6. Die Entstehung des Marktes

Die besondere Konstellation im Mittelmeerraum ermöglicht eine Überwindung der innerterritorialherrschaftlichen Stagnation des Handelssystems durch die Einbeziehung außerterritorialherrschaftlicher Populationen, die als reine, mit Edelmetall versehene Konsumenten für die zur Fortsetzung der Akkumulationsstrategie erforderliche verallgemeinerte Nachfrage sorgen.

Angesichts so vieler teils geradezu paradox anmutender, teils hoffnungslos spezifisch erscheinender Konditionen könnte man den von ihnen abhängenden Fall einer Überwindung des in fronwirtschaftlich-territorialherrschaftlichen Gesellschaften früher oder später eintretenden kommerziellen Stagnationszustands für so gut wie ausgeschlossen halten. Tatsächlich aber haben wir mit dem Ensemble jener Konditionen nichts weiter als einen historisch nicht weniger realen als systematisch exzeptionellen Fall, nämlich eine in der ersten Hälfte des ersten Jahrtausends v. Chr. im Mittelmeerraum bestehende Situation, beschrieben. Und so gewiss unsere scheinbar bloß theoretischen Überlegungen in Wahrheit ein getreues Abbild der praktischen Verhältnisse einer bestimmten historischen Situation an einem bestimmten geographischen Ort zeichnen, so gewiss liefert nun diese bestimmte Situation, diese ebenso wirkliche wie unwahrscheinliche empirische Konstellation im Mittelmeerraum zu Beginn des ersten vorchristlichen Jahrtausends, die Probe aufs Exempel unserer These von der quasi natürlichen Bereitschaft des kommerziellen Kapitals, sich unter entsprechenden, die Stagnation zu verhindern geeigneten Bedingungen aller Patrifizierung beziehungsweise Gentrifizierung zu enthalten und seine Akkumulationsstrategie im vollen Umfange weiter zu verfolgen.

Dank der Tatsache, dass der östliche Teil des Mittelmeerraums von gesellschaftlich-politisch ebenso hoch differenzierten wie ökonomisch-technisch weit entwickelten Territorialherrschaften okkupiert wird, während im westlichen Teil gesellschaftlich-politisch ebenso unstrukturierte und zu autonomen Regionen partikularisierte wie ökonomisch-technisch rückständige und auf primitive, von aller Überflussproduktion weit entfernte Subsistenzwirtschaften beschränkte Stammesgruppen siedeln, existieren hier einerseits Gesellschaften, die auf dem Boden ihrer fronwirtschaftlichen Organisation ständig einen Überschuss an grundlegenden Subsistenzmitteln und Konsumgütern wie den oben genannten erzeugen, und andererseits Gemeinschaften, denen diese Befriedigungsmittel überhaupt abgehen oder jedenfalls nur in subsistenziell karger Menge zur Verfügung stehen und die deshalb nur zu bereit sind, den Territorialherrschaften die von ihnen produzierten Überschüsse abzunehmen. Und dank des Umstands aber, dass diese Stammesgemeinschaften Gebiete bewohnen, die relativ reich an leicht schürfbaren Vorkommen von Kupfer, Zinn, Silber und Gold sind, sind sie nicht nur hungrig nach den materialen Überschüssen ihrer territorialherrschaftlichen Nachbarn, sondern verfügen gleichzeitig auch über das pekuniäre Äquivalent, um mit Hilfe des kommerziellen Austauschsystems ihren Hunger zu stillen.

Das heißt, die Stammesgemeinschaften erfüllen die oben als paradox angesehene doppelte Bedingung, Mangel an grundlegenden materialen Befriedigungsmitteln zu leiden oder sie jedenfalls nicht im Überfluss zu besitzen, mithin keine auf materialen Reichtum sich stützenden territorialherrschaftlichen Austauschpartner zu sein, und doch aber wie die normalen herrschaftlichen Austauschpartner über beträchtliche Mengen des als allgemeines Austauschobjekt firmierenden Reichtumssymbols Edelmetall zu verfügen. Und diese paradox anmutenden neuen Austauschpartner leben dank der afrikanischen Wüsten und der südeuropäischen Gebirge, die sie im gemeinsamen Mittelmeerraum von ihren territorialherrschaftlichen Nachbarn trennen, von letzteren hinlänglich weit entfernt, um nicht in die beschriebene gewaltsame oder friedliche unmittelbare Konfrontation mit ihnen verstrickt zu werden, und gleichzeitig aber dank der relativ gut befahrbaren Wasserflächen, die ihre jeweiligen Küsten miteinander verbinden, immer noch nahe und erreichbar genug, um kommerzielle Unternehmungen in ihre Richtung nicht von vornherein aussichtslos erscheinen zu lassen und initiative kommerzielle Betreiber im Gegenteil zu Kontaktversuchen anzureizen.

Es ist diese, unserer obigen theoretischen Fallbeschreibung entsprechende, ausgefallen-faktische Situation, um nicht zu sagen einzigartig-praktische Konstellation, die dem kommerziellen System an der besagten Stelle und in dem genannten Zeitraum ermöglicht, die durch seine Beschränkung auf den territorialherrschaftlich-fronwirtschaftlichen Bereich gegebene Hemmschwelle zu überschreiten und, statt Zuflucht zu den gewohnten homöostatischen Mechanismen einer partiellen Patrifizierung beziehungsweise Gentrifizierung des kommerziellen Bereichs zu nehmen, vielmehr mit ungebremstem Impetus seine handelskapitale Akkumulationsstrategie fortzusetzen. Indem sich in den Händen der kommerziellen Betreiber dank ihrer Austauschaktivitäten kapitaler Mehrwert sammelt, der sich im Rahmen des territorialherrschaftlichen Austauschsystems als überflüssig erweist, weil er sich in keine materialen Befriedigungsmittel investieren lässt, für die sich auf Seiten der herrschaftlichen Austauschpartner ein qualitativ neues Bedürfnis wecken oder wenigstens ein quantitativ gesteigerter Bedarf mobilisieren ließe, bieten jene nichtherrschaftlichen und noch außerhalb des kommerziellen Systems, aber in verlockender Entfernung zu ihm positionierten Austauschpartner dank ihres aus territorialherrschaftlicher Sicht eigentlich paradoxen Zugleich von mangelndem materialem Reichtum und reichlich vorhandenem pekuniärem Reichtumssymbol den kommerziellen Betreibern Gelegenheit, ihren überflüssigen Mehrwert doch noch zu investieren und ihn als das, was er von Haus der kommerziellen Akkumulationsstrategie aus sein will, als Kapital, zu realisieren.

Die kommerziellen Betreiber brauchen nur ihr überflüssiges Kapital in jene grundlegenden Befriedigungsmittel zu stecken, die von jeder der territorialherrschaftlichen Fronwirtschaften ebenso zuverlässig im Überfluss produziert werden, wie sie für die einzelnen territorialherrschaftlichen Austauschpartner eben deshalb als Objekte kommerziellen Austauschs, als Konsumgüter, uninteressant sind, und brauchen mit diesen Überschüssen nur die Fahrt übers Meer in die Küstenregionen im Westen des mittelmeerischen Großraums zu wagen – und schon treffen sie dort auf Gemeinschaften, die an jenen grundlegenden Befriedigungsmitteln Mangel leiden oder jedenfalls subsistenziell knapp mit ihnen versehen und deshalb nur zu bereit sind, sie ihnen im Austausch gegen das Edelmetall, das sie dank einer glücklichen Fügung immerhin besitzen, abzunehmen. Das heißt, sie treffen auf Gemeinschaften, die subjektiv willens und objektiv fähig sind, in die Bresche der im territorialherrschaftlichen Rahmen erlahmenden Konsumfront zu springen und dadurch, dass sie aufgrund ihres Mangels an materialem Reichtum das Bedürfnis nach fronwirtschaftlich erzeugten Allerweltsgütern als neuen kommerziell nutzbaren Faktor ins Spiel bringen, die handelskapitale Akkumulationsstrategie uneingeschränkt fortzusetzen und durch den Paradigmenwechsel von herrschaftlichen Luxusgütern und Prestigeobjekten zu subsistenziellen Massengütern und seriellen Konsumartikeln in der Tat auf ein neues Niveau zu heben erlauben.

Von ihren Handelsfahrten zu jenen außerhalb der territorialherrschaftlich-fronwirtschaftlichen Sphäre, aber in erreichbarer Entfernung von ihr siedelnden Gemeinschaften kehren die kommerziellen Betreiber im Sinne ihrer akkumulationsstrategischen Zielsetzung angemessen bereichert zurück – mit Mengen Edelmetall nämlich, die dem Quantum des in die Güter, die sie auf ihre Handelsfahrt mitnehmen, investierten Edelmetalls entsprechen, zuzüglich des Äquivalents für den materialen Mehrwert, um dessentwillen sie ihr Edelmetall in diese Güter investieren.

Häufig kehren sie sogar unangemessen bereichert zurück, mit Edelmetallmengen, die im Verhältnis zum investierten Quantum einen Zuwachs darstellen, der die für handelskapitale Investitionen übliche Mehrwertrate weit übersteigt. Der Grund hierfür ist eben in der Tatsache des jenen Gemeinschaften fehlenden Reichtums zu suchen: Einerseits lehrt die Gemeinschaften die ihnen als Normalzustand vertraute subsistenzielle Knappheit oder gar materielle Not den materialen Reichtum, den die kommerziellen Betreiber ihnen zuführen, höher zu schätzen, als diejenigen das tun, die ihn als das Moment des Überflüssigen am Überfluss, als Überschuss, kennen, und andererseits können sie mangels materialen Reichtums mit dem Edelmetall, das sie im Austausch gegen die ihnen zugeführten Güter hingeben, weniger anfangen als diejenigen, denen es als Reichtumssymbol, als gleichermaßen Repräsentant und Garant ihres materialen Reichtums, dient. Weil sie im Zweifelsfall mit dem Edelmetall nur seine ästhetischen Qualitäten verbinden beziehungsweise seine dem Vorbild territorialherrschaftlicher Herrlichkeit abgeschaute Eignung, gesellschaftliches Prestige wie etwa die Häuptlingswürde zu unterstreichen, sind die betreffenden Gemeinschaften zumal in den Anfängen des ihnen angetragenen kommerziellen Verkehrs häufig bereit, für die hochgeschätzten materialen Güter weit mehr pekuniäres Äquivalent zu bezahlen, als durch die in der territorialherrschaftlichen Sphäre eingebürgerten Austauschrelationen eigentlich gerechtfertigt.

Mit diesem, egal ob angemessen oder unangemessen vermehrten Edelmetall, diesem so oder so zur Gänze akkumulierten, uneingeschränkt verwerteten allgemeinen Äquivalent kehren die kommerziellen Betreiber in die fronwirtschaftlich-territorialherrschaftliche Sphäre zurück und haben dort keinerlei Mühe, es erneut zu investieren. Schließlich verfügen sie ja mit dem Edelmetall, das sie von ihren Handelsfahrten zurückbringen, über ein Gut, das auch dem erlahmtesten, an materialen Befriedigungsmitteln übersättigtsten herrschaftlichen Austauschpartner immer noch ins Auge sticht und von ihm allemal hoch genug geschätzt wird, um es, wofern die Gelegenheit sich ihm bietet, durch kommerziellen Austausch zu erwerben. Anders als die materialen Gebrauchsartikel ist ja, wie oben bereits bemerkt, das soziale Prestigeobjekt Edelmetall kein empirisch-reelles, Leib und Leben erhaltendes, sondern ein symbolisch-ideelles, Geist und Seele erquickendes Befriedigungsmittel und eben deshalb auch nichts, was den Beschränkungen des biologischen Stoffwechsels unterworfen wäre, nichts mit anderen Worten, wovon derjenige, der es begehrt, jemals genug, geschweige denn zuviel bekommen könnte.

Und schließlich ist das, was die kommerziellen Betreiber von den herrschaftlichen Austauschpartnern im Austausch gegen das ewig begehrenswerte Gut Edelmetall, das sie ihnen anbieten, erwerben wollen, das Überflüssigste am herrschaftlichen Überfluss, sind mit anderen Worten die von den kommerziellen Betreibern bei den herrschaftlichen Austauschpartnern nachgefragten Waren jene ebenso gewöhnlichen wie grundlegenden Befriedigungsmittel, von denen im Rahmen fronwirtschaftlicher Autarkie ebenso routinemäßig wie zwangsläufig Überschüsse produziert werden und die, weil in der territorialherrschaftlichen Sphäre alle Austauschpartner über sie verfügen und keiner, außer im Sonderfall einer Notzeit, sie dem anderen abzunehmen bereit ist, nicht einmal den Wert der Luxusgüter und Prestigeobjekte besitzen, mit denen im traditionell innerterritorialherrschaftlichen Handelsverkehr der Austausch hauptsächlich betrieben wird.

Solange bei den neuen, nichtterritorialherrschaftlichen Austauschpartnern im Westen des Mittelmeerraums das Bedürfnis nach in der territori-alherrschaftlich-fronwirtschaftlichen Sphäre routinemäßig erzeugten Grundartikeln vorhanden ist und die kommerziellen Betreiber genug Unternehmungsgeist beweisen, um auf dem Seeweg für seine Befriedigung zu sorgen, scheint demnach das Problem der innerhalb der territorialherrschaftlichen Sphäre aufgetretenen Stagnation des kommerziellen Systems vom Tisch und scheint einer kontinuierlichen Verfolgung der kommerziellen Akkumulationsstrategie, sprich, einer ebenso ständigen wie vollständigen Redinvestition und Kapitalisierung des im jeweils vorangegangenen zirkulativen Durchgang erzielten Mehrwerts nichts im Wege zu stehen. Dank des Nothelfers jener über Edelmetall verfügenden nichtterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften und des von ihnen ins Spiel gebrachten Wundermittels eines mangels eigener Produktion umfassenden Bedürfnisses nach in der territorialherrschaftlichen Sphäre im Überfluss erzeugten subsistenziellen Grundnahrungsmitteln beziehungsweise konsumtiven Grundartikeln können die kommerziellen Betreiber den durch ihre traditionellen Austauschaktivitäten innerhalb der territorialherrschaftlichen Sphäre erzielten und dort aber mangels konsumtiver Nachfrage nicht weiter verwertbaren, als Kapital verwendbaren Mehrwert dennoch akkumulativ einsetzen und so, statt in der Entwicklung des kommerziellen Systems an Grenzen zu stoßen, diese Entwicklung vielmehr durch Einbeziehung jener neuen Gemeinschaften in den Geltungsbereich des Systems auf lange Sicht sicherstellen.

So weiträumig sind die den kommerziellen Aktivitäten sich neu erschließenden Territorien und so umfänglich ist gleichermaßen der den dortigen Gemeinschaften wegen des niedrigen Stands ihrer Naturbearbeitung eigene Mangel an ackerbaulichen Erzeugnissen und handwerklichen Artikeln und die ihnen dank reicher Edelmetallvorkommen verfügbare Menge an allgemeinem Äquivalent, um jene Erzeugnisse und Artikel einzutauschen, dass die langfristige Sicherung des Akkumulationsprozesses nicht etwa nur den im traditionellen Rahmen der territorialherrschaftlichen Sphäre selbst erwirtschafteten Mehrwert betrifft, sondern auch und ebenso sehr den im Zuge der neuen Handelsbeziehungen erzielten Gewinn einbegreift.

Wäre dies anders und würden die neuen Handelsbeziehungen zwar die Möglichkeit eröffnen, die in den innerterritorialherrschaftlichen Austauschbeziehungen erzielten Überschüsse durch Redinvestition zu verwerten, hingegen die in ihrem Rahmen, im außerterritorialherrschaftlichen Handelsverkehr, erzielten Überschüsse vor den gleichen Fall mangelnder Investitionschancen bringen, vor dem zuvor die im innerterritorialherrschaftlichen Austausch erwirtschafteten Überschüsse standen, es wäre mit jener Erweiterung des Austauschsystems wenig oder nichts gewonnen, wäre, genauer gesagt, damit nichts weiter gewonnen als ein kurzer Aufschub der Stagnation und ihre anschließende Reproduktion in durch die neuen Handelsbeziehungen erweiterter Form und vergrößerter Dimension.

Gewährleistet wird die massive kommerzielle Entlastungsfunktion, die die neuen Handelspartner erfüllen und die darin besteht, dass sie für eine investive Verwertung des gesamten, innerhalb der territorialherrschaftlichen Sphäre und außerhalb ihrer erzielten Mehrwerts die Möglichkeit eröffnen, durch eine die neuen Handelspartner auszeichnende Besonderheit, die in einem direkten Zusammenhang mit dem ihnen attestierten Mangel an grundlegenden Subsistenzmitteln und Konsumgütern steht und diesem an Merkwürdigkeit in nichts nachsteht. Gemeint ist die Tatsache, dass ihres niedrigen technischen Entwicklungsstands und Produktionsniveaus wegen diese von den kommerziellen Betreibern zur Entlastung des territorialherrschaftlichen Austauschsystems aufgebotenen nichtterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften nicht nur Mangel an den in der territorialherrschaftlichen Sphäre gängigsten Gütern leiden, sondern auch, abgesehen von einigen als Luxusartikel oder Prestigeobjekte tauglichen Naturprodukten, umgekehrt wenig oder nichts zu bieten haben, woran die territorialherrschaftlichen Austauschpartner Interesse hätten und was sich in deren Sphäre also an den Mann oder die Frau bringen ließe. Die neuen, aus den unentwickelten Stämmen und Gemeinschaften im Westen bestehenden Handelspartner nehmen mithin als Produzenten, als Lieferanten von als materiale Befriedigungsmittel tauglichen Überschüssen, gar nicht in nennenswertem Maße am Austausch teil, sondern partizipieren daran fast ausschließlich in der Eigenschaft von Konsumenten: Sie nehmen den kommerziellen Betreibern, die mit den ihnen als Befriedigungsmittel geltenden territorialherrschaftlichen Überschüssen zu ihnen kommen, diese ab und tauschen sie gegen das Edelmetall ein, über das sie dank ihrer leicht schürfbaren Naturvorkommen verfügen und mit dem nun aber die kommerziellen Betreiber stante pede in die territorialherrschaftliche Sphäre zurückkehren, um es in weitere Überschüsse zu investieren und mit diesen zwecks Erwerbs weiteren mehrwertigen Edelmetalls erneut die Fahrt zu den Handelspartnern im Westen anzutreten.

Ein wirklicher, wechselseitiger Austausch findet hier praktisch nicht statt, vielmehr nur ein einseitiger Abfluss territorialherrschaftlicher Überschüsse in nichtterritorialherrschaftliche Gebiete und ein korrespondierender Zufluss von Edelmetall aus den nichtterritorialherrschaftlichen Gebieten in die territorialherrschaftliche Sphäre. Genau diese Einseitigkeit des Austauschs aber macht den Handelsverkehr mit den Gemeinschaften im Westen so wichtig und verleiht ihm solche Nützlichkeit im Blick auf die Bewältigung der in der territorialherrschaftlichen Sphäre selbst eingetretenen Stagnation und der aller Stagnationsgefahr zum Trotz akkumulationsstrategisch konsequenten Entfaltung des kommerziellen Systems.

Würde auch bei den nichtterritorialherrschaftlichen Austauschpartnern gelten, was bei den territorialherrschaftlichen normalerweise der Fall ist, dass nämlich jeder von ihnen in Personalunion Konsument und Produzent ist, das heißt, Befriedigungsmittel bei den kommerziellen Betreibern eintauscht und Überschüsse an sie austauscht, würden also die kommerziellen Betreiber, kaum dass sie ihre territorialherrschaftlichen Überschüsse bei den nichtterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften los geworden sind, bei den letzteren den realisierten Wert der Überschüsse gleich wieder in neue Überschüsse investieren, mit dem Erlös gleich wieder weitere Waren erstehen und mit diesen in die territorialherrschaftliche Sphäre zurückkehren, um sie dort in ihrem Wert zu realisieren, die Folge wäre eine Überschwemmung des mangels Bedürfnis auf Seiten der herrschaftlichen Austauschpartner ohnehin bereits mit allzu vielen Gütern belasteten innerterritorialherrschaftlichen Austauschs, ein Mehr an Handelsartikeln, an denen der Bedarf entweder bereits gedeckt wäre oder gar kein Bedarf bestünde, kurz, eine Verschärfung der im kommerziellen System zuvor bereits eingetretenen Verstopfungs- oder Stagnationssituation.

Genau dies aber wird dank der rein konsumtiven Rolle der neuen Austauschpartner und ihres Mangels an marktgängigen Überschüssen vermieden: Solange das bei den außerterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften vorhandene Bedürfnis nach territorialherrschaftlichen Allerweltsgütern anhält, können dank der Verfügung jener Gemeinschaften über natürliche Edelmetallquellen die kommerziellen Betreiber ihre Akkumulationstätigkeit fortsetzen und kontinuierlich sich selbst verwertendes allgemeines Äquivalent, Mehrwert bildendes Kapital anhäufen, ohne sich um die der Entwicklung des Systems innerterritorialherrschaftlich gesteckten Grenzen Gedanken machen zu müssen, geschweige denn, an sie zu stoßen.

