischer Selbstverwaltung. Andererseits aber, weil ja diese liberalistische Selbstverwaltung, diese konstitutionelle Ordnung, als eine unmittelbare Auswirkung, eine Emanation der von ihr, der Monarchie, auf dem Schlachtfeld als Freiheit von ... errungenen und etablierten nationalen Souveränität in Erscheinung tritt, ist und bleibt sie, die monarchische Herrschaft, gleichzeitig eine ihrer eigenen institutionellen Einbettung und Einbindung entzogene und übergeordnete transzendentale Urheberin und kategoriale Bestimmungsmacht.

So sehr die neue, konstitutionelle Monarchie des Deutschen Reiches de jure des von ihr generierten einheitlichen politischen Systems als dessen technische Agentin und bürokratische Verwalterin firmiert, so sehr figuriert sie de facto ihrer das System generierenden einheitsstiftenden Funktion zugleich doch als seine demiurgische Schöpferin und leviathanische Erhalterin. Kurz, als Stifterin und Wahrerin der nationalen Souveränität des neuen Staatsgebildes ist und bleibt sie transzendental-dogmatisch dem von ihr als Emanation jener Souveränität kreierten politischen System vor- und übergeordnet, dem sie sich institutionell-empirisch als Hüterin und Garantin seiner liberalistischen Konstitution unterstellt und eingliedert. Ihren politischen Niederschlag beziehungsweise ideologischen Ausdruck findet diese merkwürdige Doppelsinnigkeit, in der sich die konstitutionelle Monarchie deutscher Prägung etabliert, in der nicht minder merkwürdigen patriotischen Zuspitzung und Übertreibung, die in den Köpfen des nationalliberalen Bürgertums dessen Nationalismus erfährt.

Das Nationalbewusstsein des bürgerlichen Liberalismus, das ja von Haus aus nur der Tatsache geschuldet ist und Rechnung trägt, dass es an dem monarchischen Einheitsstaat mangelt, in dessen Rahmen der Liberalismus die konstitutionelle Ordnung, um die es ihm zu tun ist, ins Werk setzen könnte, wandelt sich in dem Moment, da dieser Einheitsstaat inklusive konstitutioneller Ordnung dem liberalen Bürgertum von einer an seiner Statt agierenden Monarchie zum Geschenk gemacht beziehungsweise als fixundfertige Stiftung oktroyiert wird, zum vaterländischen Geist, sprich, zu einer Gesinnung und Einstellung, die das Bürgertum den monarchischen Stifter und Wohltäter nicht bloß als einen der bürgerlichen Gesellschaft nachträglich integrierten Sachwalter und Funktionär anerkennen, sondern ihm mehr noch als einem die bürgerliche Gesellschaft vorsätzlich inszenierenden Urheber und Demiurgen huldigen lässt.

Tatsächlich ist das die wesentliche Differenz, die den aus der generellen imperialistischen Wendung um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts hervorgehenden starken Staat deutschen Zuschnitts von seinen britischen und französischen Kollegen, in deren Fußstapfen er wandelt, trennt. So sehr nämlich jener sich verhaltensförmig-dispositionell oder von der abstrakten Intention her diesen vergleichen lässt, so sehr unterscheidet er sich doch aber verfahrenstechnisch-funktionell oder der konkreten Methode nach von ihnen. Was sie, die zum starken Staat sich mausernden diversen Regime, allesamt verbindet, ist die Erfahrung der Dysfunktionalität beziehungsweise Überflüssigkeit, die ihnen in Anbetracht ihres politischen Tuns und strategischen Treibens ihre jeweilige bürgerliche Gesellschaft vermittelt, und die aus dieser Erfahrung ihnen aufstoßende Notwendigkeit, um ihres eigenen Überlebens und Fortbestands willen die Initiative zu ergreifen und sich eine neue, ihre Nützlichkeit beziehungsweise Unentbehrlichkeit für die bürgerliche Gesellschaft unter Beweis stellende Aufgabe zu suchen, konkreter gesagt, der bürgerlichen Gesellschaft eine ihr aus ihren ökonomischen Nöten und sozialen Konflikten herauszuhelfen geeignete entwicklungspolitische Perspektive zu erschließen.

