5. Merkantilismus, koloniale Expansion und Etatismus

Die für das rasche Avancement der kapitalistischen Produktionsweise zur gesellschaftlichen Reproduktionsmethode par excellence grundlegende extensive Ausbeutung der Lohnarbeitskraft führt zu einer rasch wachsenden Masse von Gütern, die die Aufnahmefähigkeit der traditionellen Konsumentenschicht, weniger was ihre Bedürfnisstruktur, als was ihr Bedürfnisvolumen betrifft, überfordert. Die Vermarktung der Gütermasse, sprich, die als ihr Absatz apostrophierte Realisierung ihres Werts beziehungsweise Mehrwerts aber ist conditio sine qua non für das Funktionieren des ganzen Systems.

Es ist demnach die im Lohnarbeitsverhältnis zur Geltung gebrachte Fiktion vom Wert der Arbeitskraft, eine durch den kommerziellen Austausch zwar kaschierte, aber keineswegs gedeckte, sprich, durch die Marktökonomie zwar kodifizierte, aber mitnichten auch legitimierte Unterstellung, was dem kapitalistischen System erlaubt, bei entsprechender ökonomischer Machtverteilung, das heißt, unter der doppelten Bedingung einer in der Kapitalisierung kommerziellen Reichtums beschlossenen Trennung der Produzenten von den Produktionsmitteln, ihrer Degradierung zu bloßen Arbeitskräften, und eines durch die kapitalistische Entwicklung selbst direkt und indirekt erzeugten Überflusses an solchen Arbeitskräften, ihrer Amassierung zu einem Heer von Arbeitslosen und deshalb notgedrungen Arbeit Suchenden – was also unter dieser doppelten Bedingung den kapitalistischen Unternehmern erlaubt, von einer intensiven, vornehmlich auf die Ausnutzung sächlicher Produktivkraft gerichteten zu einer extensiven, hauptsächlich auf die Ausbeutung personaler Arbeitskraft konzentrierten Strategie der Kapitalakkumulation zu wechseln und in der Konsequenz dieses Strategiewechsels jene sowohl absolute als auch relative Steigerung des realen Mehrwerts zu erreichen, will heißen, jene Umverteilung des durch den Arbeitsprozess geschaffenen produktivitätsstandsgemäßen Produktwerts zu Gunsten des Kapitals und zu Lasten der Lohnarbeit durchzusetzen, kurz, jene Steigerung ihrer an der Höhe des Arbeitslohns sich bemessenden Gewinnspanne und entsprechende Vergrößerung ihrer aus dem Produktionsprozess zu ziehenden Profite zu erzielen, die sich als grundlegend für das rasche Avancement der kapitalistischen Produktionsweise, ihren steilen Aufstieg zur dominanten, wo nicht gar absolut herrschenden gesellschaftlichen Reproduktionsmethode erweist.

In der Tat verleiht erst diese, durch die Konkurrenz im Heer der Arbeitskräfte, das sich in die Uniform eines Arbeitsmarktes gepresst findet, ermöglichte extensive Ausbeutung der Lohnarbeit der kapitalistischen Entwicklung jene Durchsetzungskraft und Geschwindigkeit, die sie in einem Zeitraum von anderthalb Jahrhunderten die traditionelle handwerkliche Arbeitsweise und die ihr eigenen Organisations- beziehungsweise Korporationsformen aus dem Feld schlagen beziehungsweise an die Peripherie der Produktionssphäre verbannen und zur Nischenexistenz eines der eigentlichen Produktion bloß anhängenden und zuarbeitenden Reparaturbetriebs und Dienstleistungsgewerbes verurteilen lässt. Bliebe die kapitalistische Entwicklung auf die in der intensiven Ausnutzung sächlicher Produktivkraft bestehende und vornehmlich auf die Behauptung der errungenen Marktposition gerichtete defensive Investitionsstrategie der Anfangszeit beschränkt, sie würde zwar voranschreiten, aber doch in einem ungleich gemäßigteren Tempo und, was sowohl die ökonomischen Verschiebungen als auch die sozialen Verwerfungen angeht, mit weit weniger dramatischen Folgen. Teils nämlich sind, wie gesehen, die höheren Gewinne, die ihre durch effektivere Arbeitsmittel, Produktionstechniken und Arbeitsorganisationsformen gesteigerte Produktivkraft und entsprechend verringerten Produktionskosten ihnen verschaffen, nur vorübergehende Erscheinungen, die wieder verschwinden, sobald sich die der höheren Produktivkraft entsprechende Arbeitszeit als verbindliches Kriterium für den Wert des betreffenden Produkts durchgesetzt hat, teils sehen sich in dem Maße, wie nicht zuletzt dank der kapitalistischen Erhöhung der Produktivkraft der Markt mit dem jeweiligen Produkt überreichlich versorgt wird, die kapitalistischen Unternehmer genötigt, durch Preisnachlässe und Preissenkungen ihrem Produkt den Absatz zu sichern und büßen so ihren produktivitätsbedingt höheren Gewinn teilweise oder ganz wieder ein. Wird aber der Gewinn aus der intensiven, auf die Steigerung der Produktivkraft abgestellten Investitionsstrategie immer wieder geschmälert oder gar zunichte gemacht, so werden natürlich auch die auf dem Gewinn basierenden weiteren Investitionen gehemmt oder gar verhindert und sieht sich die kapitalistische Entwicklung, sprich, die Durchsetzung der von der Ratio des kapitalen Subjekts bestimmten manufakturellen beziehungsweise industriellen Lohnarbeit zur maßgebenden gesellschaftlichen Produktionsweise, immer wieder Einbrüchen oder Rückschlägen ausgesetzt.

Erst die extensive Investitionsstrategie, auf die im Bemühen, ihre im Preiskampf erlittenen Gewinneinbußen durch den Absatz größerer Produktmengen zu kompensieren, die kapitalistischen Unternehmer verfallen und die den Akzent von der Steigerung der Produktivkraft und Verstärkung der Effektivität der Produktion auf eine Vermehrung der Arbeitsprozesse und Ausweitung der Produktionskapazität verlagert, bringt die ebenso dauerhaften wie realen Gewinnsteigerungen mit sich, aufgrund deren das kapitalistische System via Verdrängungswettbewerb auf dem Markt ab dem Ende des siebzehnten Jahrhunderts derart unwiderstehlich und rasant expandieren kann, dass es sich bereits in der ersten Hälfte des neunzehnten zur konkurrenzlos herrschenden Form der gesellschaftlichen Reproduktion avanciert zeigt.

Indem die extensive, auf die Ausweitung der Produktionskapazität auf Basis des jeweils erreichten Produktivitätsstandes gerichtete Investitionsstrategie durch die massenhafte Verdrängung handwerklicher und quasihandwerklicher Konkurrenten vom Markt, die sie bewirkt, ein Heer von verfügbaren Arbeitskräften schafft, das, als Arbeitsmarkt behandelt, den kapitalistischen Unternehmern erlaubt, den ihre Ware Arbeitskraft zu Markte Tragenden immer weiter die Löhne zu kürzen beziehungsweise fortlaufend höhere Leistungen abzuverlangen und damit die bis dahin vornehmlich betriebene und aber als Akkumulationsinstrument zweifelhafte beziehungsweise unzuverlässige Ausnutzung sächlicher Produktivkraft durch die todsichere Bereicherungsquelle einer progressiven Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft zu ersetzen, ist die Folge eine anhaltende Umverteilung zwischen Unternehmern und Lohnarbeitern, die einen nicht nur relativ, sondern auch absolut immer größeren Mehrwert, sprich, einen relativ wachsenden Anteil am absolut steigenden Wert des manufakturell beziehungsweise industriell geschaffenen Produkts in den Händen der Unternehmer belässt, der, sofern es gelingt, ihn auf dem Markt zu realisieren, sprich, in klingende Münze zu überführen, den Unternehmern zur Verfügung steht, um ihn, der Logik des kapitalen Akkumulationsstrebens folgend, erneut in wertschöpfende Produktionsprozesse zu investieren und das Tempo der kapitalistischen Entwicklung, sprich, der Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise als der für die ganze handwerkliche Produktionssphäre verbindlichen gesellschaftlichen Reproduktionsmethode massiv zu forcieren.

Freilich gibt die obige Parenthese vom "sofern es gelingt" schon die als conditio sine qua non einschränkende Bedingung an, der diese forcierte Expansion des Systems unterliegt, beziehungsweise weist auf das Problem hin, das eben diese forcierte Entwicklung schafft und dessen Lösung über ihren Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Das Problem nämlich ist, kurz und bündig, wie die materiale Konsequenz der auf Basis der Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft forcierten Expansion des Systems bewältigt, wie mit anderen Worten die dank extensiver Investitionsstrategie, dank Vermehrung der Arbeitsprozesse und Ausweitung der Produktionskapazität unter der Maßgabe progressiver Lohndrückerei und exzessiven Leistungsdrucks zunehmende Masse von Produkten, die wachsende Fülle von als Wertverkörperungen figurierenden Waren, auf dem Markt abgesetzt und damit jener ökonomisch als Wertrealisierung bestimmten Verwandlung in allgemeines Äquivalent unterzogen werden kann, die die Voraussetzung dafür ist, dass der mittels ausbeuterischen Wertschöpfungsprozesses erzielte exorbitante Mehrwert erneut investiert, sprich, für neue, ebenso exorbitant gewinnträchtige Wertschöpfungsprozesse verwendet werden kann.

Systematischer gefasst, ist das Problem, dass die als Selbstverwertung vor sich gehende Kapitalbildung, die selbstbezügliche Akkumulation von Kapital unfehlbar und unaufhebbar dies Moment von Fremdbestimmtheit an sich hat, dass sie immer zugleich der menschlichen Bedürfnisbefriedigung dienen und sich nämlich per medium der Produktion von als Befriedigungsmittel tauglichen materialen Gütern ins Werk setzen muss und dass der Beweis für die Erfüllung dieser dem kapitalen Interesse ebenso heteronomen wie zwingend zugewiesenen sozialen Aufgabe darin besteht, dass es gelingt, jene materialen Produkte, in die sich das Kapital um seiner Selbstverwertung willen nolens volens investieren oder verkleiden muss, auf dem Markt an den Mann und die Frau zu bringen, sprich, bei den zu Markte gehenden Konsumenten auf ein Bedürfnis nach dem jeweiligen Produkt zu treffen, das groß genug ist, um sie zu veranlassen, letzteres gegen allgemeines Äquivalent, die Münze des Marktes, Geld einzutauschen, kurz, es zu kaufen. Das Problem also sind die konsumpraktischen Folgen der vom Kapital bewirkten und ebenso sehr in specie durch die Ausbeutung der Arbeitskraft wie in genere durch die Steigerung der Produktivkraft bedingten Zunahme der Güterproduktion, sind mit anderen Worten die Absatzschwierigkeiten, vor die eine auf dem Markt rasch wachsende Ansammlung von materialen Wertverkörperungen, Waren, die kapitalistischen Unternehmer stellt.

Schon die auf eine Verbesserung der Produktivkraft gerichtete intensive Investitionsstrategie, auf die das Kapital zu Anfang seiner Entwicklung noch weitgehend beschränkt ist, führt ja, wie gesagt, bereits zu einem Produktionswachstum, das früher oder später in einem Überangebot auf dem Markt resultiert und die kapitalistischen Unternehmer zwingt, die produktivitätsbedingt höheren Gewinne, die sie, wenn auch nur vorübergehend, erzielen, zur Sicherung ihrer Absatzchancen mittels Preisdumping einzusetzen. Indem sich nun aber die Unternehmer darauf verlegen, die Gewinneinbußen, mit denen sie selber ihren Preiskampf bezahlen müssen, durch eine Akzentverschiebung in der Investitionsstrategie, sprich, durch den Wechsel von einer intensiven, vornehmlich auf die Steigerung der Effektivität der Produktion zielenden zu einer extensiven, hauptsächlich auf die Ausweitung der Kapazität der Produktion abgestellten Investitionstätigkeit zu kompensieren, entfesselt dieser Strategiewechsel einen massiven Verdrängungskampf auf dem Markt, der ein – auch noch aus den genannten anderen Gründen – rapide wachsendes Heer von frei verfügbaren Arbeitskräften, ein überreichliches Kontingent von Anbietern der Ware Arbeitskraft auf den Plan ruft und damit jenen eigentlichen und für die Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise in so relativ kurzer Frist und auf so absolut unwiderstehliche Art entscheidenden Paradigmenwechsel ermöglicht, der die Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft als Hauptbereicherungsquelle an die Stelle der Ausnutzung sächlicher Produktivkraft treten lässt.

Absolut gesehen, bedeutet der Paradigmenwechsel von der Ausnutzung sächlicher Produktivkraft zur Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft eine weitere und unvergleichlich massivere Vermehrung der in Gestalt materialer Güter produzierten Wertmenge. Relativ betrachtet, bedeutet er eine Vergrößerung des Anteils der Unternehmer an der produzierten Wertmenge, eine Steigerung des der Kapitalseite zufallenden Mehrwerts, der, in neue Produktionsprozesse investiert, das Wachstum der in Gestalt materialer Güter produzierten Wertmenge noch weiter beschleunigt oder vielmehr eskaliert.

Wie sollte wohl dem Strom von materialen Gütern, von Wert verkörpernden Befriedigungsmitteln, den diese ausbeutungsfundierte Wertschöpfungsdynamik hervortreibt, die anfänglich die kapitalistische Entwicklung tragende Konsumentenschicht, will heißen, die traditionelle Oberschicht, die sich von der absolutistischen Herrschaft für ihren Verlust an realer Macht, ihre Reduktion auf zeremonielles Ansehen, mit der Rolle des privilegierten Konsumenten, wie man will, entschädigt oder abgespeist findet – wie sollte wohl diese konsumierende Oberschicht jenem kapitalistischen Güterstrom lange standhalten und Genüge leisten können, wie sollte sie längerfristig imstande sein, die ihr in ihrer Konsumentenfunktion zugewiesene Aufgabe, den Güterstrom in klingende Münze zu verwandeln, zu erfüllen?

Schließlich ist diese Gruppe vergleichsweise, und nämlich bezogen auf das Gros der Bevölkerung, klein und verdankt ihre relativ große konsumtive Aufnahmefähigkeit überhaupt nur der weiter oben geschilderten und für den Fortbestand und das Gedeihen des Marktes zum Ende des Mittelalters und in der beginnenden Neuzeit grundlegenden Akzentverlagerung in der kommerziellen Absatzstrategie, bei der an die Stelle des traditionellen Bemühens um eine Erhöhung der Nachfrage durch die räumliche Expansion des Marktes und Ausweitung des Konsumentenkreises als neues Hauptrezept das Streben nach Steigerung des Absatzes durch Vervielfältigung und Verstärkung der konsumtiven Bedürfnisse im Rahmen des vorhandenen Marktes und des mit ihm gegebenen Konsumentenkreises tritt.

Nur weil es gelingt, in dem als Renaissance firmierenden Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit die Bedürfnisstruktur in einem Maße zu entfalten und luxuriös auszugestalten, wie das aus wesentlich anderen, nichtkommerziellen Gründen bislang höchstens noch dem Römischen Reich auf der Höhe seiner imperialen Macht beschieden war, und eine dieser Steigerung und Diversifizierung der Bedürfnisse entsprechende Palette von Befriedigungsmitteln heimischer Produktion und kolonialer Provenienz auf den Markt zu bringen, kann die traditionsgemäß als primäre und hauptsächliche Nutznießerin des kommerziellen Systems figurierende Oberschicht ihrer historischen Aufgabe nachkommen und durch verstärkten und vervielfältigten Konsum letzterem nicht nur aus der Stagnationssituation, in der es sich Ende des Mittelalters befindet, heraushelfen, sondern mehr noch jene post festum als ursprüngliche Akkumulation erscheinende massive kommerzielle Bereicherungsperspektive erschließen, in deren Resultat das Handelskapital sich in Produktionskapital, in Kapital sans phrase, verwandelt, indem es sich mangels weiterer kommerzieller Verwertungsmöglichkeiten in die handwerkliche Produktionssphäre wirft und diese ebenso sehr technisch, sprich manufakturell beziehungsweise industriell, revolutioniert wie durch die Überführung des selbständigen Handwerkers in den abhängigen Lohnarbeiter und des kleinen handwerklichen Betriebes ins Fabrikwesen gleichermaßen kalkulatorisch und organisatorisch auf neue Grundlagen stellt.

Diese, aus der ursprünglichen Akkumulation, die der verstärkte und vervielfältigte Konsum der traditionellen Oberschicht ermöglicht, resultierende Kapitalisierung der handwerklichen Produktionssphäre hat nun aber dank einerseits des die Produktionsmittel betreffenden Produktivitätsschubs, der mit ihr einhergeht, und andererseits des die Arbeitskräfte ereilenden Ausbeutungsprozesses, den die marktmechanischen Auswirkungen jener Steigerung der Produktivität in Gang setzen, eine solche, sowohl quantitative als auch qualitative Zunahme der auf dem Markt versammelten Gütermenge, eine solche Überschwemmung des Marktes mit einer bis dato unbekannten Masse und Vielfalt manufakturell beziehungsweise industriell erzeugter Befriedigungsmittel zur Folge, dass sich diejenigen, die bis dahin die Hauptnutznießer des kommerziellen Treibens sind und die durch ihren Konsum den Grund für jenen die Produktion ebenso sehr eskalierenden wie expandierenden Übergang des kommerziellen in industrielles Kapital legen, eben die mit der Oberschicht, mit Adel und Geistlichkeit, weitgehend deckungsgleichen privilegierten Konsumenten, hoffnungslos überfordert finden und ihrer ökonomisch als Wertrealisierung firmierenden Aufgabe, die Güteransammlung auf dem Markt zu kaufen und ihm abzunehmen, ihn von ihr zu entlasten, partout nicht mehr gewachsen sind, schlechterdings nicht mehr zu genügen vermögen.

Wäre das durch die Produktivität und Ausbeutung der Arbeit einerseits und durch die relative Beschränktheit des Kreises der Nutznießer der Arbeit andererseits heraufbeschworene Absatzproblem nur eines der Bedürfnisstruktur, der Diversität und qualitativen Vielgestaltigkeit der manufakturell beziehungsweise industriell erzeugten Befriedigungsmittel, es ließe sich vielleicht noch dank der Plastizität und polymorph-perversen Natur des menschlichen Bedürfnissystems durch eine fortschreitende Perfektionierung und Detaillierung der Formen und Mittel leiblich-geistiger beziehungsweise sinnlich-neuraler Befriedigung, sprich, durch die Produktion einer immer ausschweifenderen Palette von faktischen und symbolischen Luxusgütern lösen. Aber wegen der mittlerweile von den kapitalistischen Unternehmern angewandten extensiven Investitionsstrategie und der in ihrem Gefolge fortschreitenden Ausbeutung eines wachsenden Heeres von Arbeitskräften erweist sich das Absatzproblem als eines nicht mehr hauptsächlich der Bedürfnisstruktur, sondern wesentlich des Bedürfnisvolumens, will heißen, es fehlt den Bedürfnissen der den Konsum tragenden Oberschicht nicht mehr sowohl an Diversität und qualitativer Vielgestaltigkeit, sondern mangelt ihnen hauptsächlich an Kapazität und quantitativer Aufnahmefähigkeit.

Angesichts der Masse und Zuflussgeschwindigkeit der zugleich immer vielfältigeren materialen Güter, die die kapitalistische Lohnarbeit aufgrund der mit ihr forcierten Ausnutzung sächlicher Produktivkraft und in deren Konsequenz wiederum effektuierten Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft hervorbringt und auf den Markt wirft, erweist sich mit anderen Worten der aus der Oberschicht bestehende, sprich, sich aus Adel und Geistlichkeit rekrutierende, traditionelle Konsumentenkreis als definitiv zu klein und in seinem Fassungsvermögen zu beschränkt, um jene Gütermasse zu bewältigen und so dafür zu sorgen, dass eine conditio sine qua non für die weitere Entwicklung des kapitalistischen Produktionssystems weiterhin erfüllt wird und letzteres sich nicht in eben die fundamentale Absatzkrise gestürzt findet, als die sich das Absatzproblem herausstellt, wenn seine Lösung unterbleibt.

Denn keine Frage, eine fundamentale Krise droht dem System, wenn es ihm nicht gelingt, die dank seiner realen Produktivität und seiner personalen Ausbeutungsrate rasch wachsende qualitative Vielfalt und quantitative Masse von Produkten, die es zu Markte trägt, die riesige Warenansammlung, als die der Markt sich dank Lohnarbeit zunehmend darbietet, tatsächlich auch Abnehmer finden zu lassen und dem Konsum zuzuführen oder, wie es der ebenso zynische wie karge Sprachgebrauch des Marktes will, abzusetzen. Schließlich werden aus Sicht des Systems und seiner Unternehmer jene Produkte nur produziert, um die in ihnen als vergegenständlichter Arbeit steckende Mehrarbeit, den in ihnen als Wertverkörperungen enthaltenen Mehrwert zu gewinnen, kurz, Wertakkumulation zu treiben. Und schließlich treiben das System und seine Unternehmer Wertakkumulation einzig und allein zu dem Zweck, den vermehrten Wert wiederum in neue, kraft Mehrarbeit mehrwertige Arbeitsprozesse, in neue wertakkumulative Produktionsprozesse zu investieren. Die Bedingung der Möglichkeit freilich für letzteres ist die erfolgreiche Überführung der vom System produzierten materialen, "unreinen" Wertverkörperungen in die reale, "reine" Wertform, sprich, ihr Verkauf auf dem Markt, ihr Austausch gegen allgemeines Äquivalent, Geld.

Diese Überführung der vielen Wertverkörperungen in die eine Wertform ist gleichbedeutend mit der Erfüllung beziehungsweise Erledigung der dem kapitalistischen Produktionssystem uno actu der autonomen Bewegung des Kapitals, seines als akkumulative Verwertung selbstbezüglichen Treibens, zugewiesenen heteronomen Aufgabe der Versorgung der Gesellschaft mit Reproduktionsgütern, der Erzeugung von Befriedigungsmitteln für menschliche Bedürfnisse. Weil schon der bloß kommerzielle Akkumulationsdrang sich nur im Rahmen und per medium jener materialen Bedürfnisbefriedigungsleistung und sozialen Versorgungsveranstaltung bilden und entfalten kann und weil auch die Kapitalisierung der Produktionssphäre und die darin beschlossene Aufhebung der kommerziellen Akkumulation zur industriellen Wertschöpfung nichts daran ändern kann, dass die autonome Bewegung der kapitalen Selbstverwertung an die heteronome Bedingung materialer Gütererzeugung gefesselt beziehungsweise in sie eingebunden bleibt – weil dies so ist, bleibt die auf die industrielle Produktion folgende kommerzielle Transaktion, der Verkauf der auf dem Markt versammelten Güter gegen in den Händen der Konsumenten befindliches allgemeines Äquivalent, der einzige und verbindliche Beweis dafür, dass das System der mit seiner autonomen Neigung, seinem kapitalen Verwertungsanliegen untrennbar verknüpften heteronomen Pflicht, der sozialen Versorgungsaufgabe, Genüge getan hat und deshalb zu Recht den Lohn für seine Mühe, das durch die Lohnarbeit, die sich in den materialen Produkten verkörpert hat, vermehrte Quantum des zuvor in die kapitale Produktion investierten Werts, empfängt.

Seiner sozialen Aufgabe glücklich entledigt und für deren Erfüllung des vermehrten allgemeinen Äquivalents, verwerteten Werts habhaft, kann das System sich wieder seinem eigentlichen Geschäft, der durch den Einsatz des allgemeinen Äquivalents als Kapital betriebenen weiteren Akkumulation, der weiteren Vermehrung oder Verwertung des Eingesetzten selbst zuwenden, wobei freilich dieser ökonomisch als Investition firmierende Einsatz dem gleichen Schema wie der vorherige folgt, will heißen, abermals an die ebenso heteronome wie obligate Aufgabe gebunden ist, einen Beitrag zur sozialen Versorgung oder gesellschaftlichen Reproduktion zu leisten, abermals untrennbar mit der Verpflichtung zur Produktion von Befriedigungsmitteln für menschliche Bedürfnisse, von gesellschaftlich nachgefragten materialen Gütern verknüpft ist und deshalb auch abermals einer auf dem Markt zu bestehenden, alles entscheidenden Bewährungsprobe unterliegt und nämlich nur dann als von Erfolg gekrönt gelten kann, wenn es gelingt, durch den Absatz der Befriedigungsmittel, dadurch also, dass die materialen Güter an den Mann und die Frau gebracht werden, die Erfüllung jener aus Sicht des eigentlichen kapitalen Geschäfts als ebenso unentrinnbare wie heteronome Verpflichtung erscheinenden sozialen Aufgabe unter Beweis zu stellen.

Schlägt die Bewährungsprobe fehl und gelingt es dem kapitalen Produktionssystem nicht beziehungsweise nur zum Teil, die unter seiner Regie erzeugten materialen Güter auf dem Markt abzusetzen, konsumtive Abnehmer für sie zu finden, so sind nicht nur die Güter als solche, als Objekte, die zu etwas gut, Mittel zur Befriedigung von Bedürfnissen sind, widerlegt, sondern es ist ebenso sehr auch der in den Gütern steckende, per medium ihrer seine Vermehrung, seine Verwertung betreibende Wert ad absurdum geführt und in der Tat zunichte gemacht. So gewiss der als Erfüllung der sozialen Aufgabe des Systems apostrophierte Absatz der materialen Güter auf dem Markt zwecks Befriedigung menschlicher Bedürfnisse gleichsinnig ist und sich uno actu vollzieht mit der vom System selbst als Wertrealisierung betriebenen Erlösung des in den Gütern verkörperten mehrwertigen Werts aus dieser seiner materialen Hülle und Rücküberführung in jene als allgemeines Äquivalent figurierende sichselbstgleiche Form, in der er als Mittel für die weitere Verfolgung seines eigentlichen Geschäfts, seiner durch alle materialen Produktionsprozesse hindurch betriebenen Selbstverwertung, kurz, als Kapital zur Verfügung steht, so gewiss ist das Scheitern des einen auch das Scheitern des anderen und findet das System ebenso unfehlbar, wie ihm die Erfüllung seiner sozialen Versorgungsaufgabe missglückt, auch dieses sein eigentliches Geschäft, die Befriedigung seines kapitalen Verwertungstriebs vereitelt.

Der durch die Arbeit vermehrte Wert bleibt quasi in den durch ihre Unabsetzbarkeit widerlegten Bedürfnisbefriedigungsmitteln stecken, lässt sich aus ihnen nicht erlösen und erstirbt in ihnen, will heißen, er verliert seine Wirklichkeit, verliert sich als Wert, der er ja nur ist und bleibt, weil und solange er sich als solcher, als allgemeines Äquivalent, Geld, zu restituieren und damit dem System als Mittel für seine weitere Verwertung, als akkumulativ leibhaftiger Selbstzweck, als Kapital, zur Verfügung zu stellen vermag.