So gewiss die kommerziellen Betreiber nichts weiter tun, als herrschaftliche Überschüsse aus dem kommerziellen System der territorialherrschaftlichen Sphäre herauszuschaffen und draußen gegen allgemeines Äquivalent auszutauschen, sprich, in ihrem Wert zu realisieren, so gewiss erweist sich dieser Außenhandelsverkehr als goldmachender Stein der Weisen, der nämlich ihnen, den kommerziellen Betreibern, erlaubt, aufgrund der nichtterritorialherrschaftlichen Nachfrage ihre Akkumulationstätigkeit auf ganzer Linie zu verfolgen, ohne dass ihnen das erlahmende Bedürfnis und die seinetwegen beschränkte Nachfrage ihrer territorialherrschaftlichen Austauschpartner je einen Strich durch die Rechnung machen könnte.

Ermöglicht wird den kommerziellen Betreibern die ungehemmte, von keiner Stagnation bedrohte Fortsetzung ihrer Akkumulationstätigkeit also eben dadurch, dass sie dank des reinen Konsumentendaseins ihrer nichtterritorialherrschaftlichen Austauschpartner den territorialherrschaftlichen Austauschpartnern für die Überschüsse, die sie ihnen abnehmen, keine anderen und neuen Überschüsse zurückbringen, die letztere als materiale Befriedigungsmittel wiederum konsumieren müssten, um sie in ihrem Wert zu realisieren, sondern einzig und allein bereits realisierten Wert, sprich, das universale Austauschobjekt Edelmetall, das den herrschaftlichen Austauschpartnern als soziales Befriedigungsmittel ins Auge sticht und nach dem sie ein wegen seiner rein sozialen Natur unstillbares, keinen leiblich-natürlichen Schranken unterworfenes Bedürfnis erfüllt, das sie jederzeit motiviert, es gegen weitere, von den kommerziellen Betreibern nachgefragte Überschüsse einzutauschen. Nicht von ungefähr liegt hier bei der Angabe des Grundes für das unstillbare herrschaftliche Bedürfnis nach Edelmetall der Akzent auf seinem Charakter als soziales Befriedigungsmittel, das heißt, auf seiner allem Kommerz vorausgesetzten archaischen Rolle als herrschaftliches Prestige verkörpernder Repräsentant und Garant materialen Reichtums, und bleibt die Funktion, in der es die kommerziellen Betreiber ja eigentlich ins Spiel bringen und zur Disposition stellen, eben die dem Edelmetall durch den kommerziellen Austausch vindizierte Rolle als universales Austauschobjekt oder allgemeines Äquivalent unerwähnt.

Als allgemeines Äquivalent nämlich, will heißen, um ihr konsumtives Potenzial, ihre kommerzielle Kaufkraft zu stärken, brauchen die herrschaftlichen Austauschpartner das Edelmetall ja gar nicht! Davon haben sie dank ihrer eigenen Edelmetallreserven und des Äquivalents, das sie für die Überschüsse einstreichen, die sie im Rahmen der innerterritorialherrschaftlich-traditionellen Austauschbeziehungen den kommerziellen Betreibern überlassen, ja bereits mehr als genug. Und sie brauchen davon auch nicht mehr, weil sie ja als autarke, im Überfluss lebende Konsumenten mittlerweile von eben jenem hohen Sättigungsgrad heimgesucht, von eben jenem Mangel an kommerziell zu befriedigenden Bedürfnissen befallen sind, der, wie ausgeführt, verantwortlich für den innerterritorialherrschaftlichen Stagnationszustand des kommerziellen Systems ist.

Wenn sie bereitwillig ihre materialen Überschüsse gegen das Edelmetall eintauschen, das die kommerziellen Betreiber von ihren Handelsfahrten in den Westen mitbringen, dann also nicht, weil es ihre Konsumkraft stärkt, sondern weil es ihnen als herrschaftliches Prestigeobjekt, als Repräsentant und Garant des ihre herrschaftliche Stellung begründenden materialen Reichtums ewig lieb und teuer ist, was seinen Ausdruck darin findet, dass dieses Edelmetall nicht wieder in die Zirkulation wandert, nicht als Äquivalent für materiale Befriedigungsmittel ins kommerzielle System zurückkehrt, sondern seinen Weg in die herrschaftlichen Schatzkammern, in die Thesauri der Paläste und die Ärare der Tempel nimmt.

In der Tat liegt hierin die Anomalie der neuen, durch den Handel mit den nichtterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften heraufbeschworenen Situation der territorialherrschaftlichen Austauschpartner, die der oben bemerkten Anomalie in der kommerziellen Funktion eben jener nichtterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften durchaus korrespondiert: Wie die nichtterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften ausschließlich oder jedenfalls wesentlich in der Rolle von Konsumenten am kommerziellen Austausch teilhaben, so sind die territorialherrschaftlichen Austauschpartner, insoweit ihre Aufgabe sich darin erschöpft, die für den Konsum jener nichtterritorialherrschaftlichen Austauschpartner erforderlichen Überschüsse hervorzubringen beziehungsweise zu liefern, eben ausschließlich oder wesentlich als Produzenten beziehungsweise Lieferanten am kommerziellen Austausch beteiligt. So wenig sie das allgemeine Äquivalent, das sie für ihre Überschüsse erhalten, zur Stärkung ihrer Konsumkraft brauchen beziehungsweise für konsumtive Zwecke verwenden und so sehr sie es vielmehr, kaum dass sie in seinen Besitz gelangt sind, in seiner neuen, kommerziellen Rolle als universales Austauschobjekt oder allgemeines Äquivalent abdanken und auf seine alte, traditionelle Funktion als herrschaftliches Prestigeobjekt oder symbolischer Reichtum regredieren lassen, so sehr geben sie sich als das genaue Gegenstück zu den nichtterritorialherrschaftlichen Austauschpartnern zu erkennen und figurieren, wie die letzteren ausschließlich als Güter aus dem Austausch beziehende Konsumenten ins Spiel kommen, so ihrerseits ausschließlich als eben diese Güter für den Austausch liefernde Produzenten.

Weil indes diese ihre dem reinen Konsumentenstatus der nichtterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften korrespondierende reine Produzenten- oder Lieferantenrolle eingebettet bleibt in ihre traditionelle Stellung als herrschaftliche Austauschpartner, will heißen, integrierendes Moment der Doppelrolle bleibt, die sie als in einer Person Konsument und Produzent traditionellerweise spielen, fällt sie den kommerziellen Betreibern als Novum, als in ihrer Einseitigkeit und Abstraktheit neuartige und nämlich allein durch die Expansion des kommerziellen Austauschs über die Grenzen der territorialherrschaftlichen Sphäre hinaus ins Leben gerufene Relation, gar nicht weiter auf und präsentiert sich ihnen vielmehr als ganz und gar in der Kontinuität der traditionellen Austauschbeziehungen bleibendes Verhältnis. Einer Kontinuität, die sich allerdings nun aufgrund jener den herrschaftlichen Austauschpartnern zugewiesenen besonderen Produzenten- oder Lieferantenrolle gegen alle innerterritorialherrschaftliche Stagnationsdrohung durchzusetzen und zu behaupten vermag und den kommerziellen Betreibern eine uneingeschränkte Fortsetzung ihrer Akkumulationsstrategie ermöglicht – und das allein interessiert die letzteren.

Begierig greifen sie die ihnen durch den Handel mit den außerterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften im Westen sich bietende Chance zur Fortsetzung ihrer Akkumulationsstrategie auf und haben bald schon die Küsten des westlichen Mittelmeers mit einem Netz von Faktoreien und kolonialen Siedlungen überzogen, die ihnen als Stützpunkte dienen, um den Handel mit den neuen Austauschpartnern in der Umgebung und im jeweiligen Hinterland zu organisieren und abzuwickeln. Einen Handel, der wegen der Größe der neu erschlossenen Gebiete und wegen der besonderen politisch-ökonomischen Situation derer, die diese Gebiete besiedeln, wegen der Tatsache also, dass die Betreffenden, obwohl über reichlich allgemeines Äquivalent verfügend, doch zugleich Mangel an den grundlegendsten und in der territorialherrschaftlichen Sphäre gängigsten materialen Gütern leiden, ein gewaltiges Entwicklungspotenzial besitzt und auf lange Zeit die handelskapitale Akkumulation der kommerziellen Betreiber sicherzustellen verspricht.

Oder vielmehr sicherzustellen verspräche, wären da nicht die territorialherrschaftlichen Austauschpartner, die erneut Sand ins Getriebe der Austauschaktivitäten zu streuen und den kommerziellen Betreibern das von Seiten der neuen Konsumenten unabsehbar lukrativ sich suggerierende Geschäft zu vermasseln drohen. Sie waren es, die zuvor in ihrer Rolle als Konsumenten eine durch ihre Autarkie und ihr Leben im Überfluss bedingte Bedürfnisschwäche oder Appetitlosigkeit an den Tag legten und damit den innerterritorialherrschaftlichen Stagnationszustand des kommerziellen Systems heraufbeschworen, den die kommerziellen Betreiber nur durch die Ausdehnung ihrer kommerziellen Aktivitäten auf neue, nichtterritorialherrschaftliche Austauschpartner zu überwinden vermochten. Und sie sind es jetzt, die sich in der durch jene Ausdehnung ihnen zufallenden neuen Rolle als die nötigen Überschüsse für den Handelsverkehr mit den nichtterritorialherrschaftlichen Austauschpartnern zur Verfügung stellende Produzenten oder Lieferanten den kommerziellen Anforderungen abermals nicht gewachsen zeigen und deshalb zum Hemmschuh für den Fortgang der Akkumulationstätigkeit und die mit ihr synonyme Entwicklung des kommerziellen Systems zu werden drohen.

Nicht, dass die territorialherrschaftlichen Austauschpartner die im Zuge ihrer fronwirtschaftlichen Reichtumserzeugung als überflüssig anfallenden oder – mit Rücksicht auf die Unwillkürlichkeit und Akzidentialität solcher Überflussproduktion besser gesagt – abfallenden Überschüsse nicht bereitwillig für das allgemeine Äquivalent hingäben, das die kommerziellen Betreiber ihnen dafür bieten und das sie, auch wenn sie es als allgemeines Äquivalent oder Passepartout des Austauschs gar nicht brauchen, doch allemal als symbolischen Repräsentanten und Garanten ihres Reichtums, mithin als herrschaftliches Prestigeobjekt wertschätzen und gern entgegennehmen! Nicht also, dass sie nicht guten Willens wären, den kommerziellen Betreibern alle Überschüsse, über die sie verfügen und die jene brauchen können, zu überlassen!

Das Problem ist vielmehr, dass dank der umfassenden Handelsperspektiven, die jene neuen, von den kommerziellen Betreibern erschlossenen Regionen dem Handelsverkehr eröffnen, die territorialherrschaftlichen Austauschpartner bald schon nicht mehr über genug Überschüsse verfügen, um der Nachfrage der kommerziellen Betreiber nachzukommen und den durch ihren Handel mit jenen Regionen immer größer werdenden Bedarf zu decken. Und zum Hemmschuh für die kommerzielle Entwicklung drohen in dieser problematischen Situation die territorialherrschaftlichen Austauschpartner deshalb zu werden, weil sie sich im Rahmen ihres fronwirtschaftlichen Reichtumserzeugungssystems ebenso unfähig wie unwillig zeigen, für eine Vermehrung der von den kommerziellen Betreibern nachgefragten Überschüsse zu sorgen. Die formelle oder technische Möglichkeit dazu hätten sie durchaus: So könnten sie etwa ihre fronwirtschaftlich arbeitenden Untertanen zu größeren Arbeitsleistungen antreiben, könnten sich zwecks einer größeren Produktionsleistung um technische Neuerungen und effektivere Verfahrensweisen bemühen, könnten schließlich ihre fronwirtschaftliche Produktion im Sinne einer stärkeren Berücksichtigung der neuen kommerziellen Nachfrage abwandeln oder überhaupt umstellen.

Sozial oder praktisch indes fehlt ihnen zur Realisierung dieser Möglichkeit jeglicher Ansporn. Zwar tauschen sie für ihre vorhandenen Überschüsse gern allgemeines Äquivalent ein, um es in seiner reduzierten Eigenschaft als herrschaftliches Reichtumssymbol ihren Thesauren und Äraren einzuverleiben; aber ihr bewährtes fronwirtschaftliches Produktionssystem und ihre darauf fußende soziale Organisation einer Revision zu unterziehen oder gar zu verändern, nur um durch eine Vergrößerung der Überschussmengen in noch stärkerem Maße Schatzbildung betreiben zu können, kommt ihnen nicht in den Sinn, geschweige denn, dass es für sie in Frage käme.

Schließlich ist es dieses tradierte fronwirtschaftliche System, das ihnen erstens den nötigen Reichtum verschafft, um ein herrschaftliches Leben im Überfluss führen zu können, das ihnen zweitens erlaubt, mit Hilfe des von den kommerziellen Betreibern als universales Austauschobjekt zur Geltung gebrachten herrschaftlichen Prestigeobjekts Edelmetall eventuelle Mangelsituationen zu beheben und ihrem Leben im Überfluss eine auch durch das beste eigene Produktionssystem nicht zu gewährleistende Kontinuität zu verleihen, und das ihnen drittens und zu allem Überfluss nun auch noch gestattet, dank ihrer Rolle als Produzenten oder Lieferanten für jenen über die Grenzen der territorialherrschaftlichen Sphäre hinaus betriebenen neuen Handel den Verlust an Edelmetall, den ihr eigener, ihrem Leben im Überfluss zusätzliche Kontinuität verbürgender kommerzieller Konsum mit sich bringt, nicht mehr nur teilweise zu ersetzen, sondern mehr noch in toto wettzumachen und sogar mit dem Resultat einer fortlaufenden Schatzbildung überzukompensieren. Wie sollten wohl angesichts dieser dreifachen Hinsicht, in der sich das fronwirtschaftliche System bewährt, und unter dem Eindruck also der mehrfachen Vorteile, die es ihnen bringt, die territorialherrschaftlichen Austauschpartner geneigt sein, es um eines weiteren geringfügigen Vorteils willen umzukrempeln oder jedenfalls durch allerlei Neuorientierungen und Veränderungen in seiner bewährten Form zur Disposition zu stellen?

Geringfügig nämlich muss ihnen jener weitere Vorteil, der ihnen für ihre Bereitschaft, ins bewährte fronwirtschaftliche System verändernd einzugreifen, winkt, zweifellos erscheinen, da er ja nichts weiter beinhaltet, als eine bloß graduelle Steigerung oder rein quantitative Vergrößerung des bereits genutzten dritten Vorteils einer durch den außerterritorialherrschaftlichen Handelsverkehr ermöglichten schatzbildnerischen Überkompensation des Verlusts an Edelmetall, den der als zweiter Nutzen fronwirtschaftlicher Reichtumserzeugung angeführte Mechanismus kommerzieller Mangelbehebung mit sich bringt. Was die herrschaftlichen Austauschpartner durch die oben ins Auge gefassten Veränderungen des fronwirtschaftlichen Systems erreichen könnten, wäre einzig und allein eine Vergrößerung der Überschüsse, die sie auch so schon erzielen, und eine entsprechende Vermehrung des Quantums Edelmetall, das ihnen ihre Überschüsse auch so schon eintragen.

Nicht dass nicht der Appetit der territorialherrschaftlichen Austauschpartner auf das soziale Befriedigungsmittel Edelmetall in der Tat unersättlich ist und sich deshalb durch den entsprechenden äußeren Reiz, durch eine sich bietende Gelegenheit, ihn zu befriedigen, jederzeit wecken lässt! Um aber die territorialherrschaftlichen Austauschpartner nicht nur passiv reagieren, sondern aktiv initiativ werden zu lassen, um sie dazu zu bringen, ihr bewährtes fronwirtschaftliches System von sich aus in Frage zu stellen und umzugestalten, wäre nicht bloßer Appetit, sondern wirklicher Hunger, kein zur Reaktion motivierender äußerer Reiz, sondern ein als Intention sich realisierender innerer Antrieb nötig – und daran fehlt es den Betreffenden durchaus!

Obwohl die kommerziellen Betreiber gegenüber den ihnen unmittelbar zuarbeitenden Produzenten, die sie neu rekrutieren, die gleichen Vertragsbedingungen geltend machen wie gegenüber ihren herrschaftlichen Austauschpartnern, bietet der Vertrag den neuen Produzenten Vorteile insbesondere prospektiver Art, die zwischen ihnen und den kommerziellen Betreibern eine zukunftsweisende Interessengemeinschaft stiften.

Wie die territorialherrschaftlichen Austauschpartner vorher in ihrer Funktion als Konsumenten den kommerziellen Betreibern das Leben schwer machen und nämlich mangels kommerziell mobilisierbarer Bedürfnisse das Austauschsystem in die Krise eines dauerhaften Stagnationszustands zu stürzen drohen, so drohen sie nun in ihrer neuen exklusiven Produzentenrolle den kommerziellen Betreibern in die Parade zu fahren und nämlich den von letzteren zur Überwindung der Stagnationsgefahr angestrengten Austausch mit den außerterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften mangels hinreichender Quanten kommerziell verwertbarer Überschüsse in seiner Fortentwicklung zu hemmen.

Um die für die neuen Absatzgebiete im Westen benötigten Überschüsse in genügender, will heißen, dem akkumulationsbedingten Wachstum des Austauschvolumens entsprechender Menge beschaffen zu können, müssten die kommerziellen Betreiber direkten Einfluss auf die fronwirtschaftliche Produktion nehmen und diese ihren Ansprüchen entsprechend umorientieren beziehungsweise reorganisieren können. Wie aber sollen sie hierzu in der Lage sein, da sich ja der ganze Produktionsapparat per definitionem seiner fronwirtschaftlichen Verfasstheit fest in den Händen der territorialherrschaftlichen Austauschpartner befindet und deren soziale Dominanz beziehungsweise politische Macht groß genug sind, um jeden Eingriff in ihre ökonomische Gerechtsame jederzeit verhindern beziehungsweise unterbinden zu können.

Indes, so sehr es stimmt, dass die territorialherrschaftlichen Austauschpartner als Herren des Reichtums auch und wesentlich Herren des Produktionsapparats sind, der den Reichtum erzeugt, und so sehr die fronwirtschaftliche Verfasstheit dieses Apparats dafür sorgt, dass die wesentlichen gesellschaftlichen Produktionsprozesse mitsamt dem sie betreibenden Personal herrschaftlicher Verfügung unterworfen und keiner Veränderung beziehungsweise Neuorientierung zugänglich sind, die nicht von herrschaftlicher Seite gewollt oder sanktioniert wäre – für den ausnahmslos ganzen Produktionsapparat gilt das in dem historischen Zeitraum, in dem wir uns hier bewegen, tatsächlich schon nicht mehr!

Und zwar ist es die Entwicklung des kommerziellen Systems selbst, die dieses anfänglich uneingeschränkte Prinzip der Eingebundenheit der gesellschaftlichen Produktion in die territorialherrschaftliche Souveränität und der Beschränkung der kommerziellen Funktion auf die reine Zirkulation, das heißt, auf nichts als den Austausch der ihr vom herrschaftlichen Bereich überlassenen Überschüsse aufweicht und modifiziert. In dem Maß nämlich, wie die ursprünglich bloßen Funktionäre und abhängigen Faktota ihrer herrschaftlichen Austauschpartner sich zu eigeninitiativ agierenden Kaufleuten und Impresarii mausern und wie infolge der ihr Tun bestimmenden Akkumulationsstrategie ihre Austauschaktivitäten expandieren und ihre kommerzielle Unternehmung wächst, gewinnt letztere ein empirisches Dasein und organisatorisches Corpus, das zu seiner Schaffung und Erhaltung ebenso eigene wie spezifische Erzeugungs- und Versorgungseinrichtungen erforderlich werden lässt.