Was das Regime des Inselreichs und das der an ihm sich orientierenden, es imitierenden Grande Nation von dem des das Deutsche Reich aus der Taufe hebenden oder vielmehr in Szene setzenden Preußen unterscheidet, ist dies, dass erstere die gesellschaftspolitische Grundlage für die neue als Imperialismus figurierende entwicklungspolitische Perspektive bereits als gegeben vorfinden, während jene Grundlage im ökonomisch rückständigen Deutschland fehlt und deshalb vom Regime uno actu der zwecks Rechtfertigung seiner Existenz von den fortschrittlichen Nachbarn übernommenen entwicklungspolitischen Perspektive überhaupt erst geschaffen werden muss. Eben diese Notwendigkeit, Grundlagenarbeit leisten, den politisch-ökonomischen Grund für die imperialistische Wendung, durch die sie sich neu zu legitimieren und nützlich zu machen unternimmt, erst einmal legen zu müssen, verleiht ja der als kaiserliches Regiment sich etablierenden preußischen Monarchie den oben vermerkten idiosynkratischen Charakter einer vaterländisch transzendentalen Urheberschaft und kategorialen Bestimmungsmächtigkeit, eines den bürgerlichen Liberalismus zu seiner Kreatur und Marionette machenden Patriotismus, der sie so markant von den benachbarten nationalistischen Regimen toryistischer Prägung und bonapartistischer Konstruktion unterscheidet.

Weil letztere bereits dem gesellschaftspolitischen Grund entspringen, den die erstere allererst legen muss, weil sie mit anderen Worten bereits fest auf dem Boden einer kraft ihrer ökonomischen Avanciertheit, ihres industriekapitalistischen Entwicklungsstandes, ebenso liberalistisch formierten wie konstitutionalistisch etablierten bürgerlichen Gesellschaft stehen, bleiben sie auch mit der von ihnen vollzogenen imperialistischen Wendung und ungeachtet oder vielmehr unbeschadet der relativen Eigeninitiative und strategischen Prokura, die sie dabei entwickeln und genießen, ein instrumenteller Faktor und beauftragter Agent eben dieser bürgerlichen Gesellschaft. Das deutsche Regime hingegen muss den als gesellschaftspolitischer Grund firmierenden Boden, auf dem und von dem aus es seine sinngebend neue entwicklungspolitische Perspektive verfolgen, die seine Existenz zu rechtfertigen geeignete imperialistische Aufgabe auf eine der Aufgabenstellung der Nachbarn entsprechende Weise wahrnehmen und erfüllen kann, erst einmal schaffen, und eben dies vindiziert ihm den ganz eigenen Charakter eines von rein faktoreller Funktionalität und bloßer Agententätigkeit im Dienste der bürgerlichen Gesellschaft weit entfernten demiurgischen Automaten oder leviathanischen Golem.

Die Notwendigkeit, in Verfolgung der mittels imperialistischer Wendung eröffneten entwicklungspolitischen Perspektive zuvörderst den dafür erforderlichen gesellschaftspolitischen Grund zu legen, prägt beziehungsweise deformiert aber nicht nur den Charakter dieser konstitutionellen Monarchie deutscher Fasson. Sie alteriert beziehungsweise deflektiert bis auf weiteres auch und mehr noch die von ihr als sinngebend neue Zielsetzung den Nachbarn abgeschaute entwicklungspolitische Perspektive selbst. Schließlich ist die für letztere nötige gesellschaftspolitische Grundlegungsarbeit, das Erfordernis, die bürgerliche Gesellschaft in einen ihr gemäßen, auf sie abgestellten politisch-ökonomischen Zustand zu versetzen, nicht bereits damit abgetan beziehungsweise abgegolten, dass die preußische Monarchie absolutistischer Provenienz mittels einer im Wesentlichen militärischen und diplomatischen Strategie die Reichsgründung ins Werk setzt, um die bürgerliche Gesellschaft ihrer kleinstaaterischen Zersplitterung zu entreißen und in ein in der Wolle seines Liberalismus patriotisch gefärbtes Staatsvolk zu überführen, dem sie fortan als kaiserliches Regime, sprich, als mit demiurgischem beziehungsweise leviathanischem Tief- und Hintersinn aufgeladene konstitutionelle Monarchie ebenso transzendental vorsteht wie funktionell verpflichtet ist.