Dabei muss der Wert sich gar nicht als ganzer unerlösbar zeigen und genügt es bereits, dass er nur zum Teil, dem durch die Arbeit hinzugefügten und als Mehrwert erscheinenden Teil nämlich, in den als solche widerlegten materialen Gütern stecken bleibt und sich als nicht aus ihnen restituierbar erweist, um das System vor den Fall seines Scheiterns zu bringen und seines zum Existenzgrund verabsolutierten einzigen Beweggrunds, seines als Selbstverwertungszwang perennierenden ausschließlichen Motivs verlustig gehen zu lassen. Schließlich geht es dem System auf Basis des für es konstitutiven Akkumulationsprinzips um den Wert nicht einfach in genere seiner identisch fortlaufenden, sondern in specie seiner fortlaufend erweiterten Reproduktion, will es den Wert nicht einfach nur als sich erhaltenden, sich immer wieder als solchen bezweckenden, sondern mehr noch als sich vermehrenden, sich im Rahmen seiner Selbstzweckbeziehung verwertenden erzielen. Es genügt, dass sich diese spezifische, seinem Akkumulationstrieb entspringende Existenzbedingung des Systems, sein Anspruch auf mehr Wert, als unrealisierbar erweist, um das System an der Wirklichkeit seines wesentlichen Inhalts, eben des Werts, verzweifeln und dessen akkumulative Verfolgung, eben die Wertschöpfung, einstellen, sprich, sich als Ganzes in Konkurs gehen, seine Existenz aufgeben zu lassen.

Dank der untrennbaren Verknüpfung zwischen kapitaler Wertschöpfung und materialer Gütererzeugung aber, dank der Tatsache also, dass die Realisierung der kapitalen Verwertungsabsicht nur uno actu mit der Erfüllung der sozialen Versorgungsaufgabe geschehen, die wirtschaftliche Akkumulation nur per medium der gesellschaftlichen Reproduktion vor sich gehen kann, ist das Ende der ersteren gleichbedeutend mit dem Ende oder zumindest (da ja die Menschen den Systemen, die sie selber geschaffen haben, zwar auf Gedeih und Verderben ausgeliefert sind, nicht unbedingt aber auf Tod oder Leben verbunden bleiben) einer massiven Krise der letzteren. Indem die materiale Bedingung des kapitalen Systems, die mit der Verwertung menschlicher Arbeit ins Werk gesetzte Befriedigung menschlicher Bedürfnisse, sich als unrealisierbar erweist und diese ökonomisch als Fehlschlagen der Wertrealisierung auf dem Markt erscheinende Nichterfüllung der materialen Bedingung des Systems dessen ersten und letzten Zweck, die Akkumulation von Wert, sei's auch nur in parte, nämlich zum akkumulierten, als Mehrwert firmierenden Teil vereitelt, bringt diese partielle Vereitelung der Verwertungsabsicht dadurch, dass sie dem System seine ganze Motivation und seinen in ihr bestehenden Existenzgrund verschlägt, nicht nur letzteres selbst zum Erliegen, sondern bringt auch und natürlich in toto und im vollen Umfang nämlich der unter der Regie des letzteren ablaufenden realen Lohnarbeitsprozesse die materiale Güterproduktion zum Stillstand und stürzt so die menschliche Gesellschaft in eine der Verquickung von gesellschaftlicher Reproduktion und kapitaler Wertschöpfung geschuldete fundamentale Versorgungskrise, eine ihren Stoffwechsel mit der Natur tangierende tiefe Notlage.

Damit dürfte klar sein, welch existenzieller Bedrohung das kapitalistisch umgerüstete und entfaltete Produktionssystem sich und die ihm als Wirtsgesellschaften dienenden absolutistischen Sozialverbände aussetzt, indem es mittels einer Kombination aus Ausnutzung sächlicher Produktivkraft und Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft eine Güterproduktion ins Werk setzt, deren Vielfalt und vor allem Masse die sich weitgehend aus der Oberschicht rekrutierenden und entsprechend beschränkten traditionellen Konsumentenkreise zunehmend überfordern und an die Grenze ihrer Aufnahmefähigkeit führen, sprich, dazu angetan sind, letztere vor den Fall des Scheiterns an der hauptsächlich ihnen zugewiesenen ökonomischen Rolle zu bringen, der Aufgabe nämlich, durch ihren Konsum den vom Produktionssystem geschöpften Wert als solchen zu realisieren. Es dürfte klar sein, dass sich die Absatzprobleme, die diese wachsende Diskrepanz zwischen der Leistungskraft des Produktionssystems und der Aufnahmefähigkeit auf dem Markt, diese sich immer weiter öffnende Schere zwischen Güterangebot und konsumtiver Nachfrage schafft, früher oder später und eher früher als später zu einer tödlichen Gefahr für das kapitalistische Produktionssystem selbst und zugleich zu einer existenziellen Versorgungskrise für seine Wirtsgesellschaften auswachsen müssen, sofern es nicht gelingt, die Schere zwischen massenhaftem Angebot und beschränkter Nachfrage rechtzeitig zu schließen, die Diskrepanz zwischen Produktionsleistung und Konsumkraft effektiv zu beseitigen.

Das produktivitäts- und ausbeutungsbedingte Wachstum der Gütermenge erfordert eine Ausweitung des Konsumentenkreises. Teilhabe im Konsum ist indes nicht nur eine Frage der als Bedürfnis figurierenden subjektiven Kondition, sondern ebenso sehr der als Vermögen firmierenden objektiven Disposition. Und das Dilemma ist, dass das Gros der Bevölkerung zwar erstere mitbringt, nicht aber über letzteres verfügt. Die Ähnlichkeit der Situation mit der zum Ausgang des Mittelalters, die durch die glückliche Fügung des kolonialen Schatzes ihre Lösung fand, täuscht. Jetzt nämlich lässt sich das Problem nurmehr durch die Schaffung von mehr Konsumkraft mittels Erschließung neuer Konsumentenschichten lösen.

Dabei liegt auf der Hand, wie aus Sicht des Produktionssystems die Beseitigung der Diskrepanz überhaupt nur zu bewerkstelligen ist, wie allein die Lösung des Absatzproblems aussehen kann. Schließlich liegt die ebenso sehr ausbeutungsbedingte wie produktivitätsfundierte Vervielfältigung und Massierung des Güterangebots, der zu Markte getragenen Waren, ja ganz und gar in der Logik des Systems und ist ihm so lieb und teuer wie es sich selbst. Eine Lösung des Problems im Sinne einer Rückführung des Angebots durch eine gezielte Drosselung der kapitalistischen Verwertungsmaschinerie, sprich, durch eine freiwillige Verlangsamung beziehungsweise Zurücknahme der auf Lohnarbeitsbasis betriebenen manufakturellen beziehungsweise industriellen Produktionsprozesse kommt deshalb schlechterdings nicht in Frage. Eine Lösung des Absatzproblems durch Reduktion des Angebots ist denkbar nur auf dem oben an die Wand gemalten unfreiwilligen, gleichermaßen das System selbst in den Konkurs treibenden wie die Gesellschaft, die es beherbergt, in eine Versorgungskrise stürzenden und von daher höchstens ironisch als Lösungsmethode zu bezeichnenden Weg des seine Wirkung entfaltenden Absatzproblems selbst, nämlich in der Form der post festum, auf dem Markt, misslingenden Realisierung des zuvor vom System geschöpften Werts, sprich, der Durchkreuzung der kapitalen Verwertungsabsicht und des daraus resultierenden und in letzter Konsequenz zur Einstellung aller Wertschöpfungsaktivitäten führenden, sprich, den Zusammenbruch heraufbeschwörenden Verlusts des das System treibenden Motivs und tragenden Existenzgrunds.

Wenn also keine Reduktion des Angebots durch Einschränkung der Produktion in Frage kommt, dann scheint die Lösung des Absatzproblems nur umgekehrt in einer Verstärkung der Nachfrage durch Ausweitung der Konsumtion bestehen zu können. Und deren Opportunität wie auch Modalität und Stoßrichtung scheinen in der obigen Exposition des Absatzproblems ja auch bereits – ex negativo zumindest! – eindeutig angezeigt. Schließlich steht jener Exposition zufolge der wachsenden Vielfalt und vor allem Masse kapitalistisch produzierter Güter eine als zu beschränkt, das heißt, als numerisch zu klein, als im personalen Bestand von zu geringer Anzahl oder Menge apostrophierte Konsumentenschicht gegenüber, und was liegt da wohl näher, als die Lösung des Absatzproblems in einer Aufhebung oder zumindest Lockerung jener Beschränkung, das heißt, einer numerischen Vergrößerung, einer Erweiterung der Konsumentenschicht, einer Aufstockung ihres Bestands zu suchen. Und das ist keine abstrakt arithmetische Aussage, sondern sie hat durchaus ihre konkret demographischen Implikationen, da ja die beschränkte Konsumentenschicht zugleich als sich im Wesentlichen aus der gesellschaftlichen Oberschicht rekrutierend erscheint und die Beschränkung also in der Hauptsache daraus resultiert, dass große Teile der Bevölkerung, nämlich die mittleren und unteren Schichten der Gesellschaft, am Konsum nicht oder nur marginal teilhaben können.

So aber die Exposition des Problems in ihren richtungweisenden Implikationen recht verstanden, was liegt da näher, als die Lösung des Problems in einer Ausweitung des auf die Oberschicht beschränkten traditionellen Konsumentenkreises auf Gruppen aus den anderen Schichten zu suchen, sprich, Sorge dafür zu tragen, dass diese anderen, bislang nicht oder nur in geringem Maß von den Früchten des kapitalistischen Produktionssystems profitierenden und deshalb im Unterschied zur Oberschicht noch reichlich mit unbefriedigten Bedürfnissen gesegneten Gruppen in die Lage versetzt werden, sich in verstärktem Umfang am Konsum, was, ökonomisch gesehen heißt, am mittels Konsum abgewickelten Geschäft der Wertrealisierung, der Überführung des geschöpften Werts in für neue Wertschöpfung verfügbares Kapital, zu beteiligen.

Freilich ist die Formulierung, dass die betreffenden Gruppen in die Lage versetzt werden müssen, stärker am Konsum teilzuhaben, bereits ein deutlicher Hinweis darauf, dass die avisierte Lösung des Absatzproblems durch Erweiterung des Konsumentenkreises leichter gesagt als getan und jedenfalls keine Sache bloß der Demographie, geschweige denn der Arithmetik ist. Wie auch und gerade dem Alltagsbewusstsein bekannt und wie im Zuge unserer Überlegungen schon mehrfach erwähnt, ist die Teilhabe am Konsum beziehungsweise an der marktvermittelten Subsistenz nicht einfach nur eine Frage der als unbefriedigtes Bedürfnis figurierenden subjektiven Kondition der Anwärter, sondern mehr noch ihrer als zureichendes Vermögen firmierenden objektiven Disposition. Mit anderen Worten, für die Rolle des die ökonomische Funktion eines Wertrealisierers auf dem Markt erfüllenden Konsumenten kommt nur in Frage, wer nicht allein Bedürfnisse mitbringt, die ihn konditionieren, ihm den Beweggrund liefern, die auf dem Markt versammelten Befriedigungsmittel in Anspruch und Gebrauch zu nehmen, sondern darüber hinaus auch über allgemeines Äquivalent, also Geld verfügt, das ihn in die Lage versetzt, diese Befriedigungsmittel, die dem Markte selbst und seinen Betreibern ja nicht als solche, sondern als Wertverkörperungen, als Waren gelten, auszulösen, sprich, durch ihren Kauf, ihren Austausch gegen allgemeines Äquivalent den in ihnen steckenden Wert zu erlösen, ihn als Wert zu realisieren und damit in die Gestalt, in die sichselbstgleiche Form zurückzuverwandeln, in der er das A und O des vom Markt und seinen Betreibern verfolgten kommerziellen Akkumulations- beziehungsweise kapitalen Verwertungsprozesses bildet.

An eben jenem objektiven Vermögen, dem als die Münze des Marktes firmierenden allgemeinen Äquivalent, aber mangelt es großen Teilen der vom subjektiven Bedürfnis her für eine Ausweitung des Konsumentenkreises in Betracht kommenden Bevölkerung definitiv. Da sind zum einen die Vielen, die noch außerhalb des stadtgemeinschaftlichen Zusammenhangs in mehr oder minder territorialherrschaftlich organisierten Verhältnissen leben, als im Großen und Ganzen Selbstversorger vom kommerziellen System noch weitgehend ausgeschlossen und in ihren sporadischen Austauschaktivitäten auf lokalen Tauschhandel beschränkt bleiben und allgemeines Äquivalent, Geld, nur erst in seiner archaischen Bedeutung als Schatz zu schätzen wissen, als ein eigentlich nicht für sie bestimmtes Herrengut, das sie, wenn es ihnen wider Erwarten gelingt, ein Stückchen davon zu ergattern, eifersüchtig hüten, damit es ihnen in Notzeiten, will heißen, wenn sie sich nicht von ihrer Hände Arbeit zu erhalten vermögen, auf Herrenart, dadurch nämlich, dass es sich als Reichtumssymbol, als Gütezeichen gegen realen Reichtum, materiale Güter austauschen lässt, das Überleben sichert.

Und da sind zum anderen die nicht minder Vielen, die zwar bereits dem Marktsystem angeschlossen sind und an ihm partizipieren und die dank des Marktsystems auch über ein wie immer bescheidenes Quantum allgemeinen Äquivalents verfügen, die aber eben deshalb, weil sie nur dank des Marktsystems darüber verfügen, für die Lösung des Absatzproblems ebenso wenig wie die Gruppe der vom Marktsystem Ausgeschlossenen in Frage kommen. Was nämlich diese dem Marktsystem angeschlossenen Vielen an allgemeinem Äquivalent besitzen, das gewinnen sie durch ihre Arbeit als Produzenten oder Dienstleister für das Marktsystem, dadurch also, dass sie als in der traditionellen Produktionssphäre als Handwerker Tätige beziehungsweise im kapitalistischen Wertschöpfungssystem als Arbeitskräfte Beschäftigte für den Markt Güter erzeugen oder Dienstleistungen erbringen.

Dies allgemeine Äquivalent, mit dem ihnen der Markt ihre Arbeit und Leistung vergütet, dient ihnen dazu, sich auf dem Markt mit den für ihre Subsistenz nötigen Bedürfnisbefriedigungsmitteln zu versorgen, ihre finanzielle Vergütung in materielle Güter umzusetzen, den Anspruch an den Markt, den sie durch ihre Arbeit erworben haben, in Geldform vorzutragen, als Geld zur Geltung zu bringen. Weil diese Produzenten um ihrer Selbsterhaltung willen, als Subsistierende, das allgemeine Äquivalent in ihrer Hand, den Lohn ihrer Arbeit, nutzen, um es gegen auf dem Markt versammelte Wertverkörperungen, Waren, auszutauschen, nehmen sie teil am Geschäft der Wertrealisierung, der Überführung des verkörperten Werts in die sichselbstgleiche Wertform des allgemeinen Äquivalents und helfen insofern in einem unsystematisch-pauschalen Sinne mit, etwaige, den kommerziellen Betrieb beziehungsweise den kapitalistischen Wertschöpfungsprozess bedrohende Absatzprobleme zu lösen beziehungsweise gar nicht erst entstehen zu lassen.

Im systematisch-pointierten Verstand freilich und nämlich bezogen auf die dem Akkumulations- oder Verwertungsprinzip geschuldete Notwendigkeit, jeweils mehr Wert als den in den Betrieb oder Prozess zuvor investierten zu realisieren, sind jene Produzenten von solcher Mithilfe denkbar weit entfernt. Schließlich sind sie es ja, die diesen Mehrwert, der der kommerziellen Akkumulation beziehungsweise der kapitalistischen Verwertung so wesentlich ist wie sie sich selbst, dadurch schöpfen, dass der Wert, den sie in Gestalt von materialen Gütern, also Waren hervorbringen, den Wert, den sie in Form von allgemeinem Äquivalent dafür erhalten, ihre finanzielle Vergütung beziehungsweise ihren Arbeitslohn, ebenso permanent wie markant übersteigt. Wie sollten wohl sie, die durch ein Weniger an Wert in Form von allgemeinem Äquivalent ein Mehr an Wert in Gestalt von besonderen Wertverkörperungen produzieren, logischerweise imstande sein, dies Mehr an Wert auf dem Markt nun auch als solches zu realisieren, sprich, die von ihnen produzierten Wertverkörperungen im vollen Umfang ihres mehrwertigen Bestands durch ein ihrer Mehrwertigkeit äquivalentes allgemeines Äquivalent zu ersetzen?

Tatsächlich ist es ja genau die quasi logische Unmöglichkeit, auf dem Markt den Wert der produzierten Gütermenge mittels der in ihre Produktion investierten geldlichen Wertsumme zu realisieren, was jedes Marktsystem und natürlich auch das aus dem Marktsystem hervorgegangene kapitalistische Produktionssystem einer für sein autonomes Bestehen und Funktionieren unabdingbaren Heteronomie, einem ökonomisch grundlegenden Moment von Fremdbestimmtheit unterworfen und nämlich davon abhängig zeigt, dass dem System nicht bereits in ihm zirkulierendes allgemeines Äquivalent zugänglich gemacht und mittels kommerziellen Austauschs eingespeist wird, dass es also, wie an anderer Stelle formuliert, über einen regelmäßigen Zufluss an Edelmetall aus anderen, systemexternen Quellen verfügen kann. Ins Soziologische übersetzt, bedeutet jenes Moment von systematischer Fremdbestimmtheit, dass neben der Gruppe der für den Markt Arbeitenden und durch den Markt Subsistierenden und zusätzlich zu ihr eine weitere Gruppe vorhanden sein muss, die, obwohl nicht für den Markt arbeitend und keine Leistungen für ihn erbringend, doch aber dank anderer, marktexterner Quellen über die Münze des Marktes, über allgemeines Äquivalent verfügt, das sie einsetzen kann, um in der Käufer- oder Konsumentenrolle am Markt zu partizipieren und den in den materialen Gütern oder Waren, die dort versammelt sind, verkörperten Mehrwert, der durch das marktinterne allgemeine Äquivalent logischerweise nicht einlösbar ist, dennoch einzulösen, als solchen zu realisieren.

Diese für die Realisierung des Mehrwerts, den der Markt erwirtschaften lässt, zuständige Gruppe, die im Unterschied zu den für ihre Subsistenz auf den Markt angewiesenen Produzenten, als reine Konsumenten, Konsumenten sans phrase, figuriert, ist im vorliegenden Fall die aus Adel und Geistlichkeit und deren Anhang bestehende traditionelle Oberschicht, ohne deren effektive Mitwirkung und auf der ganzen Linie erfolgreiches konsumtives Engagement der dank absolutistischer Hilfestellung und dadurch ermöglichter ursprünglicher Akkumulation mittlerweile kapitalistisch fundierte kommerzielle Prozess ins Stocken geraten und mangels Antriebskraft letztlich zum Stillstand kommen muss. Und genau das, die effektive Mitwirkung der Oberschicht, den Erfolg ihres konsumtiven Engagements, stellt nun aber der auf kapitalistischer Grundlage fortlaufende kommerzielle Prozess in Frage, weil der Menge und Vielfalt an wertverkörpernden Befriedigungsmitteln, Waren, die er hervortreibt, diese konsumierende Oberschicht, aller Stärkung ihrer Bedürfnisse und Entfaltung ihrer Bedürfnisstruktur zum Trotz, immer weniger gewachsen ist, weil es ihr, der privilegierten Konsumentenschicht, auch wenn sie noch über das objektive Vermögen zum Konsum, über hinlänglich allgemeines Äquivalent, verfügt, zunehmend an der für die Bewältigung jener Menge und Vielfalt an Waren nötigen Intensität und Diversität des Bedürfnisses mangelt.

Unter der Voraussetzung, dass an eine Rückführung der Menge und Vielfalt des Warenangebots nicht zu denken ist, weil dies der Triebstruktur des kapitalistischen Akkumulationsprozesses diametral zuwiderliefe, bleibt logischerweise als Lösung für das drohende Absatzproblem nur die numerische beziehungsweise demographische Erweiterung des Konsumentenkreises, die Rekrutierung neuer Gruppen, die über beides, über das subjektive Verlangen nach den angebotenen Befriedigungsmitteln wie über das objektive Vermögen, sie in ihren Besitz zu bringen, verfügen. Und genau hier aber findet sich das solch logischer Lösung ins Gesicht schlagende Dilemma, dass der Großteil der Gesellschaft, das Gros der Bevölkerung, zwar die subjektive Kondition für die Konsumentenrolle, unbefriedigte Bedürfnisse, in reichlichem Maße mitbringt, nicht aber die objektive Disposition zu ihr, das die Kaufkraft verleihende allgemeine Äquivalent, und deshalb für jene Rolle und einen mittels ihrer zu leistenden Beitrag zur Problemlösung gar nicht in Betracht kommt.

Genau hier zeigt sich das abgrundtiefe Dilemma, dass das kraft ursprünglicher Akkumulation im kapitalistischen Produktionsprozess resultierende kommerzielle System zwar auf breiter Front Wertschöpfung in Gang und einen entsprechend oder gar unverhältnismäßig hohen Anteil von Mehrwertproduktion ins Werk zu setzen vermag, nicht aber imstande ist, von sich aus dafür Sorge zu tragen, dass auch die heteronome Bedingung für die Realisierung des geschaffenen Mehrwerts erfüllt wird und nämlich genug kaufkräftige Konsumenten, ökonomisch gesprochen, hinlänglich allgemeines Äquivalent aus systemexternen Quellen zur Verfügung steht, um nicht nur die in materiale Wertgestalten, Waren, gebannte Wertmenge, die durch das systemeigene allgemeine Äquivalent gedeckt ist, sondern auch den als Mehrwert figurierenden Anteil, der, eben weil er neu hinzugekommen ist, noch keine im allgemeinen Äquivalent bestehende systeminterne Realität besitzt, einzulösen, sprich, in die Form von allgemeinem Äquivalent, die Wertform sans phrase, zu überführen.

Nicht, dass diese durch einerseits ein Übermaß an materialen Wertgestalten, die Masse und Vielfalt von Waren, die das System produziert, und andererseits einen Mangel an Konsumkraft, an Konsumenten, die nicht nur die subjektive Kondition für den Konsum, eigene Bedürfnisse, sondern auch das Vermögen zu ihm, fremdes Geld, mitbringen, heraufbeschworene dilemmatische Konstellation völlig neu wäre! Tatsächlich und genauer besehen reproduziert sie nur eine Situation, die gut zwei Jahrhunderte vorher, zum Ausgang des Mittelalters, schon einmal besteht und die dort noch die traditionelle Konsumentenschicht, die Oberschicht selbst, betrifft und nämlich in eben der Position vorzuführen droht, in der jetzt das Gros der Bevölkerung sich befindet – in der Position von Möchtegernkonsumenten, denen es zwar nicht an Bedürfnissen fehlt, wohl aber an allgemeinem Äquivalent und die eben deshalb Gefahr laufen, an der ihnen zugewiesenen Aufgabe einer Bewältigung des rasch wachsenden Warenangebots zu scheitern. Grund für das rasche Wachstum des Warensortiments ist dort die Entfesselung des Marktes im Zuge der Ab- und Auflösung der Feudalherrschaft durch absolutistische Regime, die von den neuen hegemonialen Machthabern beziehungsweise absolutistischen Souveränen durchgesetzte Befreiung des kommerziellen Treibens von den Beschränkungen, die ihm feudale Privilegien und stadtfreiheitliche Ordnungen auferlegen, und seine gleichzeitige Ausweitung auf die Boden- und Naturschätze der territorialen Herrschaftsgebiete im Allgemeinen und der kolonialen Dominien im Besonderen.

Hier eröffnen sich der bis dahin ins Korsett feudalherrschaftlicher Gewalt und kommunalrechtlicher Ordnung eingezwängten kommerziellen Funktion plötzlich Entfaltungsräume und Investitionsmöglichkeiten, deren funktionsgemäß konsequente Wahrnehmung eine solche Massierung und Diversifizierung des Güterangebots auf dem Markt, eine solche Zunahme und Beschleunigung des Warenverkehrs zur Folge hat, dass die seit alters mit der Konsumentenrolle betraute Oberschicht aus Adel und Geistlichkeit, mag sie noch so viel Bereitschaft zum Konsum oder Kauflust mitbringen, aus ihren hauseigenen Thesauri und in Bodenschätzen und Kriegsbeute bestehenden Edelmetallquellen die nötige Fähigkeit zum Konsum oder Kaufkraft, sprich, das zur Einlösung des vermehrten Werts jenes Warenstroms erforderliche allgemeine Äquivalent, nicht mehr aufzubringen vermag.

Dass es in der Situation nicht zu einer das ganze Marktsystem aus den Fugen geraten lassenden Absatzkrise kommt, verdankt sich, wie oben geschildert, dem angesichts des offenbaren systemischen Zusammenhangs zwischen politischer Veränderung, ökonomischer Entwicklung und geographischer Expansion eher als Fügung denn als Zufall, eher als Glück des Tüchtigen denn als reiner Lotteriegewinn zu betrachtenden kolonialen Schatz, dem Faktum also der in den fremden Erdteilen im Allgemeinen und in der so genannten Neuen Welt im Besonderen vorgefundenen und teils als Beute davongetragenen teils durch Ausbeutung angeeigneten großen Mengen Edelmetalls. Genauer gesagt, verdankt sich das Ausbleiben einer veritablen Absatzkrise der politischen Strategie der nach Souveränität und absolutistischer Machtfülle strebenden Fürsten, die den primär in ihre Hände gelangenden kolonialen Schatz einsetzen, um ihr Streben nach zentralistischer Alleinherrschaft zu finanzieren und in die Tat umzusetzen, und die nämlich mittels jenes ihnen aus den fremden Erdteilen zufließenden Edelmetalls ihre die Oberschicht bildenden Standesgenossen und potenziellen Konkurrenten um die Macht bekämpfen, auskaufen, bestechen und abfinden und letztlich aus streitbaren, territorial fundierten Kontrahenten in lenkbare, höfisch zentrierte Konsumenten verwandeln.

Durch diese politisch-strategisch motivierte und dank der internationalen Verflechtung der Staaten und ihrer Führungsgruppen breitwürfig wirksame Distribution des kolonialen Edelmetalls findet sich die Oberschicht nicht nur in ihrer nunmehr ebenso sehr politisch gewollten wie ökonomisch gesetzten Konsumentenrolle entscheidend bekräftigt, sondern mehr noch und vor allem aus ihrer die Verfügung über allgemeines Äquivalent betreffenden Mangelsituation so effektiv befreit und in ihrem objektiven Konsumvermögen, ihrer Kaufkraft so nachdrücklich gestärkt, dass sie ohne Mühe den dank der Förderung des Marktes durch die absolutistische Fürstenmacht wachsenden Warenstrom zu bewältigen und in klingende, für weitere kommerzielle Unternehmungen verfügbare Münze umzusetzen vermögen.

Statt dass das rasante Marktwachstum, zu dem es unter absolutistischer Ägide kommt, eine umfassende Absatzkrise heraufbeschwüre, ermöglicht so die glückliche Fügung der absolutistisch inszenierten und kolonialistisch finanzierten Sanierung der Kaufkraft der traditionellen Konsumentenschicht und Ankurbelung ihrer Konsumtätigkeit im Gegenteil eine weitere Verstärkung und Beschleunigung des Wachstums – mit dem Resultat jener später als ursprüngliche Akkumulation identifizierten Anhäufung von Handelskapital, die den Marktbetreibern zum – wie man will – Motiv oder Imperativ wird, ihre Investitionstätigkeit vom Marktbereich auf die Produktionssphäre, von den fertigen Produkten auf den Produktionsprozess selbst auszudehnen beziehungsweise zu verlagern und das Handelskapital, den in materiale Güter gesteckten Wert, als Kapital sans phrase, als in die sächlichen und persönlichen Entstehungsbedingungen der materialen Güter investierten Wert einzusetzen, sprich, die als vollständige Integration der Produktionssphäre in das Marktsystem, als Umrüstung der materiellen Erzeugung in ein willfähriges Instrument beziehungsweise eilfertiges Vehikel kommerzieller Verwertung begreifliche kapitalistische Produktionsweise einzuführen.