Zumal nachdem die kommerziellen Betreiber zwecks Überwindung des in der territorialherrschaftlichen Sphäre drohenden Stagnationszustands begonnen haben, mittels Handelsfahrten zur See nichtterritorialherrschaftliche Gebiete in das Austauschsystem einzubeziehen, ist der Bedarf an Arbeitsleistungen, die der kommerzielle Betrieb als solcher erheischt, ebenso enorm wie evident. Um die Handelsgüter zu sortieren, zu verpacken, zu verladen und zu transportieren, braucht es neben anderen, für die Kommunikation, Lagerführung und Buchhaltung zuständigen Dienstkräften Lastenträger, Stauer, Fuhrknechte, Seeleute und sonstige Handlanger. Und nicht nur solche persönlichen Dienstleistungen sind zur Durchführung und Aufrechterhaltung des kommerziellen Betriebes nötig, sondern auch jede Menge handwerkliche Sachleistungen: Die Handelsfahrzeuge, Wagen und Schiffe, müssen gebaut, gewartet und repariert, für die Verpackung der Güter müssen Kisten und Truhen gezimmert, Krüge und Töpfe aus Ton gebrannt, für Segel, Säcke und Arbeitskleidung Stoffe gewebt und Häute gegerbt, für die Schaffung von Faktoreien und Kolonien, Lagerplätzen und Stützpunkten müssen Gebäude errichtet und ausgestattet und die erforderlichen Lebensmittel erzeugt werden.

Sich all die in diesem Zusammenhang nachgefragten Produkte, die ganze für den Unterhalt des kommerziellen Betriebes selbst erforderliche Güterpalette, bei den territorialherrschaftlichen Austauschpartnern und also auf dem gewohnten kommerziellen Weg zu beschaffen, ist unmöglich: Nicht nur wäre es viel zu umständlich und mühsam, all diese für den kommerziellen Eigenbetrieb nötigen Güter in den umliegenden Territorien ausfindig zu machen und durch eben den Handelsverkehr, den sie dann ermöglichen sollen, erst einmal zu beschaffen, ein solches Unterfangen wäre auch überhaupt zum Scheitern verurteilt, weil viele der Güter von vornherein zu spezifisch, will heißen, zu sehr auf den kommerziellen Betrieb bezogen und durch ihn bestimmt sind, als dass sie in der fronwirtschaftlich-territorialherrschaftlichen Sphäre überhaupt erzeugt würden und sich dort also beschaffen ließen.

Von Anfang ihrer Etablierung als korporative Einrichtungen und mit Personal und Sachmitteln ausgestattete gesellschaftliche Organisation sehen sich demnach die kommerziellen Unternehmen beziehungsweise deren Betreiber genötigt, zur Aufrechterhaltung des Betriebes nicht etwa nur persönlich Dienstleistende, sondern auch und ebenso sehr handwerklich Sachleistende, Zimmerleute, Schmiede, Seiler, Weber, Gerber, Segelmacher, Färber, Töpfer, Steinmetze, Landwirte usw., sei's aus den umliegenden Territorien zu rekrutieren, sei's in den eigenen Reihen heranzuziehen und als der fronwirtschaftlich-territorialherrschaftlichen Verfügung entzogene und dem kommerziellen System unmittelbar zuarbeitende Produzenten in Anspruch zu nehmen.

Damit ist nun aber das oben behauptete und die kommerziellen Betreiber von jeglichem Einfluss auf die gesellschaftliche Arbeit und ihre Disposition ausschließende Monopol der herrschaftlichen Austauschpartner auf den Produktionsbereich tatsächlich bereits gebrochen, und die kommerziellen Betreiber können ebenso gewiss, wie sie über unmittelbar ihnen zugeordnete und nicht schon in den territorialherrschaftlichen Produktionsapparat integrierte Arbeitskräfte verfügen, durch die angedeuteten Mechanismen und Strategien einer Umorientierung dieser Arbeitskräfte, einer technischen Verbesserung ihrer Arbeitsmittel und einer Reorganisation ihrer Arbeitsprozesse versuchen, die Produktionsleistung sei's quantitativ zu steigern, sei's qualitativ zu konzentrieren und so in eigener Regie dem dank des neuen außerterritorialherrschaftlichen Handelsverkehrs wachsenden Bedarf an diesem oder jenem Überschussprodukt Befriedigung zu verschaffen.

Allerdings täuscht die Rede von der eigenen Regie, insofern sie den kommerziellen Betreibern, was deren Einwirkungsmöglichkeit auf die ihnen zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte betrifft, eine der Machtfülle der territorialen Herren entsprechende Befehlsgewalt und Durchsetzungskraft unterstellt, über das Problem, mit dem sich die kommerziellen Betreiber hierbei konfrontiert sehen, gründlich hinweg. Tatsächlich üben die kommerziellen Betreiber ja keine der Herrschaft der territorialen Herren vergleichbare soziale Kontrolle und politische Macht über die ihnen unmittelbar zuarbeitenden Produzenten aus. Sowenig sie über territorialherrschaftliche Macht und das daran geknüpfte Recht auf fronwirtschaftliche Ausbeutung, auf die direkte Inanspruchnahme der von den Bewohnern des Territoriums geleisteten Arbeit und des durch diese Arbeit erzeugten Überflusses, verfügen, sowenig können sie die ihnen zuarbeitenden Arbeitskräfte als für sie fronende Untertanen, als Knechte, zwangsverpflichten. Wenn sie die aus dem territorialen Umland rekrutierten beziehungsweise in den eigenen Reihen herangezogenen Produzenten für sich arbeiten lassen, dann nicht als ihnen durch höhere Gewalt unterworfene, persönlich von ihnen abhängige Subjekte, sondern als durch gemeinsames Interesse mit ihnen verbundene, ihnen partnerschaftlich assoziierte Kontrahenten.

Und die Klauseln des Kontrakts, die Bedingungen, die ihr Vertragsverhältnis zu diesen neuen, sie auf direktem Weg, ohne herrschaftliche Vermittlung beliefernden Produzenten regeln, sind dabei haargenau die gleichen wie jene, die ihre Beziehung zu den alten Geschäftspartnern, den als Fronherren ihrer Untertanen firmierenden und über deren Produkte verfügenden Territorialherren bestimmen – die einzigen Vertragsbedingungen, die den kommerziellen Betreibern überhaupt in den Sinn kommen und etwas sagen, weil sie in der Tat die Grundprinzipien sämtlicher akkumulationsorientiert kommerziellen Aktivität darstellen, schlechterdings konstitutiv für alles kaufmännische Treiben sind: die beiden Bedingungen nämlich, die da besagen, dass erstens den allgemeinen Inhalt des Vertrags ein nach Maßgabe des Äquivalenzprinzips vollzogener Austausch zwischen den von den Produzenten gelieferten materialen Überschüssen und dem von den kommerziellen Betreibern dafür den Produzenten überlassenen pekuniären Gegenwert bildet und dass zweitens aber wegen der oben explizierten Tatsache einer hierbei statthabenden Verwandlung überflüssiger Überschüsse in nützliche Kaufkraft oder, um noch einmal das obige Bild zu bemühen, Goldspinnerei aus Stroh eine besondere Klausel des Vertrags in der Modifizierung des Äquivalenzprinzips zugunsten der diese für die Produzenten vorteilhafte Metamorphose vollbringenden kommerziellen Betreiber besteht.

Mit anderen Worten, die kommerziellen Betreiber verfahren mit ihren hauseigenen Produzenten haargenau so, wie sie mit ihren herrschaftlichen Austauschpartnern umgehen: Sie verwandeln die materialen Überschüsse, die ihnen die Produzenten liefern, in allgemeines Äquivalent und lassen sich die Tatsache, dass sie damit etwas, das aus Sicht der letzteren überflüssig und unnütz ist, in etwas überführen, das im Gegenteil für sie brauchbar ist und einen Nutzen hat, in der Weise honorieren, dass sie von der im konsumtiven Bereich üblichen Austauschrelation abweichen und an Wert in Gestalt der Überschüsse markant mehr einnehmen, als sie an Wert in Form des Äquivalents dafür ausgeben.

Wenn die kommerziellen Betreiber ihre der Fronherrschaft entzogenen und in ein Verhältnis der Unmittelbarkeit zum kommerziellen Treiben versetzten Produzenten vertraglich haargenau so behandeln wie ansonsten die mit den Produkten ihrer Fronknechte Handel treibenden Herren, so scheint dies nun zwar auf den ersten Blick nicht gerade geeignet, einen Unterschied im Verhalten der unmittelbaren Produzenten plausibel zu machen, sprich, einen Grund dafür zu liefern, warum die letzteren sich von den kommerziellen Betreibern stärker beeinflussen und in den Zielsetzungen und Formen ihrer Produktionstätigkeit effektiver disponieren lassen sollten. Muss nicht, dass die kommerziellen Betreiber den ihnen unmittelbar zuarbeitenden Produzenten die gleiche Behandlung angedeihen lassen, bei diesen auch die gleiche Reaktion hervorrufen, mit anderen Worten, sie ebenso immun gegen alle kommerzielle Einflussnahme, ebenso unansprechbar für jedes auf die Reorientierung oder Veränderung ihres Produktionssystems zielende kommerzielle Ansinnen erweisen wie die als Generalbevollmächtigte ihrer fronenden Untertanen auftretenden herrschaftlichen Austauschpartner? Wie stets und überall, so täuscht indes auch hier die formale Gleichbehandlung über die materiale Ungleichheit, den Unterschied der besonderen Lebensbedingungen und situativen Umstände derer hinweg, denen sie zuteil wird, und verstellt, wenn man sich bei ihr aufhält und auf sie fixiert, den Blick für die tatsächliche Verschiedenheit der Reaktionen, die sie jeweils provoziert.

Mögen die kommerziellen Betreiber ihre unmittelbaren Produzenten pro forma des Austauschkontrakts, den sie mit ihnen schließen, noch so sehr den herrschaftlichen Austauschpartnern an die Seite rücken oder gar gleichstellen, pro materia ihrer Lebensverhältnisse und subsistenziellen Umstände sind die ersteren den letzteren deshalb noch lange nicht gleich und alles andere als ebenbürtig. Anders nämlich als die herrschaftlichen Austauschpartner, bei denen die Überschüsse, die sie den kommerziellen Betreibern liefern, im Normalfall Ausfluss einer Situation allgemeinen Reichtums, eines herrschaftliche Autarkie garantierenden Überflusses in allen Bereichen dessen ist, was zum Leben nottut, sind die der herrschaftlichen Despotie entzogenen und dem Austausch unmittelbar zuarbeitenden Produzenten bar solchen umfassenden Reichtums und von einem Leben im Überfluss weit entfernt.

Zwar besitzen sie bestimmte, ihrer arbeitsteiligen Produktion, ihrer Spezialisierung entspringende Güter im Überfluss und können diesen Überfluss, weil sie ihn selber nicht zu nutzen, keinen eigenen Gebrauch von ihm zu machen vermögen, an die kommerziellen Betreiber als Überschuss abgeben; aber so sehr der Überfluss hier nur partiell, so wenig er Teil einer generellen Befindlichkeit, einer als Reichtum erscheinenden zuständlichen Totalität ist, so wenig ist er im oben explizierten Sinne überflüssig und für den, der ihn sein eigen nennt, entbehrlich, so sehr ist er vielmehr lebensnotwendig, eine zum Unterhalt unabdingbare Ressource, ein als Überfluss bloß maskiertes Subsistenzmittel. Wenn sie diesen Überschuss zum Austausch bringen, dann nicht als etwas, das sie ohne alle Not weggeben können, weil sie, wie von dem Weggegebenen selbst, so auch im Prinzip von allem anderen zum Leben Nötigen mehr als genug besitzen und sich deshalb von dem Austausch nichts weiter erhoffen als die Befriedigung luxurierender Bedürfnisse oder eine für den Eventualfall künftigen Mangels zu treffende Vorsorge in Form einer Stärkung ihrer kommerziellen Konsumkraft, sondern sie bringen ihren Überfluss wesentlich deshalb zum Austausch, weil sie auf der ganzen Linie ihrer übrigen Bedürfnisse Mangel oder Knappheit leiden und sich von dem Austausch nichts Geringeres erhoffen als die Behebung des Mangels und die Gewährleistung ihrer Subsistenz.

Anders als für die herrschaftlichen Austauschpartner ist für sie der Austauschzusammenhang, in den sie ihre Überschüsse einbringen, keine marginale Vorrichtung, die sie nach Belieben nutzen, um ihren je schon vorhandenen Reichtum zu komplettieren oder zu sichern, sondern eine zentrale Einrichtung, die sie existenziell brauchen, um, weit entfernt von allem Leben im Reichtum, eine dank ihrer Spezialisierung, ihrer arbeitsteiligen Produktion allein aus eigener Hände Arbeit nicht zu gewinnende Subsistenz dennoch zu gewährleisten. Und dementsprechend gewinnt denn aber auch die Münze des Markts, das universale Austauschobjekt, das sie für ihre uneigentlich so zu nennenden Überschüsse erhalten und das unter asymmetrischen Austauschbedingungen ihnen den Zugang zu sämtlichen, im Austauschzusammenhang verfügbaren Subsistenzmitteln eröffnet, für sie eine völlig andere Bedeutung als für die anderen Kontrahenten der kommerziellen Betreiber, die herrschaftlichen Austauschpartner.

Nicht nur, dass sie es sich nicht leisten können, das allgemeine Äquivalent schatzbildnerisch zu vereinnahmen, wie das die herrschaftlichen Austauschpartner tun, denen es in ihrer Eigenschaft als Lieferanten für den neuen, einseitigen Handelsverkehr mit den außerterritorialherr- schaftlichen Gemeinschaften zufließt und die, weil sie durch den innerterritorialherrschaftlichen Austausch bereits umfassend versorgt und bedürfnislos zufrieden sind, im traditionellen Sinne einer Stärkung ihrer Konsumkraft gar nichts mehr damit anfangen können! Mehr noch können die unmittelbaren Produzenten das allgemeine Äquivalent, das sie für ihre Überschüsse erhalten, nicht einmal in eben diesem traditionell herrschaftlichen Sinne eines Mittels zur Stärkung der Konsumkraft verwenden, weil es, wie gesagt, nicht der Aufrechterhaltung beziehungsweise Komplettierung eines auch ohne es bereits vorhandenen Lebens im Überfluss dient, sondern mangels jeder Form von Reichtum und sogar jeder Art von Subsistenz, die ja der Produktion des einen partikularen Überschusses zum Opfer gefallen ist, ein ohne es nicht mögliches Überleben gewährleisten muss und weil also mit anderen Worten das allgemeine Äquivalent den Schlüssel zu einem Austauschzusammenhang darstellt, der keine bloß marginalen Dienstleistungen für sie erbringt, sondern ihre zentrale Versorgungseinrichtung darstellt.

Von daher ist es denn auch eigentlich ebenso unfair wie abwegig von den kommerziellen Betreibern, sie den gleichen Austauschbedingungen zu unterwerfen wie die herrschaftlichen Austauschpartner. Jener markante Mehrwert, den die kommerziellen Betreiber routinemäßig einstreichen, wenn sie materiale Überschüsse gegen pekuniären Gegenwert eintauschen, und den die herrschaftlichen Austauschpartner den kommerziellen Betreibern leichten Herzens konzedieren, weil sie dafür unnützen Überfluss in nützliche Konsumkraft ummünzen können – ihn haben die den kommerziellen Betreibern unmittelbar zuarbeitenden Produzenten nicht das geringste Motiv, ihren Austauschpartnern zu überlassen, weil er ja schlicht und einfach auf Kosten ihrer Subsistenz geht, sprich, ihre Zugriffsmöglichkeit auf die einzige Quelle mindert, aus der sie ihre Versorgung beziehen, die Mittel für ihren Lebensunterhalt schöpfen können. Warum sollte wohl dieser offenkundige Raub, den die kommerziellen Betreiber an den unmittelbaren Produzenten durch deren Gleichbehandlung mit den herrschaftlichen Austauschpartnern begehen, diese keinerlei situative Kompensation, keinerlei objektiven Nutzen implizierende Schmälerung der Subsistenzbasis, die sich die Produzenten durch ihr Überschussprodukt erarbeitet haben, sie, die Geschädigten, zur Kooperation mit ihren Schädigern veranlassen und sie im Unterschied zu den herrschaftlichen Austauschpartnern bereit machen, den auf Reorientierung beziehungsweise Restrukturierung ihrer Produktion zielenden Ansinnen und Ansprüchen der kommerziellen Betreiber nachzukommen?

Indes, auch wenn situativ oder objektiv die dem kommerziellen Kontrakt mit den herrschaftlichen Austauschpartnern nachgebildeten Vertragsbedingungen, unter denen die kommerziellen Betreiber mit den ihnen unmittelbar zuarbeitenden Produzenten Austausch praktizieren, letzteren nur zum Schaden gereichen und nämlich zu einer Senkung des nach Maßgabe des Wertes ihres überschüssigen Produkts ihnen eigentlich erreichbaren Subsistenzniveaus führen, stellt sich ihnen doch bei genauerem Hinsehen respektiv, will heißen, bezogen auf ihre frühere fronwirtschaftliche Existenz, und prospektiv, sprich, unter dem Aspekt der in dem neuen Vertragsverhältnis sich ihnen eröffnenden Zukunftsaussichten, die Sache ganz anders und in einem weit positiveren Lichte dar. Schließlich kommen diese Produzenten ja nicht aus dem Nichts, sondern sind aus den fronwirtschaftlichen Zusammenhängen hervorgegangen, die vor dem Aufstieg der kommerziellen Funktion zu einer Gesellschaft besonderen Typs, einer eigengesetzlichen korporativen Einrichtung, die uneingeschränkt verbindliche Organisationsform aller zivilisatorisch fortgeschrittenen Gesellschaften darstellen. Und verglichen mit ihrer ökonomischen Situation unter fronwirtschaftlichen Bedingungen, können die Produzenten nun die wirtschaftliche Lage, in die sie sich durch die kommerziellen Betreiber und den mit ihnen geschlossenen Austauschvertrag versetzt finden, in der Tat nur als Gewinn betrachten.

Anders nämlich als jetzt mit den kommerziellen Betreibern sind die Produzenten mit ihren früheren Fronherren nicht durch einen wechselseitigen Austauschvertrag, sondern bloß durch eine einseitige Dienstverpflichtung verbunden, der Verpflichtung, die Früchte ihrer Arbeit ad usum delphini preiszugeben, den Überfluss, den sie produzieren, ihren Herren zu deren freiem Gebrauch zu überlassen. Zwar erhalten sie dafür als Gegenleistung das Lebensnotwendige, werden von ihren Fronherren mit den für ihr individuelles und kollektives Überleben erforderlichen Subsistenzmitteln versorgt, aber der Wert dieser Gegenleistung steht in keinem dem Äquivalenzprinzip vergleichbaren reziproken Verhältnis zum Wert des gelieferten Überflusses. Er ist variabel und richtet sich nach Bedürftigkeit, Gewohnheit, Brauchtum, persönlichen Vorlieben und subjektiver Wertschätzung der geleisteten Arbeit, aber mit der quantitativen Größe beziehungsweise dem Wert der vom Produzenten erbrachten Leistung hat seine Variabilität nichts oder höchstens einmal marginal und sporadisch etwas zu tun.

Weil das Verhältnis zwischen Fronherr und fronendem Knecht kein sächliches, durch ihre wechselseitige Leistung bestimmtes, sondern ein persönliches, durch ihre gesellschaftliche Funktion und Stellung determiniertes ist, weil per definitionem dieses Verhältnisses feststeht, dass alles, was der Knecht produziert, Eigentum des Herrn ist und der Herr dafür nur die Verpflichtung übernimmt, dem Knecht ein Leben zu ermöglichen, in dem dieser im Vollbesitz seiner individuellen Kräfte und unter Wahrung seines Fortpflanzungsinteresses für den Herrn arbeiten kann, weil mit anderen Worten die Subsistenzmittel, die der Herr dem Knecht überlässt, ihren Bezugspunkt oder Maßstab nicht in der Arbeit beziehungsweise dem Erzeugnis des Knechts, die ja beide von vornherein dem Herrn gehören, sondern ausschließlich in seiner Arbeitskraft beziehungsweise seinem somatisch-generischen Reproduktionsbedürfnis haben, gibt es für jene objektiven, in den Sachen selbst als Verkörperungen der in sie investierten Arbeitsleistung ihr Maß findenden Vergleichsbeziehungen, die in einer langen Tradition primitiven, zwischen Stammesgemeinschaften gepflegten Tausches empirisch ermittelt und dann unter territorialherrschaftlichen Bedingungen vom kommerziellen Austausch aufgegriffen und durchs allgemeine Äquivalent in ein System gebracht werden, weder eine Grundlage noch überhaupt einen Anlass.