Die gesellschaftspolitische Grundlegungsarbeit erschöpft sich mit anderen Worten nicht, wie die Rede von einem der bürgerlichen Gesellschaft zu vindizierenden politisch-ökonomischen Zustand schon suggeriert, im vollzogenen politisch-militärischen Akt staatlicher Einheitsstiftung, sondern erfordert auch und mehr noch einen Prozess der ökonomisch-sozialen Angleichung der deutschen bürgerlichen Gesellschaft an jenen bei den Nachbarn erreichten industriekapitalistischen Entwicklungsstand, auf dem und von dem aus die mit dem Begriff der imperialistischen Wendung indizierte neue entwicklungspolitische Perspektive überhaupt erst ihre als objektiver Sinn erscheinende zwingende Folgerichtigkeit erhält.

Tatsächlich befindet sich, wie der jetzt erst erfolgte Übergang von einer mehr oder minder absolutistischen Herrschaft zu einer mehr oder minder konstitutionellen Monarchie ja auch politisch dokumentiert beziehungsweise skandiert, der größere Teil des Mitteleuropas deutscher Sprache zur Zeit der Reichsgründung ökonomisch-industriell noch etwa auf dem Stand, den das benachbarte Frankreich vier Jahrzehnte zuvor erreicht hat und der dort den zureichenden Grund für die Julirevolution liefert. Und diese ökonomische Rückständigkeit gilt es wettzumachen, diese industriekapitalistische Kluft gilt es zu schließen, soll die von den Nachbarn als neue staatliche Okkupation übernommene und mit dem Begriff imperialistische Wendung indizierte entwicklungspolitische Perspektive den eigenen Sinn erhalten, den die Nachbarn mit ihr verbinden. Solange freilich die Rückständigkeit noch nicht wettgemacht, die Kluft noch nicht geschlossen ist, hat dies, wie gesagt, gravierende deviative beziehungsweise deflektorische Folgen, was die inhaltliche Bedeutung und die Zielrichtung jener imperialistischen Wendung betrifft.

Bezogen auf und okkupiert durch die vordringliche Aufgabe, die industrielle Rückständigkeit zu überwinden und die kapitalprozessuale Kluft, die Mitteleuropa von Westeuropa trennt, zu schließen, findet sich die imperialistische Wendung in eine Art Kehrtwendung umgebogen. Die von den Nachbarn verfolgte entwicklungspolitische Perspektive zeigt sich im neuen Deutschen Reich in eine auf das eigene Territorium beschränkte entwicklungshelferische Prospektion verkehrt. Aus dem nach außen gerichteten Imperialismus der Nachbarn, der auf die Erschließung äußerer Ressourcen und neuer Märkte für ein fortgeschrittenes Industriekapital aus ist, wird ein nach innen gewendeter Imperialismus, der auf die Schaffung der infrastrukturellen Bedingungen und organisatorisch-technischen Grundlagen für eine international konkurrenzfähige industrielle Produktion und einen freien heimischen Markt, sprich, für den noch entschieden zu wünschen übrig lassenden industriekapitalistischen Fortschritt zielt.

Der nach innen deflektierte und auf die Schließung der ökonomischen Kluft zu den westeuropäischen Nachbarn konzentrierte Imperialismus, zu dem sich das Deutsche Reich nach seiner Gründung nolens volens versteht, alteriert und prägt nun aber natürlich auch die Art und Weise, wie die bürgerliche Gesellschaft ihre kapitalprozessuale Rückständigkeit überwindet, kurz, den Modus des ökonomischen Aufholprozesses selbst.

