3. Opferkult

Um sich der zum Groll der Götter hypostasierten Mißgunst der theokratischen Gesellschaft zu entziehen, bringt der Priesterkönig den Göttern als den wahren Herren des Reichtums Opfer dar. Der als Opfer dargebrachte Reichtum aber setzt sich in unverhoffter Dynamik über die Funktion eines bloß repräsentativen Andenkens an die Götter hinweg und wird zu ihrem leibhaftigen Erscheinungsort. Er kann dies, weil er nicht in das zu seiner Aufnahme ohnehin ungeeignete olympische Jenseits überwechselt, sondern entsprechend der ihm zugedachten Repräsentationsaufgabe im Moment der Übergabe in ostentativer Zurschaustellung verharrt.

So ist es der theokratischen Gesellschaft schließlich gelungen, den Herrscher von Göttergnaden dazu zu bewegen, unter die Botmäßigkeit der als Verleiher seiner Vollmacht figurierenden transzendenten Götter zurückzukehren und Abschied von jener der Umfänglichkeit seiner Prokura entspringenden hybriden Selbstmächtigkeit zu nehmen, die, wie sie zum einen in der Gesellschaft mißgünstige Hoffnungen auf eine beim Abgang des Selbstherrlichen mögliche Wiedergewinnung des Reichtums erregt, so die Gesellschaft zum anderen aber auch mit der als bitteres Ende erinnerlichen Tatsache einer für den Todesfall vielmehr zu gewärtigenden Wiederaufnahme der früheren am Reichtum exekutierten plutonischen Katabole bedroht, mit der als böses Erwachen ersichtlichen Erfahrung einer vom Abgegangenen vielmehr zu befürchtenden Neuauflage des alten, mittels Überfluß bestrittenen Totenkults schreckt. Eingeschüchtert durch jene lebensgefährliche Mißgunst, die aus einem ihr selber eigenen Affekt die theokratische Gesellschaft in eine direkte Funktion der durch ihre Entfernung von aller realen Macht über den Reichtum pikierten Unsterblichen verwandelt, in einen unmittelbaren Ausdruck der durch ihren Ausschluß von aller materialen Verfügung über den Überfluß enragierten Götter überführt, und die sie als dieses Ressentiment der vernachlässigten Unsterblichen in unzähligen schicksalsschweren äußeren Omen eine imminente Gefährlichkeit unter Beweis stellen läßt – eingschüchtert also durch solch erdrückende Beweise göttlichen Grolls, gibt der Priesterkönig dem Drängen der theokratischen Gesellschaft endlich nach und sucht, um die Zürnenden zu versöhnen, deren vernachlässigten hoheitlichen Anspruch auf den Reichtum durch einen realen Zuwendungs- und Übertragungsakt, der an Realität der eigenen priesterköniglichen Macht über den Reichtum die Stange halten kann, coram populo zu befriedigen und für jedermann erkennbar zu reaffirmieren. In der Absicht, den jenseitig wahren Herren des Reichtums eine empirisch tragende Basis zu verschaffen, die der realen Appropriation des Reichtums durch ihn, den Statthalter auf Erden, standzuhalten vermag, wählt der Priesterkönig paradigmatischen Reichtum, exemplarischen Überfluß aus, den er den jenseitigen Herren parte pro toto dessen, was er ihnen schuldet, ostentativ übergibt und als Teil des Ganzen, das ihnen zusteht, demonstrativ zur Verfügung stellt. Er gibt ein Stück von dem Reichtum, den er als Prokurist verwaltet, frei, grenzt einen Teil des Überflusses, über den er mit Vollmacht gebietet, aus, um an diesem Stück Reichtum den ansonsten latenten und vom Vergessen bedrohten Besitzanspruch der Unsterblichen manifest, an diesem Teil Überfluß den im übrigen obliquen und der Verdrängung ausgesetzten Eigentumsvorbehalt der Götter greifbar werden zu lassen. Er nimmt an einem exemplarischen Stück Reichtum sich selber zurück und verleiht damit dem Besitzprärogativ der Unsterblichen, das er als Statthalter ebensosehr verdeckt wie verwaltet, eine in der Gestalt dieses Stücks Reichtum direkt erscheinende Realität, verschafft dem Eigentumstitel der Götter, den er als Stellvertreter ebensosehr verstellt wie vertritt, eine in der Leibhaftigkeit dieses Teils Überfluß unverstellt zutage tretende Materialität. Indem er etwas von dem Gut, das er für sie verwaltet, den Göttern hier und jetzt zum Präsent macht und als Tribut überreicht, läßt er sie aus in toto dessen, was er für sie verwaltet, absentierten zu in parte dessen, was er ihnen darbringt, repräsentierten wahren Herren des Reichtums, aus in genere dessen, worüber er statt ihrer verfügt, deprivierten zu in specie dessen, was er ihnen verehrt, attribuierten wirklichen Überflußeignern werden. Dadurch, daß er ein Stück Reichtum als unmittelbaren Besitz der Unsterblichen betrachtet und öffentlich zur Schau stellt, verleiht der Priesterkönig ihrem Besitzanspruch hinlängliche Realität, um nicht nur die priesterkönigliche Anerkennung dieses Anspruchs allem Verdacht eines vergänglichen Nominalismus zu entziehen und jeden Vorwurfs eines vergeßlichen Formalismus zu entheben, sondern um vor allem die Unsterblichen selbst in diesem realisierten Anspruch oder unmittelbaren Besitz eine als Anwesen ständige Repräsentanz auf Erden, ein als Andenken bleibendes Attribut im Diesseits gewinnen zu lassen.

Und damit hat nun eigentlich die theokratische Gesellschaft das erreicht, was sie wollte. Sie hat den Priesterkönig unter die Botmäßigkeit seiner Prokuraverleiher zurückgebracht, ihn der Observanz seiner Vollmachtgeber neu unterstellt, und so sich selber gleichermaßen von der Versuchung, ihm zu Lebzeiten mit der Animosität und Aggressivität hoffnungsschwangerer Emanzipation zu begegnen, befreit, wie vor der Gefahr, ihm nach seinem Ende mit der Kompulsivität und Regressivität totenkultlicher Devotion zu erliegen, bewahrt. Mit seiner in der Offerte des Reichtumspräsents und Überflußtributs, im Opfer, vollzogenen realen Anerkennung der Macht der Unsterblichen treibt der Priesterkönig unter dem von allen akzeptierten funktionellen Alibi einer Besänftigung göttlichen Grolls der theokratischen Gesellschaft jene hoffnungsgeschwellte Feindseligkeit aus, die sie in Reaktion auf die Verdrängung des formellen Eigentumstitels der Götter durch die Materialität priesterköniglicher Verfügungsgewalt über den Reichtum gegen den hierbei als grundloser Machthaber sich enthüllenden Priesterkönig ausbildet und die sie doch gleich wieder loswerden will, weil sie sicher sein kann, sie beim Verscheiden des Machthabers mit einer Neuauflage der früheren reichtumverschlingend-katabolischen Hingabe an den Verschiedenen büßen, mit einem Wiederaufleben des alten überflußverzehrend-thesaurischen Kults um den Toten bezahlen zu müssen. Indem als Opfer der Reichtum in seinem repräsentativ-realen Bezug zu den Unsterblichen sinnenfällig wahrnehmbar, der Überfluß in seiner attributiv-materialen Zugehörigkeit zu den Göttern unmittelbar erkennbar wird, erhält die priesterkönigliche Verfügung über den Überfluß durch diese attributive Besinnung auf die Götter und ihr Anrecht eben die Legitimität zurück, die nötig ist, um ihr den Animosität erweckenden Anschein einer willkürlich-usurpatorischen Reichtumsbesitzergreifung zu nehmen, sie vom Aggressivität erregenden Charakter einer selbstherrlich-expropriativen Überflußaneignung zu befreien. Angesichts der qua Reichtumofferte öffentlich geleisteten hochheiligen Erklärung des Priesterkönigs, daß seine Macht über den Reichtum in toto nichts als eine Prokura ist, die er als irdischer Statthalter der in parte jener Offerte repräsentierten jenseitig wahren Herren des Reichtums, als weltlicher Stellvertreter der in specie jenes Opfers attribuierten transzendent wirklichen Überflußeigner wahrnimmt, angesichts dieses vom Priesterkönig coram populo abgelegten sakrifiziellen Zeugnisses kann die theokratische Gesellschaft allen mißgünstigen Hoffnungen, die durch die grundlose Willkür des vermeintlichen Usurpators in ihr wach wurden, Valet sagen und in dem aus Ernüchterung und Erleichterung gemischten Bewußtsein, daß sie zugleich mit der animosen Hoffnung die dubiose Bedrohung einer schließlichen Neuauflage des alten Totenkults los ist, sich mit dem wiederhergestellten Status quo einer von den Unsterblichen autorisierten priesterköniglichen Machtausübung über den Reichtum, einer von den Göttern sanktionierten theokratischen Verfügungsgewalt über den Überfluß zufriedengeben.

Oder vielmehr könnte sie sich zufriedengeben – träte da nicht eine unverhoffte Komplikation ein, die aus der Opfersituation als solcher entsteht und die im offerierten Reichtum selbst ihren Grund hat. Unverhofft nämlich kehrt der seinen wahren Herren zum Präsent gemachte und als Tribut dargebrachte Reichtum eine Dynamik hervor, mit der er die ihm übertragene Rolle als reales Repräsentationsorgan der Unsterblichen und ihres Besitzanspruchs auf den Reichtum qualitativ durchbricht. Statt nämlich, wie vorgesehen, seine jenseitig wahren Herren bloß zu repräsentieren und das heißt per medium seiner eigenen Realität zur Darstellung zu bringen, läßt der als Offerte dargebrachte Reichtum sie vielmehr unmittelbar zur Erscheinung kommen und im Diesseits persönliche Präsenz gewinnen. Statt, wie geplant, seine transzendent wirklichen Eigner bloß attributiv zu vertreten und das heißt in effigie seiner eigenen Materialität unter Beweis zu stellen, läßt der als Opfer dargebrachte Überfluß sie vielmehr leibhaftig auftreten und selber inmitten der Immanenz Gestalt annehmen. Jenes repräsentative Anwesen im Diesseits, das der Priesterkönig den im Jenseits weilenden wahren Reichtumbesitzern zuweist, damit es als partielle Realisierung ihres Anspruchs auf den Reichtum die über den Reichtum im ganzen ausgeübte priesterkönigliche Macht vor aller Augen als ein statthalterisches Tun autorisiert, entpuppt sich im Augenblick seiner Zuweisung vielmehr als ein generativer Erscheinungsort, der in maßlos überschwenglicher Auslegung der ihm übertragenen Autorisierungsfunktion nichts geringeres vollbringt, als die jenseitigen Autoritäten höchstpersönlich auf den Plan zu rufen und dem staunenden Publikum vorzuführen. Jenes attributive Andenken, das der Priesterkönig den in der Transzendenz sich aufhaltenden wirklichen Überflußeignern zueignet, damit es als die in specie wahrnehmbare Materialisierung ihres Anrechts auf den Überfluß die über den Überfluß in genere behauptete priesterkönigliche Verfügungsgewalt in aller Bewußtsein als ein stellvertretendes Wirken sanktioniert, verwandelt sich im Akt solcher Zueignung vielmehr in einen epiphanischen Schauplatz, der in geradezu dysfunktionaler Übertreibung der ihm anvertrauten Bevollmächtigungsfunktion nicht weniger leistet, als die transzendenten Vollmachtgeber in leibhaftiger Gestalt zu inszenieren und der mystifizierten Menge darzubieten. Jenes Stück Reichtum also, das als das exemplarisch exhibierte Attribut der Götter der Priesterkönig verwenden möchte, um seine eigene Verwaltung des Reichtums als ein essentiell statthalterisches Tun anschaulich zu begründen, entfaltet im Vollzug solcher Begründungsfunktion plötzlich eine konstitutive Bedeutung und initiative Kraft, die aus dem die Macht des Jenseits über das Diesseits repräsentativ darstellenden Demonstrationsobjekt eine die jenseitige Macht mitten im Diesseits präsentativ vorstellende Monstranz, aus dem die Herrschaft des Transzendenten über die Immanenz objektiv anführenden Beweismittel ein die transzendente Herrschaft als Subjekt in die Immanenz einführendes Offenbarungsmedium werden läßt. Aus dem opus regis, dem im genitivus subjectivus wohlverstandenen Werk des Priesterkönigs, das dem letzteren nur dazu dienen soll, den guten Grund für seine statthalterische Macht über den Reichtum der theokratischen Gesellschaft symbolisch vorzuhalten, wird unvermittelt ein opus dei, ein im genitivus objectivus zu begreifendes Gotteswerk, das von sich aus alles daransetzt, der Gesellschaft diesen guten Grund empirisch vorzuführen. Aus dem als Darbringung, als Sakrifizium funktionierenden Testimonium des Priesterkönigs, das der letztere nur ablegt, um der theokratischen Gesellschaft die jenseitig anwesenden Urheber seiner stellvertretenden Verfügung über den Überfluß in effigie zu bezeugen, wird im Nu der Opferhandlung ein als Altar, als Sakrosanktum firmierendes Tabernakel, das sich aus Eigenem unverhofft dazu aufwirft, der Gesellschaft diese Urheber selbst als im Diesseits Daseiende in leibhaftiger Gestalt zu zeigen.

Verantwortlich für diese unverhoffte Verwandlung der Reichtumofferte aus einem repräsentativen Objekt in einen generativen Ort, diese mysteriöse Entfaltung des Überflußopfers aus einem Demonstrationsmittel in ein Offenbarungsmedium ist die exponierte Stellung, die der seinen jenseitig wahren Herren zum Tribut gebrachte Reichtum im Moment der Darbringung einnimmt. Verantwortlich ist, mit anderen Worten, der Umstand, daß der Priesterkönig mit seinem Tribut an die Unsterblichen diesseitigen Reichtum aus der Hand gibt und freisetzt, ohne ihn gleich nach dem Muster der früheren chthonisch-plutonischen Katabole dem Jenseits zu übergeben und in dessen räumlich-separate Sphäre oder Fassung überwechseln zu lassen, daß er mit seinem Präsent an die Götter immanenten Überfluß aus seiner Verfügung entläßt und zur Disposition stellt, ohne ihn deshalb nach Art des alten totenkultlichen Verfahrens an die Transzendenz zu expedieren und in deren topisch-differente Form und Gestalt zu übersetzen. So wahr der Priesterkönig sich bei seiner Offerte an die Unsterblichen von exemplarischen Stücken seines Reichtums trennt, um diese ihren jenseitig wahren Herren zu überlassen, so wahr verzichtet er doch zugleich auf jeden Versuch, das Offerierte den jenseitig wahren Herren in ihr Jenseits hinein zu übergeben, in ihre Transzendenz hinein zuzustellen, und beschränkt sich vielmehr darauf, es als dies den Unsterblichen überlassene Stück Reichtum inmitten des Diesseits ostentativ zur Schau zu stellen. Anders zu verfahren widerspräche ja auch offenkundig der Funktion des qua Opfer dargebrachten Reichtums. Die richtet sich für den Priesterkönig ja keineswegs mehr chthonisch-generell darauf, zur Verhinderung einer radikalen Entwirklichung des irdischen Daseins durch fürstliches Verscheiden, zur Abwehr einer totalen Entwertung des weltlichen Lebens durch herrschaftlichen Tod, mit Hilfe von Reichtum eine als unterirdische Sphäre und unterweltliches Reich topisch bstimmte Transzendenz zu schaffen, um den Verschiedenen als den in Wahrheit identischen Herrn des Reichtums kontinuieren zu können. Und ebenso wenig mehr zielt sie für ihn pharaonisch-speziell darauf ab, unter dem Nachfolgedruck von ins Jenseits eingegangenen Vorgängern einen realen Anspruch des Jenseits auf den Reichtum einzulösen, um auf diesem Weg Anstalten für ein inskünftig eigenes jenseitiges Sein im Reichtum zu treffen. Vielmehr findet für den Priesterkönig der als Opfer dargebrachte Überfluß seine nurmehr politisch-gesellschaftliche Aufgabe darin, zur Verhinderung des obliterativen Verschwindens, mit dem die Machtfülle seiner irdischen Prokura die mittlerweile zu ätherischen Unsterblichen anonymisierten Jenseitigen bedroht, zur Vermeidung des amnestischen Vergessens, in das die Verfügungsgewalt seiner weltlichen Verwaltung die inzwischen zu olympischen Göttern pluralisierten Transzendenten stürzt, deren formalen Titel auf den Überfluß in aller Öffentlichkeit und material als solchen zu reaffirmieren, um auf diese Weise der priesterköniglich diesseitigen Macht über den Reichtum ihren sie als statthalterisches Tun autorisierenden guten Grund zu erhalten, die priesterköniglich immanente Verfügung über den Überfluß ihrer sie als stellvertretendes Wirken legitimierenden einsehbaren Notwendigkeit zu versichern. Wie könnte der zum Opfer gebrachte Reichtum diese ihm zugewiesene Aufgabe, in repräsentativ eigener Gestalt Zeugnis von der Anwesenheit der jenseitigen Unsterblichen abzulegen, um damit zu verhüten, daß in Abwesenheit jener jenseitig wahren Herren des Reichtums ihr Statthalter auf Erden zum unbedingten Machthaber avanciert, an dem zum fatalen Schluß ein neuer Totenkult sich entzünden kann – wie könnte wohl der Reichtum diese Aufgabe besser erfüllen als so, wie er es tut: indem er nämlich seinen jenseitig wahren Herren zwar rückhaltlos zur Verfügung gestellt, von diesen indes nicht in jenseitige Verwahrung genommen, nicht zur Transzendenz heimgesucht wird, so daß er – wie bestellt und nicht abgeholt, um es salopp zu sagen – als ein im Diesseits stehengelassenes Anwesen der Unsterblichen deren nominalen Eigentumsanspruch repräsentativ verkörpern und also vor aller Augen realiter bezeugen, als ein in der Immanenz liegengelassenes Andenken der Götter deren formalen Besitztitel attributiv vertreten und also für aller Bewußtsein materialiter darstellen kann. Eine konsequente Überführung des den Unsterblichen zum Präsent gemachten Reichtums in deren eigene jenseitige Sphäre käme demgegenüber ja offenbar einer Durchkreuzung dieser der Reichtumofferte zugewiesenen Repräsentationsaufgabe gleich, weil dadurch das Offerierte aus dem diesseitigen Blickfeld verschwände und selber in eben das Jenseits sich absentierte, von dem es doch gerade dem Diesseits eine greifbar repräsentative Vorstellung hätte darbieten, das Geopferte aus dem immanenten Gesichtskreis desertierte und selber zu eben der Transzendenz sich dementierte, von der es doch gerade der Immanenz ein haltbar attributives Bewußtsein hätte vermitteln sollen.