Und dabei liegt zugleich auf der Hand, dass die wechselseitigen Leistungen des Knechts und des Herrn, der vom Knecht dem Herrn gelieferte Überfluss und die vom Herrn dem Knecht gewährte Subsistenz, wenn sie denn, der faktischen Beziehungslosigkeit, in der sie erbracht werden, zum Trotz, systematisch aufeinander bezogen und sub specie einer kommerziellen Austauschrelation betrachtet werden, im Normalfall eine beträchtliche Diskrepanz aufweisen müssen, weil der Überfluss, den der Knecht für den Herrn produziert, jedenfalls groß genug sein muss, um nicht nur die Subsistenzmittel zu erübrigen, die der letztere dem ersteren dafür überlässt, sondern um dem letzteren mehr noch seine als Leben im Überfluss apostrophierte herrschaftliche Existenz zu ermöglichen beziehungsweise ihm sogar zu erlauben, überflüssige, als Überschüsse bestimmbare Teile dieses Überflusses zwecks Festigung seines konsumtiven Status oder Vorsorge gegen künftige, den konsumtiven Status bedrohende Mangelsituationen in den mittels solcher Überschüsse und auf Basis des Reichtumssymbols Edelmetall, das als allgemeines Äquivalent fungiert, entstehenden kommerziellen Austausch zu geben. In der Tat ist ja die unabdingbare ökonomische Voraussetzung des zwischen Herrn und Knecht geschlossenen Handels, der, wie gesagt, gar keiner ist, sondern eine bloße Dienstleistung darstellt, weil die vom Knecht erbrachte Leistung keine adäquate, sprich, äquivalente Kompensation erfährt, beziehungsweise weil die adäquate Kompensation, die der Herr zu leisten beansprucht, nicht auf der Vergleichbarkeit garantierenden materialen Ebene stattfindet, sondern in eine andere Sphäre, in den Bereich spiritueller Garantieleistung und ritueller Sanktionierung fällt – in der Tat ist ja die conditio sine qua non dieses nach Maßgabe des kommerziellen Äquivalenzprinzips inkomparablen Handels, dass es dem Knecht gelingt, durch seiner Hände beziehungsweise seines Gehirnes Arbeit wie seine eigene Subsistenz zu sichern, so dem Herrn ein Leben im Überfluss zu beschaffen, einen Reichtum, der sich schließlich sogar als groß genug erweist, um die für einen kommerziellen Austausch nötigen Überschüsse abzuwerfen und so die durch letzteren ermöglichte gegenwartsspezifische Komplettierung herrschaftlicher Bedürfnisbefriedigung und zukunftsbezogene Gewährleistung der Kontinuität solch komplettierter herrschaftlicher Bedürfnisbefriedigung in Gang zu bringen.

So gesehen können aber nun die knechtischen Produzenten durch ihren Wechsel in eine unmittelbare Vertragsbeziehung zu den kommerziellen Betreibern und die damit einhergehende Befreiung aus ihrem Knechts- oder Fronverhältnis im Normalfall nur gewinnen. Das Arbeitsprodukt, das sie vorher ihren Fronherren überließen und wofür sie von diesen mit einem nicht an ihm und seinem objektiv-äquivalenten Wert sich bemessenden, sondern an ihnen selbst und ihrem habituellen Subsistenzanspruch orientierten Lebensunterhalt entlohnt werden – dies Arbeitsprodukt übergeben sie nun zur Gänze den kommerziellen Betreibern und werden von ihnen dafür mit Lebensmitteln beziehungsweise mit Quanten des als Passepartout für den kommerziellen Zugriff auf die Lebensmittel firmierenden universalen Austauschobjekts Edelmetall bezahlt, deren Wert sich an dem des gelieferten Produkts bemisst und ihm im Prinzip der den Austausch bestimmenden Äquivalenz entspricht. Was sie den kommerziellen Betreibern liefern, um dafür allgemeines Äquivalent einzutauschen, ist also ihr gesamtes Produkt, das wertmäßig ihren früheren subsistenziellen Eigenanteil und den Anteil, der dem Herrn als sein Konsumgut zufiel, umfasst.

Würden sie dessen Wert vollständig in Form von allgemeinem Äquivalent vergütet bekommen, so läge der Vorteil, den das neue Verhältnis für sie hätte, auf der Hand und wäre nämlich deutlich, dass sie jetzt zusätzlich zum Wert ihrer früheren Subsistenzmittel noch den des früheren Herrenanteils hinzugewonnen hätten. Aber auch unter der einschränkenden und das klare Bild trübenden Bedingung, dass, wie gesagt, die kommerziellen Betreiber die ihnen unmittelbar zuarbeitenden Produzenten genauso wie sonst ihre herrschaftlichen Austauschpartner behandeln und ihnen eine zugunsten der kommerziellen Seite modifizierte Austauschrelation aufzwingen, dank deren markant mehr Wert in Gestalt des materialen Produkts in die Hände der kommerziellen Betreiber gelangt als umgekehrt Wert in Form von pekuniärem Äquivalent in die Hände der Produzenten überwechselt – auch unter dieser ihren faktischen Gewinn schmälernden besonderen kommerziellen Bedingung erweist sich doch das neue Vertragsverhältnis im Regelfall als vergleichsweise vorteilhaft für die Produzenten und beschert ihnen eine Verbesserung ihrer subsistenziellen Lage, die groß genug ist, um ihnen die Arbeit im unmittelbaren Dienste der kommerziellen Betreiber als eine erstrebenswerte Veränderung ihrer gewohnten Situation erscheinen zu lassen.

Im Regelfall – soll heißen, dass Ausnahmen möglich sind und dass es vorkommen kann und tatsächlich auch vorkommt, dass sie durch ihren Wechsel aus der Fron in ein kommerziell vergütetes Arbeitsverhältnis wenig oder nichts gewinnen, wo nicht gar subsistenziell schlechter dastehen als vorher. Schließlich kann es ja, eben weil die Subsistenzmittel, die der Herr dem Knecht überlässt, in keiner rationalen Relation, keiner kommerziellen Äquivalenzbeziehung zum Produkt des Knechtes stehen, ohne weiteres passieren, dass der Herr dieses Produkt als originäres Befriedigungsmittel beziehungsweise als Mittel zur kommerziellen Beschaffung anderer Befriedigungsmittel so hoch schätzt, dass er von seinem Überfluss dem Knecht für dessen Subsistenz mehr abgibt, als unter Äquivalenzgesichtspunkten durch das Produkt, das er vom Knecht erhält, eigentlich gerechtfertigt. Bringt dann der Knecht als aus seiner Fronknechtschaft befreiter Produzent sein Produkt ohne herrschaftliche Vermittlung zum Austausch, so muss er feststellen, dass er mit dem um den kommerziellen Mehrwert gekürzten allgemeinen Äquivalent, das er dafür erhält, weniger Subsistenzmittel auf dem Wege des Austauschs erstehen kann, als er im Zustand der Fronknechtschaft vom Fronherrn per naturaler Zuwendung bekam.

Sogar aber, wo dies passiert, bleibt wegen des oben genannten zweiten und als prospektiv apostrophierten, weil die Zukunftsperspektive betreffenden Vorteils, der sich für die Produzenten aus ihrer unmittelbaren Vertragsbeziehung zu den kommerziellen Betreibern ergibt, der Wechsel aus der Fronknechtschaft ins freie Produzententum eine allemal erstrebenswerte Veränderung. Anders nämlich als unter den Bedingungen fronknechtschaftlicher Dienstbarkeit haben es im Rahmen ihres mit den kommerziellen Betreibern geschlossenen und deren Übereinkunft mit den herrschaftlichen Austauschpartnern exakt nachgebildeten Austauschvertrags die Produzenten selbst in der Hand, das ihnen zufallende Quantum an Subsistenzmitteln beziehungsweise als Passepartout für den Zugang zu Subsistenzmitteln dienlichem allgemeinem Äquivalent zu vergrößern und eventuelle Minderungen des Subsistenzniveaus, die das neue Vertragsverhältnis erst einmal mit sich bringt, bald schon wettzumachen beziehungsweise ins Gegenteil, in eine sukzessive Anhebung des Niveaus zu verkehren.

Um das zu erreichen, müssen die Produzenten nichts weiter tun, als durch Mehrarbeit oder durch verbesserte Produktionsmittel oder Produktionsmethoden beziehungsweise durch beides zugleich ihre Produktion zu erhöhen und ein vergrößertes Produktquantum zum Austausch zu bringen. Erhöhen sie unter fronwirtschaftlichen Arbeitsbedingungen ihre Arbeitsleistung beziehungsweise ihre Produktivität, haben sie gar nichts davon. Weil die Subsistenzmittel, die ihnen der Fronherr für ihr ihm zufallendes Produkt überlässt, in keiner vom Äquivalenzprinzip bestimmten objektiven Relation zu letzterem stehen, sondern ihr Maß vielmehr in sozialen Gewohnheiten und subjektiven Haltungen haben, nutzt es ihnen nicht das Geringste, wenn sie dank erhöhter Anstrengung oder gesteigerter Leistungskraft ihr Lieferquantum vergrößern. Jetzt hingegen, da sie ja von ihren Abnehmern, den kommerziellen Betreibern, in Form von allgemeinem Äquivalent den subsistenziellen Gegenwert zum Wert ihres Produkts erhalten, können sie unbeschadet der zugunsten der kommerziellen Betreiber modifizierten Austauschrelation und der dadurch bedingten Minderung des Gegenwerts um den von den kommerziellen Betreibern mit Beschlag belegten Mehrwert Einfluss auf die Höhe ihres Subsistenzniveaus nehmen, können sie mit anderen Worten in den Grenzen ihrer physischen und technischen Kapazität selbst entscheiden, wie bescheiden oder bemittelt, wie karg oder üppig sie leben wollen.

Und da das Bestreben der Produzenten im Zweifelsfall einer bemittelten Existenz, einem Leben im Wohlstand gilt, ist es nun also genau dieser Prospekt, der sie vollends für die Sache der kommerziellen Betreiber einnimmt und sie dazu bringt, den Anregungen und Vorgaben der letzteren zu folgen und nach Kräften mit ihnen zu kooperieren. Denn eben die Gewinnperspektive, eben die Aussicht auf Verbesserung ihrer subsistenziellen Lage durch mehr beziehungsweise effektivere Arbeit, die ihnen das neue, kommerzielle Vertragsverhältnis generell und in abstracto eröffnet, sie wird ihnen ja nun von den kommerziellen Betreibern dank des neuen, expansiven Handelsverkehrs mit den außerterritorialherrschaftlichen Gebieten des Mittelmeerraumes reell und in concreto geboten. Dank der in jenen Gebieten siedelnden und vergleichsweise rückständigen Gemeinschaften und ihrem simultanen Mangel an materialen Befriedigungsmitteln und Überfluss an Edelmetall stehen die kommerziellen Betreiber als quasi unersättliche Abnehmer solcher Befriedigungsmittel bereit, als Abnehmer, deren Bedarf an den in den territorialherrschaftlichen Zivilisationen produzierten handwerklichen und agrarischen Gütern so groß ist, dass ihre herkömmlichen, herrschaftlichen Austauschpartner ihn im Rahmen ihrer fronwirtschaftlichen Ordnung, ihrer etablierten politisch-ökonomischen Gesellschaftsstrukturen schlechterdings nicht zu decken vermögen, weshalb sie, die kommerziellen Betreiber, ja darauf verfallen, zur Deckung ihres Bedarfs auch die zur Aufrechterhaltung ihres kommerziellen Betriebes bereits in ihren Diensten stehenden, ihnen unmittelbar zuarbeitenden, vornehmlich handwerklichen Produzenten in Anspruch zu nehmen. Und diese lassen sich, wie gesagt, nur zu gern in Anspruch nehmen, weil sie entweder respektiv, verglichen mit ihren früheren fronwirtschaftlichen Lebensbedingungen, von dem neuen Arbeitsverhältnis ohnehin profitieren oder zumindest prospektiv, im Blick auf die weitere Entwicklung ihres Austauschs mit den kommerziellen Vertragspartnern, auf wachsende Profitabilität hoffen können.

Was immer sie kraft ihres handwerklichen Geschicks hervor- und zum Austausch bringen, die kommerziellen Betreiber nehmen es ihnen ab und vergüten es ihnen nach Maßgabe des – wenn auch zugunsten der kommerziellen Seite modifizierten – Äquivalenzprinzips. Je mehr sie an materialen Gütern liefern, um so mehr bekommen sie dafür von den kommerziellen Betreibern in Form von allgemeinem Äquivalent vergütet – unbeschadet dessen, dass dieser Zuwachs an Wert in Form von allgemeinem Äquivalent immer um das Maß des von den kommerziellen Betreibern beanspruchten Mehrwerts hinter dem tatsächlichen Wert der Güter, die sie liefern, zurückbleibt. Für mehr Güter erhalten sie jedenfalls mehr Äquivalent und können aufgrund des wachsenden Quantums Äquivalent ihre Subsistenz, die sie damit bestreiten, kontinuierlich verbessern. Was Wunder, dass sie unter solchen Auspizien nicht nur bereit, sondern originär interessiert daran sind, mehr Güter zu liefern und zu diesem Zweck mehr zu arbeiten und effektiver zu produzieren? Was Wunder, dass sie – völlig anders als die herrschaftlichen Austauschpartner – bereitwillig auf alle Angebote und Anregungen der kommerziellen Betreiber, die Produktion austauschfähiger Güter und die Verwendung wirksamer Techniken betreffend, eingehen und ihre gesammelte Arbeitskraft ebenso wie ihr ganzes Ingenium aufbieten, um der Nachfrage nach ihren Produkten Genüge zu leisten und ihre Auftraggeber mit dem für ihren Handelsverkehr qualitativ und quantitativ Nötigen zu versorgen?

Tatsächlich tritt für die Produzenten auf diese Weise an die Stelle der alten, fronwirtschaftlichen Dienstbarkeit nicht einfach nur ein neutrales, kommerzielles Vertragsverhältnis, sondern dieses neue Vertragsverhältnis erweist sich in dem Maße, wie es sich vom Geist einer gemeinsamen Bereicherungs- oder jedenfalls Subsistenzverbesserungsperspektive erfüllt zeigt, als eine veritable Interessengemeinschaft. Eine Interessengemeinschaft, die auch und mindestens ebenso sehr wie die Produzenten selbst die kommerziellen Betreiber als solche wahrnehmen und würdigen! Schließlich sind ja für die kommerziellen Betreiber die ihnen unmittelbar zuarbeitenden und ihre Produktion quasi unter dem Dach des kommerziellen Betriebes betreibenden Produzenten die gefundenen Partner oder idealen Kontrahenten, die, was Nützlichkeit, Engagement und Verlässlichkeit angeht, die herrschaftlichen Austauschpartner, mit denen die kommerziellen Betreiber bis dahin ausschließlich zu kontrahieren gezwungen sind, weit in den Schatten stellen.

Nicht nur nämlich eröffnen ihnen diese unmittelbaren Produzenten die Möglichkeit, über die Angebotsschranken hinaus, die das ebenso unbewegliche wie selbstgenügsame Produktionssystem der fronwirtschaftlichen Territorialherrschaften ihrer Nachfrage setzt, Güter zu erwerben, die sich im Rahmen ihres außerterritorialherrschaftlichen Handelsverkehrs zum Austausch bringen lassen! Und nicht nur gibt ihnen ihr Vertragsverhältnis zu diesen unmittelbaren Produzenten beziehungsweise die Bedeutung, die das Verhältnis für letztere gewinnt, die Handhabe, Einfluss auf deren Arbeitsleistung, Produktionsrichtung und Produktivkraftentwicklung zu nehmen und so gleichermaßen das Volumen und den Wert der ihnen durch die Arbeit jener unmittelbaren Produzenten verfügbar gemachten Güter kontinuierlich oder zuzeiten auch sprunghaft zu vergrößern! Was die kommerziellen Betreiber darüber hinaus mit jenen neuen, ihre wachsende Nachfrage befriedigenden Lieferanten gewinnen, ist eine nachdrückliche Stützung und Verstetigung ihres entsprechend wachsenden Umsatzes. So zuverlässig die ihnen unmittelbar zuarbeitenden Produzenten den kommerziellen Betreibern dabei helfen, das kommerzielle Austauschsystem aufzubauen und zu expandieren, so zuverlässig stehen sie gleichzeitig bereit, dem Austauschsystem auf seinem jeweiligen Entfaltungsniveau und in seinen immer größeren Dimensionen den Bestand zu sichern und die Stabilität zu erhalten.

In diesem Punkte unterscheiden sich die unmittelbaren Produzenten vorteilhaft von den herrschaftlichen Austauschpartnern, mit denen die kommerziellen Betreibern bis dahin ausschließlich kontrahieren. Selbst wenn diese den kommerziellen Betreibern Überschüsse in dem für die weitere Verwertung des bereits in kommerzieller Hand akkumulierten Wertes erforderlichen Umfange liefern, ist doch keineswegs ausgemacht, dass sie auch in einem vergleichbaren Umfange dem kommerziellen Austausch als Konsumenten zur Verfügung stehen und also das volle Quantum des allgemeinen Äquivalents, das sie für ihre Überschüsse von den kommerziellen Betreibern erhalten haben, auch wieder zum Austausch bringen, um die ihnen als Befriedigungsmittel ins Auge stechenden Überschüsse anderer herrschaftlicher Austauschpartner dafür einzutauschen. Schließlich sind sie Herren des Reichtums, das heißt autark beziehungsweise mit Überfluss gesegnet, und können deshalb, von Notsituationen abgesehen, nach Gusto, nach luxurierendem Bedürfnis entscheiden, ob sie als Konsumenten in Erscheinung treten und das allgemeine Äquivalent, das sie für ihre Überschüsse erhalten haben, nutzen wollen, um den Austauschzusammenhang von der Warensammlung, zu der sie durch ihre Überschüsse beigetragen haben, entsprechend zu entlasten. Mangels subsistenzieller Not oder dringendem Bedürfnis können sie genauso gut das empfangene allgemeine Äquivalent in ihre Schatzkammer tragen oder zu Schmuck verarbeiten lassen und auf die konsumtive Teilnahme am Austauschzusammenhang verzichten.

Genau dies Verhalten, die der Übersättigung beziehungsweise Bedürfnislosigkeit entspringende konsumtive Abstinenz der von Haus aus im Überfluss lebenden herrschaftlichen Austauschpartner, ist es ja tatsächlich auch, was die beschriebene Stagnation in der Entwicklung des innerterritorialherrschaftlichen Austauschzusammenhanges hervorruft und die kommerziellen Betreiber zwingt, sich auf die Suche nach neuen Abnehmern außerhalb der territorialherrschaftlichen Sphäre zu machen – eine Suche, die wiederum so sehr von Erfolg gekrönt ist, dass die herrschaftlichen Austauschpartner mit ihren gewohnten Überschusslieferungen den Bedarf der kommerziellen Betreiber gar nicht mehr zu decken vermögen und die letzteren sich deshalb, wie vorher um neue, die herrschaftlichen Austauschpartner in ihrer konsumtiven Funktion zu ersetzen beziehungsweise zu ergänzen geeignete Konsumenten, so jetzt auch um neue, die herrschaftlichen Austauschpartner in ihrer Lieferantenrolle zu ersetzen beziehungsweise zu ergänzen taugliche Produzenten bemühen, die sie, wie gesagt, in Gestalt der in Diensten ihres kommerziellen Betriebes und zu dessen Aufrechterhaltung tätigen Arbeitskräfte bereits vorfinden und die sie als Gruppe nur zu fördern, aufzubauen und in Richtung ihrer neuen Aufgaben zu orientieren brauchen.

Und diese den kommerziellen Betreibern unmittelbar zuarbeitenden Produzenten sind nun aber anders als die herrschaftlichen Austauschpartner in der konsumtiven Funktion ebenso verlässlich wie in ihrer Lieferantenrolle. Und zwar schlicht und einfach deshalb, weil sie gar keine Konsumenten sind, weil sie die beiden für den Konsumentenstatus konstitutiven Voraussetzungen gar nicht erfüllen und tatsächlich nicht einmal einem der beiden Kriterien genügen: Weder sind sie wie die herrschaftlichen Austauschpartner in dem Vollsinne Konsumenten, dass ihnen einerseits Reichtum zu Gebote steht, der ihnen ein unabhängiges Leben im Überfluss ermöglicht und dank dessen sie Distanz zum kommerziellen Austauschzusammenhang wahren können und nur bei Bedarf, in Notfällen oder wenn sie Gelüste anwandeln, auf ihn rekurrieren müssen, und dass sie andererseits über Edelmetall aus anderen Quellen, über nicht dem Austauschzusammenhang selbst entstammendes allgemeines Äquivalent, verfügen, kraft dessen sie jederzeit auf den Austauschzusammenhang rekurrieren können, um dort ihren Bedarf zu decken, noch sind sie wie die außerterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften in dem spezielleren Sinne Konsumenten, dass sie zwar über keinen Reichtum, aber doch immerhin über Edelmetall aus anderen Quellen verfügen, das ihnen gestattet, zwecks Deckung ihres Bedarfs jederzeit auf den Austauschzusammenhang zu rekurrieren, ohne zuvor einen produktiven Beitrag zu ihm geleistet, ihm als Lieferanten gedient zu haben.