Abstrakt oder formell agiert sie beziehungsweise die als ihr handelndes Subjekt firmierende Bourgeoisie nebst nationalliberal-mittelständischem Anhang unter der gleichen Devise eines von Seiten des konstitutionell monarchischen Staats erklärten Laissez-faire, die auch bereits maßgebend für den Handlungsspielraum des liberalistischen Bürgertums beim französischen Nachbarn vier Jahrzehnte zuvor war. Konkret oder reell freilich nimmt dabei das Laissez-faire eine ganz andere, ebenso direktive wie initiative Bedeutung an. Es ist kein bloßes passives Gewährenlassen, sondern ein durchaus aktives Einwirken, erschöpft sich nicht darin, dem ökonomischen Tun und Treiben der Bourgeoisie keine politischen Steine in den Weg zu legen oder gegebenenfalls bürokratische Steine aus dem Weg zu räumen, sondern ist darauf abgestellt, jenem Tun und Treiben durch staatlich finanzierte Entwicklungsprojekte und amtlich organisierte Fördermaßnahmen gleichermaßen die Richtung zu weisen und Vorschub zu leisten, Rahmenbedingungen für es zu schaffen und ihm Entfaltungsräume zu bieten.

Das Laissez-faire, das vier Jahrzehnte nach dem Bürgerkönigtum Frankreichs die Vaterlandsmonarchie des Deutschen Reichs im Bemühen, die deutsche bürgerliche Gesellschaft ökonomisch Anschluss an ihre avancierten westeuropäischen Pendants finden zu lassen, praktiziert, hat den ursprünglichen Sinn einer staatlichen Begünstigung des Kapitalprozesses durch gesetzliche Nichteinmischung und bürokratische Zurückhaltung eingebüßt und kehrt die neue Bedeutung einer behördlichen Unterstützung des Kapitalprozesses durch industriepolitische Planvorgaben beziehungsweise Investitionsprogramme und infrastrukturelle, Verkehrswesen, Bildung, Polytechnik und wissenschaftliche Forschung betreffende Auf- und Ausbaumaßnahmen hervor.

Dass sich in Deutschland die dem Vorgehen der westlichen Nachbarstaaten nachgebildete imperialistische Wendung quasi inversiv, als Kehrtwendung, ins Werk setzen und der dort nach außen gewendete koloniale Wirtschaftsimperialismus hier als nach innen gewendeter nationaler, als Volkswirtschaftsimperialismus, zum Tragen bringen lässt, ist der oben erläuterten Doppelsinnigkeit der sich als konstitutionelles Reichsregime etablierenden absolutistischen preußischen Monarchie, genauer gesagt, dem ihren empirischen Konstitutionalismus zugleich als herrschaftlich selbstmächtige Setzung inszenierenden Transzendentalismus beziehungsweise Leviathanismus geschuldet. Weil der konstitutionell verankerte politische Liberalismus des neuen Einheitsstaats der bürgerlichen Gesellschaft deutscher Zunge als Angebinde oder Korollar der ihr vom Monarchen geschenkten nationalen Freiheit figuriert, erscheint es den Betroffenen und angesichts des Debakels ihrer vorherigen eigenen Liberalisierungsbemühungen durch das unverhoffte Geschenk Beglückten als geradezu konsequent und logisch, dass nun auch bei der als industriekapitalistische Aufholjagd betriebenen nachträglichen ökonomischen Ausfüllung jener ihr als nationalliberale Ordnung von staatlicher Seite auferlegten politischen Freiheit der Monarch beziehungsweise der von ihm – aller demokratischen Rücksicht, zu der seine Rolle als konstitutioneller Repräsentant ihn verpflichtet, zum Trotz – in seiner Eigenschaft als nationaler Demiurg autokratisch eingesetzte Staatsapparat der bürgerlichen Gesellschaft zur Hand geht oder, besser gesagt, die Hand führt.