Im übrigen steht, daß es zu solch einer konsequenten Überweisung des offerierten Reichtums an seine jenseitigen Besitzer kommt oder überhaupt kommen kann, auch gar nicht befürchten. Voraussetzung dafür wäre ja, daß dies Jenseits der unsterblichen Reichtumbesitzer noch eine dem unterirdischen Grabkammerareal chthonisch-katabolischer Provenienz vergleichbare räumlich-wirkliche Bestimmtheit und Beschaffenheit, das heißt noch eine dem unterweltlichen Totenreich aus totenkultlicher Zeit entsprechende topisch-empirische Lokalisierbarkeit und Erreichbarkeit aufwiese. Genau das aber ist nicht der Fall, da ja der als Befreiung vom chthonisch-katabolischen Wiederholungszwang beschriebene Übergang der jenseitigen Herren des Reichtums aus dem Charakter personaler Verschiedenheit in die Kategorie anonymer Unsterblichkeit, ihr als Ablösung vom Totenkult geschilderter Wechsel aus einem singulären Totenstatus in einen Zustand pluraler Göttlichkeit nicht zuletzt darin sich ausdrückt, daß das Jenseits selbst seine unterirdische Gebundenheit abwirft und zu überirdischer Unbehaftbarkeit sich aufhebt, daß die Transzendenz als solche die Fesseln konkreter Unterweltlichkeit sprengt und zur grenzenlos abstrakten Überweltlichkeit sich verflüchtigt. In dem Maß, wie die jenseitig wahren Herren des Reichtums sich aus namhaften Gestorbenen zu anonymen Unsterblichen, aus toten Fürsten zur Schar der Götter entmaterialisieren, entrealisert sich auch der jenseitige Raum selbst und verwandelt sich aus einem vom Diesseits marginal abgesetzten chthonisch-komplementären Territorium in eine dem Diesseits diametral entgegengesetzte ätherisch-imaginäre Dimension, aus einem von der Immanenz definitiv abgegrenzten plutonisch-abortiven locus zu einem von der Immanenz limitativ ausgegegrenzten olympisch-evasiven Topos. Wie sollte in das so um alle eigene räumliche Begrenzung gebrachte und in die unendliche Weite einer erdentzogen luftigen Dimension, in die unbestimmte Ferne einer weltüberhoben leeren Sphäre entlassene Jenseits irgendein Reichtumtransfer noch möglich sein? So gewiß diese Jenseitigkeit der ätherischen Unsterblichen nichts weiter mehr ist als ein durch seine Distanz zum Wohnort der Sterblichen abstraktiv entgrenztes utopisches Gefilde, eine durch ihre Differenz zum Lebensraum der Menschen limitativ entschränkte himmlische Sphäre, so gewiß hört sie auf, eine für die effektive Annahme von Reichtum geeignete Adresse oder gar ein für dessen sukzessive Entgegennahme gerüsteter Empfangsort zu sein.

Und mögen auch die Götter aus ihrer ätherischen Unbehaftbarkeit noch mannigfach herausragen und an diesem oder jenem räumlich angebbaren Ort auf Erden eine Position behaupten, mögen sie aus ihrer olympischen Entrücktheit noch allenthalben herausreichen und an dieser oder jener topisch belegbaren Stelle in der Welt zu Hause zu sein beanspruchen, mögen sie auf diesem oder jenem Berg einen Wohnsitz, an diesem oder jenem Fels einen Standort, in dieser oder jener Grotte eine Bleibe, in diesem oder jenem Hain ein Heim, an dieser oder jener Quelle ein Lager, an diesem oder jenem Fluß eine Niederlassung haben – an der topischen Entmaterialisierung, die ihre Transzendenz als solche ereilt hat, ändert sich dadurch nicht das Geringste. So sehr vormals, zu Zeiten des als chthonisch-plutonische Observanz sich entfaltenden Totenkults, diese von den Unsterblichen nach wie vor in Anspruch genommenen irdischen Liegenschaften Zugangsstellen zu einem in räumlicher Kontinuität anschließenden unterirdischen Bezirk gewesen sein, diese von den Göttern noch immer mit Beschlag belegten weltlichen Aufenthalte als Durchgangspforten zu einem in topischer Konsequenz sich eröffnenden unterweltlichen Totenreich gegolten haben mögen – jetzt, da der unterirdische Bezirk sich zur erdentzogen luftigen Dimension anonymer Unsterblicher verflüchtigt, das unterweltliche Totenreich sich zur weltüberhoben leeren Sphäre pluraler Götter aufgehoben hat, haben sie ihre Bedeutung einer räumlich-direkten Übergangsstelle ins Jenseits, eines topisch-konkreten Verbindungspunkts mit der Transzendenz definitiv eingebüßt. Als irdische Dependancen ätherischer Unsterblicher ihres chthonisch-plutonischen Hintergrunds beraubt, als weltliche Zweitwohnsitze olympischer Götter ihrer totenkultlichen Perspektive entrissen, sind diese allenthalben verstreuten Kultstätten nun nicht mehr Durchgangspunkte zu einem Jenseits, das mit der diskursiven Unentrinnbarkeit räumlicher Konintuität ans Diesseits anschließt, sondern murmehr Anhaltspunkte für ein Jenseits, das selber aus dem räumlichen Kontinuum ausgeschieden ist und deshalb höchstens noch in der intuitiven Unvermitteltheit eben dieser Anhaltspunkte dem Diesseits diskontinuierlich aufstößt, sind sie nicht mehr Passierstellen in eine Transzendenz, die mit der nachvollziehbaren Fatalität topischer Konsequenz aus der Immanenz sich ergibt, sondern nurmehr Belegstellen für eine Transzendenz, die als solche aus dem topischen Kontext sich verflüchtigt hat und deshalb äußerstenfalls noch in der unberechenbaren Spontaneität eben dieser Belegstellen diskret in der Immanenz auftaucht. Statt Wegweiser, mit denen das Diesseits ein Jenseits anzeigt, das gleich dahinter zuverlässig bereitliegt, in räumlicher Gestalt hervorzutreten und sich in topischer Faßlichkeit darzubieten, sind sie nurmehr Landmarken, die im Diesseits auf ein Jenseits verweisen, das auf dem Fleck solchen Verweises unfehlbar darauf aus ist, sich zur gestaltlosen Weite aufzuheben, zur ätherischen Unbehaftbarkeit zu verlieren. Statt Brücken, durch die eine intentionale Verbindug zwischen Immanenz und Transzendenz hergestellt wird, kraft deren diese jener in die Länge und Breite der gemeinsamen Achse als spiegelbildliche Realität korrespondiert, sind sie nurmehr Brückenköpfe, die die residuale Verbundenheit der Immanenz mit einer Transzendenz bezeugen, die sich im übrigen auf der ganzen Linie der vormals gemeinsamen Achse aus der Korrespondenz mit der Immanenz zurückgezogen und zur durchgängigen Leerstelle einer Region der Unsichtbaren eskamotiert hat.

Wie könnten wohl die solcherart zu erratischen Einsprengseln eines Jenseits, das als solches alle kontinuierlich räumliche Gemeinschaft mit dem Diesseits aufgekündigt hat, abstrahierten, die dergestalt zu anakoluthischen Einlassungen einer Transzendenz, die selber allem kontextlichen topischen Umgang mit der Immanenz abgeschworen hat, isolierten lokalen Kultstätten noch dazu taugen, die Durchführung eines räumlich-realen Reichtumtransfers zwischen Diesseits und Jenseits aufrechtzuerhalten, die Abwicklung topisch-materialer Überflußtransaktionen zwischen Immanenz und Transzendenz sicherzustellen? Das einzige, wozu sie offenbar taugen, ist, die angemessene Bühne für eben jene, von allem realen Transfer weit entfernte, dramatische Funktion einer repräsentativen Verkörperung jenseitiger Ansprüche zur Verfügung zu stellen oder den passenden Rahmen für eben jene mit einer materialen Transaktion ganz unverwechselbare theatralische Aktion einer attributiven Versinnbildlichung transzendenter Anrechte abzugeben, worauf der Priesterkönig das von ihm den Unsterblichen gemachte Reichtumpräsent in der Tat ja beschränkt wissen will. Als im Diesseits stehengebliebene erratische Blöcke eines chthonischen Jenseits, das selber seine Erdenschwere abgestreift und sich restlos ätherisiert hat, als in der Immanenz verhaltene änigmatische Relikte einer plutonischen Transzendenz, die sich als solche in Luft aufgelöst und spurlos evakuiert hat, sind jene Kultstätten die natürlichen Standorte und gegebenen Schauplätze für priesterkönigliche Opferhandlungen, deren Ziel nicht die eilfertige Expedition des den Unsterlichen dargebrachten Reichtums ins Jenseits, sondern im Gegenteil nur seine anhaltende Exposition im Diesseits, nicht die sofortige Überstellung des den Göttern geweihten Überflusses in die Transzendenz, sondern vielmehr bloß seine ständige Zurschaustellung in der Immanenz ist.

Die präsentative Kraft, die der als repräsentatives Anwesen der Götter zur Schau gestellte Reichtum erneut entfaltet, äußert sich epiphanischer als eingangs des Totenkults, wo sie durch die Erinnerung an den gerade erst vorgefallenen Tod des Herrn zur Reminiszenz zurückgenommen war. Indem die wahren Herren des Reichtums leibhaftig in Erscheinung treten, wird das Legitimierungskalkül des Priesterkönigs, das auf ihre bloß repräsentative Anwesenheit baut, durchkreuzt. Aber schlimmer noch sind, was in Erscheinung tritt, nicht die Götter in ihrer jetzigen, anonym-pluralen Verfassung, sondern sie in der früheren personal-singularen Gestalt des anderen Subjekts mit aller ihm ursprünglich eigenen Indifferenz und Negativität.

Die jenseitigen Unsterblichen zeigen sich also der Absicht des Priesterkönigs durchaus geneigt, den ihnen zum Opfer gebrachten Reichtum in opere der Offerte zu arretieren und, allem sakrifiziellen Entäußerungs- und Darbringungspathos zum Trotz, für seine diesseitig-eigenen Legitimierungsbedürfnisse in Gebrauch zu nehmen. Sowenig es einerseits im Sinne solcher priesterköniglichen Legitimierungsbedürfnisse liegt, daß der den Unsterblichen ausgesetzte Reichtum diesen tatsächlich ausgeliefert und damit definitiv aus dem Diesseits ausgeschieden wird, sowenig sind andererseits auch die Götter selbst disponiert, auf einer als aktuelle Aneignung durchgesetzten Verjenseitigung des Reichtums zu bestehen. Nicht nur erweist sich nach seiner Verflüchtigung zur erdentzogen luftigen Dimension und weltüberhoben leeren Sphäre jener jenseitige Raum und transzendente Topos als gänzlich ungeeignet, den seinen ätherischen Bewohnern im Diesseits ausgesetzten Reichtum tatsächlich auf- und wirklich entgegenzunehmen, er läßt im Resultat seiner Verflüchtigung aus aller räumlichen Kontinuität und topischen Konsequenz mehr noch im Diesseits diskontinuierlich versprengte Stellen, diskret verstreute Stätten zurück, die sich als Standorte für die vom Priesterkönig gewünschte funktionelle Arretierung der Reichtumofferte im Diesseits, als Schauplätze für die von ihm angestrebte referentielle Suspendierung des Überflußopfers in der Immanenz geradezu anbieten. Dort also, an den als erratische Einsprengsel vom luftigen Jenseits dem Diesseits hinterlassenen, als anakoluthische Einlassungen von der flüchtigen Transzendenz der Immanenz vermachten früheren totenkultlichen Stätten, kann der Priesterkönig sein Präsent an die wahren Herren des Reichtums zur Disposition stellen und frei von aller Besorgnis, die letzteren könnten es wirklich an sich nehmen wollen, mit der Aufgabe einer auf die priesterkönigliche Autorität im Diesseits gemünzten repräsentativen Verkörperung jenseitiger Ansprüche, einer auf die immanente Legitimität der priesterköniglichen Macht abgestellten attributiven Versinnbildlichung transzendenter Anrechte betrauen.

Indes, so sicher er sein kann, daß die Götter sein mit der Reichtumofferte als repräsentativer Veranstaltung aufgestelltes Kalkül nicht durchkreuzen, so sehr hat er doch hierbei die Rechnung ohne den offerierten Reichtum selbst gemacht. Ihn nämlich, den am Kultort deponierten Reichtum, an der Opferstätte exponierten Überfluß, versetzt diese suspendierte Übergabe an die Götter in eine Lage, in die er vorzeiten, bei Gelegenheit seiner immer neuen Hervorbringung durch die Stammesgemeinschaft, regelmäßig geriet und in der er ein letztes Mal beim Tod des bereits als festliche Dauererscheinung etablierten, zur königlich festen Einrichtung avancierten anderen Subjekts, zu Anfang des Totenkults also, seitdem aber niemals mehr, sich befand: in die Situation des im Augenblick seiner Hervorbringung vom Hervorbringenden nicht mehr mit Beschlag belegten, sich selbst überlassenen Besitzes, des im Akt seiner Erzeugung nicht mehr der Kontrolle des Erzeugers unterworfenen, auf sich gestellten Guts. Indem der Priesterkönig beim Opfer Reichtum aus der Hand gibt, der nicht sofort im Jenseits verschwindet, nimmt jener Akt der Darbringung von Reichtum die gleiche Bedeutung wie vormals der Akt der Hervorbringung des Reichtums an und verhilft dem Reichtum zu einer seiner damaligen Freisetzung vergleichbaren Entbindung von der Funktionalität, die der Darbringende mit ihm verknüpft. Und in dieser momentanen funktionellen Ungebundenheit, dieser spontanen dispositionellen Unabhängigkeit, in die seine arretierte Überlassung an seine wahren Herren ihn zurückversetzt, legt der Reichtum in Ansehung der letzteren einmal mehr den eigenmächtig-epiphanischen Konstitutionstrieb von damals, den selbsttätig-inszenatorischen Initiationsdrang von einst an den Tag. Das heißt er entfaltet die geschilderte konstitutive Kraft, ex improviso seiner Deposition am Kultort seine wahren Herren persönlich vorstellig werden zu lassen, erbringt die beschriebene initiative Leistung, ad hoc seiner Exposition an der Opferstätte seine wirklichen Eigner leibhaftig in Szene zu setzen. Weit entfernt davon, sich mit der ihm vom Priesterkönig zugewiesenen Funktion eines diesseitig repräsentativen Anwesens jenseitig abwesender Unsterblicher zufriedenzugeben, nutzt vielmehr der Reichtum den der Übernahme jener Funktion vorausgehenden Augenblick seiner Freigabe durch den Priesterkönig zu einer Erneuerung seines früheren epiphanischen Improvisationstalents, einer Reaktivierung seines einstigen inszenatorischen Präsentationspotentials und stellt sich den jenseitig Abwesenden als evokativer Erscheinungsort für eine unvermutete Einkehr im Diesseits, den zur Transzendenz Abgedankten als monstrativer Schauplatz für eine unverhoffte Rückkehr in die Immanenz zur Verfügung. Statt sich als diesseitig repräsentative Habe seiner jenseitig wahren Herren, als immanent attributives Gut seiner transzendent wirklichen Eigner damit zu begnügen, dem nominalen Herrschaftsanspruch der letzteren eine für aller Augen wahrnehmbare, sinnenfällige Realität zu verleihen, entfaltet der im Augenblick seiner Darbringung vom Dienst am Priesterkönig entbundene Reichtum vielmehr seine ursprüngliche konstitutive Kraft und läßt seine wahren Herren persönlich an der Kultstätte auftauchen, um sich ihnen coram populo zu Füßen zu legen, läßt seine wirklichen Eigner leibhaftig vor den Altar treten, um sich ihnen auf offener Szene hinzugeben.