Sie, die den kommerziellen Betreibern unmittelbar zuarbeitenden Produzenten, sind vielmehr bloß Subsistierende, und zwar ausschließlich mittels des kommerziellen Austauschzusammenhangs Subsistierende. Sie verfügen über keinen eigenen Reichtum: Was sie an Befriedigungsmitteln für ihren Lebensunterhalt brauchen, müssen sie sich zur Gänze durch den kommerziellen Austausch beschaffen. Und sie verfügen über kein Edelmetall aus anderen als kommerziellen Quellen: Was sie an allgemeinem Äquivalent brauchen, um sich die notwendigen Befriedigungsmittel aus dem kommerziellen Austausch beschaffen zu können, müssen sie sich zur Gänze dadurch verschaffen, dass sie den Austauschzusammenhang mit einem entsprechenden Wertquantum an Befriedigungsmitteln beliefern.

Die kommerziellen Betreiber können also sicher sein, dass diese Produzenten um ihrer austauschabhängigen Subsistenz willen ihre ganze Arbeitskraft in den Dienst einer Belieferung des kommerziellen Austauschzusammenhanges stellen. Und sie können ebenso sicher sein, dass die Produzenten das allgemeine Äquivalent, das sie für die gelieferten Befriedigungsmittel erhalten, im vollen Umfange wieder zum Austausch bringen, um dem kommerziellen Zusammenhang die für ihre Subsistenz erforderlichen Befriedigungsmittel zu entnehmen. Das gleiche Wertquantum, das sie gegen pekuniäres Äquivalent dem Austauschzusammenhang liefern, nehmen sie ihm auch wieder ab, weil sie das pekuniäre Äquivalent nutzen müssen, um sich die erforderlichen Subsistenzmittel zu besorgen.

Oder vielmehr nicht das Gleiche, sondern es gekürzt um den Mehrwert, den die kommerziellen Betreiber für sich in Anspruch nehmen, jenen Teil des in materialer Form gelieferten Wertquantums, den sich die kommerziellen Betreiber routinemäßig dadurch aneignen, dass sie in diesem besonderen Fall, dem Fall des Austauschs mit Produzenten, eine modifizierte Austauschrelation zur Geltung bringen und das Wertquantum in materialer Form gegen ein geringeres pekuniäres Äquivalent aufwiegen als im Falle des Austauschs mit Konsumenten. Diese zu ihren Gunsten modifizierte Austauschrelation bringen die kommerziellen Betreiber, wie gesagt, gegenüber allen Produzenten zur Geltung, egal, ob es sich bei den Produzenten um die alten herrschaftlichen Austauschpartner oder um die neuen, ihnen unmittelbar zuarbeitenden Arbeitskräfte handelt. In allen Fällen eignen sich die kommerziellen Betreiber diesen als Mehrwert firmierenden Teil des in materialer Gestalt gelieferten Wertquantums an, zu dessen konsumtiver Realisierung sie dann logischerweise auf anderes pekuniäres Äquivalent angewiesen sind als auf dasjenige, das sie für das gelieferte Wertquantum ausgegeben haben und das ja hinter letzterem um besagten Mehrwert zurückbleibt, dessen Rückverwandlung in pekuniäres Äquivalent sie mit anderen Worten unmöglich von den als Konsumenten agierenden Produzenten selbst, sondern partout nur von anderen Konsumenten oder jedenfalls von Personen erwarten können, die auf anderer Grundlage als auf Basis des für das Wertquantum in materialer Gestalt bezahlten pekuniären Äquivalents konsumieren.

Für diesen Mehrwert, diesen Teil des ihnen in Gestalt von materialen Gütern gelieferten Wertquantums also müssen die kommerziellen Betreiber so oder so andere Käufer beziehungsweise Käufer auf anderer Basis als der des ihnen für die materialen Güter überlassenen Äquivalents finden – nur dass sie bei den unmittelbaren Produzenten anders als bei den herrschaftlichen Austauschpartnern sicher sein können, dass es ausschließlich dieser als Mehrwert firmierende Teil des gelieferten materialen Wertquantums ist, den sie anderweitig beziehungsweise auf anderer Basis in pekuniäres Äquivalent zurückverwandeln, sprich, in seinem Wert realisieren müssen. Weil die unmittelbaren Produzenten über keinen eigenen Reichtum verfügen, sondern alles, was sie für ihre Subsistenz brauchen, mittels des allgemeinen Äquivalents, das sie für ihren produktiven Beitrag zum Austauschzusammenhang erhalten, letzterem entnehmen müssen, können die kommerziellen Betreiber fest damit rechnen, dass das gesamte pekuniäre Äquivalent, das sie den Produzenten für das von ihnen dem Austauschzusammenhang gelieferte materiale Wertquantum überlassen, stante pede in den Austauschzusammenhang zurückkehrt und dort zur konsumtiven Einlösung eines entsprechenden materialen Wertquantums verwendet wird und dass sie, die kommerziellen Betreiber, also wirklich nur für den als Mehrwert übrig bleibenden Teil des materialen Wertquantums das geschlossene System einer vom Austauschzusammenhang ebenso sehr subsistierenden wie für ihn produzierenden Teilhaberschaft transzendieren und nach anderen Käufern beziehungsweise konsumtiven Geldquellen Ausschau halten müssen.

Und an der festen Proportion ändert sich auch nichts, wenn die Produzenten die sich ihnen im Rahmen ihres kommerziellen Vertragsverhältnisses bietende Chance zur Verbesserung ihres Subsistenzniveaus nutzen und durch Mehrarbeit oder erhöhte Produktivität ein größeres Wertquantum in materialer Gestalt liefern. Schließlich erhalten sie dafür auch ein größeres, wiewohl ebenfalls um den Mehrwertanteil gekürztes Quantum pekuniäres Äquivalent, das sie zur Verbesserung ihres Subsistenzniveaus dem kommerziellen Austauschzusammenhang zurückgeben müssen. Auch wenn also absolut das in materialer Gestalt von ihnen gelieferte Wertquantum wächst, relativ oder proportional lösen die Produzenten immer das Gleiche wieder ein und lassen immer den gleichen Anteil Mehrwert in den Händen der kommerziellen Betreiber zurück.

Die neue, der Handelsfunktion unmittelbar zuarbeitende Produzentengemeinschaft wird zur Basis des handelsstädtischen Marktsystems, das durch den reinen Produzentenstatus, den die Mitglieder jener Gemeinschaft innehaben, die gewinnbringende Aufspaltung der vom herrschaftlichen Austauschpartner noch in Personalunion wahrgenommenen Funktionen des Konsumenten und des Produzenten im Prinzip vollendet.

Und genau diese, im konsumtiven oder vielmehr subsistenziellen nicht weniger als im produktiven Bereich ausgemachte Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit ihres Verhaltens – sie ist es, was die Gruppe der unmittelbaren Produzenten, der neuen Austauschpartner, vor dem Stand der herrschaftlichen Lieferanten, der alten Austauschpartner, vorteilhaft auszeichnet und was die kommerziellen Betreiber dazu bringt, die Genese und Karriere der ersteren nach Möglichkeit zu fördern und dem Kontrakt mit ihnen, wo immer sie die Wahl haben, den Vorzug vor dem Austausch mit letzteren zu geben. An solcher Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit im austauschbezogen konsumtiven Bereich nämlich mangelt es den herrschaftlichen Handelspartnern durchaus!

Selbst wo das wenn nicht durch kommerzielle Konsuminteressen, so allemal noch durch herrschaftliche Prestigeansprüche erregte Bedürfnis nach dem allgemeinen Äquivalent Edelmetall dafür sorgt, dass die herrschaftlichen Partner alle verfügbaren Überschüsse zum Austausch bringen und also in den Grenzen der Leistungskraft ihres fronwirtschaftlichen Produktionssystems als Lieferanten wie gewünscht funktionieren, ist doch keineswegs ausgemacht, dass dieser Bereitschaft, dem kommerziellen Austauschsystem Güter zuzuführen, die Absicht korrespondiert, Güter im wertmäßig entsprechenden Umfang abzunehmen, und ist, weil die herrschaftlichen Austauschpartner selber über Reichtum verfügen und deshalb Bedürfnisse auf kommerziellem Weg nur begrenzt befriedigen müssen und – wegen des Luxus- und Prestigeobjektcharakters der in Frage kommenden Befriedigungsmittel, wegen ihrer objektiven Seltenheit beziehungsweise des geringen subjektiven Bedarfs an ihnen – überhaupt können, vielmehr damit zu rechnen, dass sich mit zunehmender Entfaltung des kommerziellen Systems eine wachsende Kluft zwischen dem Wertquantum der von diesen Handelspartnern produktiv gelieferten und der von ihnen konsumtiv nachgefragten Güter entsteht – eine Kluft, die die durch die Mehrwertrate definierte, systembedingte Differenz immer weiter übersteigt und die kommerziellen Betreiber vor immer größere Absatzprobleme stellt, sie im Interesse einer ungehinderten Fortführung ihrer Akkumulationsstrategie immer verzweifelter nach Konsumenten beziehungsweise Äquivalentquellen außerhalb des mit den herrschaftlichen Austauschpartnern etablierten kommerziellen Systems suchen lässt.

Genau das ist ja die oben beschriebene Situation, die sich in der territorialherrschaftlichen Sphäre schließlich ergibt und, weil sie deren kommerzielles System in einen Stagnationszustand zu versetzen und durch die Stagnation zu untergraben und zu destabilisieren droht, die kommerziellen Betreiber zwingt, Rettung im außerterritorialherrschaftlichen Bereich zu suchen und die dort siedelnden relativ unzivilisierten, aber über Edelmetall verfügenden Gemeinschaften in den Dienst der im gewohnten Rahmen nicht mehr funktionierenden Wertrealisierung zu stellen. Wenn nun diese Rettungsaktion sich als so erfolgreich erweist, dass die kommerziellen Betreiber sich sogar nach neuen Lieferanten umsehen müssen, und wenn sie diese neuen Lieferanten in den in ihr kommerzielles Unternehmen eingebundenen und ihnen unmittelbar zuarbeitenden Produzenten finden, muss es ihnen da nicht hoch willkommen sein, dass diese per Austausch mit ihnen kontrahierenden unmittelbaren Produzenten eben wegen ihrer Einbindung in das kommerzielle Unternehmen und ihrer subsistenziellen Abhängigkeit von ihm sich in konsumtiver ebenso wie in produktiver Hinsicht als weit kooperativer und verlässlicher erweisen als die alten herrschaftlichen Austauschpartner und dass bei diesen neuen Austauschpartnern Diskrepanzen zwischen der Lieferantenrolle und der Konsumentenfunktion, wie sie bei den alten an der Tagesordnung waren, gar nicht auftreten können, dass vielmehr hier jeweils klar ausgemacht und kalkulierbar ist, wie viel von dem in materialer Gestalt gelieferten Wertquantum von den Lieferanten selbst wieder eingelöst wird und wie viel davon die kommerziellen Betreiber, weil es als mehrwertiges Produkt in ihren Händen verbleibt, bei anderen Konsumenten beziehungsweise mit anderem Äquivalent als dem zuvor von ihnen dafür ausgegebenen in seinem Wert realisieren müssen.

Muss nicht den kommerziellen Betreibern die Kalkulierbarkeit und Planungssicherheit, die das in konsumtiver nicht weniger als in produktiver Hinsicht rückhaltlose Engagement der unmittelbaren Produzenten dem Austauschzusammenhang verschafft, die letzteren in der Tat als einen Fortschritt und Kontinuität aufs Glücklichste miteinander verbindenden Aktivposten, als tragende Säule oder feste Bank ihres kommerziellen Unternehmens erscheinen und aufs Vorteilhafteste von den wegen ihrer ökonomischen Unabhängigkeit und herrschaftlichen Selbständigkeit in ihrer Mitwirkung am Austauschzusammenhang ebenso unzuverlässigen wie unberechenbaren alten Austauschpartnern abstechen lassen? Und müssen die kommerziellen Betreiber nicht deshalb auch diesen neuen Austauschpartnern vor den alten allemal den Vorzug geben und alles daransetzen, sich mehr von ihnen heranzuziehen und ihr ökonomisches Gewicht im Austauschzusammenhang zu stärken, sprich, ihren quantitativen Anteil am Austauschvolumen zu vergrößern?

Und um das zu erreichen, brauchen sie auch nicht einmal sonderliche Anstrengungen zu unternehmen. Tatsächlich ergibt sich die Gewichtsverschiebung der Austauschbeziehungen weg von den herrschaftlichen Austauschpartnern und hin zu den dem Austauschzusammenhang unmittelbar zuarbeitenden Produzenten quasi von selbst. Besser gesagt, sie ergibt sich aus der oben erwähnten Interessengemeinschaft, die kommerzielle Betreiber und unmittelbare Produzenten de facto bilden und der anzugehören jedem fronwirtschaftlich okkupierten Produzenten wegen der oben explizierten respektiven beziehungsweise prospektiven Vorteile, die sie ihm bietet, als höchstes Ziel vor Augen schwebt.

Wo und wann immer sich den fronwirtschaftlich tätigen Produzenten die Gelegenheit eröffnet, ihrer Fron zu entlaufen und in die Dienste kommerzieller Unternehmungen überzuwechseln, nutzen sie bereitwillig die Chance und gliedern sich den im Dunstkreis der kommerziellen Betriebe entstehenden und ihrer Aufrechterhaltung und Fortentwicklung verpflichteten werktätigen Gemeinschaften ein. Durch die bloße Ausübung der auf der Basis betriebseigener Arbeitskräfte ebenso sehr expandierenden wie kontinuierten Austauschfunktion entwickelt das kommerzielle Unternehmen einen Magnetismus, durch den es von draußen ebenso wie aus den eigenen Reihen immer weitere Produzenten anzieht und sich dank solch personaler Aggregation zu einem immer größere ökonomische Eigenständigkeit und demzufolge auch immer mehr politisches Eigengewicht gewinnenden neuartigen Gesellschaftstyp auswächst.

Dabei stellt nun allerdings diese an die Handelsplätze anschießende und den kommerziellen Betreibern unmittelbar zuarbeitende Produzentengemeinschaft, die in zunehmendem Maße Lieferantenfunktionen übernimmt, die zuvor die herrschaftlichen Austauschpartner der kommerziellen Betreiber innehatten, nicht einfach einen Querschnitt durch die breite Palette der in der territorialherrschaftlichen Sphäre traditionell gepflegten Arbeitssparten und produktiven Fertigkeiten dar, sondern sie weist von Anfang an eine ausgeprägte Einseitigkeit und Gewichtung auf. In ihr sind mit anderen Worten die handwerklichen Berufe ungleich stärker vertreten als die landwirtschaftlichen. Das erklärt sich zum einen daraus, dass die mit dem Ausbau und der Instandhaltung des kommerziellen Betriebes befassten Arbeitskräfte, aus denen die kommerziellen Betreiber ihre ersten unmittelbaren Produzenten rekrutieren, naturgemäß, wie die obige Aufzählung von Gewerken deutlich macht, in der Mehrzahl Handwerker sind.

Und der Grund für die starke Einseitigkeit und Gewichtung liegt zum zweiten darin, dass die Arbeitskräfte, die sich durch die neue Gemeinschaft und die Chancen, die sie eröffnet, angezogen fühlen und aus ihren fronwirtschaftlichen Verhältnissen bei der ersten sich bietenden Gelegenheit ausbrechen, um in sie überzuwechseln, normalerweise ebenfalls Handwerker beziehungsweise handwerklich versierte Personen sind, da sich zwar Handwerkszeug und Arbeitsgerät mitnehmen oder neu herstellen, nicht hingegen agrarische Anbaufläche und ein Bauernhof verfrachten und anderswo deponieren lässt und da die neuen Gemeinschaften, in denen die Zuwanderer Aufnahme finden, so groß die kommerziellen Dimensionen, in denen sie sich bewegen, auch sein mögen, doch aber mit dem ins territorialherrschaftliche Milieu eingebetteten Handelsplatz, den sie bewohnen, nur ein eng beschränktes Terrain einnehmen, das zwar Raum für handwerkliche Betriebe, nicht aber genug freien Grund und Boden für größere Mengen landwirtschaftlicher Ansiedlungen bietet.

Im Zuge der Entstehung und des Wachstums der um die Handelsfunktion zentrierten neuartigen Gemeinschaften kommt es also nolens volens zu einer berufsständischen, die Relation zwischen handwerklich und landwirtschaftlich Tätigen betreffenden Ungleichverteilung sowohl innerhalb der betreffenden Gemeinschaften selbst als auch in ihrem Verhältnis zu den umliegenden territorialherrschaftlichen Gesellschaften. Und diese Ungleichverteilung der Okkupationen bleibt nun aber nicht folgenlos, sondern schlägt sich in einer zwischen den neuen Gemeinschaften und der territorialherrschaftlichen Sphäre fortschreitenden Arbeitsteilung nieder, führt zu einer Aufspaltung der reproduktiven Funktionen, in deren Verlauf die um den Handelsplatz gescharten Gemeinschaften in ebenso hohem Maße für die Belieferung des gesamten Austauschsystems mit handwerklichen Produkten wie die territorialherrschaftlich organisierten Gesellschaften für die Versorgung des Systems mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Rohstoffen zuständig werden.

Verantwortlich für diese Arbeitsteilung ist die oben erwähnte Produktivitätsentwicklung, zu der sich die der kommerziellen Funktion unmittelbar zuarbeitenden, vornehmlich handwerklichen Produzenten durch die Bereicherungschancen beziehungsweise Aussichten auf Hebung ihres Subsistenzniveaus, die ihnen die Zusammenarbeit mit den kommerziellen Betreibern, ihre Bereitschaft, deren Anregungen und Vorgaben, Neuerungen und Umorientierungen Folge zu leisten, angespornt sehen. Im Zuge dieser Produktivkraftentwicklung erleben ihre Betriebe einen Aufschwung, der seinen Niederschlag in einer ebenso qualitativ vervielfältigten und verbesserten wie quantitativ beschleunigten und vermehrten Produktion findet, die ihnen ermöglicht, ihre Produkte wohlfeiler und bedarfsgerechter zum Austausch zu bringen, sprich, ihnen gegenüber den in den alten Bahnen fronwirtschaftlicher Unbeweglichkeit befangenen Produzenten beziehungsweise gegenüber den herrschaftlichen Austauschpartnern, die über deren Produktion verfügen, einen Wettbewerbsvorteil verschafft.

Und auf diese übermächtige Konkurrenz der neuen handwerklichen Produzenten reagieren wiederum die herrschaftlichen Austauschpartner damit, dass sie zugunsten ihrer landwirtschaftlichen Produktion und ihrer Rohstofferzeugung, auf die sie dank ihrer Territorien so etwas wie ein Monopol besitzen und deren Überschüsse deshalb im Austauschzusammenhang eine ziemlich unangefochtene Stellung behaupten, die handwerklichen Sektoren ihrer Fronwirtschaft vernachlässigen, wo nicht gar abbauen. Im Interesse an einem kontinuierlichen Erwerb des herrschaftlichen Prestigeobjekts Edelmetall, das sie entweder als allgemeines Äquivalent zur Stärkung ihrer konsumtiven Stellung im kommerziellen Austauschsystem brauchen oder auch einfach nur begehren, um es als Reichtumssymbol ornamental zur Schau zu stellen oder banal dem Thesaurus einzuverleiben, verschieben also die herrschaftlichen Austauschpartner ihre fronwirtschaftlichen Produktionskapazitäten allmählich von den handwerklich-technischen auf die agrarisch-rohstofflichen Bereiche, weil sie die Überschüsse der letzteren, in denen sie relativ konkurrenzlos produzieren, gewinnbringender und zuverlässiger in Edelmetall ummünzen können als die der ersteren, in denen sie gegenüber den produktivkräftig neuen Produzenten im Umkreis der Handelsplätze mehr und mehr ins Hintertreffen geraten. Sie tun das um so bereitwilliger, als ja dank dieser produktivkräftig neuen Produzenten wohlfeilere, vielfältigere und bedarfsgerechtere Ware im Austauschzusammenhang bereitsteht und die vermehrte Produktion im agrarischen Sektor und im Bereich natürlicher Rohstoffe ihnen zugleich die pekuniären Mittel verschafft, um jederzeit in den Besitz dieser bereitstehenden Ware zu gelangen.

Den kommerziellen Betreibern kann die sich so allmählich durchsetzende Arbeitsteilung zwischen den territorialherrschaftlichen Gebieten und den kommerziell organisierten Gemeinschaften der sich zu eigenen Kommunen auswachsenden Handelsorte nur recht sein, weil sowohl die zur Arbeitsteilung führende, produktivitätsbedingt steigende handwerkliche Produktion in den kommerziellen Kommunen als auch die in der Konsequenz der Arbeitsteilung zunehmende landwirtschaftliche Produktion und Rohstofferzeugung in den territorialen Fronwirtschaften ihrer kommerziellen Expansion zugute kommen und ihre wachsende Nachfrage nach technischen und agrarischen Gütern für den neuentwickelten Handelsverkehr mit den nichtterritorialherrschaftlichen Gebieten und deren als Konsumenten firmierenden Gemeinschaften zu befriedigen geeignet sind.