Freilich führt nun diese – der ursprünglichen Akkumulation und der Veränderung der kommerziellen Investitionsstrategie, in der sie resultiert, entspringende – kapitalistische Produktionsweise wegen der steigenden realen Produktivität und der wachsenden personalen Ausbeutung, die mit ihr einhergeht, zu einer solchen Vermehrung und Vervielfältigung der auf dem Markt versammelten Gütermenge, einer solchen Verstärkung und Beschleunigung des qua Markt zirkulierenden Warenstroms, dass in vergleichsweise kurzer Frist, binnen nicht einmal zweier Jahrhunderte, das frühere Absatzproblem sich reproduziert und erneut und mehr denn je in eine das ganze System ins Stocken geraten lassende beziehungsweise zum Stillstand bringende Absatzkrise auszuufern droht. Erneut und mehr denn je fehlt es an der für die Bewältigung jenes Warenstroms erforderlichen Kaufkraft, dem für die Aufnahme der Gütermenge und Güterpalette nötigen konsumtiven Vermögen, ökonomisch gesprochen, dem zureichenden Äquivalent zur Realisierung des in den Gütern als Wertverkörperungen steckenden Wertes.

Und erneut und mehr denn je ist das System von sich aus und aus eigener Kraft so wenig in der Lage, für die fehlende Kaufkraft zu sorgen und die lahmende Nachfrage wieder ins Lot, sprich, auf den jeweils neuesten Stand des produktivitäts- und ausbeutungsbedingt wachsenden Angebots zu bringen, dass sich wie vormals die Wiederherstellung eines Äquilibriums zwischen Produktions- und Konsumtionskraft am Ende nur von einem als glückliche Fügung erscheinenden Eingriff von außerhalb des Systems erhoffen lässt, von einem Glückstreffer nach Art jener ans Wunderbare grenzenden Koinzidenz, die sich knapp zweihundert Jahre zuvor ereignet, als die durch die absolutistische Auflösung der Feudalgesellschaft bewirkte Entschränkung des kommerziellen Entfaltungsraums und Entfesselung der kommerziellen Investitionstätigkeit ihr haargenau passendes Pendant in dem als Beute und Ausbeute aus den kolonialen Gebieten nach Europa fließenden Edelmetall und dessen machtpolitisch motivierter Distribution unter die durch ihren Mangel an hauseigenem Edelmetall in ihrer traditionellen Konsumentenrolle gehandikapte Oberschicht findet.

Indes, zur Behebung des durch die Lösung des früheren Absatzproblems heraufbeschworenen neuerlichen Absatzproblems auf eine Wiederholung jenes Quasiwunders, auf eine zweite glückliche Fügung nach Art der ersten zu setzen, scheint bei näherer Betrachtung wenig aussichtsreich. Und dies nicht nur in der logisch-formalen Erwägung, dass Wunder per definitionem keine wiederholbaren Erscheinungen sind, glückliche Fügungen, eben weil das Glück im Spiel ist, Seltenheitswert haben, sondern mehr noch aus dem empirisch-realen Grund, dass dank der mittlerweile stattgehabten Entwicklung, dank mit anderen Worten der Einführung und Ausbildung des kapitalistischen Produktionssystems die Menge und Vielfalt der Warenansammlung auf dem Markt und mithin aber auch das durch die Menge und Vielfalt heraufbeschworene Absatzproblem eine Dimension erreicht haben, die einem qualitativen Sprung im Quantum, dem Eintritt einer neuen Maßbestimmung gleichkommt und sich durch ein noch so wundersames Wunder, eine noch so glückliche Fügung – insofern damit eine nicht planmäßig, sondern von ungefähr, nicht aus Vorsatz, sondern beiläufig den gewünschten Effekt erzielende Einwirkung von außerhalb gemeint ist! – nicht mehr bewältigen und ins systemkonforme Lot bringen lässt.

So bedeutend und folgenreich sich der Glückstreffer des kolonialen Schatzes und seiner aus ganz anderen, rein machtpolitischen Gründen erfolgenden ökonomischen Verwendung, seiner Distribution unter die aus Mangel an allgemeinem Äquivalent, Kaufkraft, ihrer traditionellen Konsumentenrolle nicht mehr gewachsene Oberschicht erweist, so sehr er, was die Entdeckung und Eroberung der neuen Welt der kapitalistischen Produktionsweise betrifft, als eine Art Ei des Kolumbus gelten kann – angesichts des quantitativen Umfangs und der Produktionskraft eben jener neuen Welt des Kapitals, zu deren Entstehung er modo obliquo und nämlich via den durch ihn ermöglichten exorbitanten kommerziellen Akkumulationsprozess einen wesentlichen Beitrag leistet, stellt er sich im Rückblick als ebenso beschränkt wie situationsgebunden dar und erscheint als eine reine Anschubfinanzierung, eine bloße Finanzspritze, die, so wichtig und in der Tat entscheidend sie zu ihrer Zeit, nämlich in dem zu Beginn der absolutistischen Umkrempelung der Feudalgesellschaft gegebenen Augenblick, auch ist, doch aber schwerlich dazu taugt, durch ihre einfache Wiederholung, ihren neuerlichen Einsatz, das in massiv vergrößertem Maßstab wiederkehrende Absatzproblem zu lösen und dem System erneut auf die Beine zu helfen oder gar Beine zu machen.

Und das nicht allein wegen der durch die kapitalistische Produktivität und Ausbeutung bewirkten dimensionalen Ausweitung des Problems, sondern mehr noch und vor allem wegen der als qualitativer Sprung im Quantum erscheinenden strukturellen Veränderung, die das Problem im Zuge seiner Ausweitung erfährt. Wie gesehen, geht es wegen der Menge und Vielfalt der durch ebenso produktivkräftige wie preiswerte Lohnarbeit mittlerweile produzierten Warenansammlung ja nicht nur generell darum, die Kaufkraft zu stärken, sprich, das für die Realisierung des Mehrwerts in Warengestalt nötige Mehr an allgemeinem Äquivalent aus marktexternen Quellen beizuschaffen und in Konsumentenhand gelangen zu lassen, sondern es ist spezieller darum zu tun, die Konsumkraft im Sinne einer Erweiterung des traditionellen Konsumentenkreises zu nutzen, sprich, die Distribution des beizuschaffenden allgemeinen Äquivalents aus marktfremden Quellen so zu arrangieren, dass es sich in den Händen neuer und anderer Konsumenten findet, dass also dadurch Personengruppen rekrutiert werden, die hinlänglich bedürftig sind oder jedenfalls genug unbefriedigte Bedürfnisse haben, um die für den Einsatz der ihnen verliehenen Kaufkraft nötige Konsumbereitschaft mitzubringen.

Tatsächlich ist dies ja die Hauptschwierigkeit bei der mittlerweile eingetretenen Situation, dass die herkömmlicherweise mit der Konsumentenrolle betraute Oberschicht wegen ihrer numerischen Beschränktheit beziehungsweise demographischen Begrenztheit, auch wenn und soweit sie über die objektive Disposition zum Konsum, die in allgemeinem Äquivalent bestehende Kaufkraft verfügt, doch aber nicht mehr die erforderliche subjektive Kondition, die dem Bedürfnis entspringende hinlängliche Konsumbereitschaft aufbringt, um der Masse und Vielfalt der manufakturell beziehungsweise industriell produzierten Güter Herr zu werden. Tatsächlich ist dies das entscheidende Dilemma, in das sich durch seine reale Produktivkraft und seine personale Ausbeutungsdynamik das kapitalistische Produktionssystem gestürzt findet, dass es die auf eine Vermehrung und Intensivierung der Bedürfnisse, eine Entfaltung der Bedürfnisstruktur zielende neue Absatzstrategie, auf die das von den absolutistischen Kräften entfesselte Marktsystem zu Beginn der Neuzeit verfällt, um nicht an der zahlenmäßigen und bevölkerungsanteiligen Beschränktheit ihres traditionellen Abnehmerkreises zu scheitern, und die zusammen mit dem Glückstreffer des kolonialen Schatzes jenen kommerziellen Aufschwung ermöglicht, der letztlich in ihm, dem kapitalistischen Produktionssystem selbst, resultiert – dass es also diese neue Absatzstrategie an – durch eben jene Beschränktheit des traditionellen Kundenkreises gesetzte – unüberschreitbare Schranken stoßen lässt und in dem Maße, wie versucht wird, das durch die kapitalistische Produktivität und Ausbeutung heraufbeschworene Absatzproblem innerhalb dieser Schranken zu lösen, sprich, die Strategie ins äußerste Extrem dessen, was sie hergibt, zu treiben, vielmehr ad absurdum führt.

Das Extrem, in das unter dem Druck kapitalistischer Produktivität und Ausbeutung die Absatzstrategie einer Entfaltung der Bedürfnisstruktur, um nicht an der Beschränktheit des traditionellen Abnehmerkreises zu scheitern, hineintreibt, ist eine zunehmende Ausrichtung der Produktion auf Erlesenheit und Opulenz der Güter, auf Preziosität und Prunk. Dadurch, dass die Produktivkraft und der Ausbeutungsgrad des Systems in den Dienst der Produktion von ebenso überflüssigen wie exquisiten und ebenso ausschweifenden wie ausgefallenen Konsumgütern gepresst wird, soll das neue produktive Quantum eine konsumtive Qualifikation erfahren, die es dem traditionellen Konsumentenkreis erlaubt, es dennoch aufzunehmen und zu absorbieren, soll die Masse und Vielfalt, die das Produktionssystem hervortreibt, in eine Form von Erlesenheit und Fülle gebracht werden, die sie der privilegierten Schicht von Wertrealisierern dennoch bewältigbar macht. Luxus und Verschwendung, Finesse und Völlerei sollen die durch die Masse und Vielfalt, die Breite und Fülle der kapitalistischen Güterproduktion zunehmend heraufbeschworenen Absatzprobleme im Rahmen der alten Marktordnung und Distributionsstruktur lösbar werden lassen.

Indes, was sich vormals als Ausweg aus der drohenden Absatzkrise bewährt, die Diversifizierung und Intensivierung der Bedürfnisse der traditionellen Konsumentenschicht, muss sich in dem Maße, wie es unter dem Druck kapitalistischer Produktionskraft ins Extrem einer Hypertrophierung und exzessiven Inanspruchnahme jener Bedürfnisse getrieben wird, als Sackgasse erweisen. So gewiss dank der Produktivität und des Ausbeutungsgrades des neuen Produktionssystems die Masse und Vielfalt der manufakturell beziehungsweise industriell erzeugten Güter eine Dimension erreichen, die einem als qualitativer Sprung erscheinenden Ebenenwechsel im Quantum, einem Umschlag der kontinuierlich wachsenden Größe in ein diskret gefertigtes neues Maß gleichkommt, so gewiss muss dies neue Maß der Produktion bei Strafe seiner Verwandlung in einen für das System unverdaulichen Brocken auch die alte Distributionsstruktur sprengen und verlangt mit anderen Worten nach einer ihm gemäßen Erweiterung des Konsumentenkreises.

Weil es eben nicht mehr einfach nur darum geht, dem kapitalistisch auf Touren gebrachten Marktsystem mehr Kaufkraft, sprich, mehr allgemeines Äquivalent aus fremden Quellen zu verschaffen, sondern weil darüber hinaus und gleichzeitig damit die Notwendigkeit besteht, die Kaufbereitschaft zu vergrößern, was unter den gegebenen Umständen nur bedeuten kann: die durch Luxus und Fülle in ihrer Konsumbereitschaft überforderte traditionelle Abnehmerschicht um neue Verbraucherkreise mit intakten Bedürfnissen zu erweitern – weil dies beides zur Lösung des Absatzproblems Hand in Hand gehen muss, reicht ein Glückstreffer, wie ihn die in absolutistischer Absicht betriebene Austeilung des zur rechten Zeit sich findenden kolonialen Schatzes an die Oberschicht darstellt, ein Quasiwunder also nach Art jener im Rahmen der traditionellen Distributionsstruktur sich haltenden und ihre Wirkung entfaltenden politisch motivierten Finanzspritze, zur Bewältigung der drohenden Krise des Systems mitnichten aus.

Aber wenn es auch kein Glückstreffer mehr tut, keine dem System als deus ex machina beispringende Koinzidenz, keine aus dem geographischen Umfeld des Systems sich ergebende wundersame Fügung – ein Eingriff von außerhalb, eine von anderer Seite dem System gereichte helfende Hand, ein dem ökonomischen Zusammenhang aus seinem politischen Milieu heraus geleisteter und den koinzidentiellen deus ex machina durch ein kohabitatives dominus vobiscum ersetzender Beistand ist jedenfalls vonnöten. Aus eigener Kraft und mit eigenen Mitteln kann das mittlerweile kapitalistisch ebenso sehr forcierte wie fundierte Marktsystem sich die für die Lösung seiner Absatzprobleme und für eine seiner Produktionskraft gemäße Fortentwicklung erforderliche größere Kaufkraft und den zur Verkörperung der größeren Kaufkraft unabdingbaren erweiterten Konsumentenkreis unmöglich verschaffen.

Und dies nicht nur aus dem offensichtlichen, systematisch-logischen Grunde, dass zur Einlösung des von der Warenansammlung auf dem Markt verkörperten vollen Werts, spezifischer gesagt, zur Realisierung des darin enthaltenen Mehrwerts, allgemeines Äquivalent aus anderen, markttranszendenten Quellen nötig und der Markt also definitionsgemäß für sein Funktionieren auf gesellschaftliche Gruppen angewiesen ist, die als nicht dem Marktsystem integrierte abhängige Produzenten, sondern ihm bloß assoziierte selbständige Konsumenten die Münze des Marktes nicht bereits aus Mitteln des Marktes bezogen haben, sondern aus ganz und gar eigenen Mitteln mitbringen! Sondern auch und mehr noch wegen des erwähnten, empirisch-faktischen Umstandes, dass die Gesellschaft, in der das auf das neue, dynamische Fundament der kapitalistischen Produktionsweise gestellte Marktsystem sich entwickelt, zum weit überwiegenden Teil für die Ausfüllung jener erweiterten Konsumentenrolle, aller subjektiven Kondition, aller vorhandenen Bedürftigkeit zum Trotz, gar nicht in Betracht kommt und vom Markt nicht rekrutierbar ist, weil es diesem überwiegenden Teil entweder an der objektiven Disposition für die Rolle, an dem als Münze des Marktes firmierenden allgemeinen Äquivalent, überhaupt fehlt und er also gar keinen Zugang zum Markt findet, oder weil er zwar über die objektive Disposition, über allgemeines Äquivalent verfügt und dadurch am Markte teilnimmt, dies allgemeine Äquivalent indes, über das er verfügt, als der für Arbeits- oder Dienstleistungen gezahlte Lohn vom Markte beziehungsweise dem es fundierenden kapitalistischen Produktionssystem selbst stammt und mithin definitiv das nicht darstellt, was der Markt und sein Produktionssystem jetzt unbedingt brauchen: für die Realisierung des Mehrwerts, den das System systematisch erzeugt, taugliches allgemeines Äquivalent aus anderen, systemexternen Quellen!

Der absolutistische Staat als politisch-ökonomischer Nutznießer der kapitalistischen Entwicklung steht bereit, bei der Lösung der im Zuge dieser Entwicklung auftretenden massiven Absatzprobleme zu helfen. Seine merkantilistische, den heimischen Handel zu fördern bestimmte Strategie baut auf einem staatlich geschlossenen Wirtschaftsraum auf und verbindet negativ-protektionistische mit positiv-dirigistischen und infrastrukturell-expansionistischen Maßnahmen. Während der durch Frankreich geprägte kontinentale Merkantilismus auf Kosten der Nachbarstaaten die entwicklungshemmenden Absatzprobleme seiner Wirtschaft zu lösen sucht, schlägt England einen anderen, dem Land durch seine Schifffahrt vorgezeichneten und nicht sowohl merkantilistischen, sondern schlicht merkantilen Weg ein – den Weg der Erschließung von außereuropäischen Absatzmärkten im Allgemeinen und des Handels mit den in der Konsequenz seiner zentralistischen Homogenisierungspolitik ins Leben gerufenen überseeischen Kolonien im Besonderen.

Aus eigener Kraft und mit eigenen Mitteln ist also das durch die kapitalistische Produktionsweise, die manufakturelle beziehungsweise industrielle Lohnarbeit, ebenso sehr forcierte wie fundierte Marktsystem schlechterdings nicht in der Lage, das jener Forcierung der Produktion geschuldete und im Rahmen der traditionellen Distributionsstruktur nicht mehr bewältigbare Absatzproblem zu lösen. Aus eigener Kraft und mit eigenen Mitteln ist im Gegenteil und schlimmer noch das System höchstens geeignet, das Problem fortlaufend zu verschärfen und die Lösung immer weiter zu erschweren. Schließlich haben ja die beiden oben geschilderten treibenden Faktoren des kapitalistischen Produktionssystems, die Steigerung der realen Produktivität einerseits und die letztlich daraus resultierende Erhöhung der personalen Ausbeutungsrate andererseits, dies problematische Ergebnis, die Menge des Mehrprodukts, das zur Realisierung des in ihm verkörperten Werts auf Konsumenten angewiesen ist, die über allgemeines Äquivalent aus systemexternen Quellen verfügen, zu vergrößern – im Falle der Produktivität dadurch, dass sich der gleiche Wert und ergo auch Mehrwert in einem wachsenden Produktquantum verkörpert, im Falle der Ausbeutung dadurch, dass der den Lohn, den Wert der Arbeitskraft, verkörpernde Teil des Produktquantums schrumpft und der den Mehrwert, den "Lohn" des Kapitals, verkörpernde Teil der Produktmenge entsprechend zunimmt.

Wenn auch auf unterschiedliche Weise, nämlich einerseits modo directo, durch eine absolute Vermehrung der den Mehrwert verkörpernden Produktmenge, und andererseits via obliqua, durch eine relative Vergrößerung des den Mehrwert verkörpernden Teils der Produktmenge, zielen also beide Dynamismen des Systems, die Produktivität und die Ausbeutung, auf den im Prinzip gleichen Effekt, auf eine wachsende Menge Mehrwert verkörpernder Waren, deren Wert nicht durch das zum Zweck ihrer Produktion vom Markt als Lohn beziehungsweise Entgelt für Arbeitsmittel verausgabte und aber zwecks Eigenversorgung der Produzenten dem Markt zurückerstattete allgemeine Äquivalent gedeckt, sprich, nicht durch letzteres einlösbar, realisierbar ist und vielmehr zu seiner Realisierung allgemeines Äquivalent aus marktexternen Quellen, fremdes Geld braucht und gar wegen eben jener die Warenmenge, die den Mehrwert verkörpert, absolut oder relativ vergrößernder Dynamismen immer mehr davon braucht und also den als Forderung nach einer Erweiterung des Konsumentenkreises sich artikulierenden Absatzdruck, die Notwendigkeit, neue, gleichermaßen mit der objektiven Disposition und der subjektiven Kondition für die Konsumentenrolle, mit Bedürfnis und Geld, gesegnete Abnehmer für das wachsende Warensortiment zu finden, immer weiter verstärkt, ohne doch zur Entlastung vom Druck, sprich, zur Lösung des Abnehmerproblems aus eigener Kraft und mit eigenen Mitteln das Mindeste beitragen zu können.

Aber da ist ja noch die den Staat, das Gemeinwesen der gesellschaftlichen Gruppen und Schichten, verkörpernde absolutistische Herrschaft, die von Anbeginn ihres eigenen Werdens, ihres Aufstiegs zu einem ebenso zentralen, unter intern verwaltungstechnischen Aspekten einheitlichen, wie souveränen, aus extern hoheitsrechtlicher Sicht eigenständigen, Gebilde im Bunde steht mit der ökonomischen Macht, dem Markt, den ebenso sehr sie durch die Beseitigung kommunaler und territorialer Handels- und Gewerbeschranken und durch die Eröffnung neuer kommerzieller Entfaltungsräume und Erschließung neuer Investitionschancen nach politischen Kräften fördert, wie umgekehrt er sie mit seinen ökonomischen Mitteln unterstützt und nämlich die für ihren Aufstieg nötigen militärischen, diplomatischen und bürokratischen Aufwendungen weitgehend finanziert.

Was liegt für den Markt näher, als sich angesichts des Absatzproblems, das seine zunehmende Unterfütterung durch den kapitalistischen Produktionsapparat dank der Produktivität und Ausbeutungskapazität des letzteren heraufbeschwört und das er aus eigener Kraft und mit eigenen Mitteln nicht zu lösen vermag, an sie, die absolutistische Herrschaft, zu wenden und von ihr die Lösung des Problems oder jedenfalls einen wesentlichen Beitrag dazu zu erwarten, sie mit anderen Worten für jene Erweiterung des Abnehmerkreises, jene Rekrutierung neuer, gleichermaßen mit der subjektiven Kondition und der objektiven Disposition, mit Bedürfnissen und Kaufkraft, ausgestatteter Konsumenten sorgen zu lassen, ohne die eine erfolgreiche Erledigung des vom Markte betriebenen Wertrealisierungsgeschäfts und die daran hängende weitere Entwicklung der Produktion und Fortführung des unter ihrem Deckmantel vor sich gehenden Wertakkumulationsprozesses, die wiederum conditio sine qua non der Funktionsfähigkeit des ganzen kapitalistischen Produktionsapparats ist, nach unseren obigen Überlegungen immer schwieriger und letztlich ausgeschlossen erscheint.

Die Bereitschaft, den Marktbetreibern Sukkurs, ihnen bei der Lösung des Absatzproblems, das der Erfolg ihrer kapitalistischen Aktivitäten gebiert, Hilfestellung zu leisten, hat die absolutistische Herrschaft durchaus. Schließlich verdankt sie nicht nur im Allgemeinen oder politisch-historisch ihren Aufstieg und ihren Bestand der wirtschaftlich-praktischen Unterstützung, die der Markt ihr leistet, und der gesellschaftlich-rechtlichen Anerkennung, die sie bei ihm und den ihn tragenden stadtbürgerlichen Gruppen findet, sondern sie ist auch im Besonderen oder ökonomisch-systematisch abhängig von den regulären steuerlichen Abgaben und den temporären finanziellen Zuwendungen, die der Markt mit seiner stadtbürgerlichen Klientel an sie entrichtet und ihr macht, ist in ihrem innersten Wesen, ihrem Etat, angewiesen darauf, dass sie von ihm die für ihre militärischen Unternehmungen, ihre bürokratischen Reformen und ihren höfischen Aufwand erforderlichen finanziellen Mittel erhält. Dass diese Unternehmungen, diese Reformen und dieser Aufwand nur möglich sind beziehungsweise nur in dem für die vollständige Ausbildung eines absolutistisch-zentralistischen Staatswesens nötigen Umfang betrieben werden können, weil der Markt durch seine neue Investitionsstrategie, seine unmittelbare Einlassung in die traditionelle Produktionssphäre und deren organisatorische und technische Umgestaltung jenen kapitalistischen Produktionsapparat ins Leben ruft, der ihm, dem Markt, eine seiner Entfaltungsdynamik angemessene Produktionskraft verfügbar werden lässt – dies weiß die absolutistische Herrschaft sehr wohl, und entsprechend groß ist ihr Interesse, diesen kapitalistischen Produktionsapparat funktions- und ausbaufähig zu erhalten und ihm deshalb Probleme wie das ihm aus seinem Distributionssystem, der kommerziellen Zirkulation, aufstoßende eines seiner Produktionskraft nicht mehr gewachsenen, weil zu beschränkten Abnehmerkreises vom Leibe zu schaffen.

Und nicht nur die Bereitschaft, den guten Willen, Sukkurs zu leisten, hat die absolutistische Herrschaft, sondern sie verfügt auch, recht besehen, über das Vermögen, die Handhabe dazu. Schließlich hat sie durch ihren Aufstieg zur absolutistisch-zentralistischen Staatsgewalt eine politische Vollmacht errungen, die sie auch und nicht zuletzt in der Form von wirtschaftspolitischen Eingriffen und Maßnahmen geltend machen kann. Dabei liegt der unmittelbarste und nächstliegende Eingriff darin, das eigene Hoheitsgebiet als ebenso geschlossenen wie einheitlichen Wirtschaftsraum, das Territorium als Oikos, zu definieren und der in diesem Wirtschaftsraum versammelten Manufaktur und Industrie durch handels- und zollpolitische sowie subventionsstrategische und infrastrukturelle Maßnahmen im Verhältnis zu den umliegenden Gebieten beziehungsweise den dort etablierten Nachbarstaaten vorteilhafte Austauschbeziehungen, sprich, günstige Absatzbedingungen zu sichern. Konsumenten gibt es in den Nachbarstaaten nicht anders als im eigenen Hoheitsgebiet, und mögen diese Gruppen auch ebenso demographisch begrenzt und nämlich im Wesentlichen auf die gesellschaftliche Oberschicht, Adel und Geistlichkeit, eingeschränkt sein – falls es gelingt, sie als Abnehmer für die im eigenen Hoheitsgebiet produzierten Waren zu gewinnen, ist, für letzteres jedenfalls, das Absatzproblem gelöst. Das Resultat dieser von der absolutistischen Herrschaft dem Markt des eigenen Wirtschaftsraums geleisteten Hilfestellung in Form einer nach außen gerichteten, auf die Gewinnung ausländischer Konsumenten zielenden Handelspolitik ist der Merkantilismus.

So sehr der Merkantilismus nach außen orientiert und insofern expansionistisch ist, sein tragendes Fundament findet er in einer auf den Binnenmarkt gerichteten, defensiv-protektionistischen Maßnahme. Der absolutistische Staat sorgt durch Einfuhrbeschränkungen im Allgemeinen und Schutzzölle im Besonderen dafür, dass möglichst wenige ausländische manufakturelle und industrielle Güter auf den heimischen Markt gelangen und die inländischen Konsumentengruppen ihre ganze Konsumkraft den Erzeugnissen des eigenen kapitalistischen Produktionsapparats zuzuwenden gezwungen sind und also in ihrer Beschränktheit wenigstens unbeschränkt dem heimischen Markt zur Verfügung stehen. Nur durch diese grundlegende protektionistische Maßnahme lässt sich gewährleisten, dass die offensiv auf die Verstärkung des Güterexports gemünzten merkantilistischen Maßnahmen nicht durch die gegenläufige Bewegung vermehrter Einfuhren konterkariert und zum Nullsummenspiel neutralisiert werden.

Dabei dürfen sich die staatlich verfügten und durchgesetzten Einfuhrbeschränkungen freilich nicht zum Nachteil des heimischen kapitalistischen Produktionsapparats auswirken, dürfen nicht dazu führen, dass letzterer in seiner Produktion gestört und in seinem Ausbau behindert wird. Die Schutzzölle und Importbeschränkungen dürfen deshalb nur die fertigen Produkte, nicht auch die für die Fertigung der Produkte erforderlichen Materialien und Rohstoffe betreffen, deren ungehinderte und kostengünstige Einfuhr im Gegenteil zu fördern ist. Schließlich zielt die per Merkantilismus angestrebte Lösung des Absatzproblems durch die Rekrutierung weiterer Kaufkraft ja auf die ungestörte Fortführung oder funktionelle Kontinuität der Produktionstätigkeit des kapitalistischen Apparats, wobei unter Bedingungen des die Produktion beherrschenden kommerziellen Akkumulationsprinzips Fortführung und Kontinuität gleichbedeutend sind mit Fortentwicklung und Steigerung, Zunahme und Ausweitung. Wie sollte wohl diese mit Fortentwicklung und Ausweitung synonyme Fortführung und Kontinuität der Produktion möglich sein, ohne dass die sächlichen Mittel der Arbeit im Allgemeinen und die zu verarbeitenden Rohstoffe im Besonderen ebenso leicht zugänglich sind wie in hinreichender Menge zur Verfügung stehen?