Und diese seine initiative Dynamik entfaltet der Überfluß in aller ursprünglichen Frische und mit ganzer uranfänglicher Gewalt und also authentischer und effektiver als damals, da das Ableben des als festliche Dauererscheinung etablierten, zur königlich festen Einrichtung avancierten anderen Subjekts sie ihm unverhofft noch einmal wiedergab. Da nämlich, bei jenem unverhofft letzten Mal ihrer Wirksamkeit, war die konstitutive Kraft gehemmt und abgelenkt durch das factum brutum des gerade erst eingetretenen Todes des anderen Subjekts und durch die kontinuierliche Erinnerung, die der Reichtum an diesen rezenten Todesfall hatte. Weil der Verschiedene gerade erst verschieden und aus dem reichtumbezogenen Diesseits ins reichtumentzogene Jenseits verschwunden war, der Tote eben erst den Tod gefunden und aus der überflußgesetzten Immanenz zur überflußenthobenen Transzendenz sich absentiert hatte, war es dem Reichtum auch bei noch so viel initiativer Dynamik unmöglich, diese vom anderen Subjekt ausgeführte Flucht- und Absetzbewegung einfach umzukehren und zur entgegengesetzten Motion aufzuheben. Er mußte sich deshalb dort unter Verzicht auf alle evokative Anschauung und monstrierende Inszenierung des anderen Subjekts mit dessen reminiszierender Vorstellung und dem remonstrativen Gedenken an es begnügen. Unter dem empirischen Eindruck und historischen Schock der vom anderen Subjekt vollzogenen fatalen Wendung und unumkehrbar letalen Richtung schlechterdings außerstande, seine alte epiphanisch-präsentative Wirkung zu entfalten, wurde er aus einem inszenatorischen, das andere Subjekt in seiner vollen Lebendigkeit monstrierenden Erscheinungsort zu einer reflektorischen, es in seiner ganzen Verschiedenheit demonstrierenden Gedenkstätte, aus einem das andere Subjekt zur Anwesenheit beschwörenden, aus sich herausgehenden Momentum zu einem es in Abwesenheit reminiszierenden, in sich gekehrten Memento. Jetzt hingegen, da das andere Subjekt mit seiner Anonymisierung zum Kreis ätherischer Unsterblicher längst alle Züge des vormals Verstorbenen und aus dem Diesseits Geschiedenen abgelegt und da zugleich sein jenseitiger Ort und transzendenter Aufenthalt jeden Charakter eines aus dem Diesseits historisch konsequierenden weltabgeschiedenen Bereichs, eines an die Immanenz empirisch anschließenden, definitiven Raums eingebüßt und die Form einer dem Diesseits systematisch korrespondierenden, weltüberhobenen Sphäre, eines die Immanenz quasi-logisch ausschließenden, limitativen Topos angenommen hat – jetzt also ist der Reichtum nicht mehr durch solch fixe Erinnerung an eine dem epiphanischen Präsentationsvorhaben gegensinnig vorgegebene empirische Absentierung des zu Präsentierenden, durch solch assoziative Rücksicht auf einen der szenischen Initiationsanstrengung kontradiktorisch vorausgesetzten historischen Exitus des zu Initiierenden gehemmt. Weil die in die Unerreichbarkeit einer weltüberhoben olympischen Residenz evakuierten Götter jedes als empirisch-prozessuale Verjenseitigung beschreibbare Kontinuitätsverhältnis zum irdischen Diesseits aufgegeben haben, setzen sie nun ihrer epiphanischen Einkehr ins Diesseits ex improviso der Reichtumofferte, ihrem szenischen Auftreten in der Immanenz ad hoc des Überflußopfers keinen von der Erinnerung an solch vorgängig gegensinnige Verjenseitigung genährten Widerstand mehr entgegen. Weit entfernt deshalb, daß der im Augenblick seiner Darbringung zur alten Konstitutionstätigkeit freigesetzte Reichtum sich mit der damals, eingangs des Totenkults, durch jenen Widerstand determinierten Rolle einer jenseitsfixiert obsessiven Gedenkstätte und eines transzendenzhörig reminiszierenden Remonstrativums bescheiden müßte, kann er erneut den ungehemmten Impetus eines jenseitsversiert ostentativen Erscheinungsmediums und transzendenzmächtig monstrativen Szenariums an den Tag legen.

Und mit dieser epiphanischen Kraft, die der am Kultort zur Disposition gestellte Reichtum im Augenblick seiner Exposition entfaltet, stört er, wie unschwer einsehbar, nachhaltig das Kalkül, das der Priesterkönig mit dem Überflußopfer verbindet. Jenem priesterköniglichen Kalkül nach soll der den Göttern zum Tribut gebrachte Überfluß die Abwesenden als die wahren Herren des Reichtums repräsentativ gegenwärtig werden lassen, damit sie durch ihre in specie der Offerte repräsentative Anwesenheit und attributive Sinnbildlichkeit die vom Priesterkönig über den Reichtum in genere ausgeübte statthalterische Macht sanktionieren. Dank seiner im Freiraum des Kultorts wiedererlangten konstitutiven Kraft läßt indes der Reichtum seine wahren Herren nicht bloß repräsentativ gegenwärtig, sondern vielmehr höchstpersönlich präsent werden, nicht bloß attributiv zur Vorstellung kommen, sondern vielmehr leibhaftig in Erscheinung treten. Und damit erzielt er ja offenbar im Blick auf die ihm vom Priesterkönig übertragene Legitimierungsfunktion eine Wirkung, die das genaue Gegenteil dessen darstellt, was er eigentlich erreichen soll! Statt, wie er soll, die statthalterische Macht des Priesterkönigs über den Reichtum durch eine repräsentative Vergegenwärtigung der im Jenseits weilenden wahren Herren des Reichtums zu autorisieren, beraubt er dadurch, daß er die letzteren persönlich im Diesseits präsent werden und sich in Szene setzen läßt, jene statthalterische Macht vielmehr aller Bedeutung, indem er sie nämlich mit der Alternative einer autoritativ direkten Machtausübung der persönlich anwesenden Herren selbst konfrontiert. Statt die stellvertretende priesterkönigliche Verfügung über den Überfluß durch eine attributive Versinnbildlichung der in die Transzendenz entrückten wirklichen Eigner zu legitimieren, nimmt er dadurch, daß er die letzteren leibhaftig in der Immanenz erscheinen und vor dem Altar auftreten läßt, jener stellvertretenden priesterköniglichen Verfügung vielmehr jede Berechtigung, indem er sie nämlich durch die Option einer infinitiv unmittelbaren Verfügungsgewalt der leibhaftig erschienenen Eigner als solcher ersetzt. Wo mittels Reichtumofferte der Priesterkönig bloß sich und die theokratische Gesellschaft der Autorität seiner ihm von den Unsterblichen über den Reichtum im ganzen verliehenen prokuristischen Macht versichern will, da rücken ihm kraft offeriertem Reichtum jene Urheber seiner Macht selbst auf den Pelz, um offenbar in eigener Person die Macht zu übernehmen und seiner Statthalterschaft damit ein Ende zu machen. Wo er im Effekt des Überflußopfers nur sich und die Gesellschaft von der Legitimität der ihm durch die Götter über den Überfluß insgesamt übertragenen bevollmächtigten Verfügung überzeugen möchte, da kommen ihm ex improviso des geopferten Überflusses jene Lizenz- und Vollmachtgeber als solche ins Gehege, um, wie es scheint, mit eigener Hand die Gewalt auszuüben und ihn als ihren Stellvertreter damit außer Funktion zu setzen.

So nachhaltig störend für das Kalkül des Priesterkönigs diese faktische Machtübernahme durch die von der Reichtumofferte unversehens ins Diesseits zitierten jenseitig wahren Herren des Reichtums indes ist und so fatal die Folgen dieser praktischen Zurücknahme der Verfügung durch die unvermittelt in die Immanenz introduzierten transzendent wirklichen Eigner des Überflusses für des Priesterkönigs eigenes Ergehen und Bestehen anmuten – seine volle katastrophische Bedeutung und seinen eigentlichen Charakter einer die ganze theokratische Gesellschaft befallenden Kalamität erhält das Faktum dieser Machtergreifung erst durch den Modus, in dem die ergriffene Macht sich darstellt, die Qualität, die sie annimmt. Diese katastrophische Modalität der von den wahren Herren des Reichtums bei ihrem Auftreten vor dem Altar reklamierten Macht und revozierten Verfügung folgt unmittelbar aus der Art und Weise, wie die letzteren an der Opferstätte erscheinen. Das heißt, sie ist unmittelbare Konsequenz der Tatsache, daß jene ihr Erscheinen im Diesseits einer Erneuerung der alten epiphanischen Konstitutionskraft des Reichtums verdanken. Ex improviso der am Kultort suspendierten Offerte und ad hoc des auf dem Altar arretierten Opfers erscheinen nämlich die wahren Herren des Reichtums nicht bloß mit der alten implosiven Gewalt und früheren disruptiven Evidenz, sondern treten vor allem in ihrer ursprünglich-exklusiven Gestalt und ihrer uranfänglich disjunktiven Existenz auf. So wahr es die vom Reichtum entfaltete alte Initiationsdynamik ist, was die jenseitig wahren Herren des Reichtums auf den diesseitigen Plan ruft, so wahr sind, was demnach auf der Bildfläche erscheint, jene Herren nicht als die mittlerweile im Jenseits Verwahrten, sondern sie in ihrer ursprünglich diesseitigen Wahrheit, jene Eigner nicht als die zu guter Letzt zur Transzendenz Entwirklichten, sondern sie in ihrer uranfänglich immanenten Wirklichkeit. Ex improviso des am Kultort zur Disposition gestellten Reichtums erscheinen mit anderen Worten jene wahren Herren des Reichtums nicht als ätherisch-anonyme Unsterbliche – wie könnten sie auch?! – sondern als leibhaftig-personales Lebewesen, treten sie nicht als olympisch-plurale Götter auf – wie sollten sie wohl?! –, sondern als irdisch-singularer Mensch. Im unmittelbar-präsentativen Konstitutionsakt und abstrakt-monstrativen Initiationsmoment seine frühere Dynamik entfaltend, springt der Reichtum hinter alle qua Anonymisierung und Pluralisierung vollzogene sphärische Ausgrenzung, die seinen wahren Herren durch die Theokratie zuteil wird, zurück und setzt über alle qua Verjenseitigung effektuierte topische Einfriedung, die ihnen davor mittels Totenkult widerfahren ist, hinweg, um seine wahren Herren in der alten Lebendigkeit des aus dem Hinterhalt des Reichtums unvermittelt hervorbrechenden unbedingt anderen Subjekts, seine wirklichen Eigner in der früheren Leibhaftigkeit des aus dem hohlen Bauch des Überflusses abstraktiv auftauchenden absolut neuen Individuums wiedererstehen zu lassen.

Legt aber kraft der monstrativen Leistung des Überflußopfers jenes exklusiv andere Subjekt und disjunktiv neue Individuum, als das der wahre Herr des Reichtums ursprünglich erscheint, das Inkognito ätherisch-jenseitiger Anonymität und Alibi olympisch-transzendenter Pluralität, das mittels totenkultlicher Identifizierung und theokratischer Distanzierung der historische Prozeß ihm übergestreift und hinter dem er es versteckt hat, ab, um wieder die lebendige Personalität des hier und jetzt unbedingten Andersseins, die leibhaftige Singularität der augenblicklich absoluten Neuanfänglichkeit hervorzukehren, so gewinnt es damit auch und natürlich seine mit solch unbedingtem Anderssein notwendig einhergehende alte Indifferenz im Blick auf den Reichtum selbst zurück. So wahr die unmittelbare Exklusivität oder Unbedingtheit, die abstrakte Disjunktivität oder Absolutheit, mit der es ad hoc des Überflusses erscheint, jenes vermeintlich aus dem Reichtum resultierende andere Subjekt geradeso wie damals als ein in Wahrheit bloß in integrum restituiertes Sein im Vorhinein aller Reichtumsentwicklung ausweist, jenes scheinbar aus dem Überfluß konsequierende neue Individuum genauso wie einst als einen in Wirklichkeit nur in pristinum reduzierten Anfang im Voraus aller Überflußbildung zu erkennen gibt, so wahr macht nun auch jenes andere Subjekt geradeso wie damals Miene, ex anteriori dieses seines restituiert ursprünglichen Seins die ganze Reichtumproduktion mitsamt dem auf sie eingerichteten gesellschaftlichen Organismus als phänomenalen Irrtum, als eine von Grund auf abwegige und deshalb sinnvollerweise zuletzt sich selber revozierende Orientierung bloßzustellen, schickt es genauso wie einst sich an, a priori seiner repristiniert uranfänglichen Insistenz die gesamte Überflußerzeugung einschließlich der auf sie abgestellten ökonomischen und politischen Institutionen als kapitale Illusion, als prinzipiell verfehltes und deshalb schließlich vernünftigerweise sich selber annullierendes Beginnen zu entlarven. Als eine Konsequenz, die dem, woraus sie konsequiert, mit der unbedingten Indifferenz der in Wahrheit nur als solche wiederhergestellten, eben in integrum restituierten, anteriorischen causa begegnet, als Resultat, das dem, woraus es resultiert, die absolute Negativität des in Wirklichkeit nur in sich selber zurückgenommenen, eben in pristinum reduzierten, apriorischen Prinzips beweist, macht jenes bestimmte Humanum, in das die anonymen Unsterblichen sich ex improviso der Reichtumsofferte verwandeln, jenes singulare Individuum, zu dem sich die pluralen Götter ad hoc des Überflußopfers verdichten, die gleichen Anstalten wie damals, dem ganzen auf die Hervorbringung von Reichtum zielenden historischen Prozeß die Wertlosigkeit eines am Ende sich selber ad absurdum führenden illusionären Ab- und Irrwegs, die Unwirklichkeit einer zuletzt sich selber für null und nichtig erklärenden halluzinatorischen Fehlhandlung und Leerlaufreaktion zu attestieren.

Damals rief die Entwirklichung, mit der die a priori absolute Negativität des anderen Subjekts den reichtumorientierten historischen Prozeß und überflußzentrierten sozialen Organismus bedrohte, bei der betroffenen Stammesgemeinschaft solch namenlosen Schrecken hervor, daß diese sich dazu getrieben sah, das andere Subjekt der geschilderten mythologischen Umcharakterisierungsprozedur zu unterziehen, um es aus einem anteriorischen Verwerfer des reichtumbezogenen Stammesdaseins in dessen archaischen Begründer, aus einem apriorischen Vernichter der überflußbestimmten Stammessphäre in deren paradigmatischen Erhalter zu verkehren. Warum sollte wohl jetzt, da diese im anderen Subjekt gestaltgewordene Irrealisierungsdrohung am Ende aller sie zu bannen gedachten und selbst vor Totenkult und Göttervehrung nicht haltmachenden mythologischen Abwehrbemühungen unvermutet wiederkehrt und ex improviso der priesterköniglichen Opferhandlung neu ersteht, der Schrecken geringer sein? Warum sollte wohl die mit jedem Modus aufräumende, rein katastrophisch zu verstehende Modalität, die wegen dieser im anderen Subjekt verkörperten Irrealisierungsdrohung dessen Machtergreifung annimmt, die jeder Qualitas hohnsprechende, strikt ironisch zu fassende Qualität, die kraft dieser vom anderen Subjekt ausgehenden Disqualifizierungsgefahr dessen Zurücknahme der Verfügungsgewalt gewinnt, der mittlerweile an die Stelle der mythologischen Stammesgemeinschaft getretenen theokratischen Gesellschaft und ihrem Priesterkönig weniger entsetzlich sein als der Vorgängerin? Daß jenes leibhaftig empirische Subjekt und singular irdische Individuum, als das die anonym ätherischen Unsterblichen ex improviso der Reichtumofferte erscheinen, sich anschickt, als wahrer Herr des Reichtums die Macht über letzteren in die eigene Hand zu nehmen und damit der statthalterischen Gewalt des Priesterkönigs die Autorität, seinem Stellvertreteramt die Legitimation zu entziehen, ist schon schlimm und mit Rücksicht auf die der Opferhandlung eigentlich übertragene Funktion verheerend genug! Daß aber jenes leibhaftig empirische Subjekt die Macht über den Reichtum nur ergreift, um sie ex anteriori seines restituiert ursprünglichen Seins als eine von Grund auf sinn- und gegenstandslose Anmutung zu verwerfen, sie a priori seines repristiniert uranfänglichen Bestehens als eine von Anbeginn an abwegige und verfehlte Anmaßung für null und nichtig zu erklären, und daß es demnach seinem Statthalter auf Erden auf eben die radikale Weise die Legitimation zu entziehen Anstalten macht, daß es dessen Statthalterschaft nachträglich als eine immer schon auf grundfalscher Prämisse basierende Konstruktion, sein Stellvertreteramt rückwirkend als eine seit jeher bodenlose Fiktion entlarvt – dies ist für die theokratische Opfergemeinde eine geradeso unermeßliche Katastrophe wie für die mythologische Stammesgemeinschaft und nötigt ihr ebenso nachdrückliche Abwehranstrengungen ab wie der letzteren, treibt sie zu vergleichbar entschiedenen Bewältigungsbemühungen an. Jener schrecklichen Irrealisierungsdrohung zu begegnen, die das ex improviso des Reichtums erscheinende andere Subjekt über alles reichtumzentriert irdische Sinnen und Trachten verhängt und der sie jegliches überflußorientiert weltliche Tun und Treiben aussetzt, ist die als Opfergemeinde um den Priesterkönig gescharte theokratische Gesellschaft nicht weniger existentiell interessiert als vormals die mythologische Stammesgemeinschaft.