Dennoch bleibt es ein monströses Unikum, um nicht zu sagen ein eklatantes Skandalon, dass sich hier die bürgerliche Gesellschaft ihre liberalistische Ordnung und ihre diese Ordnung begründende kapitalistische Entwicklung ausgerechnet von der absolutistischen herrschaftlichen Instanz vindizieren lassen muss, gegen die die bürgerliche Gesellschaft doch eigentlich politisch-ökonomisch zu Felde zieht und der sie im von den westeuropäischen Nachbarn repräsentierten Normalfall dadurch ein Ende beziehungsweise den Prozess ihrer konstitutionalistischen Umfunktionierung und Überführung in ein rein zivilgesellschaftliches Institut macht, dass sie oder vielmehr die für sie ebenso maßgebende wie grundlegende bürgerliche Klasse jene kapitalistische Entwicklung aus ganz und gar eigenen Stücken vorantreibt und jene liberalistische Ordnung sei's im revolutionären Knalleffekt, sei's im evolutionären Klappmechanismus der von ihr vorangetriebenen kapitalistischen Entwicklung aus nicht minder eigener Kraft durchsetzt.

Monströs ist und bleibt dieser vom Deutschen Reich uno actu seiner Gründung eingeschlagene politisch-ökonomische Entwicklungsweg, der die von den Nachbarn vorgeführte normale historische Abfolge auf den Kopf stellt beziehungsweise inversiv aufhebt, indem er die durch den industriekapitalistischen Prozess der bürgerlichen Gesellschaft aus einer absolutistischen in eine konstitutionelle zu überführende staatliche Herrschaft als demiurgischen Urheber beziehungsweise leviathanisches Transzendental einsetzt und zur Geltung bringt, damit sie eben jenen für ihre eigene Überführung, ihre Konstitutionalisierung nötigen industriekapitalistischen Prozess der bürgerlichen Gesellschaft seiner offenbaren Rückständigkeit entreißt und mit aller ihr zu Gebote stehenden staatlichen Macht vorantreibt. So monströs sich aber auch dieser als eine Art petitio principii daherkommende und nämlich das durch den Prozess zu erzielende Ergebnis als für den Prozess erforderliche Voraussetzung in Anspruch nehmende Entwicklungsgang, politisch gesehen, darbieten mag, ökonomisch jedenfalls zahlt er sich aus! Ihm nämlich ist es geschuldet, dass nicht einmal zwei Jahrzehnte nach seiner Gründung das Deutsche Reich den industriekapitalistischen Vorsprung der Nachbarn bereits wettgemacht und letztere sogar in manchen Industriezweigen überholt und nicht nur auf dem heimischen Markt, sondern auch im internationalen Rahmen Wettbewerbsfähigkeit erlangt hat.

Als verräterisches Indiz beziehungsweise symptomatischer Beweis der unter staatlicher Anleitung und Regie derart rasch von ihm erreichten industriekapitalistischen Reife kann gelten, dass das Deutsche Reich seine als Imperialismus nach innen charakterisierte ausschließliche Beschränkung und Konzentration auf die reichsinterne ökonomische Entwicklung im Laufe der achtziger Jahre aufgibt und sich verspätet auf den von den Nachbarn schon jahrzehntelang gepflegten Imperialismus sans phrase, die militärisch-bürokratisch flankierte, sprich, staatlich initiierte und organisierte Erschließung von Ressourcen und Märkten auf anderen Kontinenten, verlegt, um nicht zu sagen wirft, wobei freilich die Verspätung dem Unternehmen ein Moment von, praktisch gesehen, ausgemachter Gesuchtheit und, strategisch genommen, sinnloser Künstlichkeit verleiht, weil es darauf hinausläuft, in einer bereits weitgehend weggegebenen, in Kolonialsphären aufgeteilten überseeischen Welt Winkel und Leerstellen aufzustöbern, mit denen man prätendieren kann, auch auf diesem Felde den Nachbarn das Wasser reichen zu können, und mit denen man sich doch eher einen lähmenden Klotz aus militärischen Verpflichtungen und diplomatischen Verstrickungen ans Bein bindet, ganz abgesehen davon, dass sie, politisch-ökonomisch gesehen, mehr Kosten verursachen als Gewinn abwerfen.