Und schließlich ist es bei der mit Ausweitung synonymen Fortführung der Produktionstätigkeit um die Schöpfung von Wert zu tun, was unter Bedingungen des besagten Akkumulationsprinzips auf die Maximierung von Profit hinausläuft, die Erzielung einer möglichst hohen Proportion an nicht durch die Produktionskosten, die Gestehungskosten der Arbeitskraft und der Produktionsmittel, aufgewogenem Wert. Wie sollte sich wohl diese auf die Erzielung von Profit abgestellte Wertproduktion, sieht man einmal von den Möglichkeiten ab, die die Ausbeutung der Arbeitskraft hierzu bietet, besser ins Werk setzen lassen als durch sächliche Produktionsmittel im Allgemeinen und Rohstoffe im Besonderen, die, weil sie in hinreichender, wo nicht gar übermäßiger Menge zur Verfügung stehen, um ihre Aufnahme in die Produktion konkurrieren müssen und entsprechend kostengünstig zu erstehen sind, sprich, mit ihren Gestehungskosten möglichst wenig zu Buche schlagen?

Auf diesem negativ-protektionistischen Fundament einer wohldosierten Regulierung des Außenhandels, einer Beschränkung der Einfuhr von Arbeitsprodukten und Entschränkung der Einfuhr vom Arbeitsmaterialien bauen nun positiv-dirigistische Maßnahmen auf, deren Ziel es ist, ausfuhrorientierte beziehungsweise exportträchtige Manufakturen und Industrien zu fördern und Produktionskapazitäten in sie zu verlagern. Sei's dass die absolutistische Herrschaft beziehungsweise ihre Finanzverwaltung mit gutem Beispiel vorangeht und in staatlicher Regie neue Produkte beziehungsweise Produktionstechniken in Angriff nimmt, sei's dass sie entsprechende Innovationen und Orientierungen der privaten Wirtschaft durch steuerliche Vergünstigungen oder direkte Beihilfen finanziell fördert, so oder so ist sie bemüht, die Aktivitäten des kapitalistischen Produktionsapparats in eine Richtung zu lenken, die letzterem erlaubt, sowohl im Blick auf die Produktpalette als auch hinsichtlich der Produktionskosten erfolgreich mit den Produktionsapparaten der Nachbarn zu konkurrieren und so im Außenhandel, im kommerziellen Verkehr mit eben jenen Nachbarstaaten, eine möglichst positive Handelsbilanz zu erzielen, sprich, in den Nachbarstaaten mehr Konsumenten zu gewinnen, als umgekehrt den Produktionsapparaten der Nachbarstaaten im Wirtschaftsraum ihres erfolgreichen Konkurrenten zu rekrutieren gelingt.

Und zu den protektionistischen Vorkehrungen und dirigistischen Maßnahmen, die die als Merkantilismus firmierende Handelspolitik des absolutistischen Staates ergreift, kommt drittens noch eine Strategie hinzu, die sich als expansionistisch charakterisieren lässt und deren Zweck es ist, durch die Verbesserung beziehungsweise den Ausbau der Infrastruktur die Bahn für den Handelsverkehr im Allgemeinen und die nach außen gerichteten Handelsbeziehungen im Besonderen zu ebnen. Die absolutistische Herrschaft unternimmt es von Staats wegen und auf Staatskosten, Straßen und Kanäle anzulegen, für die Einrichtung regelmäßiger Verkehrsverbindungen zu sorgen und die Entwicklung des Transportwesens zu Wasser und zu Lande zu befördern. Unter anderem protegiert und subventioniert sie auch die Handelsschifffahrt zur See und betreibt den Aufbau einer eigenen Flotte, teils um vergleichsweise bequeme Handelsverbindungen zu den Nachbarn entlang den Küsten herzustellen und zu sichern, teils und vor allem um die überseeischen Beziehungen zu intensivieren und die zunehmenden Markt- und Absatzchancen zu nutzen, die nicht nur der Handel mit den fernen asiatischen Territorialherrschaften, sondern in wachsendem Maße auch der Austausch mit den als Kolonien in Besitz genommenen Territorien der nichtstaatlich organisierten beziehungsweise in ihrer staatlichen Organisation zertrümmerten außereuropäischen Gesellschaften, der sogenannten Naturvölker, eröffnen.

Dabei fällt der Schifffahrt in einem der sich als absolutistische Staaten reorganisierenden Herrschaftsgebiete, nämlich in England, dank nicht zuletzt der insularen Lage des Landes von Anfang an eine solch tragende Rolle für den Markt und den kraft ursprünglicher Akkumulation aus ihm generierten kapitalistischen Produktionsapparat zu, dass ihr Auf- und Ausbau, weit entfernt davon, bloß eine Maßnahme unter anderen im Kontext einer merkantilistischen, will heißen, staatlich betriebenen beziehungsweise geförderten Handels- und Absatzpolitik darzustellen, im Gegenteil als ein gegebener Bezugs- und Orientierungsrahmen erscheint, der die Entfaltung des Marktes einschließlich des ihm integrierten Produktionsapparats maßgeblich determiniert und den ökonomischen Prozess gleichermaßen in seiner Entwicklungsrichtung und in seinen Krisenbewältigungsformen so entscheidend dirigiert, dass sich tatsächlich eine vom Staat eigens und gezielt betriebene merkantilistische Politik in dem von der anderen führenden absolutistischen Herrschaft, Frankreich, ausgebildeten und praktizierten klassischen Sinne weitgehend erübrigt.

Der Auf- und Ausbau eines die Meere überspannenden Schifffahrtswesens, der anderswo, eben in Frankreich, bloß eine von der politischen Macht ins Spiel gebrachte und in diesem Sinne künstliche infrastrukturelle Maßnahme unter anderen ist, um dem Markt bei der Lösung seiner produktivitäts- und ausbeutungsinduzierten Absatzprobleme beizuspringen und für den ungehinderten Fortgang der ökonomischen Entwicklung zu sorgen, ist hier, in England, so sehr das von Anfang an tragende infrastrukturelle Fundament, auf dem und vermittels dessen die ökonomische Entwicklung vonstatten geht, sprich, der Markt die traditionelle Produktionssphäre infiltriert und sich als seinen kapitalistischen Unterbau integriert, dass auch die Lösung der Absatzprobleme, die der exorbitante Erfolg dieses Integrationsvorganges, die Leistungskraft nämlich des als kapitalistischer Produktionsapparat apostrophierten Unterbaus, heraufbeschwört, sich gar nicht anders als auf jenem infrastrukturellen Fundament und vermittels seiner vollziehen kann und insofern nolens volens den Anschein eines im Unterschied zur merkantilistischen Strategie von politischer Einflussnahme weitgehend freien, innerökonomischen und in diesem Sinne natürlichen Verfahrens gewinnen muss.

Diese den kommerziellen beziehungsweise kapitalistischen Prozess tragende und bis in seine Krisenbewältigungsstrategien hinein dirigierende Rolle, die im Falle des britischen Staatswesens der Schifffahrt im Allgemeinen und dem maritimen Handelsverkehr im Besonderen zukommt, reicht, wie gesagt, in die Anfänge der absolutistischen Entwicklung zurück und tritt schon bei der oben erwähnten, den dynastischen Hundertjährigen Krieg als ökonomischer Faktor entscheidend bestimmenden Auseinandersetzung um die flandrische Tuchindustrie deutlich zutage. Die Stärke Englands zur See ist es, die jene Blockadepolitik gegenüber dem von Frankreich dominierten Flandern ermöglicht, die Teile der auf die englische Wolle angewiesenen flandrischen Tuchindustrie zur Umsiedlung nach England zwingt und damit den Grund für den raschen Aufstieg der englischen Metropole zu einem blühenden Wirtschafts- und Handelszentrum legt. Und die englische Stärke zur See ist es, die es dem Land nach der erfolgreichen Abweisung der spanischen maritimen Aggression erlaubt, seinerseits zum Angriff überzugehen und durch Kaperei, durch staatlich sanktionierte Piraterie, an den Reichtümern im Allgemeinen und den als allgemeines Äquivalent tauglichen Schätzen im Besonderen zu partizipieren, die Spanien aus seinen Eroberungen in der Neuen Welt zieht.

Die zu wesentlichen Teilen der Krone zufallende Beute dieser Prisenpolitik erfüllt einen doppelten, für die Entwicklungsrichtung des Marktes maßgebenden Zweck: Zum einen finanziert sie, von der Krone in Verfolgung ihrer absolutistischen Karriere unter die Oberschicht und deren Anhang verteilt, jenes als ursprüngliche Akkumulation apostrophierte rasche Wachstum des Marktes, das in der Überführung des Handelskapitals in Produktionskapital, Kapital sans phrase, sprich, in der Schaffung und Entfaltung des kapitalistischen Produktionsapparats resultiert. Und zum anderen aber dient sie zum Unterhalt und zum Ausbau des Beutevehikels oder Reichtumsbeschaffungsinstruments selbst, der landeseigenen Handelsflotte und der königlichen Marine, und lässt damit die Seewege in genere und die überseeischen Verbindungen in specie zu vergleichsweise nahe liegenden Vertriebswegen für den wachsenden Warenstrom werden, den der mit der tatkräftigen Hilfestellung, den die Schifffahrt dem Markt bei seiner Entfaltung leistet, hervorgetriebene kapitalistische Produktionsapparat produziert.

Die durch die insulare Lage und die frühen Bemühungen, die politischen und ökonomischen Beziehungen zum europäischen Festland zu kontrollieren, in Gang gesetzte Ausrichtung aufs Meer, die schon in der Gründung von Handelskompanien während der Tudorzeit, der Formationsphase des Absolutismus, ihren Ausdruck findet, wird hier entscheidend beschleunigt und verstärkt. Gleichzeitig allerdings erhält sie, gemäß der mittlerweile vor sich gehenden Kapitalisierung des Wirtschaftslebens und der mit letzterer und der Produktionskraft beziehungsweise Ausbeutungskapazität, die sie beweist, heraufbeschworenen neuen Problemlage des Marktes, einen veränderten Inhalt und Fokus. Ist es primäres Ziel der frühen Handelskompanien, auf dem Seeweg Verbindungen zu den asiatischen Territorialstaaten zu knüpfen und den Markt mit dort vorfindlichen Luxusgütern und Exotika zu versorgen, mit deren Hilfe sich die Konsumkraft der vom absolutistischen Souverän in spe ausgekauften beziehungsweise konsumtiv abgefundenen Oberschicht abschöpfen und zum Zwecke einer raschen Entfaltung des Marktes und zur ursprünglichen Akkumulation geratenden Amassierung von Handelskapital nutzbar machen lässt, so rückt jetzt zunehmend die umgekehrte Forderung in den Vordergrund, mittels der Seewege und des sie zugänglich machenden Schifffahrtswesens Vertriebsmöglichkeiten für den wachsenden Ausstoß des kapitalistischen Produktionsapparats zu eröffnen, sprich, Märkte für den Absatz der landeseigenen Produktion zu erschließen.

Angesichts der relativen ökonomischen Autarkie und kulturellen Eigenständigkeit jener asiatischen Territorialherrschaften fände sich freilich die Schifffahrt in ihrer Doppelrolle als Handelsflotte und Marine, als Gütertransportvehikel und Transportsicherungsunternehmen, durch dieses distributionsökonomische Ansinnen, dieses Markterschließungsamt hoffnungslos überfordert, erfüllte sie nicht bereits vorher beziehungsweise gleichzeitig eine quasi ordnungspolitische Funktion im Dienste der absolutistischen Herrschaft, nämlich die Aufgabe, mit ihrer Verschiffungskapazität einen praktischen Beitrag zu der für die Durchsetzung des absolutistisch-zentralistischen Staatswesens erforderlichen Homogenisierung der Gesellschaftsstruktur, Uniformierung der Untertanenschaft und Normierung des Kulturlebens zu leisten.

Um die soziale Kontinuität, legale Verbindlichkeit und kulturelle Gleichförmigkeit herbeizuführen, die Kennzeichen der dem Feudalismus entzogenen und absolutistisch-zentralistisch reorganisierten Gemeinwesen und für deren kapitalistische Marktentwicklung unverzichtbare Bedingungen sind, erweist es sich überall als nötig, gesellschaftliche Gruppen, die in irgendeiner wesentlichen Hinsicht, in der religiösen Orientierung, den moralischen Normen, den kulturellen Gepflogenheiten, dem sprachlichen Idiom, der ethnischen Besonderheit dissidieren und in ihren abweichenden Denk- und Verhaltensweisen so stark verankert sind, dass sie sich nicht hinlänglich in das vorherrschende Sozialgefüge, Rechtssystem und Kulturleben integrieren lassen – erweist es sich also als nötig, diese Dissidentengruppen aus dem gesellschaftlichen Corpus auszuschließen und zu entfernen. Im kontinentalen Normalfall geschieht dies durch Verfolgung, Mord und Vertreibung: Die Dissidentengruppen sehen sich von Seiten der staatskonformen Majorität ständigen Repressalien und Gefährdungen an Leib und Leben ausgesetzt und gehen entweder zugrunde oder müssen das Feld räumen und zusehen, dass sie andernorts, in Nachbarstaaten, Aufnahme finden, wo ihre kulturellen Eigenheiten und abweichenden Überzeugungen entweder als vergleichsweise konform akzeptiert oder wegen nützlicher Kenntnisse und Fertigkeiten, die die Flüchtlinge mitbringen, toleriert werden.

Im insularen England eröffnen die entfaltete Seeschifffahrt und die durch sie erschlossenen Verbindungen nach Übersee einen anderen Weg zu jener Säuberung des Staatscorpus zwecks Vereinheitlichung der in ihm organisierten Gesellschaft – die erzwungene beziehungsweise freiwillige maritime Auswanderung. Statt wie im kontinentalen Europa entweder um Leib und Leben gebracht oder aber als Flüchtlinge in Nachbarstaaten vertrieben zu werden, finden sich hier die religiös, moralisch, kulturell oder auf andere Weise abweichenden Bevölkerungsgruppen mittels Handelsflotte und Marine in die von staatlicher Organisation freien und insofern als Niemandsland angesehenen überseeischen Gebiete Amerikas (später auch Australiens und des südlichen Afrika) deportiert beziehungsweise emigrieren aus freien Stücken dorthin, siedeln sich an und gründen Kolonien, die dank der vorgefundenen immensen Naturschätze und fruchtbaren Landflächen im Blick auf Naturprodukte und landwirtschaftlich erzeugte Lebensmittel rasch das Selbstversorgungsniveau überschreiten und zu Überschussproduzenten werden, wohingegen sie, was handwerkliche Gebrauchsgegenstände und Kulturgüter, die Palette also der manufakturell beziehungsweise industriell produzierten Waren angeht, auf Lieferungen aus dem Mutterland angewiesen bleiben.

Damit aber legt das englische Schifffahrtswesen als politischer Ordnungsfaktor des sich ebenso sehr demographisch homogenisierenden wie politisch zentralisierenden absolutistischen Staatswesens den Grund für eine andere, von der im klassischen Sinne merkantilistischen Methode, wie sie Frankreich ausbildet, unterschiedene Methode zur Lösung des im Zuge der Entfaltung des kapitalistischen Produktionsapparats dem Markte zunehmend aufstoßenden Absatzproblems, sprich, des Problems, für die rasch wachsende Menge manufakturell beziehungsweise industriell erzeugter Waren einen entsprechend großen Abnehmerkreis zu gewinnen, was letztlich auf die Erschließung neuer Märkte, die Rekrutierung neuer Konsumentengruppen hinausläuft.

Statt, wie das merkantilistische Staatswesen kontinentaler Prägung tut, durch handelspolitische Maßnahmen die landeseigene Wirtschaft darauf anzusetzen, sich diese neuen Konsumentengruppen in den Nachbarstaaten zu suchen, sie auf deren Kosten zu rekrutieren, nutzt das insulare Staatswesen seine maritime Stärke dazu, dem allen absolutistischen Staaten gemeinsamen Bedürfnis nach Säuberung des Sozialcorpus und Ausmerzung störender Elemente eine quasi positive Bedeutung zu vindizieren und konstruktive Wendung zu geben und durch Verfrachtung der dissidierenden Elemente in die überseeischen Gebiete, durch die Gründung überseeischer Kolonien, die benötigten neuen Konsumentengruppen aus eigener Machtvollkommenheit in die Welt zu setzen, für die erforderliche Erweiterung des Marktes selbstherrlich zu sorgen, um dann, wiederum mittels der sich als regelrechter Dreh- und Angelpunkt der ökonomischen Entwicklung der Insel erweisenden Schifffahrt, gedeihliche Handelsbeziehungen zu jenen Extensionen des Marktes, jenen neuen Konsumentengruppen aufzunehmen.

Gedeihlich sind die Handelsbeziehungen deshalb, weil sie haargenau der Bedürfnislage des englischen Marktes und des von ihm hervorgetriebenen kapitalistischen Produktionsapparats entsprechen, weil sie dem heimischen Markt nämlich ermöglichen, die Manufaktur- und Industriegüter, die er wegen der Produktivkraft und Ausbeutungsrate des kapitalistischen Produktionsapparats zunehmend Mühe hat, an den Mann beziehungsweise die Frau zu bringen, in die kolonialen Gründungen auszuführen, wo sie gebraucht werden, und im Austausch dafür aus den Kolonien die dort reichlich vorhandenen Rohstoffe und Naturprodukte einzuführen, die wiederum der heimische Produktionsapparat für seine Güterproduktion braucht.

Dank der wesentlichen Rolle, die sie als ordnungspolitischer Faktor bei der Durchsetzung einer der absolutistischen Herrschaft gemäßen homogenen Bevölkerungsstruktur spielt und die in der Besiedlung überseeischer Gebiete durch Gruppen des Mutterlands und in der Etablierung dieser Gebiete als Kolonien, als auf das Mutterland rückbezogener kommoder Handelspartner und profitabler Märkte resultiert, gelingt es der englischen Seefahrt tatsächlich, die ihr vom kapitalistischen Produktionsapparat, den sie selber entscheidend mitgeholfen hat, ins Werk zu setzen, zugemutete distributionsökonomische Aufgabe einer Erschließung neuer Märkte oder Eröffnung neuer Absatzchancen für den rasch wachsenden Ausstoß des Apparats zu erfüllen. Die Seefahrt erweist sich als ein Faktotum, das die wirtschaftliche Entwicklung ebenso maßgeblich steuert wie vorantreibt und das, während die Staaten des Festlands auf staatlich gelenkte, merkantilistische Weise, durch europazentrierte, handelspolitische Maßnahmen, ihrer ökonomischen Wachstumsprobleme Herr zu werden suchen, das englische Staatswesen auf den Sonderweg einer quasi natürlich vor sich gehenden, schlicht merkantilen Problemlösung, einer weltläufig handelspraktischen Projektions- und Erschließungsstrategie leitet.

Dieser handelspolitische Sonderweg, auf den die Schifffahrt das englische Gemeinwesen schickt, verspricht dem Markt und seinem kapitalistischen Produktionsapparat eine so unabsehbar kontinuierliche und vergleichsweise störungsfreie Entfaltung, dass das Staatswesen das Intermezzo der frühbürgerlich-puritanischen Herrschaft, zu dem es im Rahmen der religiösen Auseinandersetzungen des 17. Jahrhunderts und auf Basis des mittels ihrer ausgetragenen Konflikts zwischen restaurativer, territorial fundierter, royalistischer Oberschicht und progressiver, marktbezogener, städtisch-parlamentarischer Mittelschicht kommt, dazu nutzt, ihn sich gewissermaßen zu patentieren und in der kodifizierten Form der so genannten Navigationsakte zu einer zwei Jahrhunderte hindurch mit Zähnen und Klauen verteidigten via regia der ökonomischen Entwicklung des Landes zu erheben.

Indem die Navigationsakte erstens negativ-protektionistisch festlegt, dass ausländische Schiffe nur Waren aus ihren Heimatländern nach England importieren dürfen und aller Zwischenhandel mit der Insel englischen Schiffen vorbehalten bleibt, und zweitens positiv-expansionistisch verfügt, dass der Handel des englischen Mutterlands mit seinen überseeischen Kolonien sowie der Kolonien untereinander nur mittels englischer Schiffe statthaben darf, leistet sie zweierlei: Erstens sorgt sie dafür, dass die englische Handelsflotte an den Gewinnen aus dem Zwischenhandel partizipiert, und nutzt also die fremdländischen Einfuhren nach England als Geldquelle für den weiteren Auf- und Ausbau eines meerbeherrschenden Schifffahrtswesens, und zweitens sichert sie mittels dieses – wie schon in seinen Anfängen als Kaper- und Prisenunternehmen den eigenen Auf- und Ausbau finanzierenden – Schifffahrtswesens dem englischen Markt und dem ihn mehr und mehr tragenden kapitalistischen Produktionsapparat praktisch das Monopol auf den Handel mit den für letzteren lukrativsten und vielversprechendsten überseeischen Territorien und eröffnet beiden eine gemäß den geographischen und demographischen Dimensionen der außereuropäischen Welt und ihrem kommerziellen Entwicklungspotenzial beziehungsweise der Fülle ihrer Ressourcen schier unabsehbare Entfaltungs- und Wachstumsperspektive.

Dass England mit seinem merkantilen Sonderweg und den kapitalistischen Entwicklungschancen, die er eröffnet, das merkantilistische Kontinentaleuropa nicht auskonkurriert und auf einen kolonialen Status herabdrückt, hat seinen Grund einerseits darin, dass der Merkantilismus Freihandelsbedingungen verhindert, und andererseits und vor allem darin, dass der merkantilistische Staat seine nach außen gerichtete durch eine nach innen gewendete Strategie der Konsumentenrekrutierung ergänzt. Die bäuerlichen und lohnarbeitenden Massen kommen dabei freilich als Rekrutierungsbasis kaum in Betracht.

Der nicht sowohl staatsgelenkt-merkantilistisch gegen die europäischen Konkurrenten zielende, sondern vielmehr naturwüchsig-merkantil auf die außereuropäischen Kolonien bauende und in die weite Welt gerichtete handelspolitische Sonderweg des englischen Staatswesens zahlt sich voll und ganz aus. Dank seiner Rolle als Tor zur Welt und des fast schon monopolistischen Welthandelsgebrauchs, den es von dieser Öffnung nach draußen zu machen vermag, verleiht England seinem kapitalistischen Produktionsapparat eine Schubkraft und sichert dessen Aufschwung zugleich eine Kontinuität, die das Land binnen anderthalb Jahrhunderten aus den manufakturellen Anfängen ins Industriezeitalter katapultieren und jenem Produktionsapparat gegenüber den Produktionsverhältnissen bei den europäischen Konkurrenten einen solch großen technischen und organisatorischen Vorsprung verschaffen, dass das Land die Stellung und Funktion einer "Werkstatt für die Welt" gewinnt und dass unter Freihandelsbedingungen, das heißt, unter Bedingungen eines ohne protektionistische Maßnahmen und Subventionsleistungen des Staates vor sich gehenden und ausschließlich den Marktgesetzen von Angebot und Nachfrage gehorchenden Außenhandels, der Triumph der englischen industriellen Ökonomie über die des europäischen Kontinents absehbar und es wohl nur eine Frage der Zeit wäre, bis die kontinentalen Konkurrenten sich im kommerziellen Austausch mit dem Inselstaat auf eine der Funktion der überseeischen Kolonien vergleichbare Rolle reduziert fänden.

Dass es dazu nicht kommt, hat zwei Gründe: Da ist zum ersten die Tatsache, dass Freihandel nicht oder nur in sehr begrenztem Maße besteht, weil ja protektionistische Maßnahmen, staatliche Bemühungen, durch Schutzzölle und Subventionen die landeseigene Manufaktur und Industrie zu stützen und ihre Entwicklung zu schützen und zu diesem Zweck den Außenhandel zu fördern und seine Bilanz möglichst positiv zu gestalten, ein tragendes Element des auf dem Kontinent praktizierten Merkantilismus sind, und dass darüber hinaus auch das manufakturell und industriell überlegene Staatswesen, England, zu diesem Zeitpunkt zumindest durchaus kein uneingeschränkter Befürworter des Freihandels ist, weil eine starke Fraktion des Landes, die politisch tonangebende landbesitzende Gentry, um die Konkurrenzfähigkeit ihrer agrarischen Produktion unter Freihandelsbedingungen fürchtet und deshalb auf Schutzzöllen und Einfuhrbeschränkungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse aus dem Ausland besteht. Ebenso wenig wie seine schwächeren kontinentalen Konkurrenten ist mithin das dank maritimem Handel avanciertere insulare Staatswesen disponiert, unter Inkaufnahme aller sekundären ökonomischen Folgen und sozialen Nebenwirkungen einen unter Freihandelsbedingungen ausgetragenen, sprich, vergleichsweise bedingungslosen Konkurrenzkampf oder Verdrängungswettbewerb zwischen den kapitalistischen Produktionsapparaten zuzulassen.

Der längerfristig vielleicht wichtigere Grund dafür, dass es zu einem solchen bedingungslosen ökonomischen Kräftevergleich nicht kommt und das insulare Staatswesen keine Gelegenheit erhält, seine manufakturelle beziehungsweise industrielle Überlegenheit voll zum Tragen zu bringen, ist aber zweitens dies, dass die ökonomisch führende Macht auf dem Kontinent, Frankreich, seine merkantilistischen, nach außen gerichteten Bemühungen um neue Konsumenten und erweiterte Absatzchancen durch eine nach innen gewendete Rekrutierungsstrategie ergänzt, die sich als ebenso zukunftsträchtig wie für die anderen Staatswesen beispielhaft erweist und die indes – zuvörderst in dem Land, das sie einführt – ungeahnte politisch-soziale Folgen hat und in einer Revolutionierung der gesellschaftlichen Machtverhältnisse resultiert, die auf das gesamte europäische Staatengefüge zurückwirkt und es, wenn auch nicht zum Einsturz, so doch hinlänglich ins Wanken bringt, um eine grundlegende Neuordnung der zwischenstaatlichen Beziehungen zu erzwingen und an die Stelle der absolutistischen Souveränität einen chauvinistischen Anspruch auf nationale Integrität und Prosperität treten zu lassen.

Ohne die Welthandelsperspektive, die dem englischen Staatswesen funktionell seine Handelsflotte und Marine und strukturell seine überseeischen Kolonien erschließen, stößt die absolutistische Herrschaft Frankreichs rasch an die Grenzen ihrer merkantilistischen Anstrengungen und muss feststellen, dass ihre Versuche, durch protektionistische, dirigistische und infrastrukturelle Eingriffe und Maßnahmen im innereuropäischen Raum neue Konsumenten zu gewinnen und neue Märkte zu erobern, allen unbestreitbaren Erfolgen zum Trotz bei weitem nicht ausreichen, um längerfristig für eine Lösung der Absatzprobleme, die der dank des merkantilistisch-staatlichen Engagements wachsende manufakturelle und industrielle Produktionsapparat dem Markt beschert, sorgen zu können.