Weil das andere Subjekt, das bei Gelegenheit der Opferhandlung neu erscheint, die theokratische Gesellschaft mit der gleichen schrecklichen Irrealisierung bedroht wie einst das aus Anlaß der Reichtumerzeugung erscheinende andere Subjekt die Stammesgemeinschaft, weigert sich die Opfergemeinde, das andere Subjekt als die singularisch wahre Identität der Götter anzuerkennen, erklärt es zu einem ex nihilo auftauchenden sakrilegischen Störenfried und läßt den Priesterkönig es als Sühneopfer sakrifizieren. Daß dabei das Dargebrachte gleich mit über die Klinge springen muß, zeigt, daß sich Priesterkönig und Opfergemeinde insgeheim der Herkunft des anderen Subjekts ex improviso des Opferreichtums bewußt sind.

Um der von ihm ausgehenden Entwirklichungsdrohung und Entwertungsgefahr zu begegnen, braucht die theokratische Opfergemeinde jenes andere Subjekt aber nicht erst einer seiner heroologischen Umfunktionierung vergleichbaren Behandlung zu unterziehen – was angesichts der in der Zwischenzeit eingetretenen sozialen Differenzierung und der seitdem ausgebildeten politischen Institutionen ohnehin ein Ding der Unmöglichkeit wäre. Vielmehr kann und muß sie bei ihren Bemühungen um eine Abwehr der Entwirklichungsdrohung und Entwertungsgefahr auf das zurückgreifen, was als letztes Ergebnis der vormaligen, von der Stammesgemeinschaft durchgesetzten mythologischen Umcharakterisierung des anderen Subjekts den für ihr Verhältnis zum Reichtum maßgebenden Ausgangs- und verbindlichen Bezugspunkt bildet: nämlich auf die als wahre Herren des Reichtums in ihrem ätherischen Jenseits weilenden anonymen Unsterblichen, die als wirkliche Überflußeigner ihre olympische Transzendenz bewohnenden pluralen Götter. Auf sie, die Götter, wie sie aus der mythologischen Umfunktionierung des vormaligen anderen Subjekts in den als heroischer Vorfahr figurierenden Herrn des Reichtums, aus der Verwandlung dieser Heroenfunktion in eine stammesgemeinschaftlich feste Einrichtung und Dauererscheinung, aus der totenkultlichen Fixierung des verstorbenen Herrn des Reichtums in der Rolle des chthonisch-plutonischen Unterweltsfürsten und endlich aus dessen Anonymisierung und Pluralisierung im Zuge der die Stammesgemeinschaften aufhebenden theokratischen Staatengründung hervorgegangen sind – auf sie rekurriert und beruft sich die Opfergemeinde, um sie dem ex improviso der Reichtumofferte zurückgekehrten anderen Subjekt verweisend vorzuhalten. Sie, die bei aller Nominalität des Besitzanspruchs im unironisch positiven Sinn als die Herren des Reichtums angenommenen ätherischen Unsterblichen, die bei aller Formalität des Eigentumstitels im unzweideutig affirmativen Verstand als Überflußeigner vorausgesetzten olympischen Götter, erklärt die Opfergemeinde für die Leidtragenden des im Erscheinen eines unbedingt anderen Subjekts resultierenden präsentativ-epiphanischen Geschehens am Darbringungsort, für diejenigen, zu deren Lasten das im Auftritt eines absolut neuen Individuums kulminierende monstrativ-szenische Ereignis an der Opferstätte geht. Ihre – wie immer nominelle – Macht über den Reichtum sieht die Opfergemeinde durch die von unbedingter Indifferenz gegenüber dem Reichtum getragene exklusiv-unvermittelte Eigenmächtigkeit des anderen Subjekts verletzt und in Frage gestellt, ihre – wie sehr auch formelle – Verfügung über den Überfluß durch die von absoluter Negativität gegen den Überfluß geprägte disjunktiv-abstrakte Selbstverordnung des neuen Individuums mißachtet und zum Gespött gemacht. Und im Namen dieses – wie immer formellen – Eigentumsvorbehalts der in der Transzendenz verhaltenen olympischen Götter verwahrt sich die Opfergemeinde gegen das andere Subjekt und die von seiner Eigenmacht her der reichtumzentriert priesterköniglichen Gesellschaft drohende Irrealisierung, von seiner Selbstverordnung her der überflußorientiert theokratischen Ordnung blühenden Disqualifizierung.

Die zur Opfergemeinde zusammengeschlossene Abwehrfront aus Priesterkönig und theokratischer Gesellschaft lehnt es mit anderen Worten ab, jenes ex improviso der Reichtumofferte erscheinende andere Subjekt als das zu akzeptieren, als was die monstrative Dynamik der Opferhandlung es ihr partout suggerieren möchte: als die in voller Leibhaftigkeit diesseitig wahre Gestalt der jenseitigen Reichtumbesitzer, die in aller Lebendigkeit immanent wirkliche Identität der transzendenten Überflußeigner. Daß es sich bei dem am Kultort erscheinenden anderen Subjekt um nichts weiter als um die in ihrer leibhaftigen Wahrheit präsentierten Unsterblichen selbst, um nichts sonst als um die ihrer singularen Wirklichkeit überführten pluralen Götter in Person handele – diesen ex actu des Opfers ergehenden Bescheid weigert sich angesichts der alles irrealisierenden Indifferenz des Erscheinenden die Opfergemeinde zur Kenntnis zu nehmen, geschweige denn gelten zu lassen. Gegen ihn und seine suggestive Evidenz, seinen negativen Sinn setzt sie ihr eigenes positives Wissen und affirmatives Wollen: Dem situativen Augenschein, der ihr in Gestalt des anderen Subjekts die Unsterblichen als von unbedingter Indifferenz erfüllte Reichtumverächter, als von absoluter Negativität geprägte Überflußverwerfer vorführen möchte, zum Trotz beharrt sie darauf, daß es die unverzichtbar eigentliche Funktion des Darbringungsakts sei, die Unsterblichen als die in aller Form Anspruch auf den Reichtum erhebenden positiv wahren Herren zu bezeugen, die Götter als die pro nomine et pro titulo ihr Anrecht auf den Überfluß aufrechterhaltenden affirmativ wirklichen Eigner vorstellig werden zu lassen. Gegen das Sein, als das sich aus eigener Kraft die Opferhandlung erweist, besteht die Gemeinde auf dem Soll, das nach priesterköniglichem Willen die Opferhandlung zu erfüllen hat, gegen alle empirische Evidenz des Opfers als eines epiphanisch-präsentativen Ereignisses hält sie an der begrifflichen Relevanz des Opfers als symbolisch-repräsentativer Veranstaltung fest. Und indem die Opfergemeinde so mittels des festgehaltenen Begriffs vom Opfer als einer die Götter repräsentativ bezeugenden und attributiv darstellenden Veranstaltung sich der verselbständigten Empirie des Opfers als eines die Götter präsentativ vorführenden und monstrativ in Szene setzenden Ereignisses erwehrt, erhält nun natürlich jenes andere Subjekt ein fundamental alteriertes Ansehen. Seiner im empirischen Opferereignis bestehenden tatsächlichen Grundlage beraubt und statt dessen einem als priesterkönigliche Opferveranstaltung unerfüllten begrifflichen Soll konfrontiert, verwandelt es sich aus dem ex improviso der Opfersituation erscheinenden lebendigen Original der Unsterblichen in deren in adversum des Opfervorgangs auftauchendes leibhaftiges Vexierbild, aus der im Opfer sich manifestierenden persönlichen Identität der Götter in deren das Opfer okkupierenden dämonischen Wechselbalg. Was sub specie der die jenseitigen Unsterblichen aus eigener Kraft epiphanisch präsentierenden Opferempirie schlicht und einfach die zum diesseitigen Individuum konkretisierte singulare Identität der ersteren, ihr in der Immanenz Gestalt annehmendes personales Selbst ist, das verkehrt sich nach Maßgabe eines an den Unsterblichen als jenseitigen Mächten festhaltenden Opferbegriffs in deren aus dem Nichts auftauchenden dramatischen Gegenspieler und aus dem Boden gestampften dämonischen Widersacher, der durch seine Dazwischenkunft das Opfer der Diskreditierung und Fremdbestimmung unterwirft und es auf diese Weise daran hindert, der ihm vom Priesterkönig zugewiesenen eigentlichen Aufgabe einer repräsentativen Vergegenwärtigung der Jenseitigen zu genügen. Aus dem im Zuge des Opferprozesses höchstpersönlich auf den Plan tretenden Adressaten der Opfergaben, dem kraft epiphanischer Opferdynamik seine irdische Heimstatt okkupierenden Herrn des heiligen Bezirks, läßt so die Verdrängung des im Opfer selbst bestehenden aktuellen Seins durch das vom Priesterkönig dem Opfer aufgegebene funktionelle Soll einen gegen alle Opferprozedur sich eigenmächtig in Szene setzenden Tempelräuber, einen kraft dämonischer Eigendynamik das göttliche Anwesen usurpierenden Schänder des heiligen Orts werden. Einfach nur dadurch, daß sie dem anderen Subjekt seine sakrifizielle Grundlage bestreitet, indem sie das Opfer in starr attributiver Fixierung auf eben die transzendenten Überflußeigner verhält, die in der Gestalt jenes anderen Subjekts das Opfer doch gerade als diesseitige Macht präsent werden und sich monstrieren zu lassen beansprucht, übersetzt die Opfergemeinde das Erscheinen des anderen Subjekts aus einem der Opferhandlung entspringenden Offenbarungs- und Selbstwerdungsereignis in ein sie ereilendes Enteignungs- und Fremdbestimmungswiderfahrnis, kurz, aus einem das Sakrifiz krönenden Sakrament in ein es durchkreuzendes Sakrileg.

Und gegenüber dem solcherart ausgemachten Sakrileg, gegenüber dem räuberischen Übergriff auf göttliches Eigentum, dem Akt der Entweihung geheiligten Guts, wofür sie das Erscheinen des anderen Subjekts an der Opferstätte erkennt, kann nun die Opfergemeinde zum eifernden Anwalt der gekränkten transzendenten Eigner, zum strafenden Verteidiger ihrer angegriffenen Souveränität und beleidigten Majestät, zum sühnenden Sachwalter ihrer versehrten sakrifiziellen Ansprüche und ihrer verletzten sakralen Rechte sich aufwerfen. Indem die interpretative Behandlung, die sie dem anderen Subjekt angedeihen läßt, die Opfergemeinde von der Notwendigkeit entbindet, in ihm das ex improviso der Opferhandlung gestaltgewordene lebendige Original der Unsterblichen, ihr manifest personales Selbst, zu gewahren, und indem diese interpretative Behandlung ihr vielmehr die Möglichkeit eröffnet, es als den ex nihilo seines Auftauchens in die heilige Handlung einbrechenden leibhaftigen Vexierspiegel und dämonischen Wechselbalg der Götter vorstellig werden zu lassen, erhält sie Gelegenheit, mit ihm als mit einem unheiligen Störenfried kurzen Prozeß zu machen, will heißen, es über die Klinge seiner nefariösen Einmischung in die Opferhandlung, seines am Sakrifiz geübten Sakrilegs springen zu lassen. Und eben das tut sie denn auch – oder läßt es vielmehr in einverständiger Anteilnahme die operis persona, den Priesterkönig, besorgen: Sie überläßt dem königlichen Opferer und seinen priesterlichen Helfern die Aufgabe, durch die Zerstörung des Störers der heiligen Handlung diese wiederherzustellen, durch die Vernichtung des Verneiners der sakralen Ordnung diese neu zu befestigen. Angespornt und getragen von der choral geschlossenen Zustimmung der Opfergemeinde, bemächtigt sich der Priesterkönig mit seinen Helfern des als sakrilegischer Eindringling ausgemachten anderen Subjekts, um es zu töten, es aus der Welt zu schaffen und damit den durch das Sakrileg solchen Eindringens gekränkten sakrifiziellen Anspruch der als jenseitig wahre Herren des Reichtums festgehaltenen Unsterblichen neu zur Geltung zu bringen, ergreift er mit seiner priesterlichen Gefolgschaft das als nefariösen Einmischer erkannte neue Subjekt, um es abzutun, es zu beseitigen und damit den als transzendent wirkliche Überflußeigner reaffirmierten Göttern wieder zu ihrem durch das Nefas solcher Einmischung verletzten sakralen Recht zu verhelfen. In der durch die interpretative Behandlung, die die Opfergemeinde dem anderen Subjekt widerfahren läßt, begründeten Überzeugung, daß dessen Auftreten am Altar nichts als eine das Überflußopfer an die Götter entweihende sakrilegische Transgression oder nefariöse Invasion sei, bringt der Priesterkönig das andere Subjekt coram populo an der Opferstätte um, bringt er es vor aller Augen auf dem Altar zum Opfer, um mit dem Transgressor die Transgression zu beseitigen, mit dem Invasoren die Invasion zu beenden und so die den Unsterblichen zugefügte Unbill zu sühnen und das den Göttern angetane Unrecht wiedergutzumachen. Um das Opfer als eine Darbringung an jenseitige Unsterbliche zu retten, setzt der Priesterkönig es in eben dieser Eigenschaft eines Darbringungsakts aus und verwandelt es in ein blutiges Standgericht über denjenigen, der durch sein unvermitteltes Erscheinen den sakrifiziellen Zweck der Veranstaltung durchkreuzt, funktioniert es in eine Prozedur zur Hinrichtung dessen um, der durch sein unverhofftes Auftreten den sakralen Sinn der Aktion vereitelt. Das heißt, er verleiht der Opferhandlung jene messerscharfe Zuspitzung, gibt ihr jene blutrünstige Wendung, die den Darbringungs- und Weiheakt ins Schlacht- und Sühneopfer verkehrt und die in der Tat einem Umschlag der Opferinitiative in ihr genaues Gegenteil, nämlich ihrer Überführung aus einem höchst positiven, auf die Einsetzung und Heiligung göttlichen Guts gerichteten Beginnen in ein rein negatives, auf die Befreiung und Reinigung von dämonischer Macht abgestelltes Unterfangen gleichkommt. Im Bemühen, mit dem Sakrileg und Nefas, als das sich das Erscheinen des anderen Subjekts an der Opferstätte kraft opfergemeindlicher Interpretation erwiesen hat, fertig zu werden, vindiziert der Priesterkönig dem Akt des Zum-Opfer-bringens jene diametral entgegengesetzte Bedeutung, die aus dem würdigen Sakrifizium, dem weihevollen Darbringen dessen, was den jenseitigen Herren des Reichtums konveniert und was die transzendenten Überflußeigner als solche zur Geltung bringt, das blutige Sakrifizieren, das sühnende Wegschaffen dessen, was mit ihnen konkurriert und was sie als solche in Frage stellt, werden läßt – eine Bedeutung, über deren völlige Gegenläufigkeit und tiefe Widersprüchlichkeit zum anfänglichen Sinn des Opfers einzig und allein die lokale und prozessuale Einheit der Opferhandlung selbst und die darin beschlossene zwangsweise Assoziation der beiden kontradiktorischen, als weihevolles Sakrifiz und als sühneschweres Sakrifizieren, als heiliges opus und als blutige devotio aufeinanderfolgenden Handlungsphasen hinwegzutäuschen vermag.