Und nicht genug damit, hat die Arbeitsteilung ja auch zur Folge, dass sich zwischen den beiden arbeitsteiligen Lieferanten für den Handelsverkehr mit den nichtterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften, zwischen den hauptsächlich handwerkliche Produkte erzeugenden Handelsplätzen und den vorwiegend landwirtschaftliche Überschüsse liefernden Territorialherrschaften, ein eigener, neuer kommerzieller Verkehr entwickelt, der den ihn besorgenden kommerziellen Betreibern weitere Gewinnmöglichkeiten eröffnet. Auf der Seite der Handelsplätze verstärkt die Arbeitsteilung die durch die Ansammlung wachsender Gemeinschaften auf territorial eng begrenztem Raum ohnehin vorhandene Abhängigkeit von agrarischen Einfuhren – und wo sonst sollen diese herkommen, wenn nicht aus den territorialherrschaftlichen Gebieten? Die Territorialherrschaften müssen also jetzt nicht nur die nichtterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften, sondern in zunehmendem Maße auch die an die Handelsplätze anschießenden neuen Produzentengemeinschaften mit agrarischen Überschüssen versorgen, ein Umstand, der die mit der Arbeitsteilung einhergehende Konzentration der Territorialherrschaften auf die landwirtschaftliche Produktion geradezu als glückliche Fügung erscheinen lassen muss.

Und wie die in ihrer Produktion vorwiegend handwerklich orientierten handelsstädtischen Gemeinschaften in zunehmendem Maße auf agrarische Produkte aus den Territorialherrschaften angewiesen sind, so zeigen sich umgekehrt die Territorialherrschaften immer stärker an den handwerklichen Produkten der Handelsstädte interessiert – nicht nur, weil sie sich im Zuge der fortschreitenden Arbeitsteilung auf ihre agrarische Produktion konzentrieren und die Erzeugung handwerklicher Güter vernachlässigen, sondern auch und zugleich, weil sie sich in der Konsequenz der für die Arbeitsteilung ausschlaggebenden qualitativen und quantitativen Produktivitätsfortschritte der städtischen Produzentengemeinschaften mit neuen, ebenso preiswerten wie bedarfsgerechten Produkten konfrontiert sehen, die geeignet sind, ihr erlahmtes Bedürfnis zu wecken und sie zu neuem Konsum anzuregen. Die handelsstädtischen Handwerker liefern also ihre Erzeugnisse nicht nur den nichtterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften, sondern auch den territorialherrschaftlichen Gesellschaften und beenden damit endgültig die Stagnation, von der aller auf die territorialherrschaftliche Sphäre beschränkter kommerzieller Austausch mangels hinlänglicher Bedürftigkeit der herrschaftlichen Austauschpartner früher oder später erfasst wird und die in der hier geschilderten Situation den kommerziellen Betreibern nur dank des Glücksfalles einer möglichen Expansion ihres Handelsverkehrs auf rückständige, aber mit natürlichen Edelmetallressourcen gesegnete Gemeinschaften außerhalb der territorialherrschaftlichen Sphäre zu überwinden gelingt.

Beendet dieser neue Handelsverkehr mit den nichtterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften bereits die Stagnation in genere, indem er Ersatzkonsumenten für die als Abnehmer erlahmenden herrschaftlichen Austauschpartner schafft, so bewältigt die in der ökonomischen Konsequenz des neuen Handelsverkehrs und seiner akkumulativen Kapazität vor Ort des Handelsplatzes entstehende und der Handelsfunktion unmittelbar zuarbeitende, neue Produzentengemeinschaft nun mehr noch die Stagnation in specie, indem sie durch die qualitative und quantitative Entwicklung ihrer Produktion und durch die daraus resultierende Arbeitsteilung die herrschaftlichen Austauschpartner erneut als für den weiteren Ausbau des kommerziellen Austauschsystems zur Verfügung stehende Konsumenten zu rekrutieren vermag.

Tatsächlich ist die handelsstädtische, um die kommerzielle Funktion versammelte und ihr unmittelbar zuarbeitende Produzentengemeinschaft als die eigentliche und entscheidende Errungenschaft jenes Rekurses auf die außerterritorialherrschaftliche Sphäre und die dort ansässigen und als reine Konsumenten für das kommerzielle System nutzbar gemachten Bevölkerungen anzusehen. Und zwar als Errungenschaft nicht nur in dem extensiv-graduellen Sinne, dass sie, die neue Produzentengemeinschaft, durch das andere Interesse, das sie am kommerziellen Austausch nimmt und durch die Leistungs- und Produktivitätssteigerungen, die Folge dieses Interesses sind, dem kommerziellen System andere Zuwachsraten ermöglicht und Entwicklungsperspektiven erschließt, sondern als Errungenschaft auch und mehr noch in der intensiv-essenziellen Bedeutung, dass sie durch ihr anderes Interesse am kommerziellen Austauschsystem dieses auf eine veränderte Grundlage stellt, es quasi neu konstituiert.

Was die der Handelsfunktion unmittelbar zuarbeitenden Produzenten mitbringen, ist ineins ein subjektives Engagement und eine objektive Abhängigkeit, kraft deren der kommerzielle Austausch, fern von aller bloß peripheren Rolle für die Subsistenz, ins Zentrum aller produktiven und reproduktiven Bemühungen der Betreffenden rückt, zu ihrem sie okkupierenden und erhaltenden Lebensmittelpunkt wird.

Für die herrschaftlichen Austauschpartner bleibt die Handelsfunktion und ihr Austauschsystem ein durchaus peripheres Phänomen: Was sie, die in Autarkie oder im Überfluss Lebenden, zum Austausch bringen, sind Überschüsse, ohne die sie geradeso wohl zu leben vermögen und die sie eben deshalb, weil sie ihnen entbehrlich sind, zum Austausch bringen können. Und was sie per Austausch erhalten, sind Befriedigungsmittel, die zwar ihren Überfluss komplettieren und ihnen das Leben versüßen mögen, die sie aber nicht oder höchstens einmal in vorübergehenden Notfällen zum Leben nötig haben, die mit anderen Worten keine subsistenzielle Bedeutung für sie besitzen. Die herrschaftlichen Austauschpartner bleiben also wesentlich unabhängig vom Austauschsystem, sind nur dadurch auf es bezogen, dass es ihnen zu allem Überfluss, den sie auch ohne kommerziellen Austausch bereits ihr eigen nennen, sei's für ihr Edelmetall materiale Befriedigungsmittel, sei's für ihre Überschüsse das soziale Befriedigungsmittel Edelmetall beschafft.

Ganz anders die der Handelsfunktion unmittelbar zuarbeitenden Produzenten! Über eine Existenz außerhalb des kommerziellen Austauschsystems und unabhängig von ihm verfügen sie nicht. Alles, was sie arbeitsteilig erzeugen, erzeugen sie, weil es in dem formellen Sinne überschüssig ist, dass sie es selbst nicht oder nur zum geringsten Teil gebrauchen können, für den Austausch. Und alles, was sie zur Subsistenz brauchen, beziehen sie, weil sie es ja selbst nicht oder nur zum geringsten Teil erzeugen und, um es sich zu beschaffen, auf das Edelmetall angewiesen sind, das sie im Austausch für das, was sie erzeugen, bekommen haben, aus dem Austausch. Sie leben ebenso sehr durch wie für die Handelsfunktion. Als dem Austausch quasi integrierte beziehungsweise ihn aus seiner peripheren Stellung in eine zentrale Position überführende Produzenten stützen und stärken sie die Handelsfunktion und bilden zusammen mit ihr jene oben erwähnte Interessengemeinschaft oder Kooperative, an die wir denken, wenn wir vom Markt statt bloß von Handel reden.

Tatsächlich ist es genau dies, was den hier erstmals in Erscheinung tretenden Markt vom einfachen kommerziellen Austausch unterscheidet: dass alle zu ihm Beitragenden ebenso vollständig in ihm engagiert wie von ihm okkupiert sind, dass sie allesamt in ihm ihre Lebensgrundlage haben, außerhalb ihrer Produktion für ihn und seiner Distribution an sie nicht existieren können. Und tatsächlich ist es eben diese vollständige Abhängigkeit der Produzenten vom Markt, die dem letzteren seine – verglichen mit dem traditionellen, zwischen herrschaftlichen Austauschpartnern betriebenen Handel – so markant größere Expansionsdynamik und gleichermaßen quantitative und qualitative Entwicklungskapazität verleiht: So gewiss die dem Markt Zuarbeitenden über keine außerhalb seiner gelegene Subsistenzgrundlage mehr verfügen, so gewiss können sie sowohl eine Hebung ihres aktuellen Subsistenzniveaus als auch die Sicherung ihrer zukünftigen Subsistenz nur durch quantitative und qualitative Fortschritte in ihrer Produktion und durch entsprechend vergrößerte und verbesserte Beiträge zum kommerziellen Austausch erreichen.

Ein florierender und nach Möglichkeit expandierender kommerzieller Austausch liegt also im ureigensten Interesse der gleichermaßen als Produzierende und als Subsistierende vom Handelsverkehr abhängigen und es eben deshalb als Marktsystem konstituierenden unmittelbaren Produzenten. Und er liegt – wie ja die Rede von einer Interessengemeinschaft schon impliziert – nicht minder auch im Interesse der kommerziellen Betreiber selbst. Diese betreiben – jedenfalls sobald sie nicht mehr bloße, mit dem Edelmetall herrschaftlicher Austauschpartner hausieren gehende Funktionäre und Faktota, sondern auf Basis von Edelmetall in eigenen Händen initiativ Handelnde, Kaufleute sind! – den Austausch, wie erinnerlich, nicht um seiner selbst oder eines dafür vom konsumtiven Nutznießer empfangenen Lohnes willen, sondern wegen des akkumulativen Mehrwerts, den er ihnen einbringt – egal, ob sie sich davon nun die letztlich in einer eigenen quasiherrschaftlich-konsumtiven Stellung resultierende politische Emanzipation von ihren herrschaftlichen Austauschpartnern oder einfach nur einen in progressivem Einfluss auf ihre herrschaftlichen Austauschpartner und ökonomischer Macht über sie bestehenden sozialen Aufstieg versprechen.

Und diesem Mehrwert- und Akkumulationsmotiv geschieht natürlich nicht der geringste Abbruch, wenn an die Stelle der bis dahin als Lieferanten fungierenden herrschaftlichen Handelspartner die der Handelsfunktion unmittelbar zuarbeitenden und letztere dank ihrer vollständigen Abhängigkeit von ihr als Marktzusammenhang konstituierenden Produzenten treten. Im Gegenteil, es ist ja gerade die durch den Handelsverkehr mit den außerterritorialherrschaftlich rückständigen und aber dank ihres Edelmetalls konsumkräftigen Gemeinschaften gestiegene Nachfrage nach mehrwertträchtigen Handelsgütern, sprich, die durch jene Gemeinschaften den kommerziellen Betreibern eröffnete Aussicht auf weitere Akkumulation beziehungsweise den Erwerb von mehr Mehrwert, was jene der Handelsfunktion unmittelbar zuarbeitenden, dem Handelsplatz integrierten und eben deshalb als Marktzusammenhang firmierenden Produzentengemeinschaften ins Leben ruft.

Den Markt ins Leben rufen mit anderen Worten die kommerziellen Betreiber nicht etwa, weil sie eine neuartige, genossenschaftliche Kooperative, eine den kommerziellen Austausch ausschließlich als Distributionsmechanismus für eine arbeitsteilig-kooperative Produktion in Anspruch nehmende neue Form von Gemeinschaft schaffen wollen, sondern einzig und allein, weil die traditionellen herrschaftlichen Lieferanten mit ihren Produktionsüberschüssen der durch den Handelsverkehr mit den nichtterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften entstandenen wachsenden Nachfrage nicht mehr genügen und die kommerziellen Betreiber im Bemühen, die durch solche Nachfrage sich ihnen eröffnende Bereicherungschance oder Chance auf die Akkumulation von mehr Mehrwert zu nutzen, nach anderen, ergiebigeren Produktionsquellen Ausschau halten, die sie eben in dieser ihnen unmittelbar zuarbeitenden und nach Maßgabe ihrer Zentrierung um den Handelsplatz und Eingliederung in die Handelsfunktion sich als Marktzusammenhang konstituierenden Produzentengemeinschaft finden.

Und wenn diese der Handelsfunktion unmittelbar zuarbeitende und sie dabei zum Marktsystem entfaltende Produzentengemeinschaft wächst und gedeiht und dank der mit dem Wachstum einhergehenden Hebung ihres Subsistenzniveaus in specie und Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse in genere eine nie dagewesene qualitative und quantitative Entwicklungsdynamik und Expansionspotenz, sprich, eine beispiellose Produktivität an den Tag legt, dann entspricht das durchaus dem sie, die neue Produzentengemeinschaft, ins Leben rufenden kommerziellen Motiv, bewegt sich ganz und gar im Rahmen der von den kommerziellen Betreibern mit der Stiftung der Gemeinschaft verfolgten akkumulativen Zielsetzung. Je fleißiger und einfallsreicher die handelsstädtisch-marktintegrierten Produzenten arbeiten und je nachfragekonformer, vielseitiger und umfänglicher ihre Produktion ausfällt, um so größer und absatzfähiger ist auch das Mehrprodukt, das von dieser Produktion in den Händen der kommerziellen Betreiber verbleibt, beziehungsweise der als Mehrwert realisierte Gewinn, den ihnen der Verkauf des Mehrprodukts einträgt.

Die ursprüngliche, mit dem kommerziellen Handel von Anfang an verknüpfte akkumulative Zielsetzung bleibt also auch unter den Bedingungen der neuen, handelsstädtischen Produzentengemeinschaft die unverändert gleiche, nur die Methode, das Ziel zu erreichen, sprich, das zur Schöpfung und Realisierung des Mehrwerts angewandte System, ändert sich! Und zwar ändert es sich im Sinne einer Aufspaltung und Entmischung der zuvor in der Person der herrschaftlichen Austauschpartner noch vereinigten beiden Funktionen des Produzenten oder Lieferanten und des Abnehmers oder Konsumenten. So verkörpern die dem Markt unmittelbar zuarbeitenden Produzenten in entmischter Form die eine der beiden vormals von den herrschaftlichen Austauschpartnern in Personalunion verknüpften beiden Funktionen, eben die Lieferantenrolle, der sie sich mit voller Kraft und einem den herrschaftlichen Austauschpartnern unbekannten Engagement und Ingenium widmen, weil sie ja mangels eigener Subsistenzmittel für ihren Lebensunterhalt zur Gänze auf den Markt, sprich, auf die Münze des Marktes, das allgemeine Äquivalent, angewiesen sind, das sie für ihre dem Markt gelieferten Produkte von den kommerziellen Betreibern erhalten. Je mehr Produkt sie dem Markt liefern, um so mehr allgemeines Äquivalent erhalten sie vom Markt und um so umfänglicher und besser ist die Subsistenz, die ihnen für ihr allgemeines Äquivalent der Markt gewährt. Aber je mehr Produkt sie liefern, um so größer ist auch das Mehrprodukt, das die Betreiber des Markts, die ja mit den unmittelbaren Produzenten auf die gleiche Weise kontrahieren wie mit den herrschaftlichen Austauschpartnern, als ihren Anteil mit Beschlag belegen.

Für dieses Mehrprodukt beziehungsweise für die Realisierung des Mehrwerts, den es verkörpert und an dem sie ja allein interessiert sind, brauchen nun also die kommerziellen Betreiber das ebenso entmischte und nämlich auf die reine Konsumentenrolle reduzierte Gegenstück zum unmittelbaren Produzenten, das in dieser historischen Situation die von den kommerziellen Betreibern im westlichen Mittelmeerraum dem Handel erschlossenen außerterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften darstellen. Wenngleich diese Gemeinschaften natürlich, wie sie ja bis dahin auch getan haben, unabhängig vom Markt subsistieren können, verfügen sie doch aber, was das durch den kommerziellen Austausch hergestellte konsumtive Versorgungsniveau angeht, ebenso wenig über Konsumgüter wie die unmittelbaren Produzentengemeinschaften über Subsistenzmittel und sind deshalb, ihr Bedürfnis nach Konsumgütern vorausgesetzt – und da erfahrungsgemäß das bloße Angebot der Konsumgüter genügt, das Bedürfnis zu wecken, hält die Voraussetzung nicht schwer! –, ebenso abhängig vom Markt und seine ebenso treuen Abnehmer wie die letzteren. Nur dass sie die Konsumgüter nicht wie die letzteren ihre Subsistenzmittel mit Arbeitsprodukten beziehungsweise mit gegen die Arbeitsprodukte eingetauschtem Edelmetall, sondern mit Edelmetall bezahlen, das anderen Quellen als dem kommerziellen Zusammenhang, nämlich den natürlichen Vorkommen ihrer Siedlungsgebiete, entstammt und dass sie, so gesehen, das entmischte Gegenstück zu den reinen, durch ihre Arbeit für den Markt subsistierenden Produzenten sind: reine, durch das Edelmetall, das sie zum Austausch bringen, vom Markt nutznießende Konsumenten.

Mit diesem als allgemeines Äquivalent zum Austausch gebrachten Edelmetall lösen sie das von den kommerziellen Betreibern erwirtschaftete Mehrprodukt ein, realisieren es in seinem Wert, so dass die letzteren, die ja das übrige Produkt seinen Produzenten im Austausch gegen das ihnen zuvor für es überlassene allgemeine Äquivalent als Subsistenzmittel zurückgegeben haben, am Ende mit dem vollen und im Vergleich zu dem Äquivalent, das sie den Produzenten für das Produkt bezahlt haben, mehrwertigen Gegenwert des Produkts in Äquivalentform dastehen. Diesen vollen Gegenwert in Äquivalentform investieren die kommerziellen Betreiber nun wiederum in eine neue Produktion, deren Wert sie dann auf die gehabte Weise realisieren, indem sie den Produzenten selbst den Teil des Produkts, der dem ihnen für ihre Produktion überlassenen allgemeinen Äquivalent im Wert entspricht, als Subsistenzmittel verkaufen und das übrige, das Mehrprodukt, den Konsumenten für das Äquivalent zukommen lassen, über das diese aus anderen als kommerziellen Quellen verfügen.

Solange sich Konsumenten finden, die das nötige Bedürfnis für das Produkt mitbringen und über genug Äquivalent aus anderen als kommerziellen Quellen verfügen, um das Produkt einzutauschen, und solange sich auf der Produzentenseite genug neue Arbeitskräfte rekrutieren beziehungsweise die vorhandenen Arbeitskräfte zu hinlänglich vergrößerten Arbeitsleistungen anspornen lassen, um dem jeweils geschaffenen Mehrprodukt seine Realisierung als Mehrwert und dem jeweils realisierten Mehrwert seine Investition als Moment des Kapitals, des sich immer neu verwertenden Werts in kommerziellen Händen, zu ermöglichen, stellt dieses von den kommerziellen Betreibern auf Basis des Markts organisierte Zusammenspiel von durch ihre Arbeit auf den Markt angewiesenen reinen Produzenten und durch ihr Äquivalent an den Markt verwiesenen reinen Konsumenten ein als zuverlässiger Akkumulationsapparat funktionierendes, in sich geschlossenes System gesellschaftlicher Reproduktion dar.

Im Prinzip ist dieses marktgesellschaftlich fundierte Akkumulationssystem das zum selbsttragenden Mechanismus, sprich, zum Automatismus ausgebildete Grundmodell kommerzieller Bereicherung, das auch heute noch in Kraft ist – unbeschadet dessen, dass sowohl die seit Beginn der Neuzeit zu Lohnarbeitern abstrahierten Produzenten als auch die mittlerweile auf Staatsbürger reduzierten Konsumenten einen markanten Wandlungsprozess im Sinne ihrer vollständigen strukturellen Gesetztheit und funktionellen Vermitteltheit durch das eben dadurch zum industriekapitalistischen Verwertungszusammenhang sich totalisierende Marktsystem durchlaufen haben.

Die antike marktgesellschaftliche Handelsstadt geht an ihrem ökonomischen Erfolg zugrunde, weil sie durch ihn das bäuerlich-territorialherrschaftliche Element ihrer amphibolischen Konstitution um seine Subsistenzbasis bringt und dadurch die aristokratische Führung zwingt oder ermuntert, die Handelsstadt in einen schließlich außer Kontrolle geratenden Bereicherungsautomaten umzurüsten.