Was die als Imperialismus nach innen charakterisierte und dem bürgerköniglichen Laissez-faire des französischen Nachbarn eine ganz neue aktive Bedeutung und transitive Richtung vindizierende staatliche Planung und Lenkung der industriekapitalistischen Aufholjagd so effektiv und durchschlagend macht, sind zum einen die massiven Investitionsprogramme, die, finanziert nicht zuletzt durch die dem besiegten französischen Kaiserreich abgepressten Reparationszahlungen, das neue Deutsche Reich auflegt und mit denen es in den ersten, deshalb als Gründerzeit apostrophierten Jahren seines Bestehens eine stürmische Entwicklung hinsichtlich infrastruktureller Projekte und industrieller Unternehmungen in Gang setzt. Zum anderen und wichtiger beziehungsweise nachhaltiger noch erhält der Aufholprozess dadurch Schwung und Stoßkraft, dass wesentlicher Bestandteil des staatlichen Engagements, zentrales Element der vom Staat in Sachen industriekapitalistische Entwicklung übernommenen Planungs- und Lenkungsrolle der Auf- beziehungsweise Ausbau des vom Staat finanzierten und kontrollierten Bildungswesens, der öffentlichen Schulen und Hochschulen, der akademischen Forschung und der polytechnischen Ausbildung, ist – und dies mit dem dezidierten Ziel, die intellektuelle Rationalität und das technische Ingenium, die mittels jener Einrichtungen gepflegt und gefördert werden, für die infrastrukturelle Erneuerung und die industrielle Entwicklung nutzbar beziehungsweise ihr dienstbar zu machen.

Das staatlich initiierte beziehungsweise sanktionierte Gewicht, das damit auf eine die Empirie analysierende Systematik und eine die Praxis antizipierende Reflexion gelegt wird, sorgt dafür, dass der industriekapitalistische Nachholprozess sich nicht in einer bloßen Aufholjagd erschöpft, sondern die Züge eines industrielle Empirie und technische Praxis gleichermaßen tangierenden Paradigmenwechsels hervorkehrt. In dem Maße, wie traditionelle, naturwüchsig-empirische Herangehensweisen auf breiter Front und mit normativer Verbindlichkeit durch neue, wissenschaftlich-systematische Vorgehensweisen sei's ersetzt, sei's unterstützt werden, entpuppt sich der Rückstand als Chance, sich an die Spitze zu setzen, verwandelt sich das Nachholen in die via regia zum Überholen. Ausgehend vom andernorts in Praxis und Theorie, Anwendung und Forschung bereits erreichten Entwicklungsstand, um teils vorhandene Anwendungen und Praktiken im Blick auf Rationalisierungsmöglichkeiten und Effektivitätsgewinne zu reflektieren und zu analysieren, teils für szientifische Erkenntnisse und Forschungsergebnisse praktische Anwendungsgebiete und industrielle Verwertungsperspektiven zu erschließen, gelingt es der vom staatlichen spiritus rector, zu dem sich der leviathanische Reichsgründer epiphaniert, intellektuell nicht weniger als finanziell geleiteten beziehungsweise gelenkten Wirtschaft des neu gegründeten Deutschen Reichs binnen zweier Jahrzehnte, durch die Schaffung neuer Produktionszweige und die Herstellung neuer Produkte, die Erfindung neuer Materialien und verbesserter Werkzeugtechniken sowie die Entwicklung neuer Verfahren der Rohstoffgewinnung und der industriellen Fertigung auf den internationalen Märkten Fuß zu fassen und teils dank der mit den neuen Produkten möglichen Erschließung beziehungsweise Füllung von Marktlücken, teils aufgrund der den neuen Gewinnungs- und Fertigungsverfahren geschuldeten Verwohlfeilerung des Angebots Konkurrenzfähigkeit zu erlangen.