Sosehr nun zwar das Opfer in seiner kontradiktorisch zweiten Bedeutung eines am anderen Subjekt exekutierten sakrifizierenden Strafgerichts und reinigenden Sühneakts an sich nur dazu dient, sich selber in dem durch den sakrilegischen Einbruch eben jenes anderen Subjekts gestörten, anfänglich identischen Sinn einer an die transzendenten Götter gewendeten sakrifiziellen Attribution und heiligenden Weihgabe wiederherzustellen, sowenig zeigt es sich doch in der praktischen Ausführung dazu angetan, seinen dergestalt restaurativen Zweck zu erfüllen. Was die zum Sühneakt umfunktionierte Opferhandlung daran hindert, ihre auf die Wiederherstellung ihrer selbst als Darbringungsakt gerichtete restaurative Zielsetzung Wirklichkeit werden zu lassen, ist die allzu umfassende Geltung, die mit offenkundigem Einverständnis der Opfergemeinde der Priesterkönig der Sühneforderung verschafft. In der Tat beschränkt sich das negativ-exekutive Tun, mit dem der Priesterkönig auf das Erscheinen des als sakrilegischer Transgressor erkannten anderen Subjekts reagiert, keineswegs nur auf dieses selbst, sondern erstreckt sich auch und durchaus auf das, woran es sich mit seinem Auftreten vergreift. Nicht genug damit, daß der Priesterkönig das ex improviso der Reichtumofferte an der heiligen Stätte erscheinende andere Subjekt als einen ex nihilo auftauchenden Störer der sakrifiziellen Handlung zu zerstören unternimmt, als einen in advertum der sakralen Ordnung okkurierenden Verneiner der sakralen Ordnung zu vernichten sich beeilt. Er richtet seinen zerstörenden Purifizierungseifer und seine vernichtende Sakrifizierungswut auch und ebensosehr gegen die an der heiligen Stätte dargebrachte materiale Reichtumofferte selbst. Ihn nämlich, den als Tribut an die transzendenten Götter auf dem Altar deponierten Überfluß als solchen, sieht der Priesterkönig durch den sakrilegischen Einbruch jenes leibhaftigen Vexierbilds der Unsterblichen ins Heiligtum entweiht und entwertet, sieht er durch das nefariöse Aufkreuzen jenes dämonischen Wechselbalgs der Götter vor dem Altar kontaminiert und desakriert. Und die Beseitigung dieses durch die Transgression des anderen Subjekts entweihten Reichtumpräsents erklärt er deshalb für ebensosehr im Sühneinteresse gelegen, für ebensosehr im Blick auf eine Wiedergutmachung erforderlich wie die Hinrichtung des Transgressors. Indem so aber der Priesterkönig mit dem Ziel einer vollständigen Sühne des sakrilegischen Vergehens des anderen Subjekts und umfassenden Behebung des durch den nefariösen Eindringling angerichteten Schadens in sein Säuberungsprogramm die durch die Nähe des Transgressors angeblich kontaminierte Reichtumofferte einbezieht, macht er sich des merkwürdigen Widerspruchs schuldig, daß er eben das mit drangibt, eben das zugleich aufopfert, was seine Sühnehandlung doch eigentlich zu retten und seine Sakrifizierungaktion zu erhalten bestimmt ist. Weil er unter Berufung auf die kontagiöse Natur und infektiöse Einwirkung jenes anderen Subjekts mit dem sakrilegischen Störer auch das zerstört, woran dieser sein Sakrileg begeht, ist das, was er mit seinem Schlacht- und Sühneopfer erreicht, von einer als Wiederherstellung des vorherigen Weihe- und Darbringungsakts begreiflichen Wiedergutmachung des Schadens denkbar weit entfernt. Was ihm dadurch, daß er derart pauschal mit der sakrilegischen Situation aufräumt, reinen Tisch mit den nefariösen Umständen macht, wiederherzustellen oder vielmehr sich zu erhalten gelingt, ist nicht etwa die durch den Eindringling gestörte Reichtumofferte in ihrer ungestört konkreten Wirklichkeit, nicht etwa das vom Tempelräuber entweihte Überflußopfer in seinem weihevoll originalen Zustand, sondern höchstens und nur in abstracto die Möglichkeit, den Unsterblichen eine neue Offerte zu machen, den Göttern erneut ein Opfer zu bringen.

Der Widerspruch zwischen dem mutmaßlich angestrebten Zweck und dem tatsächlich erzielten Effekt der priesterköniglichen Straf- und Sühneaktion wirkt um so befremdlicher, als der Grund, den für seine Totalisierung der Sühneaktion, für ihre Ausdehnung auf eben das, was durch sie eigentlich doch gerettet und bewahrt werden soll, der Priesterkönig anführt – nämlich die vorgeblich heillose Kontaminierung und irreparable Desakrierung des Überflußopfers durch den sakrilegischen Räuber –, offenkundig ein an den Haaren herbeigezogener Vorwand ist. Schließlich findet das Vergehen, dessen der Eindringling sich schuldig macht, seinen praktischen Ausdruck ja nicht darin, daß er das Reichtumpräsent aktiv an sich reißt, es positiv in Anspruch nimmt, sondern im genauen Gegenteil in der passivisch unbedingten Gleichgültigkeit, die er ihm bezeigt, in der indefinitiv absoluten Negativität, mit der er ihm begegnet. Wie sollte wohl diese schiere Gleichgültigkeit des Untäters, außer auf unergründlich magischem Weg, am Reichtumpräsent einen Schaden anrichten oder einen Abdruck hinterlassen, der im Sinn einer bleibenden Kontaminierung und irreparablen Desakrierung sich auswirkte und nicht zugleich mit der Beseitigung des Untäters beseitigt wäre? Wie sollte also die priesterkönigliche Ausdehnung der Straf- und Sühneaktion auf den offerierten Reichtum selbst eine aus den Handlungen des Störers, dem Verhalten des Frevlers nachweislich sich ergebende Notwendigkeit sein? Indes, was am priesterköniglichen Tun nach Maßgabe der durch die Opfergemeinde kultivierten Alibiversion vom anderen Subjekt als einem von draußen oder ex nihilo auftauchenden indifferentistischen Eindringling fürwahr höchst merkwürdig anmuten und als augenscheinliche Überreaktion befremden muß, das gewinnt mit Rücksicht auf die gegen jene Alibiversion geltend zu machende Tatsache, daß es in Wahrheit ja die sakrifizielle Handlung selber ist, aus der heraus der sie störende indifferentistische Eindringling auftaucht, daß es die sakrale Anordnung als solche ist, ex improviso deren der sie entweihende negativistische Einbrecher erscheint, einen ebenso augenscheinlich guten Sinn. Wenn das, was das Auftauchen jenes anderen Subjekts epiphanisch verursacht, nichts sonst als der im Heiligtum den Göttern ausgesetzte Überflußtribut ist, so beweist es allen Verstand von der Welt, daß der Priesterkönig die Beseitigung des Eindringlings mit der Wegschaffung dieser Ursache seines Auftauchens und der Ausschaltung dieses Auslösers seines Erscheinens verknüpft. Statt den Priesterkönig einer pathologischen Überreaktion, eines irrationalen Zwangsdenkens, einer magischen Mentalität, kurz, eines Verhaltens ohne Sinn und Verstand zu zeihen, brauchen wir also sein Handeln nur als Beweis dafür zu nehmen, daß er bei allem manifesten Reden und erklärtem Bewußtsein von der Exnihilo-Ankunft des anderen Subjekts sich doch eine latente Kenntnis und unbewußte Ahnung von der tatsächlichen Herkunft des anderen Subjekts ex improviso der Reichtumofferte bewahrt hat, um zu sehen, daß seine mit dem Kontaminationsverdacht verfolgte Strategie durchaus Hand und Fuß hat. Wenn Kontaminierung nur eine durch die Verschleierung der wahren Darbringungsdynamik erzwungene Deckadresse dafür ist, daß die Reichtumofferte an die Unsterblichen sich als ein unverhoffter Erscheinungsort jenes anderen Subjekts gründlich kompromittiert hat, wenn Desakrierung bloß ein durch die Verleugnung der wirklichen Opferlogik bedingter Ersatzausdruck dafür ist, daß das Überflußopfer an die Götter sich als ein spontaner Springpunkt jenes neuen Individuums unwiderruflich diskreditiert hat, so beweist die Totalisierung des priesterköniglichen Straf- und Sühnegerichts, zu dem der Priesterkönig die Opferhandlung umfunktioniert, in der Tat die ganze Zweckmäßigkeit eines Vorgehens, dessen präventiv-purgatorische Strategie es ist, mit dem Störfaktor zugleich auch die Wurzel zu resezieren, der er entspringt, mit dem Wechselbalg ebensowohl auch den Schoß zu eliminieren, der ihn gebiert.

Wenn schon die Überführung des sakramentalen Darbringungs- in einen sakrifiziellen Hinrichtungsakt einem Abbruch der Opferhandlung gleichkommt, bleibt doch durch solchen Abbruch die Möglichkeit zu letzterer immerhin gewahrt. Und da der Priesterkönig hiernach wieder die alte Hybris hervorzukehren beginnt, ist ein abermaliger Opferversuch vorprogrammiert, dessen in der erneuten Epiphanie des anderen Subjekts beschlossenes Scheitern nicht minder vorprogrammiert ist. Daraus resultiert der Opferkult, eine unabschließbare Reihe scheiternder Opferversuche, deren Kurs durch das Lavieren zwischen der Scylla einer totenkultträchtigen Autokratisierung des Priesterkönigs und der Charybdis des den Göttern im Opfer drohenden Offenbarungseids bestimmt ist.

Einsehbar gründlich räumen dergestalt also der Priesterkönig und die hinter ihm stehende Opfergemeinde mit dem sakrifiziellen Störer der heiligen Handlung, dem nefariösen Einbrecher in die sakrale Ordnung auf. Weil die Reichtumofferte an die Unsterblichen, die es durch die Sühneaktion zu retten gälte, das zugleich ist, was jenen dramatischen Gegenspieler der Unsterblichen und dämonischen Widersacher der Götter, dessen Untat nach Sühne verlangt, präsent werden läßt, tun Priesterkönig und Opfergemeinde recht daran, den offerierten Reichtum unter der Deckadresse des Kontaminierungsvorwurfs und Desakrierungsverdachts in die Sühneaktion mit einzubeziehen, um so mit dem aktuell vorliegenden Ärgernis gleich auch das zu ihm bereitliegende Potential loszuwerden. So sinnvoll unter negativen Gesichtspunkten, das heißt unter dem Aspekt der vom Opfer plötzlich ausgehenden nihilistischen Bedrohung, diese mörderisch-purifikatorische Wendung, die Priesterkönig und Opfergemeinde dem sakralen Darbringungsakt geben, aber auch sein mag, so bedauerlich bleibt sie in positiver Hinsicht, nämlich im Blick auf die mit dem Opfer eigentlich intendierte repräsentativ-reale Anerkennung der Macht der Unsterblichen und attributiv-materiale Bestätigung göttlicher Souveränität. In der Tat kommt in dieser Hinsicht die Verkehrung des sakramentalen Darbringungs- und Präsentationsakts in einen sakrifiziellen Hinrichtungs- und Eliminationsprozeß einem veritablen Abbruch der heiligen Handlung gleich. Das, was die um den Priesterkönig gescharte Opfergemeinde ursprünglich mit der heiligen Handlung erreichen will: durch die repräsentative Anwesenheit der Götter der Gefahr einer Verselbständigung des Priesterkönigs zum katabolieverdächtig grundlosen Machthaber und totenkultträchtig legitimationslosen Usurpator entgegenzuwirken –, diese mit dem Opfer eigentlich verfolgte Absicht muß sie, kaum daß sie begonnen hat, sie in die Tat umzusetzen, auch schon wieder fahrenlassen. Weil das Reichtumpräsent, das sie den Priesterkönig bringen läßt, um dessen drohender Überhebung zum hybriden Selbstherrscher und göttergleichen Monarchen zu wehren, ex improviso der Darbringung die weit monströsere Gefahr einer Aktualisierung der unsterblichen Herren des Reichtums in der von unbedingter Indifferenz geprägten Identität jenes anderen Subjekts heraufbeschwört, darf sie beim Versuch, diese neue, schrecklichere Gefahr aus der Welt zu schaffen, nicht zögern, das Reichtumpräsent mitsamt dem, was sie an sich mit ihm vorhatte, dranzugeben. Um das in der epiphanischen Opferdynamik beschlossene fundamentale Scheitern des Opfers – die in einer indifferentistischen Entwirklichung des Reichtums resultierende Konversion der unsterblichen Herren des Reichtums zum unbedingt anderen Subjekt und absolut neuen Individuum – zu verhindern, muß sie jeden Gedanken an ein funktionales Gelingen ihres eigentlichen Opfervorhabens – die durch Rekurs auf die unsterblichen Herren des Reichtums ins Werk gesetzte Wiederverankerung der statthalterischen Macht des Priesterkönigs über den Reichtum – fahrenlassen und das als schieren Abbruch der Opferhandlung begreifliche blutgerichtlich-purifikatorische Liquidationsunternehmen, in das der Priesterkönig den heiligen Akt überführt, rückhaltos gutheißen.

Wie entschieden der sakrifizielle Abbruch der Opferhandlung die Verwirklichung der ursprünglichen sakramentalen Opferintention aber auch vereiteln mag – ganz ohne Nutz und Frommen für die letztere bleibt er am Ende doch nicht! Was er, indem er die Wirklichkeit des ursprünglichen Opfervorhabens dranzugeben zwingt, immerhin zu erhalten dient, ist, wie schon gesagt, dessen Möglichkeit. Wenn der Abbruch der Opferhandlung die Überführung der different gesetzten jenseitigen Herren des Reichtums in die diesseitige Indifferenz jenes unbedingt anderen Subjekts, die Reduktion der positiv gegebenen transzendenten Überflußeigner auf die immanente Negativität jenes absolut neuen Individuums verhindert, so ist die Verhinderungsleistung tatsächlich ja gleichbedeutend mit einer erfolgreichen Erhaltung der in eben diesen jenseitigen Herren des Reichtums bestehenden Grundbedingung für Opferhandlungen überhaupt und sakrale Darbringungsakte im allgemeinen. Indem die um den Priesterkönig gescharte Opfergemeinde durch den Abbruch der mittels Opfergabe intendierten repräsentativen Erhebung der Unsterblichen und attributiven Einsetzung der Götter die letzteren vor der ihnen ex improviso der Opfergabe hierbei vielmehr drohenden präsentativen Aufhebung und monstrativen Entthronung bewahrt, bewahrt sie sie ja nicht einfach nur negativ vor, sondern ebensowohl auch positiv für etwas, hebt sie sie im Sinne künftiger Verfügbarkeit affirmativ auf für die Gelegenheit weiterer, mit unkompromittiert neuen Opfergaben zu unternehmender Repräsentationsversuche. Dafür, daß die Opfergemeinde eine Aktualität preisgibt, mit der wegen ihrer fatalen Dynamik sie ohnehin im Blick auf die eigentliche Absicht einer Begründung der priesterköniglichen Macht nichts mehr anfangen kann, erhält sie sich eine Potentialität, die sie angesichts dieses unverändert bestehenden Begründungsdesiderats nur zu dringend braucht und die in der Tat nur darauf wartet, zum Zwecke der schließlichen Erfüllung des Desiderats abermals aktualisiert zu werden. Denn dieses anfängliche und im Sinne der ursprünglichen Opferlogik eigentliche Problem einer durch das repräsentative Anwesen und attributive Zeugnis der Götter zu bewerkstelligenden Fundierung der statthalterischen Macht des Priesterkönigs rückt nun, da die durch seinen sakramentalen Bewältigungsversuch heraufbeschworene vordringliche Gefahr eines die Götter als solche ereilenden Offenbarungseids mittels des sakrifiziellen Abbruchs jenes Versuchs gebannt ist, als nach wie vor unbewältigtes wieder ins Blickfeld der Opfergemeinde und dringt auf Lösung. Sowenig es dem Priesterkönig gelungen ist, den transzendenten Überflußeignern mittels Opfergabe zu einer repräsentativen Anwesenheit zu verhelfen, und so sehr er sich vielmehr darauf hat kaprizieren müssen, sie durch die sakrifizielle Beseitigung der Opfergabe aus der ihnen ex improviso der letzteren drohenden Gefahr einer diesseitigen Überführung ins unbedingt andere Subjekt zu erretten und heil in ihr Jenseits zurückkehren, unversehrt wieder den Abstand ihrer Transzendenz gewinnen zu lassen, so sicher macht nun aber auch er, der Priesterkönig, Miene, in Abwesenheit der Götter erneut die riskante Stellung eines jeder Rücksicht überhobenen willkürlich-usurpatorischen Machthabers über den Reichtum, die hybride Haltung eines jeder Legitimation entratenden selbstherrlich-appropriativen Verfügers über den Überfluß einzunehmen.

Zwar vielleicht nicht sofort! Immerhin hat der zum sakrifiziellen Großreinemachen abgebrochene sakramentale Versuch, den göttlichen überflußeignern im Opfer ein die Statthalterschaft des Priestekönigs zu autorisieren geeignetes sinnenfälliges Anwesen zu errichten und greifbares Andenken zu verschaffen, dies bewirkt, in den Köpfen der Opfergemeinde das Bewußtsein jener vom Priesterkönig im sakrifiziellen Bösen wie im sakramentalen Guten hofierten wahren Überflußeigner wieder lebendig werden zu lassen. Und solange dies wiederbelebte Bewußtsein währt, solange diese durch die Opferhandlung geweckte Erinnerung an die zuerst als Adressaten eines sakramentalen Darbringungsakts und dann als Reklamanten einer sakrifiziellen Sühneaktion firmierenden Götter in den Köpfen der Gemeinde wach bleibt, wahrt nun auch der Priesterkönig für die letzteren die erwünschte Fasson eines autorisierten Statthalters auf Erden. Aber weil es ja nicht gelungen ist, das repräsentativ sichtbare Anwesen für die Götter tatsächlich zu errichten und ihnen das attributiv bleibende Andenken zu verschaffen, hält dies abstrakte, ohne Anhaltspunkt im Diesseits gelassene Bewußtsein von den jenseitig wahren Herren des Reichtums nicht lange an, wird diese unbestimmte, jeder immanenten Anschauungshilfe entratende Erinnerung an die transzendent wirklichen Überflußeigner allmählich blaß und verliert sich. Und indem sie verblaßt, kehrt der Priesterkönig abermals jene undurchdringliche Maske integraler Macht über den Reichtum, jene blendende Fasson totaler Verfügung über den Überfluß hervor, hinter deren überwältigender Materialität der Eigentumstitel der wirklichen Eigner überhaupt verschwindet, und bildet in Reaktion darauf die theokratische Gesellschaft gegen den hiermit als grundloser Machthaber figurierenden Priesterkönig abermals jenen Affekt hoffnungsgeschwellter Mißgunst und erwartungsträchtiger Feindseligkeit aus, den sie gleichzeitig allen Grund hat zu unterdrücken, weil sie sicher sein kann, ihn beim Verscheiden des Machthabers mit einer Neuauflage der früheren reichtumverschlingend-katabolischen Hingabe an den Verschiedenen büßen, beim Tode des Usurpators mit einem Wiederaufleben des alten überflußverzehrend-thesaurischen Kults um den Toten bezahlen zu müssen. Wie aber soll sie ihn unterdrücken, wenn nicht in der gehabten Weise: nämlich so, daß sie diesen ihren eigenen Affekt ins funktionelle Alibi eines wegen ihrer Vernachlässigung und Hintansetzung in den Göttern selbst erregten Grolls übersetzt und den Priesterkönig mit der solcherart objektivierten Emotion konfrontiert, um ihn damit zu zwingen, die Erzürnten durch einen Akt der sinnenfällig-realen Anerkennung ihrer Macht zu versöhnen, kurz, ihnen ein Opfer zu bringen? Wie soll die theokratische Gesellschaft ihres durch die priesterkönigliche Machtfülle geweckten Ressentiments und seiner möglichen, fatal totenkultlichen Folgen anders Herr werden als dadurch, daß sie sich abermals als Opfergemeinde konstituiert und den Priesterkönig einen erneuten Versuch unternehmen läßt, durch eine repräsentative Vergegenwärtigung und attributive Versinnbildlichung der wahren Herren des Reichtums seiner eigenen Verfügungsgewalt über den Überfluß den Charakter einer gegründeten Statthalterschaft zu revindizieren? Und so kehrt denn also die opfergemeindlich organisierte theokratische Gesellschaft, um ihr riskant ambivalentes Verhältnis zu dem kraft realer Machtposition über die Stränge seines Stellvertreteramts schlagenden Priesterkönig ins reine zu bringen, zum Auskunftsmittel des sakramentalen Darbringungsakts zurück und läßt den Priesterkönig eimal mehr sich darum bemühen, seinen unsterblichen Prokuraverleihern im Reichtumpräsent eine repräsentativ bleibende Anwesenheit zu sichern, seinen göttlichen Vollmachtgebern im Überflußtribut eine attributiv sichtbare Observanz zu verschaffen.