Nun kann freilich an dem geographisch als östlicher Mittelmeerraum und chronologisch als Mitte des ersten vorchristlichen Jahrtausends bestimmten historischen Ort, an dem wir uns mit unseren Überlegungen zur Zeit befinden, dies im Prinzip bis heute verbindliche marktgesellschaftliche Grundmodell kommerzieller Bereicherung mitnichten schon Anspruch darauf erheben, umfassende Realität gewonnen zu haben, und ist der in der Entstehung marktgesellschaftlicher Produzentengemeinschaften beschlossene kommerzielle Paradigmenwechsel noch weit entfernt davon, als kompletter Systemwechsel gelten zu können. Tatsächlich ist zu diesem Zeitpunkt die der Handelsfunktion unmittelbar zuarbeitende und sich dadurch als Markt konstituierende Produzentengemeinschaft nur erst ein aus der traditionellen, fronwirtschaftlichen Produktionssphäre herausgebrochener, relativ kleiner und im Vergleich zu den unter fronwirtschaftlicher Herrschaft verbleibenden Teilen marginaler und in seinem Bestand entsprechend prekärer Sektor.

Und nicht nur als topisch marginales Gebilde im Verhältnis zur fronwirtschaftlichen Sphäre installiert sich der neue, marktabhängige Produktionssektor, sondern auch gleichzeitig als systematisch partielles Phänomen: Wie gesehen, sind es vornehmlich handwerkliche Produzenten, die sich um den Handelsplatz scharen und zu einer Gemeinschaft neuen, marktförmigen Typs organisieren, während die an die Scholle gebundenen Produzenten aufgrund ihrer naturgegebenen Immobilität und in Ermangelung handelsstädtischen Entfaltungsraums im Großen und Ganzen unter fronherrschaftlicher Gewalt ausharren müssen.

So sehr also die handelsstädtische, der kommerziellen Funktion unmittelbar zuarbeitende, vornehmlich handwerkliche Produzentengemeinschaft sich als ein Markt, ein als Austausch der arbeitsteiligen Produkte ihrer Beiträger funktionierendes, integriertes System konstituiert, so wenig ist sie deshalb doch bereits ein Marktsystem im vollen Sinne eines sich selbst tragenden, alle Bereiche der gesellschaftlichen Reproduktion dem kommerziellen Austausch und seiner Vermittlungstätigkeit unterwerfenden Organismus: Sie bleibt vielmehr angewiesen auf Zuwendungen aus jenem anderen System, aus dem sie zwar ausgebrochen, in das sie aber aller Emanzipation zum Trotz nach wie vor eingebettet ist, bleibt mit anderen Worten abhängig von den vornehmlich in Lebensmittel- und Rohstofflieferungen bestehenden Produkten der sie umgebenden, territorialherrschaftlich-fronwirtschaftlich organisierten Gesellschaften, wobei diese Abhängigkeit naturgemäß sogar noch in dem Maße zunimmt, wie der handelsstädtische Lebensraum blüht und gedeiht und wegen seiner Bevölkerungsdichte und räumlichen Beschränktheit immer weniger in der Lage ist, seine Bewohner mit Nahrung und den für ihre Arbeit nötigen Materialien zu versorgen.

Die kommerziellen Betreiber haben es hier also keineswegs schon mit einem ebenso umfassenden wie in sich geschlossenen Marktsystem zu tun, das sich aus nichts weiter mehr als aus reinen, vom Markt subsistenziell abhängigen Produzenten und reinen, als Nutznießer ebenso sehr auf den Markt angewiesenen Konsumenten zusammensetzt, sondern sie sehen sich vielmehr gezwungen, in Personalunion dies neue Marktsystem und seinen Austauschzusammenhang mit den traditionellen Handelsbeziehungen zu verknüpfen, die sie zu den herrschaftlichen Austauschpartnern der umliegenden Territorialherrschaften unterhalten.

Einerseits kontrahieren sie also mit den handelsstädtischen Produzenten neuen Zuschnitts, die allein durch ihre Produktion für den Markt ihre Subsistenz sichern beziehungsweise verbessern können und auf deren Kooperations- und Leistungsbereitschaft sie sich deshalb unbedingt verlassen, die sie als am Wachstum und Gedeihen ihres kommerziellen Unternehmens nicht weniger als sie selbst interessierte Mitstreiter getrost in Rechnung stellen können. Und um aber diese der kommerziellen Funktion zuarbeitenden Produzenten mit dem versorgen zu können, was diese wegen ihrer arbeitsteiligen Spezialisierung und ihrer räumlichen Beschränkung nicht produzieren und für ihre Subsistenz doch auf jeden Fall brauchen, mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen nämlich und mit Rohstoffen, müssen nun die kommerziellen Betreiber nach wie vor auch mit den territorialherrschaftlichen Produzenten alten Schlages, ihren herrschaftlichen Austauschpartnern, verkehren, die im Unterschied zu den handelsstädtischen Produzenten dank ihrer fronwirtschaftlichen Basis in relativer Autarkie beziehungsweise im Überfluss leben und keineswegs abhängig vom kommerziellen Austausch sind, für den sie sich als für einen ihrem Tun und Treiben peripheren Sektor nur interessieren, weil er sie mit Luxus- und Prestigegütern versorgt beziehungsweise ihnen in Notsituation ermöglicht, ihr Leben im Überfluss aufrecht zu erhalten, und dem sie als Produzenten nur zur Verfügung stehen, weil er ihnen erlaubt, Produktionsüberschüsse, die für sie nutzlos sind, in Edelmetall einzutauschen, nach dem als sozialem Befriedigungsmittel sie ein unstillbares Bedürfnis erfüllt, weil es für sie als herrschaftliches Reichtumssymbol ebenso unfehlbar von Wert wie als ihre Konsumkraft stärkendes allgemeines Äquivalent zuverlässig von Nutzen ist.

Die Bedeutung, die für die beiden Lieferanten das allgemeine Äquivalent, gegen das sie ihr Produkt austauschen, jeweils hat, macht in der Tat die ganze Differenz zwischen den zwei Systemen eines durch den Markt ins gesellschaftliche Zentrum gerückten und eines qua Handel auf eine marginale Begleiterscheinung territorialherrschaftlicher Existenz beschränkten kommerziellen Austauschs schlaglichtartig deutlich. Für die handelsstädtischen Lieferanten, die der Handelsfunktion unmittelbar zuarbeitenden Produzenten, ist das allgemeine Äquivalent, das sie für ihr Produkt von den kommerziellen Betreibern erhalten, die Basis ihrer ganzen Subsistenz, weshalb sie natürlich bereit sind, sich nach der Decke des Marktes zu strecken und gleichermaßen mit ihren Arbeitsleistungen und Produktionsmethoden seinen Vorgaben und Anforderungen anzupassen. Für die territorialherrschaftlichen Lieferanten, die am Handel nur durch ihre Überschüsse partizipierenden und ansonsten autarken Produzenten, ist hingegen das allgemeine Äquivalent, das sie von den kommerziellen Betreibern erhalten, nichts weiter als ein Zubrot, eine ihre Lebensumstände verbessernde, nicht aber ihren Lebensunterhalt begründende Annehmlichkeit, weshalb sie nicht im Traum daran denken, den Kommerz maßgebenden Einfluss auf ihre fronwirtschaftliche Produktion gewinnen und sich durch ihn zu einem über die Lieferung beiläufiger Überschüsse hinausgehenden, irgend systematischen Beitrag zum Markt bestimmen zu lassen.

Dies beides also, das neue, handelsstädtisch zentrale Marktsystem und den alten, territorialherrschaftlich-peripheren Handelsverkehr, müssen die kommerziellen Betreiber ebenso sehr praktisch nebeneinander her betreiben und allein durch ihre Person zusammenhalten, wie systematisch aufeinander abstimmen und in eine prozessuale Kontinuität bringen – mit dem Ergebnis eines zwieschlächtigen Gebildes, das zwar, wie die steile Karriere der antiken Handelsstädte beweist, funktioniert, aber doch weit entfernt davon ist, den Anforderungen eines dem kommerziellen Paradigmenwechsel, den der handelsstädtische Markt in der Tat signalisiert, entsprechenden wirklichen und auf der ganzen Linie der antiken kommerziellen Aktivitäten wirksamen Systemwechsels zu genügen. Die Zwieschlächtigkeit des antiken kommerziellen Systems braucht freilich seinen Betreibern kein Kopferzerbrechen zu bereiten und tut das, soweit wir wissen, auch nicht. So sehr das System nämlich theoretisch-systematisch an Konsistenz zu wünschen übrig lässt, so wenig tut das praktisch-empirisch seiner Haltbarkeit und Effektivität Abbruch.

Praktisch-empirisch nämlich sind bei aller theoretisch-systematischen Unabhängigkeit, die sie gegenüber dem handelsstädtischen Markt wahren, die territorialherrschaftlichen Austauschpartner kaum weniger auf den letzteren angewiesen als die ihm unmittelbar zuarbeitenden Produzenten. Verantwortlich hierfür ist die erwähnte Arbeitsteilung, zu der die Massierung und Produktivkraftentwicklung der handelsstädtischen Handwerke den Anstoß gibt und die dazu führt, dass die herrschaftlichen Austauschpartner das Schwergewicht ihrer marktgängigen Überschussproduktion zunehmend auf den Bereich der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und der Rohstoffe verlegen. Auch wenn sich die herrschaftlichen Austauschpartner durch Marktchancen keineswegs zu Eingriffen in die Grundstrukturen ihrer fronwirtschaftlichen Produktion bewegen lassen, sind sie doch beeinflussbar genug, um auf das ebenso vielfältige wie wohlfeile Angebot handwerklicher Güter, das aus den Handelsstädten zu ihnen gelangt, mit einer Vernachlässigung ihrer eigenen handwerklichen Produktion und einer Akzentverschiebung auf die vornehmlich landwirtschaftlichen Produktionsbereiche zu reagieren, nach deren Erzeugnissen dank eben jener, auf handwerklichem Gebiet ihre Produktion auskonkurrierenden handelsstädtischen Produzentengemeinschaften die Nachfrage wächst.

Obwohl also ihrer ganzen fronwirtschaftlichen Struktur und darauf fußenden sozialen Verfassung nach die territorialherrschaftlichen Gesellschaften beziehungsweise die an ihrer Stelle mit den kommerziellen Betreibern kontrahierenden herrschaftlichen Austauschpartner außerhalb des Marktzusammenhangs und relativ unabhängig von ihm bleiben, sind sie doch dank jener Arbeitsteilung, in die sie ihre Ökonomien hineinmanövrieren, am Ende abhängig genug vom handelsstädtischen Markt, um die theoretisch-systematisch unverkennbare Differenz zwischen dem mit ihnen gepflogenen traditionellen Handelsverkehr und dem mit den Gemeinschaften unmittelbarer Produzenten in den Handelsstädten praktizierten marktspezifischen Austausch sich zu einer praktisch-empirisch unerheblichen Differenzierung verflüchtigen zu lassen.

Ungeachtet dessen, dass die herrschaftlichen Austauschpartner für die Wertrealisierung des in den Handelsstädten erzeugten Mehrprodukts so gut wie keine Rolle spielen und die Wahrnehmung dieser Aufgabe ganz und gar den als reine Konsumenten fungierenden außerterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften zufällt, sorgt doch jene Arbeitsteilung und der aus ihr resultierende Bedarf der territorialherrschaftlichen Gesellschaften an handelsstädtischen Gütern dafür, dass in etwa ebenso viel Edelmetall, wie die kommerziellen Betreiber ihren herrschaftlichen Austauschpartnern für landwirtschaftliche Erzeugnisse überlassen, von den letzteren umgekehrt den kommerziellen Betreibern für deren handelsstädtische Güter wiedergegeben wird und dass, so gesehen, die herrschaftlichen Austauschpartner in aller Praxis eine von der Rolle der unmittelbaren Produzenten kaum unterscheidbare Funktion erfüllen, sprich, um den Preis natürlich des als conditio sine qua non allen kommerziellen Austauschs firmierenden und in Gestalt von Mehrprodukt den kommerziellen Betreibern übereigneten Mehrwerts, dem Markt Güter liefern, um vom Markt mit anderen Gütern versorgt zu werden.

Nicht genug damit aber, dass die theoretisch-systematisch offenkundige Zwieschlächtigkeit und mangelnde Konsistenz des vollendeten kommerziellen Gesamtsystems der Antike praktisch-empirisch dessen Funktionstüchtigkeit gar nicht beeinträchtigt und, was den Fluss des Güterverkehrs in genere und den Aufschwung der handelsstädtischen Marktzentren in specie angeht, keinerlei Hemmnis darstellt, eröffnet dies zwieschlächtige System den kommerziellen Betreibern darüber hinaus sogar besondere Gewinnchancen und Bereicherungsperspektiven und erscheint insofern als das Beste, was ihnen, den zuerst und vor allem der Akkumulationsstrategie Verpflichteten, überhaupt passieren kann. Wie die zwischen handelsstädtisch handwerklicher Produktion und territorialherrschaftlicher Agrarerzeugung zunehmende Arbeitsteilung hat auch dieser spezielle Vorteil, den die Zwieschlächtigkeit des Systems seinen Betreibern bietet, seine Basis in der Steigerung der Produktivkraft, zu der sich die der Handelsfunktion unmittelbar zuarbeitenden handwerklichen Produzentengemeinschaften dank des Eigeninteresses, das sie mit dem durch sie als Markt konstituierten kommerziellen Unternehmen verbindet, disponiert zeigen.

Die Steigerung der handelsstädtischen Produktivkraft hat nämlich ein Produktivitätsgefälle zwischen Handelsstädten und territorialen Gebieten zur Folge, das die Betreiber des Markts gewinnbringend nutzen können: Während sie einerseits, wie gesehen, mit den dank höherer Produktivität preiswerter erzeugten handwerklichen Gütern aus der Stadt die handwerklichen Produkte der territorialen Gebiete auskonkurrieren und die Territorialherren dazu veranlassen, mit der Konsequenz besagter Arbeitsteilung das Schwergewicht ihrer fronwirtschaftlichen Produktion weg von den handwerklichen Produkten, die sie lieber importieren, und hin zu den landwirtschaftlichen Erzeugnissen, deren Überschüsse sich besser exportieren lassen, zu verlagern, können die kommerziellen Betreiber andererseits aber ihre preiswerteren handwerklichen Güter aus der Stadt immer noch teuer genug verkaufen, um einen im Verhältnis zum tatsächlichen Wert der Güter ungerechtfertigt hohen Profit zu machen. Würden sie in einem einheitlichen, geschlossenen Marktsystem agieren, der dank Produktivitätssteigerung verringerte Aufwand an Arbeitskraft würde sich bald als über den Produktwert entscheidende Maßgröße durchsetzen und der Wert des jeweiligen Produkts sich entsprechend zu dem der anderen im Austausch befindlichen Produkte reduzieren. Weil sie aber in einem zwieschlächtigen System operieren, dessen beide, ökonomisch nicht minder als politisch verschieden organisierte Bestandteile im Wesentlichen nur durch ihre kommerzielle Aktivität, ihre kaufmännische Initiative, ihr als Handelsverkehr praktiziertes Hin und Her in Verbindung stehen, gilt in den territorialherrschaftlichen Gebieten für die betreffenden handwerklichen Produkte nach wie vor der von den handelsstädtischen Produktivitätsfortschritten unberührte alte Wert und können die kommerziellen Betreiber, selbst wenn sie diesen alten Wert nicht voll in Anschlag bringen, sondern, um die konkurrierenden Produkte der territorialherrschaftlichen Gebiete auszustechen, einen Preisnachlass gewähren, immer noch einen besseren Preis erzielen, als ihnen das in den Handelsstädten möglich wäre.

Indem sie nun aber jenes Mehr an Wert in Form von allgemeinem Äquivalent, das ihnen dank des zwischen den beiden Systemen herrschenden Produktivitätsgefälles der Verkauf ihrer handelsstädtischen Produkte einbringt, wiederum in materiale Wertverkörperungen investieren, sprich, landwirtschaftliche Erzeugnisse und Rohstoffe, die den territorialherrschaftlichen Gebieten eigenen Produkte, einkaufen, um dann diese Produkte sei's in den Handelsstädten, sei's in den Regionen der als reine Konsumenten fungierenden außerterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften zu Geld zu machen, stehen die kommerziellen Betreiber am Ende mit einem zusätzlichen Gewinn da – einem Gewinn, der zu dem normalen Mehrwert, der bei ihren kommerziellen Transaktionen ohnehin in ihren Händen verbleibt, noch hinzukommt und sich also nicht aus der beim Handel mit Produzenten gewohnt modifizierten Austauschrelation, sondern daraus ergibt, dass die unmodifizierte, im Austausch mit Konsumenten übliche Austauschrelation, während sie im einen System bereits überholt ist, im anderen System noch Geltung behauptet, mit anderen Worten also nicht in dem regulären Prinzip seinen Grund hat, dass die kommerziellen Betreiber bei den Lieferanten mehr Produktwert einkaufen, als sie Äquivalentwert dafür zahlen, sondern dem irregulären Umstand entspringt, dass beim Verkauf des Produkts an die Konsumenten dessen Wert im territorialherrschaftlichen System dank der dort herrschenden rückständigen Produktionsbedingungen noch höher veranschlagt wird als in dem handelsstädtischen System, aus dem das Produkt kommt.

So also ziehen die kommerziellen Betreiber aus der mangelnden Konsistenz und Zwieschlächtigkeit des Handelssystems der klassischen Antike einen ebenso regelmäßigen wie irregulären zusätzlichen Gewinn und sehen deshalb keinen Grund, auf eine Perfektionierung des handelsstädtischen Marktzusammenhangs im Sinne seiner Durchsetzung auch in den territorialherrschaftlichen Gebieten zu dringen (wozu ihnen ja auch jegliche Handhabe fehlte), haben vielmehr allen Anlass, sich mit dem System, so wie es in all seiner Unvollkommenheit ist, zufrieden zu geben. Allerdings erweist sich nun genau dieser zusätzliche Vorteil, den die Kohabitation der beiden Systemteile den kommerziellen Betreibern bietet und die diese als wesentlichen Pluspunkt des zwieschlächtigen Gesamtgebildes verbuchen, als der Keim des Verderbens, der die bis zu diesem Punkt so erfolgreiche kommerzielle Entwicklung unterminiert und das antike Handelssystem schließlich als ganzes zum Einsturz bringt. Eben der zusätzliche Profit, den das Produktivitätsgefälle zwischen dem handelsstädtisch-marktintegrierten und dem territorialherrschaftlich-fronwirtschaftlichen Teil des Systems den kommerziellen Betreibern einbringt und der unmittelbar in der Gestalt einer unverhältnismäßig großen Masse preiswert erworbener landwirtschaftlicher Erzeugnisse erscheint, die aus den territorialherrschaftlichen Gebieten in die Handelsstädte fließen, kehrt dort kraft dieser seiner unmittelbaren Erscheinung die Wirkung eines veritablen Sprengstoffs hervor, der die Fundamente der handelsstädtischen Gemeinschaft erschüttert und ihr Sozialgefüge in Unordnung bringt.

Um diese verheerende Wirkung verstehen zu können, müssen wir allerdings zuvor unser Augenmerk auf einen Umstand richten, der gleichermaßen für die historische Entstehung und die systematische Konstitution der Handelsstädte von wesentlicher Bedeutung ist und den wir bislang im Eifer unseres auf den Vorweis der kommerziellen Erfolgsgeschichte des neuartigen Gemeinschaftstyps konzentrierten Wortgefechts ganz außer Acht gelassen haben – den Umstand des zwieschlächtigen Charakters, den die antiken Handelsstädte selbst aufweisen. Tatsächlich nämlich ist der oben erweckte Eindruck, als sei der neue handelsstädtische Gemeinschaftstyp ein rein auf die Handelsfunktion und die handwerklichen Produzentengruppen, die sich um sie scharen, beschränktes und einzig und allein aus ihrer Synthese hervorgehendes Gebilde, höchst irreführend. In Wahrheit ist der neue handelsstädtisch-marktwirtschaftliche Gemeinschaftstyp den territorialherrschaftlich-fronwirtschaftlichen Gesellschaften, denen er entspringt und an deren Existenz er doch zugleich gebunden bleibt, viel zu fremd und steht mit seinem organisatorischen Grundprinzip, dem vertraglich-kommerziellen Austausch gesellschaftlicher Ressourcen, viel zu sehr im Widerstreit zur Grundstruktur der letzteren, der herrschaftlich-rituellen Zumessung des gesellschaftlichen Reichtums, als dass er eine Chance hätte, sich in ihrem Schoß und gleichzeitig in Abstraktion von ihnen, quasi als in sie ebenso sehr eingenisteter wie von ihr abgekapselter Fremdkörper, etablieren und gar auf Dauer zu behaupten.