Hauptzielscheibe und Entfaltungsprospekt für den merkantilistisch geförderten Außenhandel Frankreichs wäre natürlicherweise, und nämlich nach Maßgabe des wirtschaftlichen Entwicklungsstandes nicht weniger als unter geographischen und demographischen Gesichtspunkten, der zentral- und osteuropäische Raum. Der aber ist – dank nicht zuletzt der politischen Interventionen und militärischen Aktionen der auf die Sicherung ihrer Souveränität bedachten französischen Herrschaft – so sehr territorial zersplittert und entsprechend von handels- und zollpolitischen Schranken und Hemmnissen durchzogen und darüber hinaus durch den großen Krieg, der diese Zersplitterung herbeizuführen beziehungsweise festzuklopfen diente, so sehr verwüstet, entvölkert und verarmt, dass er weder über die Konsumkraft noch über die Aufnahmekapazität verfügt, um sich als großes Absatzgebiet für französische Waren in Szene setzen zu können.

Erschwerend hinzu kommt aber noch, dass die vielen größeren und kleineren Herrschaften, in die der zentral- und osteuropäische Raum zerfällt, sich am Beispiel der führenden kontinentalen Macht, Frankreich, orientieren und ebenfalls als absolutistische Herrschaft zu etablieren suchen und im Rahmen dieser Aspirationen zwecks Stärkung ihrer Wirtschaftskraft und Kräftigung ihres Etats eine wie auch immer entsprechend der tatsächlichen Beschränktheit und Erbärmlichkeit der Verhältnisse in ihren Territorien abgeschwächte und modifizierte Form von merkantilistischer Wirtschaftslenkung ins Werk zu setzen bestrebt sind. Dieser als Kameralismus in die Geschichte eingegangene, situationsgemäß modifizierte Merkantilismus zielt zwar mangels nennenswerter manufaktureller, geschweige denn industrieller Kapazitäten, sprich, mangels eines funktionierenden kapitalistischen Produktionsapparats, nicht sowohl auf die Exportförderung, die Erschließung neuer Märkte und Rekrutierung neuer Konsumenten in den Nachbarstaaten, sondern ist eher darauf gerichtet, durch bevölkerungspolitische Strategien und finanz- oder steuerpolitische Maßnahmen zum Aufbau von Produktionsbetrieben unter staatlicher Regie beziehungsweise zur Förderung privatwirtschaftlicher Initiativen so etwas wie einen kapitalistischen Produktionsapparat überhaupt erst ins Leben zu rufen, aber das ändert nichts daran, dass er sich in seinen negativ-protektionistischen Aspekten als ein Merkantilismus ohne Wenn und Aber erweist und die Einfuhr französischer Waren ebenso effektiv erschwert, wie das der französische Merkantilismus mit den Importen aus seinen Nachbarstaaten tut.

Kommt demnach der zentral- und osteuropäische Raum aus Gründen teils seiner Rückständigkeit und Armut, teils seiner kameralistischen Abschottung als Absatzgebiet für den Markt der merkantilistischen Großmacht Frankreich nicht oder jedenfalls weit weniger als erhofft in Frage, so findet sich letztere in ihren Außenhandelsbemühungen an die Märkte der auf Augenhöhe mit ihr wirtschaftenden westeuropäischen Konkurrenten verwiesen, die freilich ebenfalls wenig Eignung beweisen, als Auffangbecken für französische Produktionsüberschüsse zu dienen, weil sie entweder den gleichen Protektionismus praktizieren wie die französische Staatsmacht selbst oder aber bereits über Produkte verfügen, die denen des kapitalistischen Produktionsapparats Frankreichs ebenbürtig oder gar überlegen sind und die dafür sorgen, dass der Import dem Export, der Verlust an landeseigenen Abnehmern dem Gewinn an ausländischen Konsumenten in etwa entspricht und das Ganze aufs Nullsummenspiel einer ausgeglichenen Außenhandelsbilanz hinausläuft.

In dieser Situation findet die merkantilistische Macht Frankreich Geschmack an der Idee, dem Sonderweg der merkantilen Macht England zu folgen und ihr Außenhandelsheil in der Erschließung überseeischer Gebiete und der Gründung von als Absatzmärkte tauglichen Kolonien zu suchen. Das Mittel und Vehikel hierfür indes, eine aus Handels- und Kriegsschiffen kombinierte Flotte, die über hinlängliche Kapazitäten verfügt, um die Handelswege kontinuierlich zu befahren und effektiv zu sichern, fehlt der Territorialmacht Frankreich. In England ist, wie gezeigt, diese Flotte eine historisch gewachsene, dank spanischem Silber und Navigationsakte weitgehend selbstfinanzierte und ebenso sehr als Motor wie als Vehikel, nicht weniger als Agent denn als Mittel der Wendung nach draußen fungierende Einrichtung.

In Frankreich hingegen muss der Staat diese Flotte erst künstlich, im Rahmen seiner Bemühungen um eine außenhandelsförderliche Infrastruktur, schaffen beziehungsweise aus ihrem rudimentären Zustand in eine der Aufgabe weltweiter Präsenz auf den Meeren angemessene Verfassung überführen. Er muss mit anderen Worten in der Hoffnung auf künftigen, dem kapitalistischen Produktionsapparat des Landes und damit auf fiskalischem Wege auch ihm zufließenden kommerziellen Gewinn gewaltige Etatmittel aufwenden, muss in Erwartung späterer Leistungen der von ihm geförderten privaten Wirtschaft ebenso anhaltende wie umfassende staatliche Vorleistungen erbringen.

Was Wunder, dass er sich diesem ebenso langfristigen wie aufwendigen Projekt nicht recht gewachsen zeigt, dass er den Wechselfällen des macht- und fraktionspolitischen Schlingerkurses, auf dem er selbst sich bewegt, unterworfen und ausgeliefert bleibt, dass er zwischen Engagement und Desinteresse, zwischen begeisterter Unterstützung und stiefmütterlicher Vernachlässigung des Projekts hin und her wechselt, es mithin an der nötigen Resolution und Konsequenz fehlen lässt, und dass, allen unbestreitbaren Fortschritten und zwischenzeitlichen Erfolgen, die das Projekt erzielt, zum Trotz, es doch letztlich in dem Sinne zum Scheitern verurteilt ist, dass es eher den Etat belastet und die Staatsverschuldung vergrößert, als seinen Zweck zu erfüllen und dem kapitalistischen Produktionsapparat des Landes neue Absatzgebiete zu erschließen, die gewinnbringend genug wären, um dem Apparat auf lange Sicht sein Wachstum zu sichern und dem von solchem Wachstum auf fiskalischem Wege profitierenden Staat selbst seine flotten- und kolonialpolitischen Investitionen rentabel werden zu lassen.

Anders als der naturwüchsig-merkantile Sonderweg, den das insulare England einschlägt, reichen also die diversen planwirtschaftlich-merkantilistischen Maßnahmen, die die absolutistische Herrschaft auf dem Kontinent, maßgeblich das Staatswesen Frankreich, ergreift, nicht aus, um dem kapitalistischen Produktionsapparat des Landes kontinuierliche und seinem Wachstum entsprechend zunehmende Export- und Absatzchancen zu verschaffen. Egal ob darauf gerichtet, Konsumenten in den Nachbarstaaten zu rekrutieren und auf Kosten der europäischen Konkurrenten die eigene ökonomische Entwicklung voranzutreiben, oder ob darauf abgestellt, den als englischer Sonderweg quasi natürlich zustande gekommenen Drang nach Übersee und auf koloniale Märkte durch maritime Anstrengungen von Staats wegen künstlich nachzuahmen, bieten jene Maßnahmen zwar Wachstumsimpulse und erzielen Erfolge im Blick auf die Entwicklung der heimischen Manufaktur und Industrie, aber effektiv und prospektiv, durchschlagend und weitreichend genug, um der mit ihrer Hilfe gewachsenen Wirtschaftskraft den erforderlichen Anschub und den hinlänglichen Entfaltungsraum für ein selbsttätig und in eigener Regie fortgesetztes dauerhaftes Wachstum zu verleihen und zu erschließen, sind sie nicht.

Am Ende überfordern jene merkantilistischen Bemühungen vielmehr die staatlichen Finanzen und tragen, weil ihr wenn überhaupt, so höchstens langfristig zu erwartender Nutzen für den Etat die letzterem kurz- und mittelfristig durch sie entstehenden Kosten nicht zu kompensieren vermag, bei zu der Verschuldung und dem Ruin, in die sich das Staatswesen durch die Verschwendungssucht und Kriegslust, die Maßlosigkeit und Selbstüberhebung seiner absolutistischen Herrschaft ohnehin getrieben sieht.

Die staatlich betriebene beziehungsweise geförderte Suche nach Konsumenten oder Märkten bei den europäischen Nachbarn und in der kolonialen Sphäre ist also weder eine dauerhafte noch eine ausreichende Lösung für das durch die Produktivkraft und die Ausbeutungsrate des heimischen kapitalistischen Produktionsapparats heraufbeschworene und die konsumtive Leistungskraft der traditionellen, auf die Oberschicht und ihre Klientel beschränkten Abnehmergruppen überfordernde Absatzproblem. Da, was den merkantilen Sonderweg des insularen England betrifft, der Zug oder, besser gesagt, das Schiff für die kontinentalen Staaten im Allgemeinen und die führende Kontinentalmacht Frankreich im Besonderen abgefahren ist, kann die Lösung nur in der Rekrutierung von Konsumenten im eigenen Lande liegen.

In ihren merkantilistischen Bemühungen wenn auch nicht vollständig gescheitert, so doch an unüberwindliche Schranken stoßend, sieht sich die absolutistische Herrschaft auf die eigenen Untertanen und das Problem der bei ihnen herrschenden krassen demographisch-numerischen Diskrepanz zwischen denen, die an den Früchten des kapitalistischen Produktionsapparats teilhaben, und denen, die von der Teilhabe weitgehend oder vollständig ausgeschlossen sind, zurückverwiesen. Denn an landeseigenen Rekruten für den Konsumentendienst fehlte es ja, wie bereits oben konstatiert, so wenig, dass im Gegenteil das weit überwiegende Gros der Bevölkerung, die breite bäuerliche und handwerkliche Masse der Gesellschaft, jedenfalls was ihre subjektive Kondition, ihr Bedürfnis nach Befriedigungsmitteln angeht, für das Amt in Frage kommt!

Wie ebenfalls bereits festgestellt, scheiden freilich diese Massen als ernsthafte Anwärter auf das Amt auch gleich wieder aus, weil es ihnen an der zweiten für das Amt erforderlichen Qualifikation, der objektiven Disposition für sie, der in allgemeinem Äquivalent bestehenden Kaufkraft, mangelt. Und diesem Mangel lässt sich auch nicht einfach abhelfen, weil er, recht besehen, die Grundlage des ganzen vorhandenen Marktsystems bildet und also, wenn es ihn nicht gäbe, zwar vielleicht das zu lösende Absatzproblem sich erledigte, aber auch das System selbst, der Markt in genere und sein kapitalistischer Produktionsapparat in specie, unmöglich gemacht und demnach eben den gesellschaftlichen Produktionsverhältnissen und darin implizierten Distributionsmechanismen der Boden entzogen wäre, um deren Erhaltung willen die gesellschaftlich maßgebenden Kräfte, die absolutistische Herrschaft und ihr höfisches Gefolge ebenso wie die Marktbetreiber und ihre kapitalistische Klientel, doch gerade so eifrig um eine Lösung des durch die Produktivität und Ausbeutungsrate des kapitalistischen Produktionsapparats heraufbeschworenen Absatzproblems bemüht sind.

Schließlich sind es die von der Teilhabe am Marktsystem noch so gut wie vollständig ausgeschlossenen ländlich-bäuerlichen Gruppen, die durch ihre Fronarbeit, eine Arbeit, die ihnen nichts als die karge Subsistenz belässt und das gesamte agrarische Mehrprodukt, das sie erzeugen, den Grundherrn und Landeignern zuwendet, letztere als vermögende Oberschicht etablieren und erhalten und sie mitsamt ihrem Anhang in die Lage versetzen, für den Markt so lange Zeit und bis in die Ära seiner kapitalistischen Fundierung hinein die Rolle des Hauptkonsumenten zu spielen. Unbeschadet des zusätzlichen Reichtums, der in Gestalt des kolonialen Schatzes, in Form von unmittelbarem allgemeinem Äquivalent, der adligen Oberschicht in die Hände fällt und dadurch zu einer entscheidenden Antriebskraft für die als ursprüngliche Akkumulation apostrophierte und in der Kapitalisierung der Produktionssphäre resultierende Entfaltung des Marktes wird – unbeschadet dieses in gewisser Weise ausschlaggebenden Quantums Reichtum, ist es das aus der bäuerlichen Fronarbeit herausgepresste agrarische Mehrprodukt, das, von den wachsenden und sich zu förmlichen Metropolen auswachsenden wirtschaftlichen Ballungszentren dringend benötigt, den landbesitzenden Adel und seinen absolutistischen Herrn, den Domänenbesitzer par excellence, zu immer wichtigeren Lieferanten für den Markt promoviert und ihnen damit den dauerhaften Wohlstand sichert, der ihnen wiederum ermöglicht, dem vom Markt kreierten kapitalistischen Produktionsapparat als – wenn auch am Ende seiner Aufgabe nicht mehr hinlänglich gewachsener – Haupt- und Staatskonsument ebenso dauerhaft zu Diensten zu sein.

Und wie die agrarisch-bäuerliche Fronarbeit der weltlichen und geistlichen Oberschicht, den traditionellen Konsumenten, den Fundus ihrer anhaltenden Konsumkraft sichert, so verschafft die städtisch-handwerkliche Lohnarbeit dem Markt das manufakturelle und industrielle Mehrprodukt, das die traditionellen Konsumenten mit ihrem Erlös aus der agrarischen Fronarbeit und den zusätzlichen finanziellen Zuwendungen aus der dank kolonialen Schatzes gut gefüllten absolutistischen Staatsschatulle bereitstehen, durch ihren Konsum in Mehrwert zu überführen und damit für weitere Mehrwert schöpfende Lohnarbeitsprozesse, sprich, für die fortgesetzte Verwertung von Arbeitskraft, die kapitale Akkumulation, verfügbar zu machen. Dass dank der Produktivität, die der kapitalistische Produktionsapparat entwickelt, und der Ausbeutungsrate, die ihm die geschilderten sozialen Prozesse, zu denen es infolge jener Produktivität kommt, ermöglichen – dass dank jener beiden Faktoren der kapitalistische Produktionsapparat eine derartige Masse und Vielfalt von Gütern hervorbringt, dass die traditionellen Konsumenten des Angebots nicht mehr Herr zu werden vermögen und sich das Marktsystem mit einem Absatzproblem konfrontiert sieht, das sich nur durch die Rekrutierung weiterer und neuer Konsumentengruppen lösen lässt – dies alles ändert nichts an der grundlegenden Bedeutung, die der mittels Lohnarbeit betriebenen Expropriation der in den kapitalistischen Produktionsapparat integrierten Produzenten für das System zukommt!

Und deshalb ist auch für alle im Marktsystem maßgeblich Engagierten beziehungsweise einträglich an ihm Beteiligten, für die politische Herrschaft und die konsumierende Oberschicht nicht weniger als für die Kapitaleigner und Marktbetreiber, eine Lösung des Problems durch Zurücknahme oder Einschränkung der mittels städtisch-handwerklicher Lohnarbeit betriebenen Expropriation ebenso ausgeschlossen, wie eine Problemlösung durch Abschaffung oder Ablösung der mittels agrarisch-bäuerlicher Fronarbeit praktizierten Expropriation jenseits des Vorstellungshorizonts der Betreffenden liegt. Das Gros der Bevölkerung, das Ensemble aus ländlich-bäuerlichen und städtisch-handwerklichen Arbeitskräften, steht für die Konsumentenrolle also nicht zur Verfügung, weil ihr vollständiger beziehungsweise weitgehender Mangel an allgemeinem Äquivalent, der objektiven Disposition für die konsumtive Teilnahme am Markt, konstitutiv ist für das Funktionieren und den Erfolg des durch den kapitalistischen Produktionsapparat unterfütterten Marktsystems selbst und nämlich conditio sine qua non zum einen für das nach der subsistenziellen Versorgung der Produzenten auf dem Markt verbleibende Mehrprodukt und zum anderen für die – wenn auch nachgerade unzulängliche – Kaufkraft ist, die gebraucht wird, um jenes Mehrprodukt als in die weitere und erweiterte Warenproduktion investierbaren Mehrwert, Kapital, zu realisieren.

Wenn aber das Gros der Bevölkerung als Anwärter auf die Konsumentenrolle von vornherein, weil systematisch, ausscheidet und wenn doch angesichts der Schwierigkeiten, auf die das merkantilistische Werben um Konsumenten, die Rekrutierung von ausländischen Abnehmern, stößt, das System sich bei seiner Suche nach geeigneten Kandidaten an eben diese landeseigene Bevölkerung verwiesen sieht, woher sollen die Gesuchten dann eigentlich kommen? Woher nehmen und nicht stehlen?

Eine gewisse Entschärfung der Absatzsituation durch Schaffung neuer Konsumentengruppen findet statt, weil die Entstehung städtischer Ballungszentren und die Entfaltung des kapitalistischen Produktionsapparats ein agrarisches Pächterwesen und ein kapitaleigenes Administrationssystem zur Folge hat, die in der Bildung eines provinziellen und metropolitanen Mittelstandes resultieren. Dieser neue Mittelstand bringt aber nur eine Entschärfung, nicht etwa die Lösung des Absatzproblems, weil die durch ihn bewirkte Umverteilung beziehungsweise Umschichtung von Kapital nie so weit gehen kann, dass sie das Akkumulationsprinzip außer Kraft setzte.

Ganz so starr und unflexibel freilich, wie hier suggeriert, sind die Fronten denn doch nicht, ganz so dichotomisch und unverrückbar stehen sich akkumulierende Kapitaleigner und Marktbetreiber und konsumierende Oberschicht auf der einen Seite und expropriierte Unterschicht auf der anderen Seite doch nicht gegenüber. Eine gewisse Fluktuation von unten nach oben, mit der Nebenwirkung einer Rekrutierung neuer Konsumenten, einer Erweiterung des Abnehmerkreises für das vom kapitalistischen Produktionsapparat in die Welt gesetzte Mehrprodukt, bringt die Entwicklung des kapitalistisch fundierten Marktsystems durchaus mit sich.

Da sind zum einen die neuen Konsumentengruppen auf dem Land, die entstehen, weil das der Landflucht und dem Arbeitskräftebedarf des kapitalistischen Produktionsapparats geschuldete relative Wachstum der ökonomischen Ballungszentren und die in den Fortschritten der Hygiene und Medizin sowie im proletarischen Fortpflanzungsreflex begründete absolute Zunahme der städtischen Bevölkerung zu einer verstärkten Nachfrage nach landwirtschaftlichen Erzeugnissen führen, die unternehmende Individuen aus dem niederen Landadel und auch aus dem Bauernstand nutzen können, um durch eine im großen Maßstab betriebene agrarische Produktion, die durch verbesserte Anbaumethoden höhere Erträge erzielt, zu Wohlstand oder gar Reichtum zu gelangen. Die Landflächen, die sie für diese, nicht zwar was die technische Ausrüstung angeht, wohl aber was die Rationalisierung der Produktionsbedingungen und die Organisation der Arbeit betrifft, dem manufakturellen beziehungsweise industriellen Betrieb abgeschaute Produktion im großen Maßstab brauchen, pachten sie bei den großen Grundherren, bei Adel und König.

Diese erhalten dafür, dass sie den Pachtnehmern ihre Besitzungen oder Domänen ganz oder teilweise zur agrarischen Nutzung überlassen, in Gestalt des Pachtzinses eine Grundrente, die im Zweifelsfall dank der verbesserten und rationalisierten Anbaumethoden der Pachtnehmer den Gewinn übersteigt, den sie durch eigene Bewirtschaftung aus ihren Gütern ziehen könnten. Während sie dank der ihnen von den Pächtern garantierten Grundrente des Müßiggangs pflegen und sich unbekümmert dem höfischen Leben und dem Konsum widmen können, erzielen auch die Pächter selbst dank ihrer verbesserten und rationalisierten Anbaumethoden und wegen der von den städtischen Zentren ausgehenden starken Nachfrage nach ihren Erzeugnissen hohe Gewinne und erreichen einen dem Konsumstatus und Luxus der adligen Oberschicht zwar weder im sozialen Prestige noch in der materialen Ausführung ebenbürtigen, aber doch angenäherten und vergleichbaren Lebensstandard und Wohlstand.

Und da sind zum anderen die neuen städtischen Konsumentengruppen, die als direkte Folge des Auf- und Ausbaus des kapitalistischen Produktionsapparats in Erscheinung treten. In dem Maße, wie der Apparat wächst und sich ebenso sehr strukturell entfaltet wie funktionell vervielfältigt und der von ihm belieferte Markt sich entsprechend ausdehnt und ausfächert, in dem Maße, wie neue Fabriken und Werkstätten entstehen und gleichermaßen in ihrem betrieblichen Zusammenhang und in ihren kommerziellen Beziehungen immer umfangreicher und komplizierter werden, wächst auch das Bedürfnis nach Verwaltungskräften, nach Personal, das jene Zusammenhänge und Beziehungen stiftet, überschaut, steuert und kontrolliert. Es entsteht ein dem Produktionsapparat und dem Zirkulationssystem, das seine Produkte vermarktet, korrespondierender und ihm nach Umfang und Differenzierung gemäßer Administrationsapparat aus Organisatoren, Buchhaltern, Kontrolleuren, Instrukteuren, Spediteuren, Handelsvertretern, Rechtsberatern, öffentlichen Interessenvertretern, kurz, Funktionären aller Art.

Funktionäre sind diese Mitarbeiter in eben dem Sinne, dass sie nicht produktiv, sondern administrativ wirken, dass ihres Amtes nicht die Funktionstätigkeit des Betriebes, nicht der Einsatz für seine Realität und Faktizität, sondern seine Funktionsfähigkeit, die Sorge um seine Rationalität und Effektivität ist. Als administrative Funktionäre stehen diese Gruppen auf der Seite des kapitalen Subjekts selbst und damit den von diesem ebenso sehr substituierten wie integrierten realen Subjekten, den produktiven Arbeitskräften, gegenüber, sind sie keine Lohnarbeiter, sondern eben Mitarbeiter des kapitalen Subjekts, keine gegen Lohn Eingestellten, sondern gegen Gehalt Angestellte. Sie sind Agenten der Kapitaleigner und Marktbetreiber oder, wenn man so will, Unteragenten der Agenten des kapitalen Subjekts, denen sie dabei behilflich sind, die Kapitalfaktoren, die Produktionsmittel und Arbeitskräfte im Sinne des kapitalen Akkumulations- und Verwertungsprinzips, das heißt, mit dem Ziel einer größtmöglichen Produktivität der ersteren und weitestgehenden Ausbeutung der letzteren zu organisieren, einzusetzen und zu kontrollieren.

Die Loyalität und das Engagement dieser für die Funktionsfähigkeit des kapitalen Produktionsapparats und seiner Zirkulationseinrichtung, des Marktes, in dem Maße, wie beide sich strukturell entfalten und funktionell komplizieren, immer wichtiger werdenden administrativen Mitarbeiter lässt sich das kapitale Subjekt etwas kosten: Nicht nur nominell unterscheidet es das Gehalt, das sie von ihm empfangen, von dem Lohn, den es den Arbeitern zahlt, auch reell, in der Höhe der Summe, lässt es deutlich werden, dass es die Zahlung nicht als Abfindung für im System verrichtete und zu seiner Essenz, der Wertschöpfung, beitragende produktive Arbeit, sondern als Vergütung für dem System als solchem geleistete und seine Existenz, den Verwertungsprozess selbst, sichernde administrative Dienste betrachtet.

Tatsächlich erfüllt, was das kapitale Subjekt beziehungsweise dessen Agenten ihren administrativen Mitarbeitern zahlen, eher den Tatbestand einer veritablen Gewinnbeteiligung als den einer dem Arbeitslohn vergleichbaren Aufwandsentschädigung. Was das kapitale Subjekt durch Steigerung der Produktivität und Erhöhung der Ausbeutungsrate an Lohn einspart und mithin als seinen Gewinn verbuchen kann, daran beteiligt es die administrativen Mitarbeiter, die jene Einsparungsmaßnahmen planen, durchführen und überwachen, jene Strategien zur Senkung der Produktionskosten organisieren, exekutieren und kontrollieren.

Und diese wegen ihrer besonderen Stellung zum kapitalen Subjekt, wegen der Bedeutung, die sie für die Funktionsfähigkeit und Effektivität des kapitalen Produktionsapparats und Zirkulationssystems haben, besonders dotierten und in ihrem Lebensstandard dem Status der traditionellen Konsumentenschichten relativ angenäherten Mitarbeiter, die in den wirtschaftlichen Ballungszentren entsprechend dem Wachstum des Produktionsapparats und Marktsystems zunehmend in Erscheinung treten und sich allmählich als eigene gesellschaftliche Gruppe etablieren – sie ziehen nun wegen der konsumtiven Ansprüche, die ihnen ihre als quasi Gewinnbeteiligung firmierende besondere Dotierung zu erheben erlaubt, andere nach sich, die ihnen bei der Realisierung dieser Ansprüche behilflich sind: Gastwirte, die sich um ihr leibliches Wohl, Ärzte, die sich um ihre Gesundheit, Makler, die sich um ihr mobiles und immobiles Eigentum, Anwälte und Notare, die sich um ihre zivilrechtlichen Angelegenheiten kümmern, Literaten und Künstler, die sie mit geistiger Nahrung und Zerstreuung versorgen. Dafür dass jene diversen Professionen den Mitarbeitern des kapitalen Subjekts dabei zur Hand gehen, einen ihrer Stellung und Dotierung angemessenen Lebensstandard zu pflegen, werden sie wiederum an der Gewinnbeteiligung beteiligt, die diesen ihre dem kapitalen Subjekt geleisteten administrativen Dienste einbringen.

Es bildet sich so ein direkt und indirekt vom Kapital finanzierter, mit relativer Kaufkraft gesegneter metropolitaner Mittelstand, der noch dadurch an demographischem Umfang und sozialer Bedeutung gewinnt, dass parallel zur städtischen Entwicklung oder, besser gesagt, in Anlehnung an sie, auch auf dem Land eine solch neue Konsumentenschicht, ein dem metropolitanen vergleichbarer provinzieller Mittelstand entsteht, nur eben nicht auf Basis der manufakturellen und industriellen Kapitalgewinne, sondern aufgrund der vom Pächterwesen der Grundrente vindizierten Einträglichkeit, ins Leben gerufen also nicht durch die Gewinne, die die Produktivkraft und Ausbeutungsrate des kapitalistischen Produktionsapparats ermöglicht und an denen letzterer seine administrativen Mitarbeiter beteiligt, sondern durch die Erträge, die eine mit verbesserten Anbaumethoden und rationeller Arbeit auf die Nachfrage, die von den wirtschaftlichen Ballungszentren ausgeht, reagierende landwirtschaftliche Produktion erzielt und an denen der diese Verbesserung und Rationalisierung der Landwirtschaft unternehmende und dadurch die Grundrente in eine lukrative Einnahmequelle für sich verwandelnde Pächterstand diejenigen teilhaben lässt, die ihm bei der Realisierung eines seinem Wohlstand gemäßen Lebensstandards und dem der städtischen Mittelschicht nachgebildeten Lebensstils zur Hand gehen.