Das Resultat dieses neuerlichen Versuchs läßt sich vorhersehen! Warum sollte er auch anders verlaufen als der vorhergehende? Warum sollte ihm mehr Erfolg beschieden sein als jenem? Wie es die situativ gleichen Bedingungen sind, die mit seiner Aussetzung von Reichtum am Kultort der Priesterkönig schafft, so läßt sich nun auch für das Unternehmen der definitiv gleiche Ausgang erwarten. Indem der Priesterkönig einmal mehr Reichtum aus der Hand gibt und in funktioneller Ungebundenheit, in dispositioneller Unabhängigkeit an der Opferstätte ausstellt, aktiviert er im freigegebenen Reichtum einmal mehr jenes frühere epiphanische Improvisationstalent und inszenatorische Präsentationspotential, das diesen dazu bringt, alle im Blick auf seine transzendent wirklichen Eigner gefaßten guten Vorsätze einer repräsentativen Veranschaulichung in den Wind zu schlagen und sich statt dessen den jenseitig Abwesenden als evokativer Erscheinungsort für eine unvermutete Einkehr im Diesseits, den zur Transzendenz Abgedankten als monstrativer Schauplatz für eine unverhoffte Rückkehr in die Immanenz zur Verfügung zu stellen. Einmal mehr kehrt er im Augenblick seiner sakramentalen Preisgabe jene alte Konstitutionsdynamik hervor, die ihn dazu treibt, seine wahren Herren des ätherischen Gewands anonymer Unsterblichkeit zu entkleiden und in der leibhaftigen Gestalt eines personalen Lebewesens zur Erscheinung zu bringen, sie der olympischen Prätention pluraler Göttlichkeit zu entreißen und in der irdischen Identität eines singularen Menschen in Szene zu setzen. Einmal mehr konfrontiert die Opfergabe die entsetzte Opfergemeinde mit jenem ursprünglich anderen Subjekt, das in dem Maß, wie es die unsterblichen Herren des Reichtums ihrer von unbedingter Indifferenz gegenüber dem Reichtum geprägten exklusiv wahren Gestalt überführt, wie es sie in ihrer von absoluter Negativität gegenüber dem Überfluß bestimmten disjunktiv wirklichen Existenz identifiziert, die ganze von der theokratischen Gesellschaft behauptete irdische Reichtumsphäre einer vernichtenden Disqualifizierung ausliefert. Was bleibt da der um den Priesterkönig gescharten Opfergemeinde anderes übrig, als einmal mehr jenen ex improviso der Opfergabe unverhofft emanierenden Wahrheitszeugen, jenes vor dem Altar sich unliebsam präsentierende Eccehomo göttlicher Identität zum ex nihilo der heiligen Handlung auftauchenden sakrilegischen Einbrecher und in adversum der sakralen Ordnung okkurierenden Tempelräuber zu erklären und mit dem Ergebnis einer Überführung der eigentlich sakramentalen Opferfeier ins vielmehr sakrifizielle Schlachtfest dem gehabten, auf seine spurlose Beseitigung abgezielten peinlichen Strafgericht und reinlichen Sühneakt zu unterwerfen, unter Einschluß natürlich des durch das Auftreten des Frevlers rettungslos kompromittierten Reichtumpräsents und unhaltbar diskreditierten Überflußtributs selbst?

Weil die Opferhandlung derselben epiphanischen Dynamik verfällt wie vorher und dieselbe Gefahr eines in der Gestalt des anderen Subjekts über die Welt des Reichtums als ganze verhängten Offenbarungseids heraufbeschwört, ist der Priesterkönig erneut gezwungen, den als sakrifizielles Großreinemachen beschriebenen Abbruch der Opferhandlung herbeizuführen. Und weil es ihm mittels Abbruchs gelingt, die vom Opfer heraufbeschworene Drohung eines universalen Konkurses abzuwenden, rückt nun wieder die andere, im Priesterkönig selbst personifizierte und nach wie vor unbewältigte Gefahr ressentimenterregend-totenkultträchtiger Übermacht und Hypbris in den Vordergrund und verlangt zu ihrer Bewältigung nach einer als sakramentaler Darbringungsakt, als ostentative Tributleistung an die wahren Herren des Reichtums wohlverstandenen Opferhandlung. Die historische Konsequenz, die sich aus dieser dilemmatischen Situation ergibt, ist klar: es ist der Opferkult der theokratischen Gesellschaften, jene ebenso unabschließbare wie unablässige Abfolge oder ebenso zirkuläre wie sukzessive Anordnung von Opferhandlungen, die, weil sie immer wieder denselben präsentativ-epiphanischen Grunddefekt oder monstrativ-inszenatorischen Pferdefuß aufweisen, auch immer wieder demselben als schierer Abbruch des Unternehmens beschreibbaren Schema einer Überführung des anfänglich sakramentalen Darbringungsakts in die schließlich sakrifizielle Sühneaktion verfallen. Es ist jene nicht enden wollende, ewig sich fortzeugende Reihe sakraler Fehlversuche, mit denen wegen ihrer präsentativen Eigendynamik und monstrativen Improvisationskraft der Priesterkönig das, was er erreichen soll, schlechterdings nicht erreichen kann und von denen er aber auch eben deshalb, weil er es nicht erreichen kann und weil jeder neue Versuch wieder als Fehlversuch endet, partout nicht ablassen kann. Wegstrebend von der Scylla einer totenkultträchtigen Verdrängung der jenseitig wahren Herren des Reichtums durh ihren in seiner realen Machtfülle sich autokratisierenden Statthalter auf Erden, spornt bei jeder sich bietenden Gelegenheit einer als Ausdruck göttlichen Neides interpretierbaren prekären Situation oder Kalamität die Opfergemeinde den Priesterkönig an, sich durch ein Opfer der autorisierenden Anwesenheit und des sanktionierenden Beistands der Jenseitigen zu versichern. Und jedesmal treibt sie ihn damit der Charybdis der ex improviso des Opfers selbst den jenseitig wahren Herren des Reichtums blühenden konkurshaften Konversion ins reichtumverachtend andere Subjekt entgegen. Um diesem – die ganze weltliche Überflußperspektive mit Entwertung bedrohenden – konkurhsaften Strudel zu entrinnen, bricht der Priesterkönig in der beschriebenen blutrünstig sakrifiziellen Weise die Opferhandlung ab und nimmt nolens volens wieder Kurs auf die gegenüberliegende Klippe einer totenkultträchtigen Autokratisierung seiner selbst, bis deren wachsende Nähe die Opfergemeinde dazu zwingt, ihn beim ersten sich bietenden Anlaß zu einem neuerlichen Opferversuch anzustacheln. Und so entsteht jener ins Unendliche fortlaufende opferkultliche Zirkel, der das Leben der theokratischen Gesellschaften rhythmisch untermalt und wie ein Herzschlag begleitet und der in dem Maß zum gewohnheitsmäßigen Balanceakt, zur äquilibristischen Routine wird, wie teils die als Opferanlässe herhaltenden prekären Situationen sich im jahreszeitlichen Umlauf oder erfahrungsspektralen Umkreis wiederholen und den Charakter rekurrierender Festpunkte annehmen, teils die Opferhandlung selbst in all ihrer zwischen Darbringung und Hinrichtung alternierenden Zwieschlächtigkeit und Sprunghaftigkeit sich durch ihre ständige Reproduktion zur dramaturgischen Einheit einer zeremoniell geheiligten Prozedur verschleift.

Daß bei aller Routine, zu der es sich ausbildet, dies den jahreszeitlichen Wechsel, den Ausbruch natürlicher Katastrophen, das Auftreten historischer Prüfungen skandierende Lavieren zwischen der Scylla eines totenkultträchtigen Verschwindens der jenseitig wahren Herren des Reichtums hinter der Machtfülle ihres priesterköniglichen Stellvertreters und der Charybdis ihres konkursverdächtigen Verschwindens in der indifferenten Identität des vom Opfer initiierten anderen Subjekts ein vergleichsweise aufwendiges und objektiv lästiges Procedere ist, scheint dabei außer Frage. Angesichts der Menge von Reichtum, die für jene unabsehbare Folge sakrifizieller Fehlversuche drangegeben, der vielen Zeit und Initiative, die daran verschwendet, endlich der großen Kaltblütigkeit und Grausamkeit, die dazu aufgebracht werden muß, muß solch Lavieren den Eindruck einer Kreuzfahrt ohne Sinn und Verstand, einer Route ins Ungewisse und ohne jede Aussicht auf Ankunft in einem sicheren Hafen machen. Dennoch behält die theokratische Gesellschaft unverdrossen diesen opferkultlichen Pendelkurs bei. Und tatsächlich scheint er auch, recht besehen, gar nicht das Schlechteste, was ihr passieren kann. Schließlich gelingt ihr ja, wenn schon nicht durch das einzelne Opfer, so immerhin doch durch jene unablässige Reihe von Fehlversuchen, das, was sie mindestens will, zu erreichen: nämlich den Priesterkönig davor zu bewahren, sich zur ebenso totenkultträchtigen wie ressentimenterregenden Stellung eines der Götter entratenden, überheblichen Machthabers zu versteigen. Sowenig es ihr zwar glückt, mittels der Opferhandlung selbst ihr eigentliches Ziel einer positiven Autorisierung und definitiven Legitimierung des Priesterkönigs in der Funktion eines Statthalters der Unsterblichen und Stellververtreters der Götter in die Tat umzusetzen, so sehr hält sie zugleich durch die unablässige Reihe opferkultlich neuer Versuche an ihrem Anspruch darauf fest und schafft es allein dadurch, daß sie den Priesterkönig in diesen ständigen fruchtlosen Versuchen zur Realisierung ihrer aufrechterhaltenen Option engagiert, ihn vor aller Überhebung und Autokratisierung sicherzustellen. Mag auch der Aufwand, den sie dafür betreiben muß, größer sein als geplant und vielleicht wünschenswert – der Aufwand an Gütern und Leistungen, den ein Rückfall in die totenkultliche Praxis bedeuten würde, wäre unvergleichlich viel größer, und insofern ist sie mit ihrer opferkultlichen Verhinderungsstrategie, solange diese Erfolg hat, immer noch gut bedient. Hinzu kommt, daß bei all ihrer systematischen Unablässigkeit und Unabschließbarkeit jene als Opferkult sich entfaltende Reihe von sakramentalen Fehlversuchen ja keineswegs als eine chronologisch kontinuierliche Folge sich darstellt, sondern jeweils unterbrochen wird von Zwischenphasen relativer Befriedung und Ruhe. Weil, wie erwähnt, jeder im sakrifiziellen Abbruch endende Fehlversuch, wenn schon nicht die transzendent wirklichen Überflußeigner zur repräsentativen Anwesenheit kommen und attributive Evidenz gewinnen läßt, so immerhin doch dazu dient, in den Köpfen der Beteiligten das Bewußtsein von ihnen wiederzubeleben und die Erinnerung an sie aufzufrischen, können nun auch die dem Strudel der Charybdis, dem Konkurs des Opfers, Entronnenen so lange unbehelligt dahintreiben, wie diese Erinnerung währt, und müssen erst, wenn die Erinnerung verblaßt, der neuerlich nahenden Klippe der Scylla, der abermals drohenden Überhebung des Priesterkönigs, gewahr werden. Sowohl also, was seine Tauglichkeit zum Zweck betrifft, als auch, was seine Erträglichkeit in der Durchführung angeht, scheint der Opferkult wirklich nicht das Schlimmste, was der theokratischen Gesellschaft widerfahren kann. Und so gesehen ist es auch durchaus kein Wunder, wenn sie an der opferkultlichen Praxis festhält und sich auf unabsehbare Zeit häuslich in ihr einrichtet – mit dem in den Kulturen des zweiten vorchristlichen Jahrtausends anschaulichen Ergebnis ihrer vollständigen Durchdringung mit opferkultlichem Geist, ihrer regelrechten Verwandlung in eine Gesellschaft, deren Haupt- und Staatsgeschäft eben das Opferbringen ist.

Was der Opfergemeinde am Opferkult unverdaulich bleibt, ist das epiphanische Ereignis selbst, weil sie dabei vor der als anderes Subjekt erscheinenden Wahrheit der Götter die Augen verschließen und in pathologischer Unbelehrbarkeit gegen alle empirische Evidenz an ihrer dogmatischen Vorstellung von den Göttern als jenseitigen Herren des Reichtums festhalten muß. Der Versuch, der epiphanischen Identifizierung der Götter durch deren eponymische Charakterisierung zuvorzukommen, scheitert an der Dynamik der Epiphanie, die hinter der Maske der Göttergestalten immer wieder das andere Subjekt zum Vorschein kommen läßt. Schließlich unterbindet die Opfergemeinde das Erscheinen des anderen Subjekts durch eine rituelle Manipulation: dadurch, daß sie den Priesterkönig die rituelle Beseitigung der Opfergaben überstürzen und somit für eine sakrifizielle Beseitigung des epiphanischen Mediums sorgen läßt.

Wie sehr aber auch immer die theokratische Gesellschaft sich an den Opferkult als an den zwischen Scylla und Charybdis äquilibristisch verhaltenen modus procedendi ihrer politisch-religiösen Selbstbehauptung gewöhnen mag – mit einem bestimmten Moment daran, dem Augenblick nämlich des ex improviso der Reichtumofferte erscheinenden anderen Subjekts kann sie sich unmöglich abfinden! Und zwar kann sie sich mit diesem Moment nicht etwa nur in dem praktisch-funktionellen Sinne nicht abfinden, daß sie, wie ja auch geschieht, dem anderen Subjekt sein Erscheinen ex improviso des Reichtumpräsents und ad hoc des Überflußtributs bestreiten und es statt dessen eines Auftauchens ex nihilo zeihen, eines Einbrechens in adversum beschuldigen muß, sondern sie kann sich mit diesem Moment darüber hinaus in dem theoretisch-habituellen Verstand nicht zufriedengeben, daß sie vielmehr alles daransetzen muß, sein Eintreten bei der jeweils nächsten Gelegenheit zu verhindern und überhaupt in alle Zukunft zu unterbinden, weil es ihr mit jedem weiteren Male schrecklicher, mit jedem neuerlichen Vorfallen unerträglicher wird. Zunehmend unerträglicher läßt das Erscheinen des anderen Subjekts sein jedesmal wieder mit dem gleichen Nachdruck erhobener Anspruch werden, epiphanisch-präsentativer Ausweis der wahren Natur der Unsterblichen, inszenatorisch-monstrative Auskunft über das wirkliche Sein der Götter zu sein. Sooft der die jenseitigen Herren des Reichtums repräsentativ zu vergegenwärtigen bestimmte sakramentale Darbringungsakt ex improviso des Dargebrachten vielmehr ein absolut anderes Subjekt vor den Altar treten läßt, tut er mit allen Anzeichen eines verbindlich objektiven Bescheids der um den Priesterkönig versammelten Opfergemeinde kund, daß dies andere Subjekt nichts anderes als die sich diesseitig präsentierende, leibhaftig wahre Existenz der jenseitigen Herren, dies neue Individuum nichts sonst als die sich immanent monstrierende, eigentümlich wirkliche Identität der transzendenten Eigner ist. Sooft die Opferhandlung aus initiativ spontaner Dynamik ihre epiphanisch-inszenatorische Wirkung entfaltet, kommt, was sie hierbei zeitigt, einem Offenbarungseid der in voller Leibhaftigkeit empirischen Wahrheit der ätherischen Unsterblichen, einem eidesstattlichen Bekenntnis der in aller Lebendigkeit kategorischen Wirklichkeit der olympischen Götter gleich. Jedesmal, da das Opfer über die ihm zugedachte Funktion eines attributiven Andenkens an die Götter sich hinwegsetzt, um vielmehr in deren präsentativen Erscheinungsort und monstrativen Schauplatz sich zu verwandeln, nimmt, was es tut, wieder die gleichen Züge eines empirisch ausgeführten kategorischen Urteils an, das den unbestimmt anonymen Unsterblichen im anderen Subjekt ihren personal bestimmten Charakter nachweist, die abstrakt pluralen Götter im neuen Individuum ihres singular konkreten Wesens überführt. Und weil dies aber bedeutet, daß die in der konditionellen Differenz ihres Jenseits als nominelle Reichtumbesitzer verhaltenen vielgestaltigen Unsterblichen sich im Diesseits vielmehr als immer derselbe, von unbedingter Indifferenz geprägte, entwirklichungsmächtig reale Reichtumverächter herausstellen, die in der relativen Positivität ihrer Transzendenz als formale Überflußeigner gewahrten zahlreichen Götter sich in der Immanenz vielmehr als der eine identische, von absoluter Negativität erfüllte, entwertungssüchtig materiale Reichtumverwerfer erweisen, muß jedesmal neu die um den Priesterkönig gescharte Opfergemeinde diese ex improviso des Opfers Ereignis werdende epiphanische Identität der Götter in Abrede stellen und unter Berufung aufs eigene, bessere Wissen mit der im anderen Subjekt gestaltgewordenen Epiphanie als mit einem offenbaren sakrilegischen Wechselbalg und nefariösen Vexierbild der Götter den als sakrifizielle Straf- und Sühneaktion beschriebenen kurzen Prozeß machen.