Als rein ökonomisches Unternehmen und ohne Verankerung in einem traditionellen Sozialgefüge beziehungsweise Fundierung in einem habituellen politischen Corpus, das genug regionale Standfestigkeit und nationale Eigenständigkeit beweist, um den territorialherrschaftlichen Nachbarn kulturell-kultisch die Stirn und dispositionell-militärisch halbwegs Paroli bieten zu können, fielen die kommerziellen Gemeinschaften rasch der Habgier und Herrschsucht jener Nachbarn zum Opfer beziehungsweise hätten unter dem Druck der sie umgebenden fronwirtschaftlichen Zustände gar nicht erst Gelegenheit, sich in Szene zu setzen. Nicht zuletzt diese Bedingung einer zur Bildung des neuen Gemeinschaftstyps erforderlichen eigenen territorialen Grundlage, sozialen Heimat und kulturellen Identität ist es ja, was in den weiten asiatischen Festlandsgebieten mit ihren großen territorialherrschaftlichen Machtblöcken fehlt und durch ihr Fehlen das Auftreten oder zumindest die dauerhafte Etablierung des neuen Gemeinschaftstyps unmöglich werden lässt, will heißen, verhindert, dass Märkte und Produzentengemeinschaften entstehen, die durch ihre politische Eigenständigkeit und ökonomische Eigeninitiative die traditionellen Schranken von im Verhältnis zur fronwirtschaftlichen Reproduktion der Gesellschaft ebenso marginalen wie sporadischen Handelsbeziehungen durchbrechen und den kommerziellen Austausch vielmehr ins Zentrum der gesellschaftlichen Reproduktionstätigkeit rücken.

Eben diese Bedingung aber ist am Rande der asiatischen Festlandsgebiete und ihrer großen Territorialherrschaften, in den ans östliche Mittelmeer unmittelbar angrenzenden Regionen nämlich, ausnahmsweise gegeben – in Gestalt der relativ kleinen Volksgruppen, die sich, von der letzten Völkerwanderungswelle, der Wanderung der sogenannten Seevölker, aus dem Norden in den Mittelmeerraum gespült, an den Küsten Phöniziens, Kleinasiens, Griechenlands und Italiens niederlassen und dort eine ebenso politisch prekäre wie territorial eingeschränkte Selbständigkeit behaupten. Sie bieten der Handelsfunktion für ihre ungestörte Entfaltung die territoriale Basis und gleichzeitig auch wohl ein vergleichsweise günstiges soziales Milieu, da sie, erst kürzlich aus vorstaatlichen Stammesgemeinschaften hervorgegangen, weniger theokratisch-hierarchisch verknöchert und weniger in eine autokratisch herrschende Oberschicht und eine knechtisch fronende Unterschicht dichotomisiert sind als die großen Territorialherrschaften.

Vor allem aber bieten sie dank ihrer Küstenlage den kommerziellen Betreibern den Zugang zum Meer und öffnen ihnen damit das Tor zu dem neuen Handelsverkehr mit den außerterritorialherrschaftlichen Gemeinschaften im westlichen Mittelmeerraum, der oben als entscheidend für die Überwindung der früher oder später eintretenden, strukturell bedingten innerterritorialherrschaftlichen Krise des kommerziellen Austauschs vorgestellt wurde.

Und umgekehrt stellt für diese kleinen territorialen Gemeinschaften die von ihnen beherbergte Handelsfunktion in der Auseinandersetzung mit den großen territorialherrschaftlichen Nachbarn beziehungsweise bei der Selbstbehauptung den letzteren gegenüber einen unschätzbaren Aktivposten und ein höchst wirksames Faustpfand dar. Auch wenn die großen fronwirtschaftlich-territorialherrschaftlichen Gesellschaften als solche der Handelsfunktion und den von ihr ins Leben gerufenen marktwirtschaftlichen Produzentengemeinschaften keinen Lebens- und Entfaltungsraum bieten, sind ihre Herrschaften doch aber wesentlich interessiert daran, dass kommerzieller Austausch statthat und funktioniert, da sie, unbeschadet ihrer Autarkie oder ihres Überflusses, in ihren Konsumgewohnheiten und in dem, was ihnen als qualifiziert herrschaftliches Leben gilt, mittlerweile bereits wesentlich vom Austausch abhängig sind. Wenn ihnen nun dank jener kleinen territorialen Nachbarn die Handelsfunktion mitsamt dem von ihr in eigener Regie entwickelten neuartigen Produktionsapparat zur Disposition steht, ohne durch allzu große räumliche Nähe beziehungsweise systematische Verquickung ihren fronwirtschaftlichen Zusammenhang zu stören oder aus den Fugen geraten zu lassen, so ist dieser Umstand ohne Frage geeignet, die Herrschaften den kleinen Nachbarn gewogen zu stimmen und sie deren Nachbarschaft als nützlich oder jedenfalls tolerabel statt als lästig oder gar provokativ empfinden zu lassen.

So gesehen, bringen also die beiden sozialen Gruppierungen oder soziostrukturellen Komponenten, die bei der Gründung und Erhaltung der neuen marktwirtschaftlich organisierten Handelsstädte zusammenwirken, nämlich die um die Handelsfunktion gescharten handwerklichen Produzentengruppen und die territorialen, vornehmlich landbebauenden Gesellschaften, auf deren Grund und Boden beziehungsweise in deren institutionellem Gefüge erstere den für ihre Entfaltung nötigen Freiraum finden, einander wechselseitig Nutzen und Gewinn: Die durch die Handelsfunktion organisierte neue Produzentengemeinschaft erleichtert durch die Früchte ihrer Arbeit und durch deren kommerziellen Vertrieb der traditionellen Territorialgesellschaft, die sie beherbergt und in deren Mitte sie sich entfaltet, das politische Überleben, während umgekehrt die letztere der ersteren durch den sozialen Rückhalt und militärischen Schutz, den sie ihr bietet, und durch den Zugang zum Meer, den sie ihr eröffnet, das ökonomische Gedeihen sichert.

Aber natürlich bedeutet diese Konstellation, aus der die Handelsstädte hervorgehen, eine Verquickung zweier von Haus aus gründlich verschiedener Gesellschaftstypen und verleiht dem neu entstandenen Gebilde eine dauerhaft amphibolische Konstitution. Zwar passt die neue, dynamische Komponente in der Verbindung, die Handelsfunktion mit ihrer marktwirtschaftlichen Produzentengemeinschaft, die traditionelle, statische oder, besser gesagt, sedentäre Komponente, die ackerbauliche Territorialgesellschaft, insofern ihren Bedürfnissen und ihrer Struktur an, als sie ihr durch Abschaffung der von den großen Nachbarn übernommenen Königsherrschaft die Entwicklung zu einer theokratisch-fronwirtschaftlichen Herr/Knecht-Gesellschaft verbaut und sie in jenem Zustand einer relativ unhierarchischen bäuerlichen Stammesgemeinschaft arretiert, dessen allem frisch erworbenen Königtum zum Trotz noch relativ starke Präsenz und Wirksamkeit ja überhaupt die Bedingung für die Kompatibilität des neuen Gemeinschaftstyps marktwirtschaftlich organisierter Produzenten mit eben dieser landbebauend traditionellen Territorialgesellschaft ist.

Da indes solche durch Beseitigung aller theokratisch-fronwirtschaftlichen Tendenzen effektuierte Gleichschaltung beziehungsweise reaffirmierte Kompatibilität der traditionellen Territorialgesellschaft mit der kommerziellen Produzentengemeinschaft wiederum nur durch Konsens und Kollaboration mit der Gefolgschaft des abgeschafften Königs, der bäuerlichen Thinggenossenschaft in genere und ihren führenden Persönlichkeiten oder angesehensten Vertretern in specie, möglich ist, nur deshalb also gelingt, weil auch jene territorialherrschaftliche Gefolgschaft zu dem Schluss kommt, dass sie ohne königlichen Oberherrn ökonomisch besser dasteht, sozial an Prestige gewinnt und politisch freier schalten kann und deshalb gemeinsame Sache mit der marktwirtschaftlichen Handelsfunktion macht, läuft die Sache im Ergebnis auf jene einerseits aristokratisch-patrizische und andererseits kaufmännisch-plebejische Struktur der Handelsstadt hinaus, in deren Rahmen der Großgrundbesitz mit seiner Klientel aus kleineren Landeigentümern und freien Bauern und die Handelsfunktion mit ihrer Klientel aus handwerklichen Produzenten zusammenwirken und durch ihre traditionell nicht weniger als funktionell gebotene arbeitsteilige Kooperation das Gemeinwesen stiften.

Während der Aristokratie die politische Führung zufällt, die Aufgabe, die Stadt nach außen zu repräsentieren und zu sichern und der Handelsfunktion den für ihre Ausübung und Expansion nötigen militärischen Flankenschutz zu geben, hat die Kaufmannschaft in ökonomischer Hinsicht das Sagen und sorgt durch ihre kommerziellen Aktivitäten und deren Expansion dafür, dass teils der Bürgerschaft in genere und der Aristokratie in specie ein bis dahin unbekanntes Subsistenzniveau beziehungsweise beispielloser Wohlstand zuteil wird, teils die handelsstädtischen Gemeinschaften als ganze im territorialherrschaftlichen Gefüge des Mittelmeerraums ein Maß an strategischer Macht und politischem Einfluss gewinnen, das in keinem Verhältnis zu ihrer tatsächlichen geographischen Bedeutung und demographischen Größe steht und ihnen erlaubt, nicht etwa nur politisch zu überleben, sondern mehr noch machtpolitische Triumphe über ihre territorialherrschaftlichen Nachbarn zu feiern und letzteren gegenüber Hegemonial- und Herrschaftsansprüche in die Tat umzusetzen.

Der ausnehmende ökonomische Erfolg, den auf der Basis ihrer amphibolischen, halb bäuerlich-territorialen, halb handwerklich-kommerziellen Konstitution die Handelsstadt erringt und der oben bereits, wenn auch ohne Berücksichtigung des bäuerlich-territorialen Elements und seiner politisch tragenden Rolle, gewürdigt wurde – er ist es nun aber, der am Ende die handelsstädtische Konstitution selbst untergräbt, weil er eben jenem bäuerlich-territorialen Element die Lebensgrundlage streitig macht oder gar entzieht. Indem, wie oben dargestellt, dank des zwischen Handelsstadt und Territorialherrschaft entstehenden Produktivitätsgefälles und der Zwieschlächtigkeit des aus handelstädtischem Markt und traditionellem, territorialherrschaftlichem Handelsverkehr kombinierten kommerziellen Gesamtsystems dessen Betreiber die Möglichkeit erhalten, die handwerklichen Produkte, die sie im Zuge der zwischen den beiden Teilen des Gesamtsystems Raum greifenden Arbeitsteilung in die territorialherrschaftlichen Gebiete liefern, dort sehr viel gewinnbringender zu verkaufen, als dem innerstädtischen Wert dieser Produkte entspricht, und indem sie nun diesen unverhältnismäßigen Gewinn in die von den Territorialherrschaften angebotenen Handelsgüter, vornehmlich also in Agrarerzeugnisse und Rohstoffe investieren, treten sie mit ihren Einkäufen zwangsläufig in Konkurrenz zu den kleinen Landbesitzern und Bauern der Handelsstadt selbst, die diesen ebenso preiswerten wie massenhaften Einfuhren nichts Ebenbürtiges entgegenzusetzen haben und sich deshalb zunehmend vom Markt verdrängt und um ihre Subsistenzgrundlage gebracht sehen.

Durch die übermächtige Konkurrenz jener agrarischen Importe in die Verschuldung getrieben, zu Landverkäufen gezwungen und schließlich überhaupt um ihren Grundbesitz gebracht, finden sich immer mehr Angehörige aus der bäuerlich-territorialen Schicht pauperisiert und deklassiert, zu Bürgern ohne ökonomischen Status degradiert. Eben das, was den Betreibern des handelsstädtischen Markts zum ausnehmenden Vorteil gereicht und ihnen das zwieschlächtige Handelssystem, dem sie vorstehen, lieb und teuer werden lässt, unterminiert unaufhaltsam das territoriale Fundament und soziale Milieu, das ihre kommerzielle Existenz trägt und erhält. Die enteigneten und verarmten Bauern und kleinen Grundbesitzer bilden in den Handelsstädten den harten, weil an ökonomisch bessere Zeiten gewöhnten und auf traditionelle politische Rechte pochenden Kern eines Proletariats, das durch den im handwerklichen Bereich mit der Steigerung der Produktivität einhergehenden Konzentrationsprozess und die daraus resultierende Verdrängung kleinerer Betriebe vom Markt sowie durch die Zuwanderung von draußen, die Folge der politischen und ökonomischen Anziehungskraft der Handelsstadt auf die umgebenden Regionen ist, weiteren Zuwachs erhält und bald schon die Dimensionen einer den Zusammenhalt und die Stabilität des amphibolischen Gemeinwesens ernsthaft in Frage stellenden kritischen Masse, eines sprengkräftigen Konfliktpotenzials, gewinnt.

Im Verein mit den Betreibern des Markts sucht die aristokratische Führung der Stadt diese durch den allzu durchschlagenden Erfolg der Handelsfunktion hervorgerufene katastrophische innerstädtische Entwicklung, die Erosion der eigenen Klientel und die Verbindung des entstehenden Sediments mit Ablagerungen aus Konzentrations- und Migrationsprozessen so lange wie möglich zu ignorieren beziehungsweise ihre Folgen für das Gemeinwesen durch ökonomische Kompensationsleistungen und politische Beschwichtigungsgesten zu minimisieren. Schließlich ist die aristokratische Führung selbst im Unterschied zu ihrer bäuerlichen Klientel dank der großen Besitzungen, über die sie verfügt, besser imstande, dem Konkurrenzdruck der agrarischen Importe durch Spezialisierung oder Rationalisierung ihrer Produktion standzuhalten oder gar erfolgreich Paroli zu bieten – ganz abgesehen davon, dass sie im Rahmen ihrer politischen Ämter beziehungsweise der Patronatsverhältnisse, die sie zu den Betreibern des Marktes unterhält, von deren Profiten im Zweifelsfall mitprofitieren.

Eine vollständige Verarmung und Verelendung ihrer eigenen Klientel und der sich mit dieser amalgamierenden anderen Gruppen von städtischen Pauperisierten und Deklassierten aber kann sie nicht hinnehmen, weil sie damit sowohl selbst ihre Machtbasis verliert als auch das Gemeinwesen als ganzes der Auflösung und dem Untergang preisgibt. Sie entschließt sich deshalb zu einer grundlegenden politisch-ökonomischen Neuorientierung, die sie mit Hilfe eben jener Pauperisierten und Deklassierten auch durchsetzt: Sie beraubt die Handelsfunktion der ökonomischen Unabhängigkeit und kommerziellen Bewegungsfreiheit, die sie bis dahin genossen hat, und stellt sie in den Dienst einer von ihr selbst und ihrer neuen proletarischen Anhängerschaft verfolgten alternativen Bereicherungsstrategie, macht die kommerzielle Funktion mit anderen Worten zur Gehilfin einer nichtkommerziellen Aneignungspraxis, durch die sie die Mittel für die Subsistenz eben jener Anhängerschaft und für die finanzielle Ausstattung des Gemeinwesens und seiner militärischen und bürokratischen Institutionen gewinnt.

Die näheren Umstände und spezifischen Mechanismen dieser mit Hilfe der kommerziellen Funktion exekutierten nichtkommerziellen Bereicherungsstrategie finden sich an anderer Stelle ausführlich dargelegt;2 hier mag deshalb der Hinweis auf den Hauptunterschied zwischen den beiden Grundformen, in denen die Strategie sich realisiert, genügen: Während bei der athenischen Grundform die nichtkommerzielle Bereicherungspraxis darin besteht, dass die eine Handelsstadt die übrigen zur Kasse bittet und sich darauf konzentriert, ihnen ihre Profite aus dem Handel mit den Territorialherrschaften abzuknöpfen, kurz, das kommerzielle Gesamtsystem in einer Art von perverser Selbstausbeutung zur nichtkommerziellen Sanierung eines seiner Teile missbraucht, verlegt sich die römische Bereicherungsstrategie geradewegs auf die nichtkommerzielle Ausbeutung der territorialherrschaftlichen Gebiete und weist der Handelsfunktion die Aufgabe zu, die Ausbeutungspraxis bürokratisch zu organisieren und technisch durchzuführen beziehungsweise deren Früchte, soweit sie nicht unmittelbar der Aristokratie und ihrer proletarischen Klientel zugute kommen, auf kommerziellem Wege unter die Leute zu bringen.

So oder so ist damit der Untergang der kommerziellen Funktion als einer dem territorialherrschaftlichen Zusammenhang entsprungenen und in der relativen Eigenständigkeit, die ihr die marktwirtschaftliche Produzentengemeinschaft verleiht, ihr ökonomisches Akkumulationsprogramm verfolgenden politischen Macht sui generis beschlossene Sache. Da die Handelsfunktion sich ungeachtet ihrer marktwirtschaftlich-produzentengemeinschaftlichen Basis doch nur im Kontext einer die fronwirtschaftlichen Territorialherrschaften in Schach und auf Distanz zu halten fähigen, weil ihnen, was die soziale Zusammengehörigkeit, die kulturelle Eigenständigkeit und die militärische Selbstbehauptung betrifft, im Prinzip vergleichbaren traditionell territorialen Gesellschaft zu etablieren und zu kontinuieren vermag und da sie aber durch ihren durchschlagenden ökonomischen Erfolg eben diesen Kontext demontiert und aus den Fugen geraten lässt, kommt es, wie es kommen muss: Ehe sich die traditionell territoriale Gesellschaft von dem Wechselbalg in ihrem Schoße, der sie als ganze reich und äußerlich groß macht, nur um sie zu Teilen verarmen zu lassen und innerlich in Stücke zu reißen – ehe sie sich also von diesem Wechselbalg vollends zugrunde richten lässt, funktioniert sie ihn lieber um und macht ihn zum Instrument einer Selbsterhaltungsstrategie, die sie nach Maßgabe und im Sinne ihrer mittlerweile erworbenen und ausgebildeten technischen Fertigkeiten, militärischen Taktiken und politischen Kalküle gestaltet.

Dabei verdankt jene neue, in der nichtkommerziellen Ausbeutung anderer Gemeinschaften bestehende Strategie, die ja nicht von ungefähr die Handelsfunktion instrumentalisiert und als ebenso wichtiges wie um alle Eigenständigkeit gebrachtes Faktotum in ihren Dienst stellt, ihren am Ende durchschlagenden Erfolg wesentlich dem profanen, objektiven und rationalen Geist, den das zum Marktsystem sich entfaltende kommerzielle Prinzip in die betreffenden Gemeinschaften hineingetragen beziehungsweise in ihnen zum Tragen gebracht hat, und lässt also modo obliquo noch einmal die alle Tradition über den Haufen werfende und jeder territorialherrschaftlich-theokratischen Stabilität und Statik den unaufhaltsamen Prozess machende revolutionäre Dynamik deutlich werden, die dem kommerziellen Prinzip von Haus aus eignet.

Dieser indirekte, um nicht zu sagen postume Triumph der Handelsfunktion ändert freilich nichts daran, dass sie der territorialen Gesellschaft, in der sie eine Heimat gefunden und die sie durch ihre Wirksamkeit bis zur Unkenntlichkeit entstellt hat, jetzt nurmehr als Mittel zu deren heteronomen Zwecken dient und dass ihr Schicksal mit dem Los dieser von ihr zugerichteten Gesellschaft auf Gedeih und Verderb verknüpft ist. Als letztere, getrieben von der revolutionären Dynamik, die ihr das kommerzielle Prinzip eingeimpft hat, in ihrer nichtkommerziellen Ausbeutungspraxis jedes Maß verliert und ebenso halt- wie orientierungslos an ihrem sozialen Anspruchsdenken und ihrem hegemonialen beziehungsweise imperialen Größenwahn zugrunde geht, reißt sie die Handelsfunktion mit hinab in ihren Untergang.

Der Untergang der Handelsfunktion aber ist nicht ihr Ende. Als aus den Trümmern der durch die Hypertrophie ihres Wechselbalgs, des imperialen Stadtstaats, zugrunde gerichteten alten Welt traditionelle, territorialherrschaftlich-fronwirtschaftliche Gesellschaften wiederstehen, erhält die Handelsfunktion ihre zweite Chance. Und dank der modifizierten Konstitution, die das überdauernde Weltfluchtbewusstsein der zugrunde gehenden alten Welt, das Christentum, den wiedererstandenen traditionellen Gesellschaften verleiht, erweist sich diese zweite Chance als der Beginn eines Triumphzugs, der die antike Karriere der Handelsfunktion weit in den Schatten stellt und dessen das katastrophische Ende jener Karriere vermutlich nicht minder in den Schatten stellender Schluss erst heute absehbar scheint.

Fußnoten

... dargelegt; 2
Siehe Reichtum und Religion, 3. Buch: Die Herrschaft des Wesens, Bd. 2: Die Polis und Bd. 3: Der Konkurs der alten Welt, Freiburg (Ça ira Verlag) 1998 und 2001.
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