Der neue, aus den Verwaltern des manufakturellen beziehungsweise industriellen Kapitals einerseits und aus den Pächtern des adligen Grundbesitzes und der fürstlichen Domänen andererseits sowie aus den Fachkräften, die beiden Gruppen bei der konsumtiven Verwendung ihres relativen Wohlstands zur Hand gehen, bestehende Mittelstand übt im Blick auf das dank Produktivkraft und Ausbeutungsrate des kapitalistischen Produktionssystems wachsende Absatzproblem, das der absolutistische Staat, wie seine merkantilistischen Bemühungen zeigen, als das mittlerweile zentrale Problem der seine Herrschaft fundierenden kapitalistischen Produktionsweise erkennt, eine durchaus heilsame Wirkung aus. Durch die Konsumkraft, die objektive Disposition zum Konsum, über die er dank seiner Beteiligung an den Erträgen aus der Grundrente beziehungsweise an den Profiten des manufakturellen respektive industriellen Kapitals verfügt, sowie die Bedürfnisse, die subjektive Kondition zum Konsum, die er als sozialer Aufsteiger mitbringt, sorgt er für das, was im Blick auf das dem kapitalistischen Produktionsapparat ins Haus stehende Absatzproblem am dringendsten gebraucht wird – eine Erweiterung des traditionell auf die Oberschicht beschränkten Konsumentenkreises, eine Verteilung des Geschäfts, die durch den Produktionsapparat erzeugten materialen Güter in ihrem Wert zu realisieren, auf mehr Schultern, besser gesagt, auf zahlreichere Körper, Münder, Augen, Nervensysteme.

Freilich taugt diese neue, der Entfaltung des kapitalistischen Produktionssystems selbst direkt oder indirekt entspringende mittelständische Konsumentenschicht nur dazu, das Absatzproblem zu entschärfen, ihm seine Dringlichkeit und imminente Bedrohlichkeit zu nehmen, nicht etwa, es tatsächlich zu bewältigen, es als solches zu lösen. Recht besehen nämlich ist diese Verteilung der Konsumkraft auf einen umfänglicheren und durch den konsumtiven Nachholbedarf, den der Mittelstand mitbringt, aufnahmefähigeren Konsumentenkreis ja nicht einer wirklichen Zunahme oder Steigerung der Konsumkraft, nicht einem wirklichen Zufluss von allgemeinem Äquivalent aus marktexternen Quellen, sondern bloß einer Umverteilung vorhandener Konsumkraft einerseits und einer Umschichtung im Verhältnis zwischen Produktionskosten und Profit andererseits geschuldet.

Ersteres ereignet sich bei der Bildung des auf dem Pachtwesen basierenden provinziellen Mittelstandes: Indem die Pächter die Güter des Adels und die fürstlichen Domänen pachten und in eigener Regie bewirtschaften, ziehen sie Gewinn aus der Grundrente, der Haupteinnahmequelle der traditionellen Oberschicht, das heißt, sie bewirken eine Umverteilung vorhandener und bis dahin der Oberschicht vorbehaltener Kaufkraft. Dass die Pächter durch verbesserte Anbaumethoden und rationelleren Einsatz bäuerlicher Arbeit die Grundrente steigern und die dem Boden entzogene Konsumkraft um den Anteil der Grundrente, der in ihren Händen verbleibt, vergrößern, steht dabei außer Frage, ändert aber nichts daran, dass hier letztlich nur eine Umverteilung vorhandener Kaufkraft stattfindet, weil die der Grundrente in Gestalt der Pächtergewinne vindizierte Vergrößerung ja nur dadurch zustande kommt, dass die Pächter ihr im Vergleich mit dem traditionellen Anbau vermehrtes Produkt in den städtischen Ballungszentren zu Markte tragen und in seinem Wert realisieren können, und also nichts anderes darstellt, als eine kommerzielle Überführung von Anteilen der im Rahmen des kapitalistischen Produktionsapparats erarbeiteten Löhne und erwirtschafteten Gehälter in die Verfügung des agrarischen Pachtwesens und des von diesem getragenen provinziellen Mittelstandes.

Eher um eine Umschichtung als um eine Umverteilung von Kaufkraft handelt es sich hingegen bei der zweiten, in einer Erweiterung des traditionellen Konsumentenkreises resultierenden sozialen Entwicklung – der im Bereich der wirtschaftlichen Ballungszentren selbst vor sich gehenden Bildung eines relativ gut dotierten Mitarbeiterstabes in Diensten des kapitalistischen Produktionsapparats und eines diesem Mitarbeiterstab bei der Entfaltung eines seinem Gehalt gemäßen Lebensstils zur Hand gehenden städtischen Mittelstandes. Von Umschichtung statt von Umverteilung wird in diesem Fall deshalb gesprochen, weil ja nicht vorhandene Konsumkraft, allgemeines Äquivalent in Verbraucherhand nur von einer Hand in die andere verlagert, der einen Konsumentengruppe entzogen und einer anderen zugewandt wird, sondern weil hier vorhandene Investitionskraft, allgemeines Äquivalent in der Verfügung des Produktionsapparats, sprich, Kapital, dem Apparat entzogen und Konsumenten zugewendet wird. Dafür, dass jener administrative Mitarbeiterstab des kapitalistischen Produktionsapparats und des Marktes dem kapitalen Subjekt beziehungsweise seinen Agenten dabei hilft, Produktion und Distribution zwecks Maximierung des Profits zu organisieren, durchzuführen und zu kontrollieren, wendet ihm das kapitale Subjekt beziehungsweise wenden ihm dessen Agenten einen Teil des Profits als Gehalt zu, als eine Gewinnbeteiligung, die sowohl ihrer Höhe als auch ihrer Funktion nach eher als Vergütung oder Erfolgsprämie denn als Entschädigung oder Arbeitslohn zu verstehen ist.

Diese Zuwendung aber führt nolens volens zu einer Senkung der Investitionsrate und damit einer Verlangsamung des Wachstums des kapitalistischen Systems: Was vom Profit die exekutiven Agenten des kapitalen Subjekts, die industriellen und kommerziellen Unternehmer, dessen administrativen Unteragenten, ihrem in Korrespondenz zum System selbst sich erweiternden Mitarbeiterstab zuwenden, das können sie nicht in neue und erweiterte Produktionsprozesse investieren, sprich, als Kapital verwenden, sondern es tritt ihnen im Gegenteil als Anspruch an den Markt, als Konsumkraft, entgegen. Statt in weitere oder neue, Mehrwert in Gestalt von Mehrprodukt schöpfende Produktionsprozesse fließen zu können, findet sich der dem Mitarbeiterstab des kapitalen Subjekts überlassene Teil des Profits, das allgemeine Äquivalent also, das jene Mitarbeiter für ihre administrativen Dienste erhalten, aus potenziellem Kapital in aktuelles Geld, sprich, in ein Austauschmittel überführt, mit dem diejenigen, die über es verfügen, zu Markte gehen, um dort bereits vorhandenes Mehrprodukt zu konsumieren und den darin steckenden Mehrwert zu realisieren, zu erlösen, und also aus Sicht eines zunehmend mit dem Problem, das auf ihm sich sammelnde Mehrprodukt abzusetzen, es in seinem Mehrwert zu realisieren, konfrontierten Marktes einen Beitrag zur Problemlösung zu leisten.

Genau in dieser Umschichtung von geschöpftem Wert, dieser Überführung von produktivem Kapital in konsumtives Geld, liegt die segensreiche, zur Entschärfung der Absatzsituation auf dem Markte beitragende Wirkung der Erweiterung der traditionellen Konsumentenschicht durch die neuen, vom kapitalistischen Produktionsapparat und vom Marktsystem selbst gestellten und mit Kaufkraft ausgestatteten, mittelständischen Gruppen. Indem diese Gruppen durch die Gewinnbeteiligung, die sie sei's direkt als administrative Mitarbeiter des kapitalistischen Systems, sei's indirekt als die neuen konsumtiven Ansprüche dieser Mitarbeiter erfüllende Dienstleister vom kapitalen Subjekt erhalten, uno actu das Wachstum des Produktionsapparats verlangsamen und den auf dem Markt bereits vorhandenen Überfluss an Produkten reduzieren, stellen sie das entscheidende Korrektiv dar, das im Blick auf die dem Produktionsapparat durch seine Produktivität und seine Ausbeutungsrate drohende Absatzkrise das System selbst und aus eigener Kraft aufzubieten vermag.

Entscheidendes Korrektiv ist der durch Umschichtung von kapitalem Investitionsvermögen in kommerzielle Konsumkraft auf den Plan gerufene städtische Mittelstand übrigens auch in dem Sinne, dass sein ländliches Gegenstück, der im Zusammenhang mit dem agrarischen Pachtwesen entstehende provinzielle Mittelstand, recht besehen, ihm seine Existenz verdankt und sich als seine bloße Weiterung oder Folgeerscheinung betrachten lässt. Zwar verdankt sich formell dieser ans Pächterwesen anschießende provinzielle Mittelstand einer Umverteilung von Konsumkraft durch Beteiligung an der Grundrente und ist insofern ein eigenständiges Phänomen. Aber weil diese mittels Pachtwesen effektuierte Beteiligung an der Grundrente ja einhergeht mit und in der Tat begründet ist in einer durch die veränderten Produktionsmethoden der Pächter erzielten massiven Erhöhung der agrarischen Produktion, einer nachdrücklichen Steigerung des Ertrags, den der herrschaftliche Boden abwirft, und weil gleichermaßen der Auslöser für die gesteigerte Agrarproduktion und die Voraussetzung dafür, dass sich das Mehr an landwirtschaftlichen Produkten als erhöhte, Gewinn für die Pächter abwerfende Grundrente realisieren lässt, die Nachfrage in den städtischen Ballungszentren, das dort wachsende Bedürfnis nach der subsistenziellen Versorgung beziehungsweise konsumtiven Belieferung mit Lebensmitteln ist, erweist sich, reell genommen, jene mit dem Pachtwesen verknüpfte Erhöhung der Grundrente, die das provinzielle Pendant zum neuen Mittelstand der wirtschaftlichen Ballungszentren ins Leben ruft, als Resultat einer einfachen Umverteilung, der zufolge ein gemäß dem Wachstum des kapitalistischen Produktionsapparats und seines Marktsystems größer werdender Teil der von letzteren gezahlten Löhne und Gehälter, ein wenn schon nicht relativ, so jedenfalls doch absolut wachsender Teil mithin der manufakturell und industriell geschöpften Wertsumme aufs Land fließt und den dort als Pächterstand wirtschaftenden Agrarproduzenten und ihrer mittelständischen Klientel zu einem im Vergleich mit der subsistenziellen Armut, die ansonsten auf dem Lande herrscht, mit der traditionellen Not der fronwirtschaftlich ausgebeuteten bäuerlichen Bevölkerung, beachtlichen Wohlstand verhilft.

Egal aber, wie sich neuer metropolitaner und provinzieller Mittelstand zueinander verhalten, egal, ob letzterer ein eigenständiges Phänomen oder nur ein Ableger des ersteren ist, bloßes Ergebnis einer sekundären Umverteilung von kapitalem und kommerziellem Mehrwert, der primär in den wirtschaftlichen Ballungszentren, in der Sphäre des kapitalistischen Produktionsapparats und seines Marktes, umgeschichtet, sprich, aus Investitionsvermögen in Kaufkraft überführt, der produktiven Verwendung entzogen und zur Vergütung systemspezifischer administrativer Leistungen verwendet wird – beide sozialen Gruppen zusammen haben jedenfalls diesen gemeinsamen und ihre Apostrophierung als neuer Mittelstand rechtfertigenden Effekt, auf Kosten des industriellen Wachstums die soziale Konsumkraft zu stärken, gleichzeitig die Investitionstätigkeit, den Einsatz von Mehrwert als Kapital, als Mittel zur Ausweitung der Produktion, zu verlangsamen und die konsumtiven Aktivitäten, die Verwendung von Mehrwert als Geld, als Mittel zu vermehrter Bedürfnisbefriedigung, zu befördern, und erweisen sich so durch ihre schiere Existenz als systemeigener Beitrag zur Bewältigung des durch die Produktivkraft und Ausbeutungsrate des Systems heraufbeschworenen und letzterem wie ein Schatten an den Fersen klebenden, wo nicht gar bei ungünstiger Konstellation der Gestirne in den Weg tretenden Absatzproblems.

Kraft seiner Teilhabe am Vermögen der traditionellen, grundbesitzenden Oberschicht und am Gewinn des kapitalistischen Produktionsapparats beziehungsweise, wenn unsere vorangegangenen Überlegungen zutreffen, seiner direkten und indirekten Teilhabe an letzterem bewirkt jener aus metropolitanen und provinziellen Elementen kombinierte und rein ökonomisch generierte Mittelstand das, was oben als Mittel gegen die von der Produktivkraft und Ausbeutungsrate des kapitalistischen Produktionsapparats her drohenden Absatzprobleme gefordert wurde – eine Rekrutierung neuer Kaufkraft und Verbreiterung der das Wertrealisierungsgeschäft tragenden demographischen Basis, eine Erweiterung der traditionellen Konsumentenschicht um landesinterne Gruppen, die sowohl über die objektive Disposition zum Konsum, über allgemeines Äquivalent, verfügen als auch die subjektive Kondition dazu, sprich, hinlänglich unbefriedigte Bedürfnisse, mitbringen. Und weil solche Rekrutierung neuer Kaufkraft eben zu Lasten der Investitionskraft des kapitalistischen Produktionsapparats geht und dessen Wachstum verlangsamt, erweist sich dieser als Mittel gegen drohende Absatzprobleme wirksame neue Mittelstand gleich als doppelt funktionstüchtig und kann mit Fug und Recht Anspruch darauf erheben, einen unverzichtbaren Beitrag zur Entschärfung jenes Absatzproblems und Vertagung der in der letzten Konsequenz des Problems zu erwartenden, systembedrohend umfassenden Absatzkrise zu leisten.

Wohlgemerkt, nur eine Entschärfung beziehungsweise Vertagung des Absatzproblems vermag dieser neue, systemgenerierte Mittelstand zu bewirken, nicht etwa die Lösung und endgültige Bewältigung des Problems. Für seine administrative Mitwirkung im kapitalistischen Produktionsapparat, seinen logistischen Beitrag zur Versorgung der städtischen Zentren mit Lebensmitteln und seine das eigene Wohlbefinden betreffenden sekundären Dienstleistungen direkt und indirekt dotiert wird der systemgenerierte Mittelstand ja nur mit einem Teil des bereits geschöpften und als solcher realisierten Mehrwerts, während der Rest, das, was nach der Vergütung der neuen sozialen Gruppe übrig bleibt, dem Kapital einverleibt und seiner verwertungslogischen Bestimmung, durch Investition in materiale Produktionsprozesse weiteren, als Mehrprodukt verkörperten Mehrwert zu schöpfen, zugeführt wird.

Und dass für jene Weiterverwertungsbestimmung genug übrig bleibt, dass nicht etwa alles für jenen Vergütungszweck drangegeben wird, dafür sorgt das als Grundmotiv des Systems firmierende kommerzielle Akkumulationsprinzip, mit dem, eben weil es die entscheidende Triebkraft des Systems bildet, letzteres steht und fällt: Bliebe kein Mehrwert mehr zurück, um weiteren Mehrwert zu hecken, erreichte das Kapital also den Punkt, wo es aufgrund der finanziellen Beteiligung der an seinen Produktionsprozessen funktionell Beteiligten selber nichts weiter zurückbehielte als die für seine einfache Reproduktion erforderlichen Geldmittel, kein Mehrprodukt mit anderen Worten zurückbehielte, dessen Realisierung als Mehrwert das Engagement marktfremden allgemeinen Äquivalents erforderte und das sich eben deshalb als ad usum capitalis bestimmter, dem Zweck der eigenen Vermehrung geweihter, kurz, sich selbst verwertender Wert erwiese, die kapitalistische Produktionsweise verlöre in der Tat ihren innersten Beweggrund und der ganze kapitalistische Produktionsapparat gäbe seinen Geist auf und käme zum Erliegen.

Nach dem Vorbild des administrativen Ausbaus des kapitalistischen Produktionsapparats macht sich die absolutistische Herrschaft an den Auf- und Ausbau eines bürokratischen Staatsapparats und leistet so ihren Beitrag zur Stärkung der gesellschaftlichen Konsumkraft durch Schaffung eines bürgerlichen Mittelstands. So sehr jener Ausbau des Staatsapparats politisch gerechtfertigt erscheint, so sehr ist er doch zugleich ökonomisch motiviert, wie der Vergleich zwischen Frankreich und England lehren kann.

Die Entstehung des neuen, systemgenerierten Mittelstands kann also das Wachstum des kapitalistischen Produktionsapparats bei Strafe der Lähmung und Stillstellung des Apparats nur verlangsamen, nicht anhalten und in einen äquilibristischen Ruhezustand versetzen. Und am Ende gelingt diese Verlangsamung des Akkumulationsprozesses und Verbesserung der Absatzsituation auf dem Markt dem neu entstehenden, systemgenerierten Mittelstand nicht einmal sonderlich gut, weil ja gleichzeitig die Hauptfaktoren für das Wachstum des kapitalistischen Produktionsapparats, die Steigerung der Produktivität und die Ausbeutung der Arbeitskraft, weiterhin ihre Wirkung tun und aufgrund dessen ein nicht unbeträchtlicher Teil der dem neuen Mittelstand zufließenden Geldmittel den Mehrwert gar nicht belasten und seine gegebene Rate gar nicht senken kann, weil er durch diesen beiden Expropriationsmechanismen geschuldete fortschreitende direkte und indirekte Einsparungen bei den Arbeitslöhnen, vorübergehende und dauerhafte Senkungen der personalen Produktionskosten aufgebracht wird. Der systemstabilisierende Effekt der Erweiterung des die adlige Oberschicht umfassenden traditionellen Konsumentenkreises durch einen systemeigenen, aus administrativen Mitarbeitern, Lebensmittellieferanten und professionellen Dienstleistern bestehenden bürgerlichen Mittelstand steht also zwar außer Frage, hält sich aber letztlich in engen Grenzen.

In Sachen Systemstabilisierung wichtiger als dieser unmittelbare Effekt erweist sich indes die mittelbare Wirkung, die der neue, vom kapitalistischen Produktions- und Marktsystem selbst generierte Mittelstand dadurch ausübt, dass er die nach Wegen, der heimischen Wirtschaft einen ihrem Wachstum angemessenen Markt zu sichern, suchende absolutistische Herrschaft auf Gedanken bringt, dem zentralistischen Staat ein Beispiel gibt. Frustriert durch die nur begrenzte Wirksamkeit beziehungsweise relative Ineffektivität seiner merkantilistischen Förderungsstrategien und Unterstützungsmaßnahmen, lässt sich der Staat durch die Entstehung jener vom Kapital generierten neuen mittelständischen Gruppen inspirieren und beginnt seinerseits, neue, mit administrativen Funktionen beziehungsweise Dienstleistungsaufgaben betraute Gruppen ins Leben zu rufen und direkt oder indirekt so zu dotieren, so mit Kaufkraft auszustatten, dass sie die Erweiterung des landeseigenen Konsumentenkreises voranzutreiben und ihren Beitrag zur Entlastung des Marktes, sprich, zur Bewältigung der durch die Produktivität und Ausbeutungsintensität des kapitalistischen Produktionsapparats heraufbeschworenen Absatzprobleme, zu leisten vermögen.

Schließlich verfügt die absolutistische Herrschaft ja über eine dem Produktionsapparat, den das Kapital betreibt, wenn auch nicht funktionell, so doch institutionell vergleichbare Einrichtung, den zentralistischen Staatsapparat, und auch der kann, um weiter zu funktionieren und den wegen des ökonomischen und demographischen Wachstums der Gesellschaft, ihrer organisatorischen Umgestaltung und der Vervielfältigung ihrer Institutionen steigenden Anforderungen an Verwaltung, Steuerung und Kontrolle zu genügen, mehr Administratoren und neue Funktionäre gut gebrauchen, auch der lässt sich mit anderen Worten nutzen, um Gehaltsempfänger, vergleichbar den Mitarbeitern und Dienstleistern des kapitalen Subjekts, nur eben jetzt staatlich dotiert, in die Welt zu setzen und durch den gouvernemental betriebenen Ausbau jenes vom Kapital generierten Mittelstands dessen entlastende Rolle für den Markt zu verstärken, der wenn schon nicht heilbringenden Lösung, so immerhin doch segensreichen Entschärfung des den kapitalistischen Produktionsapparat progressiv heimsuchenden Absatzproblems, die jener Mittelstand durch seine relativ kaufkräftige Existenz darstellt, größere Wirksamkeit zu verleihen.

Die Frage freilich ist, wie und mit welchen Mitteln dieser Ausbau des Staatsapparats, diese politische Maßnahme, und der dadurch erzielte ökonomische Effekt, die Rekrutierung neuer Konsumenten und Verbesserung der Absatzsituation auf dem heimischen Markt, finanziert werden kann. Zwar ist klar, woher die Finanzmittel für den Ausbau des Staatsapparats kommen müssen: Wie gesehen, verdankt die absolutistische Herrschaft im Wesentlichen ihren Etat, sich selbst also, wenn man so will, der Teilhabe an den handelskapitalen beziehungsweise manufaktur- und industriekapitalen Gewinnen, den zunehmend fiskalisch kodifizierten, als Steuern und regelmäßige Abgaben etablierten Zuwendungen, die der Markt und der unter seiner Regie sich entfaltende kapitalistische Produktionsapparat ihr machen. Wie schon ihren Aufstieg, so verdankt die absolutistische Herrschaft auch ihr Bestehen dem Bündnis mit dem kommerziellen und im Effekt seiner ursprünglichen Akkumulation sich durch Investition in die Produktionssphäre zum manufakturellen beziehungsweise industriellen mausernden Kapital, einem Bündnis, unter dessen Bedingungen der Fürst dem Kapital politische Förderung angedeihen lässt und ihm neue Entfaltungsräume und Investitionschancen eröffnet und dafür von seinem Schützling mit den erforderlichen Finanzmitteln versorgt wird, um durch militärische Aktionen, politische Geschäfte und diplomatische Manöver sich seiner feudalen Bindungen und Verpflichtungen zu entledigen, sich vom regionalen primus inter pares und Machthaber zum territorialen Souverän und Landesherrn aufzuschwingen und sich in dieser Position dauerhaft zu etablieren, sprich, durch eine bürokratisch-zentralistische Neuordnung der Gesellschaft seine absolutistische Herrschaft durchzusetzen.

Die wesentliche, wo nicht ausschließliche Geldquelle, die der absolutistischen Herrschaft für jenen zur Stärkung der Konsumkraft im Lande geeigneten Ausbau des Staatsapparats und der mit ihm verknüpften Dienstleistungsbranchen zur Verfügung steht, sind also die Steuern und Abgaben, die das Kapital an die Herrschaft entrichtet, die finanziellen Zuwendungen, mit denen es sie an seinen Gewinnen teilhaben lässt. So gesehen und rein ökonomisch betrachtet, lässt sich demnach die Finanzierung jenes die staatliche Administration und ihre Appendizes in Sachen Dienstleistung betreffenden Ausbaus ohne Weiteres der des geschilderten Auf- und Ausbaus eines dem kapitalistischen Produktionsapparat und seinem Distributionssystem, dem Markte, eigenen Kaders von Mitarbeitern und Dienstleistern vergleichen: Wie letztere kommt auch erstere durch die Einspeisung von Kapital in den Konsum, die Umschichtung von Investitionsvermögen in Kaufkraft zustande, nur dass es jetzt nicht die Kapitalagenten selber sind, die diese Umschichtung vornehmen und für ihre Zwecke nutzen, sondern dass sie mittels Entrichtung von Steuern und Abgaben an den Staat die Umschichtungsaufgabe diesem übertragen, es ihm überlassen, nach seinem Ermessen und zu eigenen Zwecken Kapital in Konsumkraft zu verwandeln.

Angesichts der, ökonomisch betrachtet, perfekten Parallele drängt sich hier freilich die Frage auf, wie der oben im Zusammenhang mit der systemeigenen Umschichtung erwähnten Gefahr, dass zuviel Investitionsvermögen in Kaufkraft überführt, der Mehrwert von dem neuen administrativen und dienstleistenden Mittelstand gewissermaßen aufgefressen und dem Kapital seine Selbstverwertungsperspektive verschlagen wird, mithin sein als Akkumulationsprinzip perennierender Seinsgrund verloren geht – wie also dieser, ex negativo zumindest, oben an die Wand gemalten Gefahr zu begegnen ist, wenn nun auch noch der Staat ins Spiel kommt und seine eigenen administrativen Ansprüche und Dienstleistungsbedürfnisse denen hinzufügt, die bereits der kapitalistische Produktionsapparat und sein Markt mittels des Kapitals und zu Lasten seiner Gewinne zu befriedigen sucht. Muss nicht diese doppelte Belastung des Kapitals durch einerseits den Produktionsapparat und andererseits den Staatsapparat, dieser von beiden Apparaten betriebene Auf- und Ausbau eines mittelständischen Kaders, der seine Verwaltungsfunktionen und Dienstleistungen direkt beziehungsweise indirekt durch Anteile aus dem Mehrwertfundus des Kapitals, aus dessen für die Reinvestition und das weitere Wachstum bestimmtem eigenstem Vermögen vergütet bekommt – muss nicht diese doppelte Belastung rasch zu einer Überforderung der Leistungskraft des Kapitals und letztlich zu seiner Lähmung führen?

Indes, unter den im Absolutismus auf der Höhe seiner Macht gegebenen Umständen geht solche Besorgnis fehl, zielt sie am eigentlichen Problem vorbei! Tatsächlich braucht jene doppelte Belastung des Kapitals ja gar nicht erst als mit Paralyse drohender Prospekt an die Wand gemalt zu werden – sie findet bereits statt und wird vom kapitalistischen Produktionsapparat und seinem Distributionssystem, dem Markt, mehr oder minder erfolgreich geschultert. Während mit anderen Worten das kapitale Subjekt beziehungsweise seine Agenten in Menschengestalt durch die Kreation systemeigener Mitarbeiter und Dienstleister die Umschichtung von Kapital in Kaufkraft vornehmen, die den erwähnten, eine gewisse Entlastung an der Konsumfront bringenden, neuen Mittelstand von Kapitals wegen ins Leben ruft, sind sie doch gleichzeitig gehalten, in Form von Steuern und Abgaben der absolutistischen Herrschaft ihren gewichtigen Anteil an den kapitalen Gewinnen zu entrichten und also auch jene zweite, nicht auf den Produktionsapparat beschränkte, sondern sich auf den Staatsapparat erstreckende Umschichtung zu vollziehen. Beide Umschichtungen sind also Fakt, finden bereits statt; die letztere muss nicht erst dem Kapital als neue Belastung abverlangt beziehungsweise aufgebürdet werden.