Was sie damit aber tut, ist, daß sie gegen einen objektiven Bescheid ihren kollektiven Begriff setzt, einem kategorischen Erscheinen ihr hypothetisches Meinen entgegenhält, die gestaltgewordene Identität der Götter mit einem vorgestellten Bild von ihnen aus dem Feld schlägt. Um die Götter von ihrer konkurshaft-definitiven Identifizierung als unbedingt indifferentes, reichtumentwirklichend anderes Subjekt zu retten und in der unbestimmt distinktiven Stellung von pro nomine wahren Herren des Reichtums sich zu erhalten, sperrt sich die Opfergemeinde gegen alle opferkultliche Evidenz, weigert sich, die Empirie, die aus konstitutiv eigener Kraft das Opfer ihr offeriert, als solche zur Kenntnis zu nehmen, und beharrt auf den vorgefaßten Bestimmungen und fixen Vorstellungen, die sie mit der als repräsentativ-attributiver Darbringungsakt konzipierten Opferhandlung verknüpft. Wie sollte diese gegen alle Erfahrung sich verschließende Abwehrhaltung, dieser zur Pathologie einer Besserwisserei aus uneingestanden praktischen Gründen seine Zuflucht nehmende Verweigerungsgestus der Opfergemeinde nicht zu schaffen machen? Wie sollte ihr nicht zusetzen, daß sie jedesmal neu vor der manifestierten Wahrheit die Augen verschließen, jedesmal wieder die offenbare, personal-singulare, menschliche Identität des Gottes mit dessen tradiertem, anonym-pluralem, göttlichem Alibi aus dem Feld schlagen muß? Ein ums andere Mal muß die Opfergemeinde, um den ihre ganze Welt mit Entwirklichung bedrohenden Konkurs der Götter in der Identität des anderen Subjekts abzuwenden, pathologische Unbelehrbarkeit an den Tag legen und die in der Epiphanie des Opfers mit Händen zu greifende Erfahrung von der wahren Natur der Götter ebenso kategorisch, wie diese sich darbietet, von sich weisen. Und ein ums andere Mal wird die Versuchung größer für sie, in Wahrnehmung ihrer natürlichen Verstandesfunktion die verleugnete Erfahrung vielmehr zu machen, sich ohne Rücksicht auf die praktischen Folgen der empirischen Evidenz zu öffnen und ihre beharrlich gehegte Vorstellung von den Göttern sich durch die ebenso beharrlich wiederkehrende Epiphanie des Opfers ein für allemal verschlagen und ersetzen zu lassen. So gewiß die um den Priesterkönig gescharte Opfergemeinde für ihren nach Maßgabe seines schieren Verleugnungsgestus pathologisch zu nennenden Umgang mit der ex improviso des Opfers erscheinenden Wahrheit der Götter keinen anderen Grund hat als das existentiell-praktische Interesse, ihr reichtumbestimmtes Dasein vor der Entwertung zu bewahren, so gewiß muß jedesmal neu und jedesmal mehr ihr Umspringen mit der empirischen Wahrheit die Bedeutung eines Autodafé für sie annehmen, das sie zwingt, um der Existenz willen den Verstand zu verlieren, um des kollektiv-praktischen Interesses willen ihr objektiv-theoretisches Vermögen preiszugeben. Ist es da verwunderlich, daß die Opfergemeinde ein vitales und wachsendes Bedürfnis entwickelt, sich solch kompromittierende Situation zu ersparen, und zu diesem Ende alles daransetzt, jener um allen Verstand sie bringenden und zum quasi-pathologischen Abwehrmechanismus zwingenden Epiphanie der Götter ex improviso der Opferhandlung, ihrem Gestaltwerden im opferentsprungen anderen Subjekt, entgegenzuwirken und vorzubauen?

Vorzubauen sucht die Opfergemeinde dem Erscheinen des anderen Subjekts in der Form einer präventiven Festlegung oder restriktiven Definition der Götter: dadurch nämlich, daß sie eingangs der Opferhandlung den priesterköniglichen Opferer veranlaßt, der singularen Verkörperung und personalen Identifizierung, die den Göttern ex improviso der Opfermonstranz bevorsteht, durch eine Singularisierung eigener Wahl, eine Personifizierung besonderen Charakters zuvorzukommen und das Wasser abzugraben. Um die Götter davon abzuhalten, in der mit aller repräsentativen Verwendung unvereinbaren Singularität eines unbedingt anderen Subjekts und von aller attributiven Verfügbarkeit ausgeschlossenen Personalität eines absolut neuen Individuums zu erscheinen, beschwört der Priesterkönig sie gleich zu Anfang des Opfers in einer der Logik des Darbringungsakts gemäßen alternativen Bestimmtheit, einem – sei's durch die Anzeichen rachsüchtiger Abwesenheit, sei's durch die Kennzeichen wohlgesinnter Anwesenheit definierten – Singular eigener Art, einer – sei's durch die Omen refutativer Abkehr, sei's durch die Merkmale attributiver Zuwendung charakterisierten – Person besonderer Prägung. Er definiert sie vorweg durch das besondere Unheil und Übel, mit dem sie, die in Abwesenheit vernachlässigten wirklichen Überflußeigner, ihrem Unwillen Ausdruck verleihen, ihre Rachsucht bekunden. Er charakterisiert sie im voraus durch den spezifischen Tribut, mit dem er sie zu versöhnen und zur repräsentativen Anwesenheit, zur attributiven Einkehr zu bewegen sucht. Er ruft sie an als den Blitzeschleuderer und Zerstörer der Saaten, als Meererschütterer und Zertrümmerer der Schiffe, als den Mäusischen und Herrn des Ungeziefers, das die Frucht vernichtet, als den Fernhintreffenden und Sender der Seuchen, als den wilden Eber und Speerzerbrecher, als den Listenreichen und Viehdieb, als den Wölfischen und Bringer des jähen Todes, als die Erweckerin des Kampfgetöses und Männermordende, als die Bärin und Herrin der reißenden Tiere, als die Zauberkundige und in Wahnsinn Stürzende, als die Schmerzen Bringende und Töterin im Kindbett, als die Zwietracht Säende und mit Blindheit Schlagende. Und er nennt sie beim Namen all der Dinge, die er ihnen darbringt, und der Tätigkeiten, denen das Dargebrachte entspringt, nennt sie den Herrn der feurigen Rosse, den fruchtbaren Stier, den Schiffelenker, den Schmied, den Ziegenfüßigen, den Jäger, den Beutemacher, den Weinlaubbekränzten, den Vermehrer der Herden, die Trägerin des schimmernden Geschmeides, die Herrin des schützenden Schilds, die Kunstfertige, die Kuhäugige, die Kornspenderin, die Hirchkuh, die Herrin der Olive, die Weberin, die Spinnerin der Wolle, die Geburtshelferin, die Hüterin des Herds. Der Priesterkönig weist den anonym-pluralen Unsterblichen eben das Übel oder Mißgeschick, das den Groll der Abwesenden dokumentieren, beziehungsweise eben das Gut oder Gelingen, das die Gunst der Anwesenden demonstrieren soll, als ein sie unterscheidbar definierendes singulares Merkmal, ein sie eigentümlich differenzierendes personales Kennzeichen zu. Er singularisiert sie durch das Eponym der spezifischen Umstände, in denen sie sich negativ oder positiv zur Geltung bringen, personifiziert sie im Pseudonym des konkreten Sachverhalts, das ihrer Feindseligkeit oder Geneigtheit Ausdruck verleiht. Und auf diese Weise hofft er und hofft die hinter ihm stehende Opfergemeinde verhindern zu können, daß die Götter ex improviso des Opfers jene unbedingt andere Singularität gewinnen und jene absolut neue Personalität annehmen, die wegen ihrer die ganze Reichtumsphäre mit Entwirklichung konfrontierenden Negativität die Opfergemeinde mehr als alles in der Welt fürchtet. In der Erwartung, sie dadurch davon abhalten zu können, per medium des Reichtumpräsents in der mit allem Reichtum a priori unvermittelten Identität eines unbedingt anderen Subjekts hervorzubrechen und per mysterium des Überflußtributs in der gegen allen überfluß ex anteriori abstrakten Realität eines absolut neuen Individuums Gestalt anzunehmen, assoziiert der Priesterkönig die Götter weitestmöglich mit dem Reichtumpräsent beziehungsweise dem, wogegen es steht und weist ihnen die Beschaffenheit des letzteren als ihr principium individuationis, ihren sie definierenden Charakter zu. Um sicherzustellen, daß die Opfergaben die Götter wirklich nur attributiv zur Vorstellung bringen und nicht in deren präsentativen Erscheinungsort oder ihr monstratives Szenarium sich verwandeln, erklärt der Priesterkönig die Empirie der Opfergabe beziehungsweise die Phänomenologie dessen, was die Opfergabe zu bannen dient, zum Äußeren und Ausdruck der eben hiermit zum Inneren und Inhalt sich singularisierenden göttlichen Macht, zur Oberfläche und Leiblichkeit der eben hierdurch als Seele und Wesenheit sich personalisierenden Gottheit. Gegen das andere Subjekt, als das die Götter dem Reichtum epiphanisch entspringen und szenisch entsteigen, setzt er als präventives Bollwerk deren reichtumbedingt singulare Identität, führt er als refutative Vorkehrung ihren überflußbestimmt personalen Habitus ins Feld.

Indes, wie sehr der Priesterkönig und die um ihn gescharte Opfergemeinde sich auch immer bemühen mögen, die Götter vorweg an die Kette einer mit dem Repräsentativ der Reichtumofferte gegebenen singularen Identifizierung zu legen, sie im voraus in den Gewahrsam einer im Attribut des Überflußopfers bestehenden personalen Charakterisierung zu nehmen – gegen die entfesselnde Macht der Opferhandlung selbst ist kein Kraut gewachsen! Eben das Reichtumpräsent, das den jenseitigen Unsterblichen ihre – egal, ob als feindliche Natur, ob als freundliches Wesen firmierende – vorbeugende Identität verleiht, treibt ihnen in actu der Opferhandlung selbst diese präventive Identität unfehlbar auch wieder aus, indem es sie im epiphanisch wahren Singular des in unbedingter Indifferenz reichtumentsprungen anderen Subjekts präsentiert. Ein und derselbe Überflußtribut, der den transzendenten Göttern ihre – egal, ob als drohende Maske, ob als versöhnende Physiognomie figurierende – vorkehrende Personalität aufsetzt, reißt ihnen in objectu der Opfersituation als solcher diese apotropäische persona unabwendbar auch wieder herunter, indem er sie in der szenisch wirklichen Person des in absoluter Negativität überflußenthoben neuen Individuums monstriert. Im epiphanischen Aufbruch und inszenatorischen Übersprung wischt der Opferreichtum das, was mit seiner Hilfe Priesterkönig und Opfergemeinde den anonym pluralen Göttern an material-singularischer Beschaffenheit und real-persönlicher Bestimmtheit beilegen, beiseite und läßt ex improviso seiner Präsenz im Heiligtum, ad hoc seiner Monstranz auf dem Altar das als anderes Subjekt gestaltgewordene einfache Sein der Götter hervorbrechen, ihr als neues Individuum verkörpertes sichselbstgleiches Wesen manifest werden. Wo die Reichtumofferte eben noch als verhaftendes Repräsentativ der identischen Wahrheit der Götter und als bindendes Attribut ihrer objektiven Wirklichkeit herhalten sollte, da stellt sie sich im nächsten Augenblick schon als ein die Verhafteten zu ihrer wahren Identität entlassender Modus, ein die Gebundenen zu ihrer wirklichen Subjektnatur entbindendes Medium heraus und verkehrt sich so in ein der Indifferenz des unbedingt anderen Subjekts erliegendes Refutativ des eigenen repräsentativen Anspruchs, ein der Negatvität des absolut neuen Individuums zum Opfer fallendes Korrektiv der eigenen attributiven Anmaßung. Und diese verheerende Widerlegung, die in Gestalt des anderen Subjekts der Opferreichtum der in ihn selber gesetzten singularen Identität der Unsterblichen zuteil werden läßt, bedeutet für Priesterkönig und Opfergemeinde eine womöglich noch schlimmere Prüfung, als es das Erscheinen des anderen Subjekts ex improviso der Opferhandlung ohnehin schon darstellt. Indem nämlich die qua anderes Subjekt epiphanische Wahrheit der Götter sich als explizite Antwort auf deren qua Opferreichtum attributivische Anrufung durch den Priesterkönig ergibt, ist der hiermit der Opfergemeinde erteilte objektive Bescheid nicht mehr nur unerbetene empirische Einlösung eines Begriffs, auf dem als solchem die vom Einlösungsvorgang überraschte Opfergemeinde gegen alle Empirie notfalls bestehen kann, sondern vielmehr unerwartete Konsequenz eines empirischen Einlösungsvorgangs, den niemand sonst als die Opfergemeinde selbst in die Wege geleitet und dessen prozessualer Dynamik sie quasi höchstpersönlich, will heißen durch ihr im Priesterkönig handelndes Subjekt, ihren Begriff von den Göttern überantwortet hat. Und weil demnach der per medium des Opfers offenbarte Bescheid über die wahre Identität und wirkliche Person der Götter nurmehr konsequentes Korrektiv des zuvor vom Priesterkönig selbst über die singulare Natur und das personale Wesen der Götter erhobenen Befunds ist, beschränkt sich der empiriologische Verleugnungsgestus und vielmehr pathologische Abwehrmechanismus, mit dem die um den Priesterkönig gescharte Opfergemeinde jenem objektiven Bescheid wegen der ihn begleitenden indifferentistischen Disqualifizierungsdrohung begegnen muß, nicht mehr bloß darauf, Ausdruck eines erfahrungsfeindlichen Widerstands gegen eine ihr von fremder Seite aufgezwungene unerwünschte Einsicht zu sein, sondern nimmt mehr noch und vollends unerträglich die Züge eines selbstverräterischen Widerrufs des eigenen, frei erhobenen Erkenntnisanspruchs an, in dessen Folge jene unerwünschte Einsicht sich ergibt. Weil sie selber mit der singular-personalen Identifizierung der Götter den Anfang macht, die sie in ihrer schließlichen, ex improviso der Opferhandlung resultierenden Form dann unter keinen Umständen akzeptieren kann, hat für die um den Priesterkönig gescharte Opfergemeinde ihr Bemühen, dies inakzeptable epiphanische Ergebnis nicht zur Kenntnis zu nehmen, nicht mehr nur die Bedeutung einer passivisch-obstruktiven Weigerung, ihre Verstandeskraft in Gebrauch zu nehmen und ihre empirische Lernfähigkeit unter Beweis zu stellen, sondern impliziert darüber hinaus und schlimmer noch die aktivisch-destruktive Bereitschaft, ihre bereits in Gebrauch genommene Verstandeskraft eigenhändig wieder außer Geltung zu setzen und ihre schon unter Beweis gestellte empirische Lernfähigkeit rückwirkend zu desavouieren.