Das vordringliche Problem ist vielmehr, ob die letztere wirklich eine Umschichtung von Kapital in Kaufkraft darstellt, ob sie beim Staatsapparat einen der Wirkung, die sie im Produktionsapparat zeitigt, vergleichbaren Effekt erzielt, ob sie also tatsächlich dazu dient, den administrativen und dienstleistenden Mittelstand, den der Produktionsapparat von sich aus generiert und durch den er den traditionellen Konsumentenkreis mit letztlich mäßigem Erfolg erweitert, durch entsprechende, staatlich honorierte Gruppen, Bürokraten und die sie versorgenden Dienstleister, zu ergänzen und auszubauen und damit die Entschärfung des Absatzproblems, das dem kapitalistisch unterfütterten Markt immer neu aufstößt, durch die weitere Streuung des in Konsumkraft umgeschichteten Kapitals und die Verteilung des Wertrealisierungsgeschäfts auf noch mehr Schultern erfolgreicher zu gestalten.

Dass auch die zugunsten der absolutistischen Herrschaft vorgenommene, auf fiskalischem Wege, mittels Steuern und Abgaben, vollzogene Umschichtung von Kapital nicht ohne Rückwirkung auf die Konsumkraft und deren Stärkung bleibt, steht dabei außer Frage. Dafür sorgen schließlich die merkantilistischen Bemühungen der absolutistischen Herrschaft, sorgt jener Teil des sich aus der Umschichtung speisenden Etats, der in die Wirtschaftsförderungsmaßnahmen des Staates und seine dirigistischen und infrastrukturellen Aufwendungen fließt, weil dadurch ja zum einen ausländische Konsumenten rekrutiert und fremde Märkte zugänglich gemacht werden und zum anderen durch die Löhne und Zuwendungen für jene Maßnahmen und Aufwendungen Geld unters Volk gebracht und dessen Kaufkraft in wenn auch angesichts der niedrigen Löhne und der Fronarbeit, die bei den infrastrukturellen Vorhaben in Anwendung kommt, bescheidenem Maße verbessert wird. Da aber alle diese staatlich-merkantilistischen Maßnahmen und Aufwendungen den janusköpfigen Charakter aufweisen, wie der Rekrutierung ausländischer Konsumenten und der Erschließung fremder Märkte, so gleichzeitig aber auch dem Auf- und Ausbau der heimischen Produktionskapazitäten und der manufakturellen beziehungsweise industriellen Entwicklung des Landes dienen zu sollen, da also hier die Hilfestellung des Staats bei der Bewältigung des Absatzproblems untrennbar mit der staatlichen Förderung des Wachstums des Produktionsapparats des Landes verknüpft ist, heben sich diese merkantilistischen Maßnahmen und Aufwendungen in ihrer absatzfördernden Wirkung, die ja, wie gesehen, ohnehin hinter den Erwartungen zurückbleibt, selber auf und erweisen sich in dieser Hinsicht als letztlich vergeblich.

Als ganz und gar nutzlos im Blick auf die Stärkung der gesellschaftlichen Konsumkraft erweist sich indes der weit überwiegende Teil des Etats, das Gros des per Steuern und Abgaben umgeschichteten und der absolutistischen Herrschaft zugewendeten Kapitals. Es bleibt, der Selbstherrlichkeit und Repräsentationssucht des Souveräns, dem Pomp und Prunk seiner Hofhaltung und seiner Großmannssucht nach außen, seiner Neigung zu militärischen Abenteuern und zum Kräftemessen mit den benachbarten Potentaten gemäß, in den Händen einer vergleichsweise kleinen, aus dem höfischen Gefolge des Herrschers bestehenden, also der Oberschicht, dem traditionellen Konsumentenkreis, angehörigen Gruppe und wird von dieser, vor allem aber vom Herrscher selbst, fürs Hofhalten, Repräsentieren und Kriegführen ausgegeben, für teure Prachtbauten, rauschende Feste, pompöse Schaustellungen und Spektakel, aufwendige Ausfahrten und Jagdgesellschaften, kostspielige Machtdemonstrationen, Rüstungen, Manöver und Kriegszüge verbraucht – für Zwecke also, die bei gewissen Produzenten, Lieferanten, Prokuranten oder Intendanten mächtig zu Buche schlagen und diesen große Gewinne bescheren, die aber das ganz gewiss nicht leisten, was sie nach dem Beispiel der durch den administrativen Ausbau des kapitalistischen Produktionsapparats und seines Distributionssystems bewirkten Umschichtung von Kapital in Kaufkraft leisten könnten: die Dotierung neuer, als Mittelstand firmierender sozialer Gruppen mit genügend allgemeinem Äquivalent, um durch ihre konsumtive Betätigung in nennenswertem Maß zur Bewältigung der durch die Produktivität und Ausbeutungsintensität des kapitalistischen Produktionsapparats immer wieder hervorgerufenen Absatzprobleme beizutragen.

Wenn diese in Luxus und Verschwendung resultierende Verwendung eines Großteils des absolutistischen Etats überhaupt eine ökonomische Wirkung zeitigt, dann nicht etwa die einer Steigerung des Konsums, sondern die einer Ankurbelung der Produktion, da ja die Produzenten und Lieferanten, die von solchem Luxus und solcher Verschwendung hauptsächlich profitieren, ihre exorbitanten Gewinne, soweit sie diese nicht ihrerseits zu einem Leben in Luxus und Verschwendung verwenden, im Zweifelsfall in den kapitalistischen Produktionsapparat beziehungsweise sein Distributionssystem investieren, um die dank Produktivität und Ausbeutung dort winkenden weiteren Gewinnchancen zu nutzen und ihren als Kapital wohlverstandenen Reichtum zu mehren.

Will also die absolutistische Herrschaft sich ernsthaft ein Beispiel an der im Produktionsapparat vor sich gehenden Bildung eines aus administrativen Mitarbeitern des kapitalen Subjekts und deren Dienstleistern bestehenden, vergleichsweise konsumkräftigen bürgerlichen Mittelstands nehmen und durch entsprechende Entwicklungen im Staatsapparat, durch den Ausbau der Bürokratie und die darin beschlossene Förderung freiberuflicher Dienstleister, diesen bürgerlichen Mittelstand durch ein staatliches Pendant so ergänzen und vergrößern, dass er den traditionellen Konsumentenkreis nachdrücklich zu erweitern und einen ins Gewicht fallenden Beitrag zur Entschärfung der Absatzprobleme des Marktes zu leisten vermag, dann sind es eben jene dem Luxus und der Verschwendung zugewendeten Teile des Etats, eben jene in die höfische Repräsentation, in die Selbstinszenierung des Souveräns und in die symbolischen und praktischen Demonstrationen seiner Macht fließenden Steuern und Abgaben, die ihr für solche Absicht zur Verfügung stehen und darauf warten, nach Maßgabe der letzteren umgewidmet und umverteilt zu werden.

Es geht also gar nicht primär darum, weitere Steuern und Abgaben zu erheben und das manufakturelle und industrielle Kapital durch fiskalische Umschichtungen zusätzlich zu belasten, sondern was nottut, um einen Beitrag zur Verbesserung der Absatzsituation jenseits aller merkantilistischen Bemühungen zu leisten, ist die ökonomisch sinnvollere Verwendung der bereits erhobenen Steuern und Abgaben, ein konsumförderlicherer Einsatz des der absolutistischen Herrschaft zur Verfügung stehenden Etats. Die absolutistische Herrschaft muss mit anderen Worten, will sie dem Beispiel des kapitalistischen Produktionsapparats folgen, zu Lasten ihrer demonstrativen Verschwendungssucht, ihres repräsentativen Luxuslebens und ihres aggressiven Muskelspiels Etatmittel für die Schaffung und Erhaltung neuer beziehungsweise erweiterter und vermehrter Behörden und Verwaltungsstellen verwenden und damit jenen Weg einschlagen, der aus der Institution des Staates überhaupt erst einen Apparat im eigentlichen Sinne werden lässt und der am Ende das epiphanische Spektrum, als das sich die Staatsmacht vor der Neuzeit manifestiert, in das bürokratische Monstrum verwandelt, als das sich die Staatsapparate heute allenthalben darbieten.

Und genau das tut sie, genau diesen Weg schlägt die absolutistische Herrschaft im achtzehnten Jahrhundert ein! Dadurch dass sie Etatmittel einsetzt, um in staatlicher Regie und unter staatlicher Leitung oder jedenfalls unter staatlicher Lenkung und Kontrolle gesellschaftliche Professionen und Verwaltungsressorts wie Hygiene, Ordnungskräfte und Ordnungsämter, Rechtspflege und Strafanstalten, Bildung und Erziehung, Kunsteinrichtungen, Zensus, Gewerbe-, Bau-, Straßen- und Gewässeraufsicht, Arbeitshäuser und Armenschulen aus- beziehungsweise aufzubauen, vollzieht und befördert sie eine der kapitalistischen Integration der Produktionssphäre in den Marktzusammenhang durchaus analoge Inkorporation oder Eingliederung von gesellschaftlichen Funktionen und Aktivitäten, die bis dahin, sofern überhaupt vorhanden, in lokaler Selbstverwaltung oder gar privater Eigeninitiative ausgeübt wurden, in den Verwaltungsapparat des Staates und sorgt damit entweder direkt, durch Übernahme der betreffenden Funktionäre und Aktiven in den Staatsdienst, oder indirekt, durch die Schaffung staatlicher Organe, die für die Lenkung und Beaufsichtigung der betreffenden Funktionen und Aktivitäten zuständig sind, für eine ebenso progressive wie massive Aufstockung und Ausweitung des staatlich honorierten Personalbestands.

Und weil den neuen Staatsbediensteten für die Organisation und den Betrieb des Staatsapparats eine ähnlich tragende Rolle zufällt wie den kapitalgenerierten Funktionären in Sachen Produktionsapparat und sie deshalb ähnlich gut von der regalen Herrschaft wie letztere vom kapitalen Subjekt dotiert, sprich als Gehaltsempfänger mit Kaufkraft ausgestattet werden und zudem wie letztere mit dieser ihrer Kaufkraft zwecks Führung eines standesgemäßen Lebensstils Scharen von Dienstleistern, sekundären Nutznießern, in Brot setzen – weil das so ist, dienen diese Umverteilungen der fiskalisch aus Kapital in Kaufkraft umgeschichteten Gelder vom höfischen Luxus der absolutistischen Herrschaft aufs bürokratische Leben des Staatsapparats in der Tat dazu, das, was das kapitale Subjekt spontan und der Logik seiner Entfaltung folgend, beginnt, planmäßig und dem Kalkül staatlicher Krisenprävention gehorchend, fortzusetzen und zu verstärken und so den kapitalgenerierten neuen Mittelstand von Staats wegen so zu vermehren und zu erweitern, dass er an der von der kapitalistischen Entwicklung ständig unter Druck gesetzten und mit dem Zusammenbruch bedrohten Konsumfront einen wesentlich stabilisierenden Faktor bildet, ohne den die der Produktivkraft und Ausbeutungsrate des Produktionsapparats geschuldeten Absatzprobleme im Nu unbewältigbar werden müssten.

Dabei wäre es ein Irrtum, anzunehmen, dass die absolutistische Herrschaft quasi eine Konversion durchmacht, eine Wandlung vom haltlosen Verschwender zum gewissenhaften Verwalter, in deren Konsequenz sie ihre repräsentative Prunksucht, ihren höfischen Luxus und ihre Jagden und kriegerischen Unternehmungen überhaupt aufgibt, um sich ganz und gar dem ökonomischen Geschäft eines Ausbaus des Staatsapparats zwecks Rekrutierung neuer und nach Maßgabe ihrer relativ großen Kaufkraft als Mittelstand firmierender Konsumentengruppen zu weihen. Tatsächlich führt sie ihren luxuriösen und verschwenderischen Lebensstil unbeirrt fort; die Einschränkungen, die sie sich in dieser Hinsicht auferlegt, bestehen im Wesentlichen darin, dass sie den Luxus und die Verschwendung gewissermaßen auf der Stelle treten lässt, sie nicht entsprechend den steigenden fiskalischen Einnahmen, die ein produktivkräftig und ausbeuterisch expandierender Produktionsapparat sprudeln lässt, eskaliert und auf die Spitze treibt, sondern vielmehr dieses progressive Mehr an Staatseinnahmen zur Umverteilung nutzt, es direkt zum Ausbau des staatlichen Apparats und seiner die gesellschaftliche Selbstverwaltung aufhebenden bürokratischen Institutionen und indirekt damit auch zur Entstehung eines für die Versorgung und Betreuung jener wachsenden Zahl von Staatsangestellten zuständigen Dienstleistungssektors verwendet.

Aber auch wenn die absolutistische Herrschaft sich, absolut betrachtet, gar keine großen Einschränkungen zumutet, sondern bloß relativ zurücksteckt, indem sie darauf verzichtet, ihrer Prunk-, Verschwendungs- und Repräsentationssucht im Gleichschritt mit dem wachsenden Etatvolumen zu frönen, sind doch die Leistungskraft des expandierenden kapitalistischen Produktionsapparats und seines Distributionssystems und die ihr geschuldete Zunahme der in steuerlichen Einnahmen und Sonderabgaben bestehenden herrschaftlichen Beteiligung am Gewinn groß genug, um einer klugen und umsichtigen staatlichen Finanzpolitik die mittels Ausbaus des Staatsapparats direkt und indirekt betriebene Etablierung neuer, mittelständischer Konsumentengruppen zwecks Entlastung der kommerziellen Absatzlage zu ermöglichen, ohne dadurch dem kapitalen Verwertungsstreben in die Quere zu kommen und der Investitionskapazität des Kapitals, seiner Fähigkeit, immer noch weitere beziehungsweise produktivere Wertschöpfungsprozesse in Gang zu setzen, über das gewohnte und als normal akzeptierte Maß hinaus Abbruch zu tun.

Dass der Ausbau des Staatsapparates und die darin einbeschlossene indirekte Förderung mittelständischer Dienstleistungssparten hier so ganz mit ökonomischen Rücksichten begründet und als eine Strategie zur Unterstützung der Wirtschaft im Allgemeinen und zur Lösung oder jedenfalls Entschärfung von produktivitäts- und ausbeutungsbedingten Absatzproblemen im Besonderen hingestellt wird, dass also das neu in Dienst genommene staatliche Personal und sein zivilgesellschaftlicher Anhang nicht sowohl in ihrer politischen Funktion und praktischen Leistung, sondern nur in ihrer ökonomischen Bedeutung und kommerziellen Wirkung gewürdigt werden, mag auf den ersten Blick befremden. Schließlich liegt doch auf der Hand, dass es für diesen Ausbau des Staatsapparats auch gute, nicht sowohl ökonomisch-kommerzielle als vielmehr politisch-funktionelle Gründe machtpolitischer und verwaltungstechnischer Art gibt. Es liegt auf der Hand, dass eine zentralistische, auf die Konzentration der politischen Macht in einer Hand oder jedenfalls deren Verlagerung auf eine einzige Instanz erpichte Herrschaft die lokalen und regionalen, tribalen und kommunalen, professionellen und habituellen, kulturellen und konfessionellen Selbständigkeiten und Eigenmächtigkeiten der Bevölkerung wenn nicht brechen und unterbinden, so zumindest doch adaptieren und integrieren und die mit solcher Selbständigkeit und Eigenmächtigkeit einhergehende Eigenorganisation und Selbstverwaltung durch staatliche, der zentralistischen Macht unmittelbar unterstehende Einrichtungen und Ämter wenn nicht überhaupt verdrängen und substituieren, so allemal doch vermitteln und kontrollieren muss – was nolens volens eine Vervielfachung des staatlichen Personals und eine massive Vergrößerung des bürokratischen Apparats mit sich bringt.

Und nicht minder auf der Hand liegt, dass die kapitalistische Umgestaltung der Gesellschaft und das, was damit einhergeht: die Entstehung wirtschaftlicher Zentren und städtischer Ballungsgebiete, das Bevölkerungswachstum, die kommerzielle, kommunikative und transportative Verflechtung des Landes und die Zunahme und Vervielfältigung der von der Allgemeinheit wahrzunehmenden organisatorischen, planerischen, ordnungspolitischen und kontrollspezifischen Aufgaben beziehungsweise für die Wahrnehmung der Aufgaben zu schaffenden Einrichtungen – dass dies alles das die Allgemeinheit verkörpernde Staatswesen in die gleiche Richtung drängt wie der machtpolitische Zentralismus der absolutistischen Herrschaft und allein schon Grund genug für letztere wäre, den besagten Ausbau des Staatsapparats zu betreiben und die dafür erforderliche massive Vergrößerung des gouvernementalen Personalbestands nebst dazugehörigen zivilen Anhangs in Kauf zu nehmen, sprich, aus den vorhandenen Etatmitteln zu finanzieren. Wozu sich also bei so viel und so offensichtlich realpolitischer Funktion auf ein kapitalökonomisches Kalkül kaprizieren beziehungsweise ein solches Kalkül zur Erklärung des im achtzehnten Jahrhundert von der absolutistischen Macht betriebenen Ausbaus des Staatsapparats überhaupt bemühen?

Tatsächlich liegt es uns fern, jene realpolitische Funktion des ausgebauten Staatsapparats in ihrer motivationalen Bedeutung für das finanzpolitische Umdenken der absolutistischen Herrschaft, ihre Abkehr von schierer Repräsentations- und Verschwendungssucht und Hinwendung zu Maßnahmen zur Förderung der gesellschaftlichen Konsumkraft durch Stiftung eines relativ gut dotierten Mittelstands gering zu schätzen oder gar in Abrede zu stellen. Die absolutistische Herrschaft als eine politische Macht, die zwar das ökonomische System um ihrer Beteiligung an seinen Gewinnen, ihres Etats willen stützt und nach Kräften fördert, ihm aber auch das ökonomische Kalkül überlässt und sich darauf beschränkt, ihre Politik so zu gestalten, dass diese mit ihren dem System zu treuen Händen übergebenen finanziellen Interessen in Einklang bleibt, würde ohne einen realpolitischen Beweggrund vermutlich gar nicht tätig werden und jene Maßnahme zur Förderung der gesellschaftlichen Konsumkraft, als die sich der Ausbau des Staatsapparats erweist, gar nicht ergreifen.

Auch etwa bei der geschilderten, für die ursprüngliche Akkumulation des Handelskapitals entscheidenden und dank der dynastischen Verflechtungen und Allianzen europaweit wirksamen Austeilung des kolonialen Schatzes an die Oberschicht erweist sich die absolutistische beziehungsweise nach absolutistischer Macht strebende Herrschaft ja nicht deshalb so freigebig, weil sie ökonomisch denkt und dem ihre Bestrebungen unterstützenden und dafür von ihr mit neuen Investitionschancen und Entfaltungsräumen belohnten Markt neue, für seinen Warenüberfluss erforderliche kaufkräftige Konsumenten zuführen will, sondern weil sie damit eine politische Strategie verfolgt, nämlich die Strategie, durch jene Distribution von Kaufkraft ihre Standesgenossen auszukaufen und abzufinden, zu ködern und zu korrumpieren, sie als politische Konkurrenten auszuschalten und aus einer Feudalschicht, die regionale Machtpositionen innehat und dynastische Ansprüche erhebt, in einen Hofstaat zu verwandeln, der materialem Wohlleben frönt und seine sozialen Privilegien genießt.

Dass dies die besagte weitreichende ökonomische Folge einer massiven Beschleunigung des kommerziellen Akkumulationsprozesses und letztlich einer mittels Kapitalisierung der Produktionssphäre vollzogenen Transformation von Handelskapital in manufakturelles und industrielles Kapital, Kapital sans phrase, hat, liegt zwar nicht unmittelbar in der Absicht der absolutistischen beziehungsweise nach absolutistischer Macht strebenden Herrschaft, bildet aber doch nach Maßgabe des sie leitenden Erfordernisses, ihre Politik im Einklang mit ihren finanziellen Interessen, sprich, mit den Interessen des letztere wahrenden ökonomischen Systems zu halten, eine Art zureichenden Grund für ihr Tun, der sie darin nicht nur rechtfertigt und bestätigt, sondern gegebenenfalls auch bestärkt und antreibt. Jener ökonomische Effekt hinter dem politischen Handeln ist die List der ökonomischen Vernunft hinter dem Treiben des politischen Verstandes, die zu ihrem Recht kommen und befriedigt werden muss, damit das politische Treiben überhaupt stattfinden kann, und die, je mehr sie dabei zu ihrem Recht kommt und befriedigt wird, umso mehr die Bedeutung einer insgeheim wirkenden Ursache, eines das politische Handeln als sein Vehikel nutzenden beziehungsweise in sein Werkzeug umfunktionierenden, kurz, das Treiben treibenden Motivs gewinnt.

Und so verhält es sich auch jetzt, im Falle des von der absolutistischen Herrschaft mit Etatmitteln betriebenen Ausbaus des Staatsapparats, der, während er, politisch gesehen, den Erfordernissen gleichermaßen der zentralistisch verwalteten staatlichen Macht und der kapitalistisch entfalteten gesellschaftlichen Organisation entspricht, zugleich doch, ökonomisch betrachtet, der Bedingung einer Umverteilung von höfischem Luxus auf bürgerlichen Konsum und damit der Aufgabe einer Entlastung des dank seiner Produktivität und Ausbeutungsrate von Absatzproblemen heimgesuchten kapitalistischen Produktionsapparats durch eine dem, was der Produktionsapparat selbst beginnt, komplementäre wirksame Umschichtung von Investitionsvermögen in Wertrealisierungsmittel, Kapital in Kaufkraft genügt.

Und tatsächlich genügt in diesem Falle das Tun der absolutistischen Herrschaft der ökonomischen Bedingung und Aufgabe nicht einfach nur, sondern es erfüllt und übererfüllt sie, nimmt sie nicht nur passiv wahr, sondern kommt ihr aktiv nach! Das heißt, die absolutistische Herrschaft begnügt sich hier nicht damit, das Angenehme mit dem Nützlichen oder, vielleicht besser gesagt, den einen Nutzen mit dem anderen zu verbinden, sprich, in der Verfolgung ihrer politischen Absicht auch die nötige ökonomische Rücksicht zu nehmen, sondern sie nutzt die politische Absicht, um der ökonomischen Rücksicht die größtmögliche Geltung zu verschaffen, ihr nach Kräften Rechnung zu tragen und so die Rücksicht aus einem bloß konditionierenden Faktor zu einem motivierenden Agens der Absicht, aus einem zusätzlichen Beweggrund zu einer entscheidenden Antriebskraft für deren Verfolgung werden zu lassen.

Dass sich die Sache mit Fug und Recht so betrachten lässt, lehrt der Vergleich der auf dem Festland dominierenden absolutistischen Herrschaft Frankreich mit der insularen Macht England. Wie oben dargestellt, erschließt England durch den maritimen Sonderweg, den es einschlägt, und durch die überseeischen Kolonien, die es auf diesem Wege stiftet, um dann mit seinen kolonialen Gründungen arbeitsteilige und für beide Seiten entsprechend vorteilhafte Handelsbeziehungen zu unterhalten, seinem wachsenden kapitalistischen Produktionsapparat kommerzielle Absatzmöglichkeiten, die letzteren auf lange Zeit vor den produktivitäts- und ausbeutungsbedingten Absatzproblemen, die den Volkswirtschaften der kontinentalen absolutistischen Staaten im Allgemeinen und unter ihnen im Besonderen der avanciertesten Macht Frankreich zu schaffen machen, bewahren und sicherstellen und die England eine solch kontinuierliche und störungsfreie industrielle Entwicklung ermöglichen und in dieser Entwicklung einen solchen Vorsprung verschaffen, dass die Insel bis tief ins neunzehnte Jahrhundert hinein nicht nur als weltweit führende Handelsnation zu agieren, sondern auch als "Werkstatt der Welt" zu firmieren vermag.

Dass sich unter solchen Umständen merkantilistische Maßnahmen, wie sie im Bemühen, der Wirtschaft des Landes generell im Ausland und speziell bei den europäischen Nachbarn neue Absatzgebiete zu erschließen und neue Konsumenten zu gewinnen, Frankreich ergreift, für England weitgehend erübrigen, liegt auf der Hand. Was Frankreich sich durch protektionistische, dirigistische und infrastrukturelle Anstrengungen mühsam zu beschaffen suchen muss, das fällt England quasi naturgemäß und nämlich dank einer den historischen Umständen geschuldeten Flottenpolitik und der richtungweisenden Rolle, die hinsichtlich der kapitalistischen Entwicklung in genere und der Lösung der aus der Entwicklung sich ergebenden Probleme in specie der Flotte zukommt, in den Schoß.

Und ebenso wie die von Frankreich verfolgte merkantilistische Strategie muss sich dann aber auch, wenn unsere Einschätzung von seiner wesentlich ökonomischen Motivation zutrifft, der Ausbau des Staatsapparats im Falle Englands erübrigen oder jedenfalls weit weniger durch die ökonomische Rücksicht überdeterminiert und forciert darstellen! So gewiss dem englischen Staatswesen dank bis auf unabsehbar Weiteres gesicherter überseeischer Absatzmöglichkeiten erspart bleibt, eigene handelspolitische, sprich, merkantilistische Maßnahmen zu ergreifen, so gewiss kann es natürlich auch darauf verzichten, den aus machtpolitischen und sozialorganisatorischen Gründen nötigen Ausbau des Staatsapparats als Instrument zur ökonomischen Problembewältigung in Anspruch zu nehmen und dadurch tendenziell ebenso sehr umzufunktionieren wie zu hypertrophieren.

Und tatsächlich zeigt sich wie bei den handelspolitischen Maßnahmen, so auch beim Ausbau des Staatsapparats das englische Staatswesen im Laufe des achtzehnen Jahrhunderts und noch das ganze neunzehnte Jahrhundert hindurch weit weniger initiativ und ungleich zurückhaltender als seine kontinentalen Konkurrenten, allen voran die absolutistische Herrschaft Frankreichs. Zwar wird auch auf der Insel nach Maßgabe politischer Erfordernisse, die sich aus der Zentralisierung der Gesellschaft zwecks absolutistischer Herrschaft sowie aus der Notwendigkeit einer Reorganisation der im Zuge der Durchsetzung der kapitalistischen Produktionsweise ebenso sehr umgruppierten, anders massierten und neu assoziierten wie dislozierten, atomisierten und entstrukturierten Bevölkerung ergeben, der Einfluss des Staates auf die einzelnen Funktionsbereiche und die verschiedenen institutionellen Gruppen der Gesellschaft wie auch seine Kontrolle über die Regionen und Kommunen des Landes verstärkt und werden folglich neue Behörden und Zuständigkeiten geschaffen und der Personalbestand des Staatsapparats entsprechend aufgestockt und ausgeweitet, aber von einer Zentralisierung und Bürokratisierung der Herrschaft, kurz, Systematisierung der staatlichen Repräsentanz zu einer alle Teile des Landes, alle gesellschaftlichen Sphären und alle Lebensbereiche durchdringenden administrativen Präsenz, wie sie Frankreich ins Werk setzt, bleibt England zu jener Zeit noch himmelweit entfernt. Wo immer möglich, beschränkt sich hier der Staat auf ein Minimum an unmittelbarer Machtausübung und lässt die aus Zeiten der feudal und kommunal verfassten Gesellschaft überkommenen Selbstverwaltungseinrichtungen und Honoratiorenherrschaft auf ehrenamtlicher Basis fortbestehen beziehungsweise überlässt es der neuen Sozialisierungsmacht Kapital weitestgehend, sich und die ihr Befohlenen oder besser Ausgelieferten nach eigenem Ermessen und in eigener Regie zu reorganisieren.

Begünstigt durch einen Absolutismus, der konstitutionell modifiziert ist und der kraft der zentralen parlamentarischen Repräsentanz, die er den Regionen und Kommunen einräumt, diesen beziehungsweise ihrer lokalen Führung eine legislativ vermittelte aktive Mitgestaltung des Gemeinwesens ermöglicht, statt sie der Passivität einer exekutiv verfügten Verwaltung durch die Zentralmacht zu überantworten, kann sich das von keiner Sorge um sein ökonomisches Wachstum geplagte englische Staatswesen beim Ausbau seines bürokratischen Apparats äußerste Zurückhaltung auferlegen und eine Form jener indirect rule praktizieren, die es dann im neunzehnten Jahrhundert erfolgreich in seinem imperialistisch expandierenden Kolonialreich zur Anwendung bringt.

Die Strategie einer Stärkung der gesellschaftlichen Konsumkraft durch den Ausbau des Staatsapparats lässt sich in ökonomischer Zuspitzung des Begriffs als Etatismus bezeichnen. Wie der administrative Ausbau des Produktionsapparats kann auch der bürokratische Ausbau des Staatsapparats die gesellschaftliche Konsumkraft nur im Sinne einer Entschärfung, nicht einer Lösung des Absatzproblems stärken. Durch Einbeziehung der nichtfiskalischen, thesaurischen Elemente des Etats kann indes die absolutistische Herrschaft einen der vollständigen Lösung des Absatzproblems, die der Kolonialismus ermöglicht, im Prinzip vergleichbaren Effekt erzielen.

Vor diesem Hintergrund des englischen Gegenbeispiels eines sparsamen, rein auf politische Belange und Bedürfnisse abgestellten Ausbaus des Staatsapparats lässt sich also die in Kontinentaleuropa und beispielhaft in Frankreich Platz greifende zentralistische Bürokratisierung und daraus folgende hypertrophe personelle Ausstattung der Staatsmacht unschwer als durch die oben explizierte ökonomische Rücksicht überdeterminiert und forciert erkennen. Im Kontrast zur vornehmen Zurückhaltung des dank seines Welt- und Kolonialhandels bis auf unabsehbar Weiteres über reichlich Märkte und Absatzchancen verfügenden insularen Gemeinwesens lässt sich der ebenso forsche wie massive Ausbau des kontinentalen Staatsapparats als eine nicht einfach nur neben der politischen Absicht, sondern mitten durch sie hindurch und als ihr heimlicher Triebgrund verfolgte Strategie gewahren, durch die direkt und indirekt aus Etatmitteln finanzierte Schaffung neuer mittelständischer Konsumentenschichten, durch die von Staats wegen betriebene Fortsetzung und Ausweitung also eines bereits vom kapitalistischen Produktionsapparat selbst begonnenen Umbaus der Sozialstruktur in ein Dreiklassensystem, die erwünschte ökonomische Wirkung zu erzielen und nämlich das, was der Merkantilismus draußen, in den Nachbarstaaten, mit mäßigem beziehungsweise zweifelhaftem Erfolg zu erreichen sucht, die Rekrutierung neuer Konsumentengruppen und Erschließung weiterer Absatzgebiete, ebenso effektiv wie definitiv im Lande selbst, in der eigenen Gesellschaft ins Werk zu setzen.

Das Ensemble handelspolitischer Maßnahmen, die die absolutistische Herrschaft im siebzehnten Jahrhundert ergreift, um die Entwicklung des kapitalistischen Produktionsapparats zu fördern, den nach außen gerichteten Merkantilismus also, wenn nicht überhaupt ersetzend, so jedenfalls doch wesentlich ergänzend, präsentieren sich der für das achtzehnte Jahrhundert charakteristische Ausbau des Staatsapparats und die dadurch direkt und indirekt bewirkte Schaffung eines gesellschaftlichen Mittelstandes als eine nach innen gewendete finanzpolitische Strategie, die im Prinzip dem gleichen Ziel einer Förderung der Kapitalentwicklung dient und die wir in ökonomischer Zuspitzung des Begriffs, besser gesagt, in Reduktion seiner üblichen, politisch-funktionellen Bedeutung auf seine wirklichen, ökonomisch-kommerziellen Implikationen, als Etatismus bezeichnen können.

Wie der Merkantilismus, die handelspolitischen Bemühungen um eine Erweiterung des Konsumentenkreises durch Rekrutierung ausländischer Abnehmer, dient auch der Etatismus, der finanzpolitische Einsatz von Etatmitteln zur Schaffung neuer, inländischer Konsumentengruppen, ein und demselben Ziel einer von Staats wegen betriebenen Lösung des perennierenden Absatzproblems, mit dem der kapitalistische Produktionsapparat aufgrund seiner Produktivität und der Intensität seiner Ausbeutung den von ihm belieferten Markt heimsucht – eines Problems, das die Wirtschaft des insularen englischen Staatswesens dank der maritimen Orientierung des Landes und seiner durch sie begünstigten überseeischen Kolonialgründungen und Handelsbeziehungen bis auf Weiteres ohne nennenswerte staatliche Hilfestellung, aus eigener Kraft, quasi also auf natürlichem Wege, zu bewältigen vermag.

Freilich gilt auch für den Etatismus, die mittels Ausbau des Staatsapparats direkt und indirekt betriebene Umschichtung von Kapital in Kaufkraft, unverändert, was schon für die in der Schaffung eines administrativen Mitarbeiter- und Funktionsstabs durch den kapitalistischen Produktionsapparat selbst resultierenden Umschichtungsaktivitäten, an denen der Staat sich ein Beispiel nimmt, geltend gemacht wurde – dass solche Umschichtung zwar uno actu den Abnehmerkreis zu erweitern und das Investitionstempo zu verlangsamen dient und insofern dazu taugt, das durch die Produktivität und Ausbeutungsrate des Produktionsapparats immer neu heraufbeschworene Absatzproblem zu entschärfen, dass sie das Problem aber mitnichten und unter keinen Umständen lösen kann. Dafür sorgt das dem kommerziellen System im Allgemeinen und der kapitalistischen Ökonomie im Besonderen als kategorischer Imperativ eingeschriebene Akkumulationsprinzip, das da verlangt, dass die Umschichtung zwar das kapitale Investitionsvermögen vermindern und das Investitionstempo entsprechend verlangsamen, es aber nie und nimmer auf Null reduzieren und damit das Wirtschaftswachstum zum Stillstand kommen lassen darf. Tut sie das, so raubt sie dem kommerziellen beziehungsweise kapitalen System seine innerste Triebkraft, sein es als Akkumulationsprinzip treibendes und prozessual entfaltendes Motiv, und bringt also mit dem es beseelenden Wachstumsimpuls das System selbst und als ganzes zum Erliegen.

Es liegt demnach in der Logik des Systems, dass unter seinen Bedingungen stets noch Wachstum stattfinden, sprich, eine Schöpfung von Mehrwert vor sich gehen muss, dessen Realisierung stets noch die Mobilisierung systemexterner Kaufkraft, den Einsatz systemfremden allgemeinen Äquivalents, verlangt und demnach durch keine interne Umschichtung von Kapital in Kaufkraft zu erreichen und sicherzustellen ist. Schon gar nicht durch die von Staats wegen per Etatmittel ins Werk gesetzte Umschichtung, bei der es sich ja eigentlich nur um eine Umverteilung bereits umgeschichteten, auf fiskalischem Weg, per Abgaben und Steuern, aus der Verfügung des kapitalen Subjekts beziehungsweise seiner personalen Agenten in die Hand der absolutistischen Herrschaft überführten Kapitals handelt, um eine Umverteilung, durch die der ökonomisch relativ nutzlosen luxuriösen Lebensführung und Verschwendung des Souveräns und seines Hofes dieses fiskalisch umgeschichtete Kapital zu Teilen entzogen und mittels Austeilung an das vermehrte Staatspersonal und seinen zivilen Anhang in wirkliche, die Absatzsituation auf dem Markt zu entlasten geeignete Kaufkraft umgewandelt wird.

Dass diese Umverteilung nur teilweise stattfindet und sich sogar, wie oben vermerkt, im Zweifelsfall auf den Zuwachs des Abgaben- und Steueraufkommens beschränkt, kommt, was die Begrenztheit jenes Beitrags zur Lösung des kapitalistischen Absatzproblems betrifft, erschwerend hinzu, ist aber nicht ausschlaggebend und ändert nichts an der prinzipiellen Unmöglichkeit, auf dem etatistischen Weg eine Lösung des Absatzproblems zu erreichen. Selbst wenn alles fiskalisch umgeschichtete Kapital zur Erweiterung der Konsumentenschicht genutzt und dem per Ausbau des Staatsapparats neu kreierten bürgerlichen Mittelstand als Kaufkraft zugewendet würde – es bliebe doch bestehen, dass es sich dabei nur um den Anteil handelt, der der absolutistischen Herrschaft als stiller oder, besser gesagt, hinter der fiskalischen Camouflage verborgener Teilhaberin am kapitalistischen Geschäft zufällt, um einen Anteil am zuvor erwirtschafteten Mehrwert also, der unmöglich zur Realisierung des Mehrwertes dienen kann, den der in Kapitalverfügung verbleibende und wiederum als Kapital investierte, für das weitere Wachstum des Geschäfts eingesetzte Anteil in Gestalt vermehrter Gütermengen, einer vergrößerten Warensammlung, zu erwirtschaften dient.

So gesehen, scheint, egal, wie perfekt beziehungsweise umfassend er auch immer ins Werk gesetzt wird, der den Merkantilismus wenn nicht überhaupt zu ersetzen, so jedenfalls doch zu ergänzen bestimmte Etatismus, die Strategie einer Marktentlastung durch die aus dem herrschaftlichen Etat finanzierte direkte und indirekte Etablierung neuer, bürgerlich-mittelständischer Konsumentengruppen, stets ein Notbehelf bleiben zu müssen, eine von Staats wegen angestrengte Unterstützungsaktion, die, wie gesagt, zwar eine gewisse Entschärfung der durch die Produktivkraft und Ausbeutungsrate des wachsenden kapitalistischen Produktionsapparats permanent heraufbeschworenen Absatzprobleme, nie und nimmer aber deren Lösung erreichen kann.

Und in dieser Hinsicht, das heißt, als Strategie zur vollständigen Lösung der die heimische Wirtschaft heimsuchenden Absatzprobleme, scheint der kontinentale beziehungsweise französische Etatismus dem Kolonialismus, auf den sein maritimer Sonderweg das insulare England verfallen lässt, irreparabel und hoffnungslos unterlegen! Der englische Kolonialismus nämlich löst tatsächlich das Absatzproblem, weil er nicht wie der französische Etatismus nur eine dem Konsum förderliche Umverteilung der für diesen in Form von allgemeinem Äquivalent verfügbaren systeminternen Kaufkraft bewirkt, die freilich mit systematischer Notwendigkeit nie ausreicht, um auch den vom kapitalistischen Produktionsapparat in Gestalt des jeweiligen Mehrprodukts erzeugten Neuwert zu realisieren, sondern es vielmehr schafft, die für die Realisierung eben jenes Neuwerts erforderliche Kaufkraft von außerhalb des Systems zu mobilisieren, sprich, das allgemeine Äquivalent, das nötig ist, um den Absatz des den jeweiligen Mehrwert verkörpernden Mehrprodukts zu sichern, und das der Logik des Akkumulationsprinzips gemäß im System selbst nicht vorhanden ist, in den überseeischen Kolonien und in zunehmendem Maße auch auf den Märkten fremder Territorialherrschaften aufzutreiben.

Dass die kolonialistische Lösung dem englischen Handel dann auch noch ermöglicht, den in Übersee realisierten Mehrwert gleich wieder in preiswerte Rohstoffe umzusetzen, und so dem heimischen Produktionsapparat durch Senkung seiner Produktionskosten einen zusätzlichen Wachstumsimpuls verleiht, ist ein Zusatzgewinn, der dem kapitalistischen System des Landes den Kolonialismus lieb und teuer macht und maßgebend ist wenn schon nicht für die industrielle Vormachtstellung, die im Verhältnis zu Kontinentaleuropa England erringt, so doch für die Rasanz und Schwungkraft, mit der es sie erringt. Im Grundsatz entscheidend aber für die Überlegenheit des kapitalistischen Produktionsapparats der Insel ist jene dem englischen Markt verfügbare fremde Kaufkraft, jenes allgemeine Äquivalent aus systemexternen Quellen, das die überseeischen Handelsbeziehungen in die heimische Ökonomie einschleusen und das, weil es das Wertprodukt des kapitalistischen Apparats des Landes im vollen Umfange, einschließlich also des gesamten, durch den Produktionsprozess jeweils neu geschöpften Werts, zu realisieren taugt, der kapitalistischen Entwicklung eine Kontinuität und zugleich Dynamik sichert, wie sie den im Wesentlichen auf das eigene Land und in merkantilistischen Maßen auf den europäischen Raum beschränkten Wirtschaften der kontinentalen Staatswesen und der unter ihnen führenden Macht Frankreich schlechterdings unerreichbar bleiben.

Der Etatismus Frankreichs und der ihm nachgeordneten kontinentalen Staaten verfügt eben nur über den herrschaftseigenen Etat, um ihn für die Rekrutierung neuer, die Realisierung des Gesamtwerts der kapitalistischen Produktion geeigneter Konsumentengruppen einzusetzen, und stößt, weil dieser Etat ja in der Hauptsache aus Steuern und Abgaben, das heißt, aus der herrschaftlichen, direkten und indirekten Teilhabe an den Erträgen des kapitalistischen Produktionsapparats stammt und weil diese Teilhabe bei Strafe des Zusammenbruchs des Apparats impliziert, dass nach Abzug der Steuern und Abgaben immer genug Kapital in der Verfügung des letzteren bleibt, um die Produktion zu erweitern und mehr Wert in Gütergestalt als zuvor zu erzeugen – der Etatismus kommt also, weil sich dies so verhält, nolens volens vor den Fall, die für die Realisierung dieses neu erzeugten Werts in Gütergestalt erforderlichen Konsumenten schlechterdings nicht rekrutieren zu können, die ja, um den durch die systeminterne Geldmenge noch nicht repräsentierten neugeschaffenen Wert zu realisieren, logischerweise nicht nur die Disposition über ihnen aus Etatmitteln zugeschanzte Kaufkraft haben dürfen, sondern allgemeines Äquivalent aus systemexternen Quellen mitbringen müssen.

Der englische Kolonialismus hingegen, der das merkantilistische Dilemma einer innereuropäischen Konkurrenzsituation, die entweder vor den Fall mangelnder Kaufkraft bei der potenziellen ausländischen Kundschaft bringt oder zu gegenseitiger handelspolitischer Abschottung führt oder bestenfalls im Patt einer ausgeglichenen Handelsbilanz resultiert – der also dieses Dilemma, wie man will, umgeht oder durchbricht, indem er sich kommerziell nach Übersee orientiert, findet in der weiten Welt, die er sich erschließt, allgemeines Äquivalent aus systemexternen Quellen genug, und zwar so viel davon, dass er im eigenen Land auf etatistische Umverteilungsstrategien, wie sie exemplarisch Frankreich verfolgt, weitgehend verzichten und, wie den Ausbau des Staatsapparats auf das Minimum des politisch Nötigen beschränken, so die Bildung eines bürgerlichen Mittelstands dem kapitalistischen Produktionsapparat selbst überlassen und dabei dennoch ökonomisch besser fahren und eine stärkere Dynamik und Kontinuität in der kapitalistischen Entwicklung entfalten beziehungsweise beweisen kann als der Konkurrent auf dem Festland.

Ganz so dramatisch eklatant und logisch hoffnungslos, wie hier suggeriert, ist die lösungsstrategische Unterlegenheit des Etatismus gegenüber dem Kolonialismus am Ende aber doch nicht! Das Zauberwörtchen, das dem Etatismus, halbwegs zumindest, aus der Patsche hilft, ist das oben im Zusammenhang mit dem herrschaftlichen Etat gebrauchte einschränkende "in der Hauptsache". Dass der Etat der absolutistischen Herrschaft in der Hauptsache, nicht aber zur Gänze aus Steuern und Abgaben besteht, öffnet der herrschaftlichen Finanzpolitik ein Hintertürchen, das geeignet ist, ihr aus dem beschriebenen quasilogischen Dilemma einer bloßen Umverteilung vorhandener Kaufkraft, durch die zwar generell mehr an bereits zirkulierendem Warenwert, nicht aber speziell das Mehr an neu produziertem Warenwert realisierbar wird, herauszuhelfen, und ihr erlaubt, eine Art Simulation des kolonialistischen Wertrealisierungsverfahrens Englands ins Werk zu setzen.

Tatsächlich umfasst der Etat der absolutistischen Herrschaft neben den Steuern und Abgaben, die das Gros seines Bestandes bilden und die direkt oder indirekt dem kommerziellen beziehungsweise industriellen Prozess entspringen, auch Bestandteile, die eher thesaurisch als fiskalisch fundiert, sprich, im traditionellen, um nicht zu sagen, archaischen Sinne herrschaftlichen Ursprungs sind und nämlich in Edelmetallreserven bestehen, die im geringerem Umfang dem Beutemachen bei den Mitmenschen und zum überwiegenden Teil der Ausbeutung von Bodenschätzen entstammen, die also entweder durch kriegerischen Raub, durch Konfiskationen und Kontributionen, oder durch mineralischen Abbau, die Wahrnehmung herrschaftlicher Schürf- und Bergbauprivilegien im eigenen Land und in kolonialen Gebieten, erworben werden.

Dieses im eigentlichen Sinne als herrschaftlicher Schatz erscheinende Element des Etats kann die etatistische Finanzpolitik in einer dem, was die kolonialistische Handelspolitik leistet, vergleichbaren Funktion einsetzen: als ein nicht bereits der kommerziellen Zirkulation einverleibtes, systemfremdes allgemeines Äquivalent, dessen Einschleusung in den kommerziellen Zusammenhang eben deshalb auch nicht nur relativ, durch Umverteilung der bereits im System vorhandenen und für den Konsum verfügbaren Geldmenge, die gesellschaftliche Kaufkraft stärkt, sondern sie absolut, durch eine von außerhalb des Marktsystems, sprich, von Staats wegen effektuierte Vergrößerung der für konsumtive Zwecke verwendbaren Geldmenge, erhöht. Indem die etatistische Finanzpolitik den nicht bereits dem kapitalistischen System entstammenden Teil des Etats der absolutistischen Herrschaft, deren Thesaurus also, nutzt, um im Rahmen ihrer via Staatsausbau betriebenen Mittelstandsförderung Konsumenten zu rekrutieren beziehungsweise zu dotieren, die durch ihren Konsum neues allgemeines Äquivalent ins landeseigene Wirtschaftssystem eintragen und damit für eine absolute Vergrößerung der im System zirkulierenden Geldmenge sorgen, bewirkt sie funktionell das Gleiche, was die kolonialistische Handelspolitik durch den kommerziellen Austausch mit den überseeischen Kolonien und Territorialherrschaften erreicht: den Zufluss systemexternen allgemeinen Äquivalents, das den vom kapitalistischen Produktionsapparat geschöpften Wert im vollen Umfange, einschließlich Mehrwert also, zu realisieren erlaubt und damit ersterem die kontinuierliche und durch keine Absatzprobleme gehemmte Entfaltung sichert.

Bei aller funktionellen Vergleichbarkeit oder Ähnlichkeit im Effekt liegt indes, strukturell betrachtet oder unter Verfahrensgesichtspunkten, der Unterschied dieser etatistisch vollständigen Lösung des Absatzproblems zur kolonialistischen auf der Hand. Während die kolonialistische Vorgehensweise das für die vollständige Realisierung des Werts, den der kapitalistische Apparat in materialer Gestalt produziert, benötigte systemfremde allgemeine Äquivalent auf ökonomisch-direktem, kommerziellem Weg ins landeseigene Wirtschaftssystem einschleust und nämlich andernorts durch die Rekrutierung neuer Konsumenten beschafft, tut dies die etatistische Strategie auf indirekt-politische, provisionelle Weise, indem sie dafür sorgt, dass Mitglieder der heimischen Gesellschaft, Landeskinder, mit hinlänglich systemfremdem allgemeinem Äquivalent ausgestattet werden, um eben die Rolle spielen zu können, die bei der kolonialistischen Vorgehensweise den überseeischen Konsumenten zufällt. Bei der via directa eingeschlagenen oder marktvermittelten Vorgehensweise des Kolonialismus also fallen Ermöglichung und Verwirklichung der Lösung des Absatzproblems zusammen, während die modo obliquo oder von Staats wegen angewandte Strategie bloß die Lösung ermöglicht und darauf setzt, dass Gelegenheit Diebe macht, sprich, dass die mit systemexternen Kaufkraft Ausgestatteten zu Markte gehen und sie dort verausgaben.

Im Grunde stellt diese etatistische Strategie nichts weiter dar als eine Fortsetzung oder auch Wiederaufnahme der in den Anfängen der absolutistischen Herrschaft beziehungsweise im Zusammenhang mit ihrem Aufstieg zur Macht angewandten Methode einer Distribution von Geldmitteln in genere und dem in Fürstenhände gespülten Edelmetall aus der Neuen Welt, dem kolonialen Schatz, in specie zur Durchsetzung und Erreichung politischer Absichten. Nur dass die politische Absicht damals der Auskauf, die Bestechung und die Abfindung der Standesgenossen des Fürsten, ihre Ausschaltung als Konkurrenten um die Macht, mithin die Etablierung des Fürsten als absolutistischer Souverän und die Überführung seiner Standesgenossen in einen Hofstaat, ist und dass sich deshalb die Distribution im Wesentlichen auf den ersten und zweiten Stand, die traditionelle Oberschicht beschränkt, wohingegen jetzt als die politische Absicht der Ausbau des Staatsapparats und der damit verfolgte doppelte Zweck einer Festigung der absolutistischen Herrschaft und einer Neuordnung der durch die kapitalistische Entwicklung aufgemischten Gesellschaft firmiert und Adressat der Distribution in der Hauptsache der dadurch zum neuen bürgerlichen Mittelstand avancierte dritte Stand ist. Und dass – als Unterschied wichtiger noch! – der ökonomische Effekt, den die von Haus aus politisch motivierte Distribution von Etatmitteln jeweils zeitigt, damals, zu Zeiten der Formation der absolutistischen Herrschaft, sich eher als eine ebenso willkommene wie von der Herrschaft selbst unbeabsichtigte Nebenwirkung ergibt, während er sich jetzt als ein im politischen Handeln je schon wesentlich impliziertes und in der Tat als dessen geheime Triebkraft wirksames Kalkül suggeriert.

Dass die Freigebigkeit des nach absolutistischer Macht strebenden Fürsten nicht nur den politischen Zweck erfüllt, die Standesgenossen als Machtfaktoren auszuschalten, sie aus dynastischen Konkurrenten in höfische Konsumenten zu verwandeln, sondern zugleich auch die Nutznießer solcher Freigebigkeit in die Lage versetzt, als Wertrealisierer der Gütermasse Herr zu werden, die dank der neuen Entfaltungsräume und Investitionschancen, die sein Pakt mit der Fürstenmacht ihm eröffnet, das Handelskapital auf den Markt bringt, und damit denn aber jenes forcierte Wirtschaftswachstum anzukurbeln, das als so genannte ursprüngliche Akkumulation den als qualitativer Sprung wohlverstandenen Übergang des Handelskapitals in Manufaktur- und Industriekapital, Kapital sans phrase, initiiert, sprich, in der Entstehung des kapitalistischen Produktionsapparats resultiert – dass also seine politisch motivierte Freigebigkeit so weitreichende ökonomische Folgen hat, liegt nicht in der Absicht des Fürsten, geschweige denn, dass es finanzpolitischer Planung entspränge, und stellt wie der koloniale Schatz selbst, der die fürstliche Freigebigkeit überhaupt erst ermöglicht, eine glückliche Fügung oder Koinzidenz dar, die, so sehr sie durch die systematischen Bedingungen oder objektiven Umstände begünstigt oder gar provoziert erscheinen mag, doch aber jedenfalls unabhängig von allem historischen Vorhaben und frei von allem subjektiven Kalkül eintritt.

Hingegen ist, dass die absolutistische Herrschaft durch den Ausbau des Staatsapparats direkt und indirekt für die Erweiterung der traditionellen, aus den beiden oberen Ständen und ihrem Anhang bestehenden Konsumentenschicht um neue, als bürgerlicher Mittelstand firmierende, vergleichsweise kaufkräftige Gruppen sorgt, keine bloße, aus herrschaftlicher Sicht sich wie von ungefähr ergebende ökonomische Nebenwirkung jenes politisch motivierten Ausbaus, sondern eine im Kalkül des letzteren von Anfang an enthaltene Implikation, ein das verwaltungstechnisch-politische Programm einer Festigung der staatlichen Macht und Reaffirmation der sozialen Ordnung untermauernder oder, besser gesagt, unterfütternder finanzpolitisch-ökonomischer Programmpunkt zur Unterstützung des kapitalistischen Produktionsapparats und seines Marktes durch Hebung der gesellschaftlichen Kaufkraft, ein der politischen Strategie eingeschriebenes zentrales ökonomisches Strategem, das es durchaus erlaubt, diese als Etatismus erscheinende Strategie für ebenso sehr ökonomisch instigiert wie politisch motiviert zu erklären und als das zu erkennen, als was sie sich im Kontrast zur kolonialistisch alternativen Verfahrensweise präsentiert, als im Lande selbst modo obliquo, durch die staatliche Kreation von Kaufkraft, geschaffener Ersatz für die Lösung des kraft der Produktivität und Ausbeutungsrate des kapitalistischen Produktionsapparats heraufbeschworenen Absatzproblems, die der Kolonialismus via directa, durch Handelsbeziehungen in Übersee, sprich, durch außerhalb des landeseigenen Wirtschaftssystems erschlossene Märkte und rekrutierte Konsumenten, findet.

Wie gezeigt, gelingt es dieser, die Rekrutierung von Konsumenten durch die Distribution von Etatmitteln an Gruppen der heimischen Gesellschaft aus der unbeabsichtigten Nebenwirkung herrschaftlich-politischen Handelns, die sie in den Anfängen der absolutistischen Herrschaft ist, in ein quasi planwirtschaftliches Kalkül staatlich-finanzpolitischen Handelns überführenden etatistischen Strategie, durch den Einsatz des herrschaftlichen Thesaurus, der systemfremden, nicht aus Steuern und Abgaben bestehenden, sprich, nicht bereits aus dem Wertschöpfungsprozess des Kapitals stammenden Teile des Etats, die ihr an sich gesteckten Grenzen eines bloßen Umverteilungsverfahrens, das das Absatzproblem zwar entschärfen, nicht aber lösen kann, zu durchbrechen und aus einem bloßen Ersatz für die kolonialistische Vorgehensweise zu einer veritablen Alternative, aus einem notbehelflichen Substitut zu einer vollgültigen Simulation zu avancieren. In dem Maße, wie es dem Etatismus gelingt, via Ausbau des Staatspersonals und seines bürgerlichen Anhangs allgemeines Äquivalent aus marktextern-thesaurischen Quellen in den Marktzusammenhang einzuschleusen, scheint er imstande, es dem Kolonialismus gleich zu tun und, statt bloß die Absatzsituation zu verbessern, ohne doch für die Einlösung des Wertes des jeweils vom Produktionsapparat erzeugten Mehrprodukts sorgen zu können, das Geld für die Realisierung eben dieses in materialer Gestalt hervorgebrachten Mehrwerts dem System wahrhaftig zur Verfügung zu stellen und damit das Absatzproblem wirklich zu lösen.