So aber im Angesicht der als anderes Subjekt opferentsprungen singularen Identität der Götter den Verstand nicht bloß passiv außer Gebrauch lassen und empirische Unbelehrbarkeit an den Tag legen, sondern den Verstand mehr noch aktiv außer Kraft setzen und einen zuvor gezeigten empirischen Lerneifer Lügen strafen zu müssen, geht am Ende übers Menschenmögliche und überfordert auch und entschieden das Vermögen der um den Priesterkönig gescharten Opfergemeinde. Die letztere selbst ist es, die den Priesterkönig eingangs der Opferhandlung dazu anhält, den Unsterblichen eine singulare Identifizierung im Repräsentativ der Reichtumofferte angedeihen, den Göttern eine personale Charakterisierung durchs Attribut des Überflußopfers zuteil werden zu lassen. Wie sollte sie da garantieren können, daß die singulare Identität, deren kraft spontaner epiphanischer Dynamik die Reichtumofferte die Götter hiernach überführt, sich ihr nicht – aller Schrecklichkeit und Unannehmbarkeit solchen Ergebnisses ungeachtet – als gezieltes Refutativ ihres eigenen Beginnens aufdrängt, als erzielte Einsicht kundtut, oder als konsequentes Korrektiv ihres eigenen Bemühens kenntlich macht, als gemachte Erfahrung ins Bewußtsein senkt? Sie kann, mit anderen Worten, partout nicht dafür einstehen, daß sie nicht, der Konsequenz ihrer eigenen Initiative erliegend, das ex improviso der Opferhandlung erscheinende andere Subjekt als die präsent singulare Wahrheit und manifest personale Wirklichkeit der Götter gelten läßt. Daraus indes folgt nur, daß sie mehr noch als bereits vorher alles daransetzen muß, dem Erscheinen des anderen Subjekts ex improviso der Opferhandlung vorzubeugen. Weil sie, die den Priesterkönig die Unsterblichen in specie dessen, was er ihnen darbringt, singulariter beschwören und personaliter anrufen läßt, nicht länger garantieren kann, daß die singulare Personalität, in der ex improviso des Opfers die Götter statt dessen erscheinen, von ihr nicht als Beitrag zum Thema akzeptiert und als Ausführung zur Sache zur Kenntnis genommen wird, kann sie wegen der gesellschaftlich-praktischen Entwirklichungsimplikationen und Entwertungsfolgen, die die Zurkenntnisnahme jener ex improviso des Opfers erscheinenden wahren Identität der Götter hätte, auch nicht mehr riskieren, es zu der opferdynamisch-epiphanischen Situation überhaupt kommen zu lassen. Wie aber und mit welchen Mitteln soll sie das Eintreten dieser Situation jetzt noch verhindern, da ja der Umstand, daß ihr die letztere bedrohlicher und kompromittierender denn je entgegentritt, eben bereits Resultat eines solchen, auf der ganzen Linie fehlgeschlagenen Verhinderungsversuchs ist? Schließlich ist Ziel der personalen Charakterisierung der Götter, die im Attribut des Überflußopfers der Priesterkönig eingangs der Opferhandlung unternimmt, nichts sonst als die Antizipation und Prävention jenes singulariter anderen Subjekts, das ex improviso der Opferhandlung das Überflußopfer aus monstrativ spontaner Dynamik in Szene zu setzen droht. Und schließlich ist das einzige, was der Priesterkönig mit seiner Präventivmaßnahme erreicht, eine Verstärkung der suggestiven Unwiderstehlichkeit, mit der das ex improviso der Opferhandlung unbeirrt weiter in Erscheinung tretende andere Subjekt sich der Opfergemeinde als die wahre Identität der Götter aufdrängt – mithin eine verschärfte Wiederkehr eben jenes das Erscheinen des anderen Subjekts betreffenden objektiven Vermeidungsbedürfnisses, das die Präventivmaßnahme doch gerade befriedigen sollte. Schlägt demnach aber die vom Priesterkönig angewandte Verhinderungsstrategie derart fehl, daß er mit ihr sein Ziel, das Erscheinen des anderen Subjekts zu unterbinden, nicht nur nicht erreicht, sondern dessen ungehindert kontinuiertem Erscheinen im Gegenteil nur zusätzliche Bedrohlichkeit und Sprengkraft verleiht, so ist verständlich, daß die um den Priesterkönig gescharte Opfergemeinde sich um weitere Präventivstrategien dieser Art gar nicht erst lange bemüht, sondern statt dessen nunmehr versucht, den gewünschten Verhütungseffekt durch eine taktische Manipulation der bereits vorhandenen und in der sakrifiziellen Prozedur des Opfers nämlich gegebenen Abwehrstrategie zu erzielen.

Der taktische Eingriff, mit dessen Hilfe sie den Priesterkönig dem Erscheinen des anderen Subjekts ex improviso des sakramentalen Darbringungsakts zuvorkommen und einen Riegel vorschieben läßt, besteht dabei schlicht und einfach in einer Forcierung und überstürzten Exekution jenes umfassenden Großreinemachens, dem, wie geschildert, im Zuge des als Sakrifizium zelebrierten Rituals das Dargebrachte selbst zum Opfer fällt. Jene sakrifizielle Aufräum- und Säuberungsaktion, der im unmittelbaren Anschluß an die Sakrifizierung des als sakrilegischer Störer der Opferhandlung ausgemachten anderen Subjekts der Priesterkönig gleich auch die Opfergaben selbst unterwirft und die er unter dem Vorwand einer den letzteren durch ersteres angetanen Kontaminierung und Desakrierung durchführt, wurde oben als Ausdruck eines durchaus sinnvollen Bemühens erkannt, mit dem anderen Subjekt gleich auch das zu beseitigen, was diesem zu seinem Auftritt verhilft, und also mit dem erscheinenden Übel ebensowohl auch dessen epiphanische Wurzel auszurotten. Der Kontaminierungsverdacht ist mithin nur eine durch die Verschleierung der wahren Darbringungsdynamik erzwungene Deckadresse dafür, daß die Reichtumofferte an die Unsterblichen sich als ein unverhoffter Erscheinungsort jenes anderen Subjekts gründlich kompromittiert hat, der Desakrierungsvorwurf bloß eine durch die Verleugnung der wirklichen Opferlogik bedingte Ersatzfigur dafür, daß das Überflußopfer an die Götter sich als ein spontaner Springpunkt jenes neuen Individuums unwiderruflich diskreditiert hat. Und dementsprechend läßt sich der Einschluß der Reichtumofferte in das Sakrifizierungsgeschehen als ein Versuch begreifen, mit dem Störfaktor gleich auch das Störpotential, dem er entspringt, loszuwerden, mit dem Wechselbalg ebensowohl auch den Schoß zu eliminieren, der ihn gebiert. Weil das Dargebrachte selbst es ist, das sich dem anderen Subjekt als inszenatorische Monstranz zur Verfügung stellt, wendet sich der Priesterkönig mit der gleichen rituellen Regelmäßigkeit und zeremoniellen Zuverlässigkeit, mit der er letzterem entgegentritt, auch gegen ersteres und unterwirft es der gleichen strafgerichtlichen Eliminierung, der gleichen sühneopferlichen Sakrifizierung. Als Ausdruck des hinter einem unbestimmten Kontaminierungsverdacht sich versteckenden heimlichen Bewußtseins, daß ohne das im Reichtumpräsent bestehende Sakrament auch das als anderes Subjekt erscheinende Sakrileg sich nicht ereignete, ohne die im Überflußtribut erbrachte Eidesleistung auch das als neues Individuum gestaltwerdende Nefas nicht vorkäme, wird das Aufräumen mit dem ersteren zu einem rituell garantierten Bestandteil und zeremoniell integrierenden Faktor des Abrechnens mit dem letzteren. Eben diese rituelle Zwangsläufigkeit und zeremonielle Stereotypie, mit der die vom Sakrament ins Sakrifiz überwechselnde Opferhandlung auch und gerade die Beseitigung der Opfergaben betreibt, nutzt aber nun der Priesterkönig für seine präventive Manipulation, indem er die Beseitigungsaktion aus der konsekutiven Stellung und reaktiven Bedeutung, die ihr mit Rücksicht auf das Erscheinen des anderen Subjekts eigentlich eignet, entläßt und sie rein nur als fixes Element des Sakrifizierungsrituals selbst, als notwendiges Moment des Opferzeremoniells als solchen auffaßt. Statt zu warten, bis der epiphanische Auftritt des als wahre Identität der Götter sich präsentierenden anderen Subjekts ex improviso der Reichtumofferte diese als offenbaren Erscheinungsort des zum sakrilegischen Wechselbalg erklärten Eindringlings kompromittiert und damit den Anlaß gibt, sie unter dem Vorwand des Kontaminierungsverdachts der rituell gleichen Eliminierungsprozedur zu unterwerfen wie den Eindringling selbst, beeilt sich der Priesterkönig, gestützt auf eben jene rituelle Routine der Reichtumeliminierung, die Opfergaben ihrem sakrifiziellen Schicksal unverweilt zu überantworten und quasi im Automatismus zuzuführen. Kaum, daß er sie dargebracht, auf dem Altar deponiert hat, macht er sich auch schon in ebenso flagranter Verletzung der funktionell-logischen Abfolge wie rasanter Erfüllung des rituell-üblichen Programms daran, sie abzutun und vom Altar wieder herunterzubringen. Noch ehe die Zeremonie recht begonnen hat, ist sie dank dieser zwischen heiligem Eifer und unheiliger Hast changierenden Eilfertigkeit, mit der der Priesterkönig das sakramentale Darbringen ins sakrifizielle Wegschaffen umschlagen läßt, auch schon wieder zuende, sind Stier, Lamm oder Federvieh gemetzelt, Korn und Feldfrüchte verbrannt, Geschmeide und Spolien dem Tempelschatz einverleibt.

Und mit Hilfe dieser rituellen Forcierung der Aufräumaktion gelingt es dem Priesterkönig tatsächlich, in eklatanter Verkehrung allen dramaturgischen Sinns eben das epiphanische Ereignis, das eigentlich intitiativer Anlaß für die erstere wäre, durch sie im Gegenteil präventiv auszuschließen. Indem er kraft Neuordnung der in der rituellen Routine verselbständigten und fix gewordenen kultischen Momente die sakramentale Darbringung der Opfergaben und ihre sakrifizielle Entfernung quasi bruch- und übergangslos aufeinanderfolgen läßt, schließt er die Lücke, die Erscheinungsort des ex improviso der Opferhandlung anderen Subjekts wäre und läßt so in der Tat, was eigentlich konsekutiv aus der Epiphanie hervorginge, dieser inhibitorisch vielmehr zuvorkommen. Noch ehe die Opfergaben ihre mediale Eigenschaft haben zur Geltung bringen, ihre präsentativ-monstrative Wirksamkeit haben entfalten können, liefert sie der Priesterkönig bereits dem rituell ausgemachten Schicksal aus, das ihnen im Zuge des Opferkults aus solcher Wirksamkeit routinemäßig erwächst, und schafft es mit Hilfe der solcherart vorweggenommenen Folgen der letzteren, diese selbst zu unterbinden und von der Entfaltung abzuhalten. Daß diese Unterdrückung der Epiphanie durch das als Ritualmoment vorgezogene Sakrifiz ihres in den sakramentalen Opfergaben bestehenden virutellen Auslösers, dieses Münchhausensche Unterbinden der aus dem sakramentalen Teil der Opferhandlung resultierenden Wirkung ersten durch die rituelle Präzipitation der als sakrifizieller Teil der Opferhandlung konsequierenden Wirkung zweiten Grades bestens funktioniert und tatsächlich geeignet ist, die Opfergemeinde vor aller epiphanischen Gefahr und als Offenbarungseid der Götter konkursiven Enthüllungsnot zu bewahren, steht außer Frage. Was Wunder also, daß die Opfergemeinde diesen durch die rituelle Routinisierung der prozessualen Momente ermöglichten präzipitativen Eingriff in deren Abfolge, diese die zeremonielle Gleichschaltung der prozeduralen Elemente sich zunutze machende präventive Manipulation an deren Anordnung als Patentrezept für die Abwicklung sämtlicher Opferhandlungen übernimmt! So gewiß die unverweilte Überführung der sakramentalen Darbringung der Opfergaben in ihre sakrifizielle Beseitigung eine wirksame Vorbeugung gegen das epiphanische Auftauchen des anderen Subjekts ex improviso der Opfersituation darstellt und einen sicheren Schutz vor ihm gewährt, so gewiß avanciert die darin beschlossene kurzschlüssige Verlaufsform zum ebenso typischen wie auszeichnenden Merkmal des Opferbringens überhaupt. Kein Opfer, das nicht fortan in dieser abbreviierten Form und kurzgeschlossenen Bewegung sich vollzöge, keine Opferhandlung, bei der nicht dies bis zur schieren Absurdität Merkwürdige geschähe, daß Reichtumpräsent und Überflußtribut nur auf den Altar kommen, um mit jener Heidenhast, die sogar noch in der – mit der Epiphanie mittlerweile versöhnten – Abendmahlsfeier der katholischen Messe fortlebt, wieder vom Tisch heruntergefegt zu werden.

Merkwürdig und bis zum Widersinn inkonsequent, bis zum Aberwitz ungereimt muß dem unbeteiligten Beobachter diese von haltloser Überstürzung geprägte Kurzschlußform, die das Opfer im Bemühen um die Verhinderung der Epiphanie typischerweise annimmt, in der Tat vorkommmen. Schließlich ist ursprüngliches Ziel der als Darbringungsakt konzipierten Opferhandlung, den abwesenden Unsterblichen im offerierten Reichtumpräsent ein repräsentativ bleibendes Anwesen zu errichten, den unsichtbaren Göttern im dargebrachten Überflußtribut ein attributiv sichtbares Andenken zu stiften. Wie könnte da wohl ein Opferverfahren, bei dem der Priesterkönig das Anwesen nur errichtet, um es sogleich wieder in Brand zu setzen und in Rauch und Flammen aufgehen zu lassen, bei dem er das Andenken nur stiftet, um es unverzüglich wieder zu zerstören und mit sakrifizieller Gründlichkeit aus der Welt zu schaffen, verfehlen, den unbeteiligten Zuschauer zu mystifizieren? Die Schar der unmittelbar Beteiligten allerdings, die Opfergemeinde, ist von solcher Mystifizierung weit entfernt! Für sie hat der Irrwitz der zum Kurzschluß abbreviierten Opferhandlung nicht nur Methode, sondern mehr noch einen diese Methode bestimmenden, denkbar guten Sinn. Sie weiß – "weiß" in jenem besinnungslos reaktiven, bewußtlos zielstrebigen Verstand des Nicht-wissen-wollens, den die Veränderungen, die sie an der Opfersituation vornimmt, durchgängig unter Beweis stellen –, was alles an inszenatorisch Unliebsamem und epiphanisch Schlimmstem diese ihre scheinbar widersinnige Forcierung der Opferhandlung unterbindet. Sie kennt – "kennt" in jener bedingungslos abweisenden, entschieden widersetzlichen Bedeutung des Nicht-zur-Kenntnis-nehmens, von der ihre Interpretationen ebenso wie ihre Manipulationen des Geschehens unfehlbar zeugen – die konkursiven Fährnisse und repulsiven Schrecken, die ihr blühen, wenn sie das Opfer in der ihm eigenen präsentativen Dynamik unverkürzt zum Zuge, in der ihm innewohnenden monstrativen Logik voll zur Entfaltung kommen läßt. Eben deshalb aber ist ihre Partizipation an der vom Priesterkönig zum regelrecht paradoxalen Ereignis kurzgeschlossenen Opferhandlung frei von allem Unverständnis und Bewußtsein mystifizierender Sinnwidrigkeit und vielmehr erfüllt vom Gefühl einer im Sinne gleichermaßen der objektiven Gefahrenabwehr und der subjektiven Unlustvermeidung gelungenen Prozedur. Und dieses Gefühl prozeduralen Gelingens, mit dem sie den zur sakrifiziellen Aufräumaktion kurzgeschlossenen sakramentalen Darbringungsakt begleitet, erfährt noch dadurch eine Verstärkung, daß sogar in ihrer paradox abbreviierten Form die Opferhandlung ja nicht völlig in der negativ bloßen Abwendung von Gefahren, die sie selbst erst heraufbeschwört, sich erschöpft, sondern nach wie vor ein Moment jener positiven Funktion erfüllt, die wahrzunehmen sie von der um den Priesterkönig gescharten Opfergemeinde ursprünglich konzipiert ist: der Funktion nämlich, durch die repräsentative Anwesenheit der Götter die Macht des Priesterkönigs in ihre Schranken zu weisen und den letzteren von aller selbstherrlich-heroischen Überhebung und totenkultträchtigen Hybris abzuhalten. Was vom Opfervorgang in seiner zum offenkundigen Fehlversuch ausgeführten kompletten Gestalt galt, das gilt auch und sogar noch von ihm in seiner den Fehlversuch im Kurzschluß kaschierenden abbreviierten Form: daß er, wenn er schon nicht die jenseitig wahren Herren des Reichtums zur repräsentativen Anwesenheit kommen zu lassen vermag, so immerhin doch das Bewußtsein von ihnen ausreichend wiederzubeleben und die Erinnerung an sie hinlänglich aufzufrischen dient, um so lange, wie diese Erinnerung währt, der Opfergemeinde vor allen hybriden Aspirationen des Priesterkönigs Schutz zu bieten. Während also die rituelle Manipulation, die der Priesterkönig an der Opferhandlung vornimmt, seine überstürzte Überführung des sakramentalen Darbingungsakts in die sakrifizielle Aufräumaktion, der Opfergemeinde einerseits erspart, den Opfervorgang in die Länge und Breite der epiphanischen Evidenz als einen zum förmlichen Offenbarungseid der Götter geratenden bedrohlichen Fehlversuch miterleben und miterleiden zu müssen, erhält sie ihr andererseits den bescheidenen, residualen Erfolg, den auch und sogar noch in dieser Fehlversuchsform der Opfervorgang im Blick auf seine eigentliche Funktion einer Reglementierung der priesterköniglichen Macht erzielt. Was will die Opfergemeinde mehr? Was mehr kann sie unter den gegebenen Umständen verlangen.

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